Entziehung einer vertragsärztlichen Zulassung wegen Verletzung der Fortbildungspflicht
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Beteiligte streiten um die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung des Klägers wegen Verletzung der Fortbildungspflicht.
Der im September 1940 geborene Kläger ist als Arzt für Neurologie und Psychiatrie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Seine Zulassung endete im September 2008 wegen Erreichens der bis zum 30.9.2008 geltenden Altersgrenze für die Beendigung
der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Vollendung des 68. Lebensjahres gemäß §
95 Abs
7 Satz 3
SGB V (idF des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Nach Aufhebung der Altersgrenze und im Zusammenhang mit der Wiederzulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung
im Februar 2009 informierte die zu 1. beigeladene KÄV diesen über den zur Erfüllung seiner Fortbildungspflicht nach §
95d SGB V erforderlichen Erwerb von 250 Fortbildungspunkten innerhalb einer Frist von fünf Jahren, die am 28.2.2014 ablaufe. In den
folgenden Jahren legte der Kläger keine Nachweise über die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen vor. Ihm wurden jährlich
zehn Fortbildungspunkte für das Selbststudium gutgeschrieben. Im November 2013 teilte die zu 1. beigeladene KÄV dem Kläger
den Punktestand seines Fortbildungskontos (40 Punkte) mit und wies ihn auf die drohende Entziehung der Zulassung hin. Nach
weiterem Schriftwechsel des Klägers mit der Beigeladenen zu 1. wurde das Honorar des Klägers ab dem Quartal 2/2014 zunächst
um 10 Prozent und ab dem Quartal 2/2016 um 25 Prozent gekürzt. Im März 2016 beantragte die Beigeladene zu 1. beim Zulassungsausschuss
die Entziehung der Zulassung. Nach diesem Zeitpunkt besuchte der Kläger Fortbildungsveranstaltungen und nahm an Online-Fortbildungen
teil. Der Zulassungsausschuss beschloss, dem Kläger die Zulassung zum 30.9.2016 zu entziehen. Der vom Kläger dagegen angerufene
Berufungsausschuss bestätigte diese Entscheidung (Beschluss vom 7.9.2016). Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger Verfahrensfehler sowie die
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (Zulassungsgründe gemäß §
160 Abs
2 Nr
1 und
3 SGG).
II
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers begehrt und zur Begründung geltend macht, dass
das LSG die Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nach §
103 SGG verletzt habe, ist die Beschwerde bereits unzulässig.
Wer die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss gemäß §
160a Abs
2 Satz 3
SGG in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben
soll, hinreichend genau bezeichnen. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert
dargetan werden und es ist darüber hinaus darzulegen, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel
beruht (vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 27.10.2006 - B 6 KA 38/06 B - juris RdNr 5). Dabei ist zu beachten, dass gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden kann und die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach
§
103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Den daraus folgenden Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht, weil er einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag
nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet. Der Kläger macht geltend, in der Verhandlung vor dem SG die Einholung eines Sachverständigengutachtens "angeregt und damit beantragt" zu haben. Nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift
ist jedoch kein entsprechender Antrag gestellt worden, sondern es ist bei einer Anregung geblieben. Auch eine Konkretisierung
des Beweisthemas ist soweit ersichtlich nicht erfolgt. Unabhängig davon setzt §
160 Abs
2 Nr
3 SGG voraus, dass das LSG dem Beweisantrag nicht gefolgt ist. Dafür würde ein im Verfahren vor dem SG gestellter Beweisantrag nicht genügen und es reicht auch nicht aus, wenn ein Beweisantrag in der Berufungsbegründung formuliert
wird. Der Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der
Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für defizitär hält (vgl dazu BSG Beschluss vom 24.5.1993 - 9 BV 26/93 - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; BSG Beschluss vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52; BSG Beschluss vom 25.3.2013 - B 5 R 424/12 B - BeckRS 2013, 68590). Diese Warnfunktion des Beweisantrags verfehlen "Beweisantritte" und sonstige Beweisgesuche, die lediglich in der Berufungsschrift
oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind (BSG Beschluss vom 24.11.1988 - 9 BV 39/88 - SozR 1500 § 160 Nr 67 S 73; BSG Beschluss vom 24.5.1993 - 9 BV 26/93 - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; BSG Beschluss vom 5.3.2002 - B 13 RJ 193/01 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 73; BSG Beschluss vom 22.3.2016 - B 6 KA 69/15 B - juris RdNr 22). Sie sind nur als Hinweise oder bloße Anregungen zu verstehen (BSG Beschluss vom 24.5.1993 - 9 BV 26/93 - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; BSG Beschluss vom 5.3.2002 - B 13 RJ 193/01 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 73). Um die Warnfunktion zu aktivieren, muss ein rechtskundig vertretener Berufungskläger sein Beweisbegehren deshalb in der
mündlichen Verhandlung vor dem LSG als prozessordnungskonformen "Beweisantrag" iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG wiederholen und protokollieren lassen (§
122 SGG iVm §
160 Abs
4 Satz 1
ZPO). Ohne eine solche förmliche Antragstellung ist regelmäßig davon auszugehen (vgl §
202 Satz 1
SGG iVm §
295 Abs
1 ZPO), dass er sein Beweisverlangen nicht mehr weiterverfolgt, sondern fallengelassen hat. Deshalb hätte die Beschwerdebegründung
darlegen müssen, dass der im Berufungsverfahren rechtskundig vertretene Kläger einen prozessordnungskonformen Beweisantrag
bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat.
Daran fehlt es hier.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bereits das SG davon ausgegangen war, dass der Kläger nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen sei, seine Fortbildungspflicht
zu erfüllen. Dabei hat das SG in jeder Hinsicht nachvollziehbar berücksichtigt, dass der Kläger seine Umsätze aus vertragsärztlicher Tätigkeit in dem für
die Erfüllung der Fortbildungspflicht maßgebenden Zeitraum von sieben Jahren erheblich steigern konnte, dass dieser nach der
Entscheidung, ihm die Zulassung zu entziehen, auch in der Lage war Fortbildungsangebote wahrzunehmen und dass eine fachärztliche
Behandlung des Klägers, die auf eine psychische Erkrankung hindeuten könnte, nicht dokumentiert ist. Unter diesen Umständen
habe - so das SG - keine Veranlassung zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts bestanden. Auf diese Ausführungen hat das LSG
nach §
153 Abs
2 SGG Bezug genommen. Den Darlegungen des Klägers in der Beschwerdebegründung kann der Senat nicht entnehmen, weshalb sich das
LSG unter diesen Umständen von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen (vgl zu diesen Anforderungen zuletzt BSG Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 6/20 B - juris RdNr 23 mwN), ein Sachverständigengