Vergütung vertragsärztlicher Leistungen
Höhe der Vergütung antrags- und genehmigungspflichtiger zeitgebundener psychotherapeutischer Leistungen
Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Betriebskostenansätzen
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die angemessene Vergütung der zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen
Leistungen des Kapitels 35.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) in den Quartalen I/2007
und I/2008.
Die Klägerin ist in M. als Ärztin für Psychotherapeutische Medizin und Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Sie legte gegen die Honorarbescheide der beklagten KÄV für die streitbefangenen Quartale Widerspruch ein, den sie mit Fehlern
in den grundlegenden Beschlüssen des Bewertungsausschusses (BewA) vom 29.10.2004 und 31.8.2011 hinsichtlich der Ermittlungen
der angemessenen Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen begründete. Die für 2007 und 2008 zugrunde gelegten Kostensätze
seien rechtswidrig. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheiden vom 20.2.2013 die Widersprüche zurück. Das SG hat mit Urteilen vom 23.7.2014 die Klagen abgewiesen.
Das LSG hat auf die Berufungen der Klägerin die beiden Verfahren verbunden, den Honorarbescheid für das Quartal I/2007 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet. Die Berufung der Klägerin
in Bezug auf den Honorarbescheid für das Quartal I/2008 hat das LSG zurückgewiesen. Bezüglich beider streitbefangener Quartale
sei nicht zu beanstanden, dass der BewA sich in seinem Beschluss vom 31.8.2011 auf die Erhebung des Zentralinstituts für die
kassenärztliche Versorgung (ZI) bezogen habe. Er sei nicht gehalten gewesen, auf die Daten der sog Prime-Networks-Studie zurückzugreifen.
Bei dieser Studie seien durchschnittliche psychotherapeutische Praxen untersucht worden, bei der ZI-Erhebung aber entsprechend
der Vorgabe des BSG voll ausgelastete Praxen. Der BewA habe auch nicht den empirischen Personalkostenanteil angesetzt, sondern die Personalkosten
normativ festgesetzt. Dabei habe er sich - wie im Grundsatz von der Rechtsprechung des BSG gebilligt - an den Kosten für eine halbtags tätige Mitarbeiterin orientiert und insoweit einen rechnerischen Mittelwert aus
den Gehältern nach den Gehaltstarifen medizinischer Fachangestellter und dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) mit der jeweils geforderten Qualifikation gebildet. Dieser normative Ansatz habe die Psychotherapeuten ausschließlich begünstigt.
Eine Orientierung an den tatsächlich auch in den obersten Umsatzklassen nachgewiesenen Personalkosten hätte zu einem sehr
viel geringeren Betriebskostenanteil in der Modellberechnung des BewA geführt. Die Anknüpfung an die Betriebskosten der Psychotherapeuten
in der Honorarklasse mit mehr als 70 000 Euro Umsatz habe schon in der Vergangenheit die Beschlüsse des BewA geprägt und sei
vom BSG gebilligt worden. Zu beanstanden sei aber, dass der BewA für 2007 - anders als für 2008 - nicht auf die aktuellste Kostenstrukturanalyse
des ZI von 2005 für den Zeitraum 2003 bis 2005 zurückgegriffen habe. Damit werde das Ziel einer möglichst zutreffenden, auf
zeitnahen Daten beruhenden Festlegung verfehlt.
Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin vor, der BewA habe die Grundsätze der maßgeblichen Entscheidung des Senats
vom 28.5.2008 für die Berechnung der Betriebskosten nicht hinreichend beachtet. Mit seinem Beschluss vom 31.8.2011 sei der
BewA seiner Pflicht zur realitätsgerechten Festlegung der Betriebskosten nicht nachgekommen. Die verwendeten Daten seien nicht
valide, sondern, wie ein Vergleich mit anderen Erhebungen zeige, statistische Ausreißer. Höhere Validität hätten die Daten
aus der Prime-Networks-Studie, die als Nachfolgeprojekt der Erhebung von 1999 anzusehen sei. Die Daten dieser Erhebung seien
auch für das Jahr 2000 rückwirkend verwendet worden. Nach der Rechtsprechung des BSG hätten 2011 die bis dahin zugänglichen Daten für die Jahre 2007 und 2008 verwertet werden müssen.
Der BewA habe die empirisch ermittelten Personalkosten der Psychotherapeuten zu hoch angesetzt, sodass diese nicht wirklich
von der Festsetzung der normativ ermittelten Praxiskosten hätten profitieren können. Im Übrigen beanstandet die Klägerin Fehler
bei der Berechnung der normativ angesetzten Personalkosten. Auch die Mittelung zwischen den Einkommensklassen des öffentlichen
Dienstes und der Arzthelferinnen sei verfehlt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 1.6.2016, soweit die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 23.7.2014
(Az: S 38 KA 263/13) zurückgewiesen worden ist, und den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal I/2008 vom 9.7.2008 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20.2.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Honoraranspruch der Klägerin unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden und die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 1.6.2016 insoweit aufzuheben, als es das Urteil des SG München vom 23.7.2014 (Az: S 38 KA 262/13) sowie den Honorarbescheid der Beklagten für das Quartal I/2007 vom 10.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20.2.2013 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, über den Honoraranspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Bayerischen LSG neu zu entscheiden und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie trägt vor, der BewA sei bei seiner Beschlussfassung im Jahr 2011 berechtigt gewesen, seiner Kostenbewertung nur die Daten
zugrunde zu legen, die vor 2007 zur Verfügung gestanden hätten. Er sei nicht kraft Gesetzes gezwungen, eine Überprüfung anhand
später zugänglich gewordener Daten vorzunehmen. Das vom LSG geforderte Vorgehen habe den entscheidenden Nachteil, dass mit
der Berücksichtigung später vorliegender Daten ein Anreiz verbunden sei, vorsorglich Klage gegen Honorarbescheide zu erheben,
um die Anwendung von im Laufe des Gerichtsverfahrens entstandenen aktuellen Kalkulationen für zurückliegende Zeiträume zu
erzwingen.
II
Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die
Beklagte verpflichtet ist, den Honoraranspruch der Klägerin nach Neufestlegung der Vorgaben für die Berechnung des Mindestpunktwerts
für die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä für das Quartal I/2007 durch
den (Erweiterten) BewA (EBewA) neu zu bescheiden. Für ihre im Quartal I/2008 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen kann
die Klägerin hingegen keine Neubescheidung beanspruchen. Die Vorgaben des EBewA zur Ermittlung des Psychotherapie-Punktwerts
sind für diesen Zeitraum nicht zu beanstanden.
1. Rechtsgrundlage für die Honorierung der psychotherapeutischen Leistungen der Klägerin war §
85 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGB V (hier anzuwenden in der ab 1.1.2004 gültigen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung
- GKV-Modernisierungsgesetz - vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Danach stand jedem Vertragsarzt - und gemäß §
72 Abs
1 Satz 2
SGB V auch einem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Psychotherapeuten - ein Anspruch auf Teilhabe an den von den Krankenkassen
entrichteten Gesamtvergütungen entsprechend der Art und dem Umfang der von ihm erbrachten abrechnungsfähigen Leistungen nach
Maßgabe der Verteilungsregelungen des Honorarverteilungsmaßstabs zu. Ergänzende Regelungen für die Honorierung psychotherapeutischer
Leistungen fanden sich in §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V. Hiernach hatten die einzelnen KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten
und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit
gewährleisten. Den Inhalt dieser Regelungen bestimmte gemäß §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Halbsatz
SGB V, ebenfalls in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes, der BewA.
Nach dem seit 1.1.2000 geltenden Regelungskonzept sollte der (E)BewA im Interesse einheitlicher Vergütungsgrundsätze für psychotherapeutische
Leistungen im ganzen Bundesgebiet die maßgeblichen Vorgaben auf normativer Ebene treffen, §
87 Abs
1 Satz 1 und Abs
3 SGB V. Er hatte den Inhalt der von der einzelnen KÄVen im Rahmen der Honorarverteilung anzuwendenden Regelungen zur Vergütung der
genannten psychotherapeutischen Leistungen vorzugeben; diese Inhaltsbestimmung band die einzelne KÄV. Nach der Rechtsprechung
des Senats würde das vom Gesetz selbst vorgegebene Normkonkretisierungsprogramm ausgehöhlt, wenn entweder die einzelne KÄV
oder aber die Gerichte diese Vorgaben unter unmittelbarem Durchgriff auf das Merkmal der "Angemessenheit" in §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V außer Acht ließen (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 §
85 Nr 8, RdNr 14; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 16 f).
Für die Gerichte hat dieses Regelungskonzept zur Folge, dass sie die Gestaltungsfreiheit des (E)BewA, wie sie für jede Normsetzung
kennzeichnend ist, zu respektieren haben (vgl BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 19; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17 f; grundlegend mit Nachweisen der Rechtsprechung des Senats und des BVerfG BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86). Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob sich die
untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die äußersten rechtlichen Grenzen der
Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Letzteres ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung
in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht (BVerfGE 108, 1, 19), dh in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (so BVerwGE 125,
384 RdNr 16; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 34 RdNr 15). Der (E)BewA überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt,
dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind - etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der
Honorierung bewusst benachteiligt wird - oder dass es im Lichte von Art
3 Abs
1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen
gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BVerfG [Kammer] SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 19; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17 f; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 17).
Sofern eine Norm tatsächliche Umstände zur Grundlage ihrer Regelung macht, erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung insbesondere
darauf, ob der BewA - soweit mehrere Arztgruppen betroffen sind - nach einheitlichen Maßstäben verfahren ist und inhaltlich
darauf, ob seine Festsetzung frei von Willkür ist, dh ob er sich in sachgerechter Weise an Berechnungen orientiert hat und
ob sich seine Festsetzung innerhalb des Spektrums der verschiedenen Erhebungsergebnisse hält (BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 193; vgl auch Wahl, Die Intensivierung der gerichtlichen Kontrolle des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs
und das Ende der Praxisbudgets, MedR 2003, 569, 571). Der festgesetzte Zahlenwert muss "den Bedingungen rationaler Abwägung genügen" (BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 193 unter Bezugnahme auf BVerfGE 85, 36, 57 zu Kapazitätsberechnungen für Hochschulzulassung und BVerwGE 106, 241, 247 zum Grenzwert für Schienenverkehrslärm; vgl auch BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 18; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 19).
Dabei darf die gerichtliche Kontrolldichte speziell der Entscheidungen des (E)BewA nicht überspannt werden. Der an den BewA
gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorarverteilung umfasst
auch den Auftrag zu einer sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19; BSGE 88, 126, 129 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 147 f). Hierzu bedarf es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen,
die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende
Regelungen angewiesen sind (vgl BVerfGE 108, 1, 19; BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 28 mwN im Zusammenhang mit dem EBM-Ä). Die gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch
der Steuerung dienenden Regelungsgefüges darf sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente beschränken,
sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick nehmen (vgl BVerfGE 117, 330, 353). Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen Sinne
ist deshalb nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 19; BSGE 88, 126, 136 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 155 f; zur Festlegung der Regelleistung der Grundsicherung ähnlich BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 22). Auch die Festsetzung des Betriebskostenansatzes ist angesichts der Bewertungen, von denen
sie abhängt, als Normsetzung zu qualifizieren (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 38; ebenfalls zu Kostensätzen als Grundlage für die Bewertung von ärztlichen Leistungen: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 37). Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich insbesondere darauf, ob der BewA sich in sachgerechter Weise an
vorliegenden Berechnungen orientiert hat und von Annahmen ausgegangen ist, die sich innerhalb des Spektrums vorliegender Erhebungsergebnisse
halten (vgl BSGE 89, 259, 264 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 192).
2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die mit Beschluss des BewA vom 31.8.2011 (DÄ 2011, A-2053) getroffene ergänzende Regelung
eines Betriebskostenbetrages von 42 974 Euro für das Jahr 2008 nicht zu beanstanden. Der BewA hat seinen Gestaltungsspielraum
jedoch überschritten, indem er die im Herbst 2006 veröffentlichte Kostenstrukturanalyse des ZI für die Jahre 2002 bis 2004,
aus der sich ein Anpassungsbedarf hinsichtlich der Betriebskosten von 40 634 Euro auf einen Betrag von mindestens 41 052 Euro
ergab, für das Jahr 2007 nicht berücksichtigt hat.
a) Der Beschluss des BewA vom 31.8.2011 war eine Reaktion auf das Urteil des Senats vom 28.5.2008, in dem eine Überprüfung
des Betriebskostenbetrages von jährlich 40 634 Euro für die Jahre 2007 und 2008 als notwendig erachtet worden war (BSGE 100,
254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 39). Die Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung zur Angemessenheit der Vergütung
vertragspsychotherapeutischer Leistungen stellte sich bis zu diesem Urteil wie folgt dar (vgl auch Moeck, Die Vergütung der
Psychotherapeuten - aktuelle Rechtsfragen, ZMGR 2017, 97 ff; ders, Die Budgetierung psychotherapeutischer Leistungen durch
zeitbezogene Kapazitätsgrenzen, 2012, S 66 ff).
aa) Mit Urteil vom 20.1.1999 (BSGE 83, 205 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29) hat der Senat entschieden, dass unter bestimmten Umständen eine Verpflichtung der KÄVen zur Punktwertstützung
der genehmigungsbedürftigen und zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen bestehe. Psychotherapeuten dürften im Wesentlichen
nur Leistungen erbringen, die zeitgebunden seien und ganz überwiegend vorab von den Krankenkassen genehmigt werden müssten.
Deshalb könnten sie im Kernbereich ihrer Tätigkeit die Menge der berechnungsfähigen Leistungen nicht bzw kaum vermehren, sodass
jeder Punktwertrückgang bei voll ausgelasteten Psychotherapeuten zu einem Umsatzrückgang führe. Eine Handlungs- und Korrekturpflicht
der KÄV bestehe jedenfalls dann, wenn der vertragsärztliche Umsatz voll ausgelasteter Psychotherapeuten und psychotherapeutisch
tätiger Ärzte, soweit sie überwiegend oder ausschließlich zeitabhängige und seitens der Krankenkasse genehmigungsbedürftige
Leistungen erbringen, erheblich hinter dem durchschnittlichen Praxisüberschuss (Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit abzüglich
Kosten) vergleichbarer Arztgruppen wie zB der Psychiater zurückbleibe (BSGE 83, 205, 213 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 220).
bb) Mit Urteil vom 25.8.1999 (BSGE 84, 235 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33) hat der Senat in Fortführung dieser Rechtsprechung entschieden, dass Psychotherapeuten und Vertragsärzte,
die überwiegend bzw ausschließlich (zu über 90 %) psychotherapeutisch tätig sind, grundsätzlich Anspruch auf Honorierung der
zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen mit einem Punktwert von 10 Pfennig haben. Zur Ermittlung der angemessenen
Vergütung hat der Senat eine Modellberechnung entwickelt, wonach die Belastungsgrenze für einen vollzeitig tätigen Psychotherapeuten
bei wöchentlich 36 zeitabhängig zu erbringenden psychotherapeutischen Leistungen von mindestens 50-minütiger Dauer erreicht
sei (BSGE 84, 235, 239 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255 ff). Bei einer Vergütung je Einzelsitzung von 145 DM sei unter Einsatz der vollen
möglichen Arbeitszeit unter Zugrundelegung von 43 Arbeitswochen im Jahr ein Jahresumsatz von 224 460 DM fiktiv aus vertragsärztlicher
Tätigkeit erzielbar, zu dem in der Regel zusätzliche Einkünfte nicht mehr in nennenswertem Umfang hinzutreten könnten. Zur
Ermittlung des Kostenaufwands sei es sachgerecht, sich an den im EBM-Ä festgesetzten bundesdurchschnittlichen Praxiskostensätzen
von 40,2 % des Umsatzes aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu orientieren, soweit für psychotherapeutisch tätige Ärzte keine
empirischen Daten über durchschnittliche Betriebskosten vorlägen. Der sich bei dieser Berechnung ergebende fiktive Jahresertrag
von 134 227 DM entspreche ungefähr dem durchschnittlichen Honorarüberschuss der Ärzte für Allgemeinmedizin (135 014 DM) und
der Arztgruppe der Nervenärzte (149 208 DM). Dabei hat der Senat hervorgehoben, dass den Psychotherapeuten und überwiegend
oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten ein Punktwert in Höhe von 10 Pfennig für die zeitabhängigen
Leistungen nicht auf Dauer unabhängig von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich zu gewähren
sei (BSGE 84, 235, 241 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 257).
cc) Als Reaktion auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung
vom 22.12.1999 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000, BGBl I, 2626) ab dem Jahr 2000 in §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V bestimmt, dass im Honorarverteilungsmaßstab Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich
psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen sind, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Gleichzeitig
wurde in § 85 Abs 4a Satz 1 Halbsatz 2 bestimmt, dass der BewA den Inhalt dieser Regelungen zu treffen hat, um sicherzustellen,
dass die Regelungen nach bundesweit einheitlichen Vorgaben getroffen werden (Ausschussbericht zum GKV-GRG 2000, BT-Drucks 14/1977 S 165 zu § 87a Abs 3).
dd) Erstmalig mit Beschluss vom 16.2.2000 (DÄ 2000, A-555 f) und den mit gewissen Modifizierungen getroffenen Nachfolgeregelungen
für die Zeiträume 1.1.2001 bis 30.6.2002 (DÄ 2000, A-3291), 1.7.2002 bis 30.6.2004 (DÄ 2002, A-877) und ab dem 1.7.2004 (DÄ
2004, A-1357) erließ der BewA eine Berechnungsvorschrift für den regionalen Punktwert für antrags- und genehmigungspflichtige
sowie zeitgebundene Leistungen des Abschnitts G IV des EBM-Ä aF für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte
und -psychotherapeuten. Nach diesen Beschlüssen war zur Berechnung des KÄV-spezifischen Psychotherapie-Punktwertes der Soll-Umsatz
ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte bzw -psychotherapeuten durch den in der Modellberechnung des Senats
zugrunde gelegten jährlichen Leistungsbedarf einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis von 2 244 600 Punkten zu
dividieren. Der Soll-Umsatz der Psychotherapeuten wiederum war zu ermitteln, indem - unter Zugrundelegung der Verhältnisse
des Jahres 1998 - der durchschnittliche Ertrag einer zum Vergleich herangezogenen anderen Arztgruppe im Bezirk der jeweiligen
KÄV (ursprünglich für Zeiträume bis zum 30.6.2002 die Fachärzte für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Versorgung) um
den Durchschnittsbetrag der Betriebsausgaben voll ausgelasteter Psychotherapeuten aufgestockt wurde. Die Betriebsausgaben
waren ihrerseits auf der Grundlage des tatsächlichen Durchschnittsumsatzes aller Psychotherapeuten im Bezirk der betreffenden
KÄV zu berechnen. Die so ermittelte Summe wurde zur Hochrechnung auf die Vollauslastung um den Faktor 1,47 erhöht. Die anschließende
Anwendung der im Bundesdurchschnitt ermittelten Kostenquote von 40,2 % auf den hochgerechneten Durchschnittsumsatz ergab die
in der Modellberechnung für voll ausgelastete Psychotherapeuten zu berücksichtigenden Betriebsausgaben. Dabei war zunächst
eine Obergrenze berücksichtigungsfähiger Betriebsausgaben von 66 000 DM pro Jahr vorgesehen, die - für Zeiträume ab 1.1.2001
- um eine Untergrenze von 32 000 DM ergänzt wurde.
Für die Quartale ab 1.7.2002 gab der BewA die regionalisierte Ermittlung der Betriebsausgaben der Psychotherapeuten auf und
setzte einen bundesweit einheitlichen Betrag von 28 100 Euro fest (Teil A Nr 2.2.3 des am 29.3.2002 bekannt gemachten Beschlusses,
DÄ 2002, A-877). Zugleich war ab diesem Zeitpunkt für die Berechnung des Soll-Umsatzes der Psychotherapeuten nicht mehr der
Durchschnittsertrag hausärztlich tätiger Allgemeinmediziner im Jahr 1998, sondern derjenige aller an der fachärztlichen Versorgung
teilnehmenden Ärzte im Jahr 2000 heranzuziehen, wobei Umsätze für belegärztliche Leistungen, für Dialysesachkosten, gesondert
regional vereinbarte Leistungen sowie für Leistungen der Kapitel O und U des EBM-Ä aF außer Betracht blieben (aaO, Teil A
Nr 2.2.4, 1. und 3. Spiegelstrich).
Der Senat hat mit Urteil vom 28.1.2004 (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8), in dem die Angemessenheit der Höhe des Punktwerts im Quartal I/2000 umstritten war, sowohl die
Berechnung des Umsatzes bei Vollauslastung durch Multiplikation des Durchschnittsumsatzes mit dem Faktor 1,47 als auch die
Deckelung der Praxiskosten auf 66 000 DM als strukturelle Fehlfestlegungen beanstandet. Soweit überhaupt für die Ermittlung
eines fiktiven Soll-Umsatzes an tatsächlich erzielte Umsätze angeknüpft werden könne, dürften nur solche Umsätze zugrunde
gelegt werden, die das Resultat einer rechtmäßigen Honorarverteilung seien. Dies sei bei der Vergütung der psychotherapeutischen
Leistungen im Jahr 1998 typischerweise nicht der Fall gewesen, da der Mindestpunktwert von 10 Pfennig nicht grundsätzlich
erreicht worden sei. Auch spiegele die Vergütungssituation die regional sehr unterschiedliche tatsächliche Auslastung der
Praxen zu einem zufälligen Zeitpunkt wider. Hinsichtlich des Ansatzes einer Obergrenze für die Praxiskosten hat der Senat
insbesondere die unterschiedliche Berechnung der anzusetzenden Praxiskosten bei Psychotherapeuten und der Vergleichsgruppe
der Allgemeinärzte beanstandet.
ee) Mit Beschluss vom 29.10.2004 (DÄ 2004, A-3133 f), geändert durch Beschluss vom 18.2.2005 (DÄ 2005, A-457), hob der BewA
die beanstandeten Beschlüsse auf und erließ eine Neuregelung mit Wirkung vom 1.1.2000. Dabei wurde die bisherige Berechnungsweise
im Grundsatz beibehalten. Modifikationen erfolgten insoweit, als für die Betriebsausgaben voll ausgelasteter psychotherapeutischer
Praxen nunmehr für alle Zeiträume ab dem 1.1.2000 ein bundesweit einheitlicher Betrag in Höhe von 40 634 Euro zum Ansatz kam
(Nr 2.2.1.5 des Beschlusses vom 18.2.2005). Der durchschnittliche Ertrag der zum Einkommensvergleich herangezogenen Arztgruppe
orientierte sich für die Jahre 2000 und 2001 weiterhin an den Durchschnittserträgen der in der hausärztlichen Versorgung tätigen
Allgemeinärzte, es erfolgte aber eine Verringerung dieser Umsätze um bestimmte Leistungsbereiche (Nr 2.2.1.6 Abs 2 des Beschlusses
vom 18.2.2005). Für die Zeiträume ab dem 1.1.2002 gab der BewA den Vergleich mit dem durchschnittlichen Ertrag von sieben
großen Arztgruppen aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich (Augenärzte, Chirurgen, Frauenärzte, HNO-Ärzte, Hautärzte, Orthopäden
und Urologen - sog "Fachgruppenmix") vor. Die Gesamtumsätze der Arztgruppen des "Fachgruppenmix" waren gemäß Nr 2.2.1.6 Abs
2 des Beschlusses vom 18.2.2005 um Anteile zu vermindern, die auf bestimmte Leistungsbereiche entfielen.
ff) In seinem Urteil vom 28.5.2008 (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42) hat der Senat den Beschluss des BewA vom 18.2.2005 für die im Verfahren streitbefangenen Jahre
2002 und 2003 nicht beanstandet. Die Bereinigung der Durchschnittsumsätze aus dem "Fachgruppenmix" um bestimmte Leistungen
sei vom Gestaltungsspielraum des BewA umfasst (aaO RdNr 45). Leistungen, die für die Ertragssituation prägend seien, dürften
allerdings nicht herausgerechnet werden. Soweit für die Jahre 2000 und 2001 - die nicht Gegenstand des Verfahrens waren -
bei der Berechnung die Umsätze der Vergleichsarztgruppe der Allgemeinmediziner um Einnahmen aus Laborleistungen und aus Pauschalerstattungen
zu bereinigen seien, seien prägende Elemente betroffen und der Beschluss insoweit rechtswidrig (aaO RdNr 49).
Der zur Berücksichtigung der Betriebskosten voll ausgelasteter psychotherapeutischer Praxen festgesetzte Betrag von bundesweit
40 634 Euro halte sich im Rahmen des Gestaltungsspielraumes des BewA. Die Vorgabe eines für alle KÄV-Bezirke gleich hohen
Betrages zur Berücksichtigung der typischerweise in voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen anfallenden Betriebskosten
sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Es sei methodisch unbedenklich, einen fixen Betriebskostenansatz zu wählen, auch wenn
ein Vergleich zum variablen fiktiven Umsatz einer vergleichbaren Arztgruppe zu ziehen sei, sofern das Erfordernis einer realitätsgerechten
Erfassung beachtet werde und Abweichungen von der sonst gewählten Vorgehensweise aus diesem Blickwinkel sachlich begründet
seien. Die Verwendung eines festen Betrages solle zudem ein zu starkes Auseinanderdriften der regional zu ermittelnden Psychotherapie-Punktwerte
verhindern (aaO RdNr 25 ff). Auch die Höhe des festgesetzten Betrages halte sich im Rahmen des Gestaltungsspielraumes des
BewA (aaO RdNr 33 ff). Als Grundlage habe die im Mai 2002 erstellte "Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse
1999" des ZI gedient. Der Ermittlung des festen Betriebskostenbetrages seien die durchschnittlichen Betriebsausgaben der obersten
Umsatzgrößenklasse in den alten Bundesländern in Höhe von 62 712 DM zugrunde gelegt worden. Mit den hierin enthaltenen Personalkosten
von lediglich 12 042 DM habe die vom Senat für erforderlich gehaltene Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Halbtagskraft
nicht realisiert werden können. Der BewA habe daher zu Recht diese Betrag in Abzug gebracht und durch den Betrag von 28 803
DM ersetzt. Dieser Betrag sei als gewichteter Mittelwert aus einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur "Kostenstruktur
bei ausgewählten Arzt-, Zahnarzt-, Tierarzt- und Heilpraktikerpraxen sowie Praxen von Psychologischen Psychotherapeuten" im
Jahr 2000 (erschienen im Februar 2004 in der Fachserie 2, Reihe 1.6.1) abgeleitet worden. Die Berücksichtigung dieses Wertes
stelle eine realitätsgerechte und willkürfreie Personalkostenerfassung dar, zumal der sich ergebende Wert von 14 727 Euro
etwa zwei Drittel der in psychotherapeutischen Praxen tatsächlich entstandenen Aufwendungen für eine Vollzeitkraft abdecke.
Er sei auch in Übereinstimmung mit den sich aus dem Gehaltstarifvertrag für Arzthelferinnen in der Tätigkeitsgruppe II für
eine Halbtagskraft errechnenden jährlichen Personalkosten von 12 003 Euro zu bringen und lasse noch Spielraum etwa für die
geringfügige Beschäftigung einer Raumpflegekraft (aaO RdNr 35 ff).
Allerdings müsse der BewA in regelmäßigen Abständen prüfen, ob sich die Verhältnisse zwischenzeitlich geändert hätten und
deshalb eine Anpassung der ursprünglichen Festlegung geboten sei. Wohl ab dem Jahr 2007 lägen deutliche Anhaltspunkte für
Kostensteigerungen gegenüber den auf Grundlage der bis Ende 2004 verfügbaren Daten festgesetzten Betriebskosten voll ausgelasteter
psychotherapeutischer Praxen in Höhe von 40 634 Euro vor, die eine Anpassung des Betriebskostenbetrages nahelegen würden.
Nicht zuletzt aufgrund einer Erhöhung der Umsatzsteuer um drei Prozentpunkte sei im Jahr 2007 der Verbraucherpreisindex für
Deutschland erstmals seit Jahren wieder um mehr als zwei Prozent gestiegen und habe die Basis des Jahres 2000 um mehr als
10 Prozentpunkte übertroffen. Zudem seien mit Wirkung ab 1.1.2008 die seit Juli 2004 nicht mehr angehobenen Vergütungen für
Arzthelferinnen erhöht worden. Diese Entwicklung habe dazu geführt, dass bei der zum 1.1.2008 erfolgten Novellierung des EBM-Ä
aufgrund neuer Kostenerhebungen erheblich höhere Betriebskosten insbesondere bei Psychotherapeuten berücksichtigt und deshalb
die punktzahlmäßigen Bewertungen der psychotherapeutischen Leistungen spürbar angehoben worden seien (zB tiefenpsychologisch
fundierte Psychotherapie nach Nr 35200 EBM-Ä 2008 mit 1755 statt früher 1495 Punkten bewertet). Infolgedessen sei auch die
Gesamtpunktmenge einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis - als Divisor der Mindestpunktwertberechnung - ab 1.1.2008
von bislang 2 244 600 Punkten um 21 % auf nunmehr 2 716 740 Punkte erhöht worden, während die - im Dividenden zu berücksichtigenden
- Betriebskosten der Psychotherapeuten bislang unverändert geblieben seien. Es liege nahe, dass aufgrund der genannten Veränderungen
die Vorgabe eines Betriebskostenbetrages von weiterhin 40 634 Euro möglicherweise bereits im Jahr 2007, jedenfalls aber ab
2008 eine dem Regelungskonzept widersprechende strukturelle Fehlfestlegung enthalte. Der BewA sei deshalb aufgerufen, für
die Zeiträume ab Quartal I/2007 anhand der damals zugänglichen bzw der später zugänglich gewordenen Daten zu prüfen, ob, ab
wann und in welchem Umfang der feste Betriebskostenbetrag angepasst werden müsse, damit er weiterhin einer realitätsgerechten
Festlegung entspreche (aaO RdNr 39).
gg) In Reaktion hierauf hat der EBewA mit Beschluss vom 31.8.2011 (DÄ 2011, A-2053) für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum
31.12.2008 die Betriebsausgaben in Höhe von 42 974 Euro festgesetzt. Für das Jahr 2007 hat er keine Anpassung vorgenommen.
hh) Seit dem 1.4.2007 regelt der durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG, BGBl I 378) eingeführte §
87 Abs
2c Satz 6
SGB V, dass die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen im EBM-Ä eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu
gewährleisten haben (zum Verhältnis dieser Vorschrift zu § 85 Abs 4 Satz 4 aF vgl BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 6/16 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 §87b Nr 9 vorgesehen - Juris RdNr 28). Diese Verschiebung der Regelungsebene von der
Honorarverteilung zum EBM-Ä trug dem Umstand Rechnung, dass ab dem 1.1.2009 Orientierungswerte nach §
87 Abs
2e SGB V die Vergütungshöhe bundeseinheitlich bestimmten und den Besonderheiten psychotherapeutischer Leistungen durch eine angemessene
Bewertung im EBM-Ä Rechnung zu tragen war. Gemäß §
87 Abs
2d Satz 3
SGB V in der bis 31.12.2011 geltenden Fassung war ein Beschluss hierzu erstmals bis zum 31.8.2008 mit Wirkung zum 1.1.2009 zu treffen.
Dieser Vorgabe ist der EBewA in seiner 7. Sitzung mit Teil A der Beschlüsse vom 27./28.8.2008 (DÄ 2008, A-1988) nachgekommen,
durch den die Leistungsbewertungen um den Faktor 1,2923 gesteigert wurden. Durch weiteren Beschluss des EBewA in seiner 8.
Sitzung vom 23.10.2008 (DÄ 2008, A-2602) wurde der Steigerungsfaktor auf 1,3196 angehoben.
ii) Mit Beschluss vom 22.9.2015 (DÄ 2015, A-1739) hat der EBewA eine Erhöhung der Bewertung der Leistungen des Abschnitts
35.2 EBM-Ä rückwirkend zum 1.1.2012 um 2,6909 % vorgenommen. Darüber hinaus wurden die Zuschlagsziffern 35251 und bis 35252
EBM-Ä (ab 1.1.2015: 35251, 35252 und 35253) - ebenfalls rückwirkend zum 1.1.2012 - eingeführt. Diese Zuschläge dienen der
Finanzierung von normativen Personalaufwendungen, kommen jedoch erst beim Erreichen einer Mindestauslastung von mindestens
50 % gemessen an einer voll ausgelasteten - bei reduziertem Tätigkeitsumfang anteilig reduziert ausgelasteten - Praxis zur
Anwendung. Aus den Gründen des Beschlusses ergibt sich ua als Hintergrund für die Einführung dieser Gebührenordnungspositionen,
dass eine Überprüfung der Personalaufwendungen ergeben habe, dass annähernd 75 % der psychotherapeutischen Praxen keine Personalaufwendungen
aufwiesen und keine bedeutende Zunahme von Beschäftigungsverhältnissen zu beobachten gewesen sei, obwohl seit dem Jahr 2003
normative Personalaufwendungen für eine Halbtagskraft in die EBM-Ä-Bewertung einkalkuliert worden seien.
b) Die Festsetzung der Betriebsausgaben für das Jahr 2008 im Beschluss des EBewA vom 31.8.2011 ist rechtmäßig. Sie genügt
den Anforderungen an eine willkürfreie Normgebung. Der EBewA hat sich innerhalb des Spektrums der verschiedenen Erhebungsergebnisse
gehalten und seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Er war nicht verpflichtet, den Betriebskostenansatz entsprechend
der Teuerungsrate seit der letzten Festsetzung oder entsprechend der Steigerungsrate bei den Gehältern der Arzthelferinnen
anzupassen. Die Normsetzung entspricht vielmehr den Anforderungen, wenn sie sich rational begründbar an verwertbaren Berechnungen
orientiert hat (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17 mwN). Das war der Fall.
Die Basisgröße des Betriebskostenbetrages wurde in der gleichen Weise ermittelt wie bereits im Vorgängerbeschluss vom 18.2.2005.
Dabei stützte sich der BewA auf eine im September 2007 veröffentlichte Kostenstrukturuntersuchung des ZI, nämlich die "Kostenstrukturanalyse
in der ärztlichen und psychotherapeutischen Vertragspraxis 2005" auf Basis der erhobenen Daten der Jahre 2003 bis 2005. Diese
Studie stellt die durchschnittlichen Kosten in drei Umsatzgrößenklassen dar (bis 50 000 Euro, 50 000 bis 70 000 Euro, über
70 000 Euro), wobei die Umsatzklassen nach den Erläuterungen zu den tabellarischen Darstellungen so gebildet sind, dass jeweils
etwa ein Drittel der Ärzte der Fachgruppe vertreten ist. Als Basis für die Berechnung des EBewA diente die Honorarklasse der
Psychotherapeuten mit mehr als 70 000 Euro Honorar aus vertragsärztlicher bzw -psychotherapeutischer Tätigkeit. Berücksichtigt
wurden die Betriebskosten dieser Honorarklasse in Höhe von 42 614 Euro abzüglich Personalkosten von 14 514 Euro. Hierzu addierte
der EBewA einen rechnerisch ermittelten normativen Personalkostenansatz in Höhe von 14 874 Euro. Dieser Betrag ergab sich
als hälftiger Mittelwert aus dem Arbeitgeberbrutto (Tarifentgelt zuzüglich 20 % Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung)
nach dem Gehaltstarifvertrag für medizinische Fachangestellte vom 1.1.2008 (Tätigkeitsgruppe II, 11. - 16. Berufsjahr; vgl
DÄ 2008, A-110) und dem Arbeitgeberbrutto nach dem TVöD (gültig vom 1.4.2008 - 31.12.2008, Entgeltgruppe E 2, Stufe 6).
aa) Soweit der EBewA als Datengrundlage die Erhebungen des ZI herangezogen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Der Senat hat
sich bei der Überprüfung des Beschlusses des BewA vom 18.2.2005 in seinem Urteil vom 28.5.2008 bereits mit der Aussagekraft
der damaligen Datengrundlage, der "Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse 1999" des ZI, auseinandergesetzt
und ihre Heranziehung gebilligt. Im Vergleich zur Erhebung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2000 entspreche sie
wesentlich genauer der Vorgabe des §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V, weil sie nur die in der vertragsärztlichen Versorgung tätigen psychologischen und ärztlichen Psychotherapeuten erfasst habe
(vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 35).
(1) Auch die im September 2007 veröffentlichte Kostenstrukturanalyse des ZI für den Zeitraum 2003 bis 2005 stellt eine geeignete
Datengrundlage für die Berechnung des Betriebskostenansatzes dar. Sie diente der Bereitstellung von Informationen über die
wirtschaftlichen Bedingungen in Praxen niedergelassener Vertragsärzte und -psychotherapeuten. Die Erhebung umfasst nur die
in der vertragsärztlichen Versorgung tätigen psychologischen und ärztlichen Psychotherapeuten. Ausgewertet wurden die Daten
von insgesamt 725 Teilnehmern (vgl Nr 3.1.13 der Kostenstrukturanalyse S 20). Dies stellt gegenüber der dem Beschluss des
EBewA vom 18.2.2005 zugrunde liegenden Kostenstrukturanalyse, bei der Daten von insgesamt 481 Psychotherapeuten ausgewertet
worden waren (vgl Abbildung 1 der Übersicht zur Auswertung 1999 der Kostenstrukturanalyse 1999 S 13), eine Verbreiterung der
Datenbasis dar. Selbst wenn, wie die Klägerin vorträgt, der Bewertung in der höchsten Umsatzklasse eine relativ geringe Teilnehmerzahl
von 70 zugrunde lag, war der BewA nicht an der Verwertung der Daten gehindert. Die Betrachtung ausschließlich dieser Umsatzgruppe
für die Zwecke der hypothetischen Berechnungen der Betriebskosten im Fall der Vollauslastung ist sachgerecht. Die Teilnehmerzahl
wäre noch groß genug, dass der EBewA die erhobenen Daten im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums willkürfrei als hinreichend
repräsentativ und aussagekräftig ansehen durfte. Schließlich ist im Hinblick auf die von komplexen Kalkulationen und Bewertungen
geprägte Entscheidung die Richtigkeit jedes einzelnen Elementes im mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen
Sinn nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 19 mwN).
(2) Die Verwertbarkeit der ZI-Erhebung als Datengrundlage wird auch nicht durch den Vergleich mit anderen Erhebungen durchgreifend
in Frage gestellt. Der EBewA war insbesondere nicht verpflichtet, die Prime-Networks-Studie zu verwerten. Für diese Studie,
die ebenfalls im Jahr 2007 veröffentlicht wurde, wurden Daten aus dem Jahr 2005 ausgewertet, die im Zusammenhang mit der Anpassung
der Bewertung psychotherapeutischer Leistungen im EBM-Ä erhoben worden waren. Die Studie differenzierte nicht nach Umsatzgrößenklassen
und bildete Durchschnittswerte aus den erhobenen Daten. Auch die - erst im Jahr 2010 veröffentlichten - Daten des ZI-Praxis-Panel
für 2006 bis 2008 sind Durchschnittswerte. Damit ist nicht die bei Psychotherapeuten bestehende Besonderheit berücksichtigt,
dass Personal typischerweise erst ab einem gewissen Auslastungsgrad beschäftigt wird. Die auf Durchschnittswerte ausgerichteten
Studien waren schon aus diesem Grund weniger geeignet als die ZI-Erhebung, für die Ermittlung der typischen Kostenstruktur
einer vollausgelasteten psychotherapeutischen Praxis herangezogen zu werden.
Ungeachtet der Frage ihrer Verwertbarkeit für den hier streitbefangenen Zeitraum liegt den am 5.8.2009 veröffentlichten Ergebnissen
der Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes 2007 (Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen, Praxen von psychologischen
Psychotherapeuten sowie Tierarztpraxen, Fachserie 2, Reihe 1.6.1, 2007) ebenfalls eine andere Erhebungs- und Auswertungsmethode
zugrunde als der Erhebung des ZI. Erfasst werden vom Statistischen Bundesamt auch rein privatärztlich tätige Praxen (aaO S
8). Ebenso wie bereits bei der Erhebung aus dem Jahr 2000 sind ärztliche Psychotherapeuten als Fachärzte in der Kostenstrukturstatistik
bei Arztpraxen erfasst (aaO S 13). Die Erhebung des ZI entspricht damit weiterhin genauer der Vorgabe in §
85 Abs
4 Satz 4
SGB V als andere Erhebungen.
(3) Der EBewA war an der Verwertung der ZI-Erhebung 2005 auch nicht deshalb gehindert, weil sie einen relativ und absolut
signifikant höheren Personalkostenanteil als andere Erhebungen ausweist. Während die empirischen Personalkosten bei der ZI-Analyse
14 514 Euro und 34 % der Betriebsausgaben ausmachen, liegen die Werte der anderen Erhebungen absolut zwischen 2236 (Statistisches
Bundesamt, Praxen zwischen 75 000 und 100 000 Euro Einnahmen) bzw 4600 (Statistisches Bundesamt, Praxen zwischen 100 000 und
150 000 Euro Einnahmen) und 7234 Euro (Prime-Networks-Studie) und relativ zwischen 8,28 % und maximal 19,29 % der Betriebsausgaben.
Dies ist im Verhältnis zu den Erhebungen, die Durchschnittswerte generieren, nicht völlig fernliegend, weil eine Beschäftigung
von Personal regelmäßig erst ab einem bestimmten Leistungsumfang erfolgt (vgl auch die Begründung des Beschlusses des EBewA
vom 22.9.2015). So sind auch nach der Erhebung des Statistischen Bundesamtes in den höheren Umsatzklassen tatsächlich steigende
Personalaufwendungen zu beobachten, die allerdings weit hinter dem relativen und absoluten Umfang der ZI-Erhebung zurückbleiben.
Die Höhe der von der ZI-Analyse ausgewiesenen Personalkosten ist in der Gesamtbetrachtung jedenfalls nicht unplausibel. Personalkosten
in Höhe von ca 14 500 Euro für eine Praxis der obersten Umsatzklasse, in der eine halbtags beschäftigte Mitarbeiterin mit
administrativen Aufgaben befasst ist und ggf zusätzlich eine Reinigungskraft beschäftigt wird, sind nicht ersichtlich realitätsfern.
Der empirisch ermittelte Betrag ist zugunsten der Psychotherapeuten durch einen realitätsgerechten normativen Personalkostenansatz
ersetzt worden, der nicht unerheblich über die empirischen Kosten hinausging. Letztlich geht es bei der vom Senat entwickelten
Modellberechnung darum, die Beschäftigung einer Halbtagskraft zu ermöglichen, nicht um einen generellen Zuschlag zur Vergütung
psychotherapeutischer Leistungen.
Der Sachkostenanteil liegt nach der ZI-Studie absolut bei 28 100 Euro und ca 66 % der Betriebsausgaben, während die anderen
Erhebungen absolut auf ähnliche Werte kommen, die relativ einen geringeren Anteil der Betriebsausgaben ausmachen. Anhaltspunkte
dafür, dass bei Zugrundelegung der ZI-Studie kein ausreichender Betriebskostenanteil berücksichtigt würde, sind auch von der
Klägerin nicht vorgetragen. Der vom EBewA für das Jahr 2008 gebildete Gesamt-Betriebskostenansatz in Höhe von 42 974 Euro
ist jedenfalls ausreichend, um die empirisch feststellbaren Betriebskosten einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen
Praxis abzubilden. Auch wenn die Gesamtbetriebskosten der Vergleichserhebungen unter dem Wert der ZI-Analyse liegen, bestehen
bei Betrachtung des Gesamtergebnisses der Berechnung keine durchgreifenden Zweifel an einer realitätsgerechten und willkürfreien
Kostenerfassung.
(4) Auch aus dem Beschluss des EBewA vom 22.9.2015 lässt sich für eine Rechtswidrigkeit der Heranziehung der ZI-Studie als
Datengrundlage des Beschlusses vom 31.8.2011 nichts ableiten. Der EBewA hat für den Beschluss vom 22.9.2015 gerade einen Wechsel
der Datengrundlage vollzogen und anstelle einer ZI-Erhebung die Daten des Statistischen Bundesamtes 2007 herangezogen, weil
für den Zeitraum ab 1.1.2012 keine hinreichend aktuellen Daten des ZI vorlagen. Es kann offenbleiben, ob der Beschluss einer
Überprüfung standhält. Für den streitbefangenen Zeitraum 2007/2008 lagen jedenfalls mit den Kostenstrukturerhebungen des ZI
hinreichend aktuelle Daten vor, sodass der EBewA sich nicht zu einem Wechsel der Datengrundlage gezwungen sehen musste.
bb) Soweit der EBewA für die Ermittlung der normativen Personalkosten in seinem Beschluss vom 31.8.2011 von der im Beschluss
vom 18.2.2005 gewählten Methodik abgewichen ist und statt der Kostenstrukturerhebung des Statistischen Bundesamtes das gemittelte
Arbeitgeberbrutto für eine jeweils adäquat eingruppierte Halbtagskraft nach dem Gehaltstarifvertrag für medizinische Fachangestellte
vom 1.1.2008 und dem TVöD herangezogen hat, hat er damit seinen Gestaltungsspielraum ebenfalls nicht überschritten. Der Senat hat in seiner Entscheidung
vom 28.5.2008 hinsichtlich des Beschlusses des BewA vom 18.2.2005 eine "intellektuelle Überprüfung" des aus der Kostenstrukturstatistik
des Statistischen Bundesamtes hergeleiteten empirischen Personalkostenbetrages anhand des Gehaltstarifvertrages für Arzthelferinnen
für nachvollziehbar gehalten. Die aus Gründen der Sachnähe vorgenommene Heranziehung dieses für Beschäftigte in Praxen niedergelassener
Ärzte einschlägigen Tarifvertrages sei nachvollziehbar und nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Senat in seiner Modellberechnung
bisher den Bundes-Angestelltentarifvertrag zugrunde gelegt habe (vgl BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 37 unter Verweis auf BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 14 RdNr 29, 31). Es spricht nichts für die Annahme, dass auf der Grundlage der entsprechenden aktuellen tariflichen Bestimmungen
kein realitätsgerechter normativer Personalkostenansatz bestimmt wurde. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der EBewA einen
Mittelwert aus den beiden herangezogenen Tarifverträgen gebildet hat. Durch die Kombination beider Datengrundlagen wurde vielmehr
die Datenbasis verbreitert.
Der EBewA war auch nicht gehalten, noch zusätzlich Kosten für eine Reinigungskraft zu berücksichtigen. Zwar hat der Senat
in seiner Entscheidung vom 28.5.2008 im Rahmen der Ausführungen zur "intellektuellen Überprüfung" des normativen Personalkostenansatzes
ausgeführt, dass der vom BewA bestimmte Betrag sogar "noch Spielraum etwa für die geringfügige Beschäftigung einer Raumpflegekraft"
(BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 37) lasse. Das ist aber nicht so zu verstehen, dass über die normative Berücksichtigung der
Kosten einer Halbtagskraft hinaus stets zusätzlich Kosten für die Beschäftigung weiteren Personals einzurechnen wären. Den
Anforderungen an eine realitätsgerechte Bemessung der Personalkosten ist jedenfalls Genüge getan, wenn die Personalkosten
für eine sozialversicherungspflichtige Halbtagskraft berücksichtigt sind (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 37 unter Bezugnahme auf BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 31).
c) Der Beschluss des EBewA vom 31.8.2011 ist hingegen rechtswidrig, soweit er für das Jahr 2007 keine Anpassung enthält. Der
EBewA war zwar nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der Betriebskosten für das Jahr 2007 die aktuellste zum Entscheidungszeitpunkt
am 31.8.2011 vorliegende "Kostenstrukturanalyse in der ärztlichen und psychotherapeutischen Vertragspraxis 2005" des ZI mit
den Ergebnissen des Zeitraumes 2003 bis 2005 heranzuziehen und bereits für das Jahr 2007 einen Betrag von 42 974 Euro festzulegen.
Er hätte jedoch bei seiner Beschlussfassung die bereits im Herbst 2006 veröffentlichte Kostenstrukturanalyse des ZI für die
Jahre 2002 bis 2004 berücksichtigen müssen, aus der sich ein Anpassungsbedarf hinsichtlich der Betriebskosten von 40 634 Euro
auf einen Betrag von mindestens 41 052 Euro ergab.
aa) Für das Jahr 2007 wurden Betriebsausgaben in Höhe von 40 634 Euro zugrunde gelegt, wie im Beschluss des BewA vom 18.2.2005
festgesetzt. Datengrundlage dieser Festsetzung war damit im Jahr 2007 weiterhin die im Mai 2002 erstellte "Sonderauswertung
für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse 1999". Hieraus ergab sich als Durchschnitt der Betriebsausgaben in der obersten
Umsatzgrößenklasse in den alten Bundesländern ein Betrag in Höhe von 62 712 DM (32 064,14 Euro), der um den Personalkostenanteil
in Höhe von 12 042 DM (6157 Euro) bereinigt wurde. Normativ wurden Personalkosten in Höhe von 28 803 DM (14 727 Euro) aus
einer im Jahr 2004 erschienenen Erhebung des Statistischen Bundesamtes zur "Kostenstruktur bei ausgewählten Arzt-, Zahnarzt-,
Tierarzt- und Heilpraktikerpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten" im Jahr 2000 ermittelt. Für das Jahr
2007 ist nach den Angaben der Beigeladenen im Beschluss vom 31.8.2011 keine Anpassung vorgenommen worden, weil im Herbst 2006
nur die Daten des ZI aus den Jahren 2002 bis 2004 bekannt gewesen seien. Hieraus habe sich eine minimale Abweichung des Betriebskostenbetrages
ergeben, dieser habe in der höchsten Umsatzklasse mit einem Umsatz über 70 000 Euro bei 38 546 Euro gelegen und damit unter
dem für die Mindestpunktwertberechnung veranschlagten Wert von 40 634 Euro. Dabei sei der Personalkostenanteil der ZI-Studie
durch einen rechnerisch ermittelten Betrag der Jahresaufwendung für eine Halbtagskraft nach dem TVöD in Höhe von 16 323 Euro ersetzt worden. Diese Daten hätten zu einer Absenkung der Betriebskosten führen müssen, die noch
größer ausgefallen wäre, wenn man die Personalkosten des Statistischen Bundesamtes in Höhe von 14 727 Euro herangezogen hätte.
Neuere Daten seien Ende 2006 nicht verfügbar gewesen.
bb) Es ist grundsätzlich beurteilungsfehlerfrei, die Festsetzung des Betriebskostenanteils für 2007 allein auf der Grundlage
der Daten vorzunehmen, die vor dem Zeitraum vorlagen, für den die Festsetzung gelten soll. Der EBewA war nicht verpflichtet,
die Betriebskosten für das Jahr 2007 im Hinblick auf die im Herbst 2007 verfügbare Kostenstrukturanalyse 2005 für die Jahre
2003 bis 2005 oder im Hinblick auf andere später veröffentlichte Erhebungsergebnisse anzupassen. Die auf die Rechtsprechung
des Senats zurückgehende Modellberechnung als Grundlage der Prüfung, ob eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis
Erträge aus vertragsärztlicher Tätigkeit in derselben Größenordnung wie andere vertragsärztliche Praxen erreichen kann, ändert
nichts an dem Grundsatz, dass (auch) die Grundlagen für die Honorierung psychotherapeutischer Praxen (Punktzahlen im EBM-Ä,
Punktwerte) zu Beginn des jeweiligen Abrechnungszeitraums feststehen müssen. Die Vorstellung, es müsse regelmäßig nach Abschluss
des jeweiligen Jahres nach Vorliegen aller Daten der Psychotherapeuten und der anderen Arztgruppen geprüft werden, ob tatsächlich
"Chancengleichheit" im Sinne der Rechtsprechung des Senats bestanden hat, trifft nicht zu. Soweit die Wendung im Urteil des
Senats vom 28.5.2008, der BewA habe "für die Zeiträume ab Quartal I/2007 anhand der damals zugänglichen bzw der später zugänglich
gewordenen Daten zu prüfen, ob, ab wann und in welchem Umfang der feste Betriebskostenbetrag angepasst werden muss" (BSGE
100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 39), dafür sprach, dass auch nach Ablauf des zu beurteilenden Zeitraums veröffentlichte Daten
zu berücksichtigen seien, stellt der Senat klar, dass dies nicht zu fordern ist.
Der BewA darf grundsätzlich auf der Basis der vor Beginn des jeweiligen Jahres vorhandenen Daten beurteilen, ob die Vorgaben
geändert werden müssen. Verneint er das rechtsfehlerfrei, sind seine Vorgaben auch dann nicht zu beanstanden, wenn sich im
Laufe des Jahres Kostensteigerungen ergeben, die in der Bilanz des Jahres dazu führen können, dass die Zielvorgabe des Senats
nicht vollständig erreicht werden konnte. Es entspricht dem prognostischen Charakter der Beschlüsse des BewA nach §
85 Abs
4a Satz 1
SGB V aF und zu den Punktzahlen für die Leistungen des Kapitels 35.2 EBM-Ä, dass auch bei einer rückwirkenden Entscheidung grundsätzlich
allein die Daten berücksichtigt werden, die zu dem für eine prospektive Betrachtung maßgeblichen Zeitpunkt vorhanden waren.
Jede andere Beurteilung würde dazu führen, dass die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen regelmäßig erst Jahre nach
Ablauf der zu vergütenden Zeiträume abgeschlossen werden könnte. Das entspräche nicht der Rechtsprechung des Senats, wonach
im Rahmen der Vergütung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen möglichst Verwerfungen zu vermeiden sind, die dadurch entstehen,
dass die aktuelle Gesamtvergütung mit Zahlungen für Leistungen aus lange zurückliegenden Quartalen belastet wird. Grundsätzlich
haben sowohl die Vertragsärzte als auch die die Gesamtvergütung entrichtenden Krankenkassen einen Rechtsanspruch darauf, dass
die für ein bestimmtes Quartal geleistete Gesamtvergütung möglichst ungeschmälert für die Honorierung der in diesem Quartal
erbrachten Leistungen verwendet wird (BSG Urteil vom 10.5.2017 - B 6 KA 10/16 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Übrigen würde die endgültige Honorarverteilung abhängig von den Zeiträumen,
in denen das ZI und/oder das Statistische Bundesamt ihre Auswertungen von Erträgen und Kosten ärztlicher Praxen erstellen.
Wenn etwa die endgültigen Daten für 2007 aus Gründen, auf die die Vertragspartner der vertragsärztlichen Versorgung keinen
Einfluss haben, erst im Laufe des Jahres 2010 verfügbar sind, könnte, wenn allein diese Daten maßgeblich wären, erst im Jahr
2011 abschließend über die Höhe der Vergütung entschieden werden. Es ist deshalb entgegen der Auffassung des LSG nicht zu
beanstanden, dass der BewA sich im Jahr 2011 für das Jahr 2007 nur auf die Daten gestützt hat, die 2006 vorgelegen haben.
Die Strukturanalyse des ZI mit den Ergebnissen der Jahre 2003 bis 2005 war aber erst im Herbst des Jahres 2007 verfügbar.
Eine eigenständige Pflicht des EBewA als Normgeber zu Ermittlungen hat der Senat - wenngleich Ermittlungen bei Rechtsnormen,
denen Prognoseerwägungen zugrunde lägen, sinnvoll seien - grundsätzlich nicht angenommen, zugleich aber darauf hingewiesen,
dass unter bestimmten Voraussetzungen verstärkte Beobachtungs- und Reaktionspflichten bestehen (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 24 RdNr 24; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 44). Eine Nachbesserung von Regelungen des EBewA kann unter diesem Gesichtspunkt aber regelmäßig
nur für die Zukunft gefordert werden. Ein Anspruch auf nachträgliche Korrektur von Leistungsbewertungen besteht in der Regel
nicht. In Bezug auf eine Neuregelung der Vergütung von Laborleistungen und dem damit verbundenen Umsatzrückgang hat der Senat
ausgeführt, der Normgeber sei zu einer Nachbesserung einer Anfangs- und Erprobungsregelung rückwirkend zugunsten einzelner
Arztgruppen nicht verpflichtet und hieran sogar gehindert, wenn damit Nachzahlungen aus den für das aktuelle Quartal gezahlten
Gesamtvergütungen verbunden wären (BSGE 97, 170 = SozR 4-2500 § 87 Nr 13, RdNr 43).
cc) Der Beschluss vom 31.8.2008 ist jedoch deshalb rechtswidrig, weil die Annahme des BewA, dass für das Jahr 2007 keine neueren
Daten vorlagen, nicht zutreffend war. Bereits im Herbst 2006 waren nämlich Daten der Kostenstrukturanalyse des ZI für die
Jahre 2002 bis 2004 verfügbar. Aufgrund der aus dieser Kostenstrukturanalyse ersichtlichen Veränderungen war die Vorgabe eines
Betriebskostenbetrages von weiterhin 40 634 Euro bereits im Jahr 2007 nicht mehr rechtmäßig. Aus den Daten des ZI ergaben
sich Praxiskosten von 41 052 Euro, davon für die höchste Umsatzklasse Personalkosten in Höhe von 18 829 Euro.
Soweit der EBewA davon ausgegangen ist, dass der sich aus der Erhebung für die Jahre 2002 bis 2004 ergebende Betriebskostenbeitrag
in der höchsten Umsatzklasse mit einem Umsatz über 70 000 Euro bei 38 546 Euro und damit unter dem für die Mindestpunktwertberechnung
veranschlagten Wert von 40 634 Euro gelegen habe, beruht dies auf einer unzulässigen Berechnungsweise. Der EBewA hat bei dieser
Berechnung ausgehend von Betriebskosten von insgesamt 41 052 Euro die empirisch ermittelten Personalkosten in Höhe von 18
829 Euro abgezogen und durch einen niedrigeren normativen Personalkostenansatz in Höhe von 16 323 Euro ersetzt. Dies ist nicht
vereinbar mit der Modellberechnung des Senats, der der EBewA mit seinem Regelungskonzept grundsätzlich gefolgt ist. Die Modifikation
der empirisch erhobenen Betriebskostendaten des ZI in Bezug auf die ermittelten Personalkosten und deren Erhöhung auf einen
normativ ermittelten Wert hat der Senat mit der Begründung für rechtmäßig gehalten, dass ansonsten die für erforderlich gehaltene
Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Halbtagskraft nicht realisiert werden könne (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 36). Der umgekehrte Weg einer Modifizierung der empirisch ermittelten Betriebskosten dahingehend,
dass niedrigere als die empirisch ermittelten Personalkosten zum Ansatz kommen, ist nicht zulässig. Das gilt auch dann, wenn
die normativen Werte für die Beschäftigung einer Halbtagskraft ausreichend wären. Der Betriebskostenansatz soll die Kosten
einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis abbilden, sodass sich derartige Kürzungen verbieten. Eine "Korrektur"
der empirisch ermittelten Personalkosten zu Lasten des Punktwertes für die psychotherapeutischen Leistungen ist nicht statthaft.
Der BewA wird daher auf der Grundlage der ZI-Kostenstrukturanalyse für die Jahre 2002 bis 2004 den Betriebskostenanteil für
2007 neu zu bestimmen haben. Die Beklagte hat sodann erneut über den Honoraranspruch der Klägerin zu entscheiden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach haben die Klägerin und die Beklagte die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte zu tragen (§
154 Abs
1, §
159 Satz 1
VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben.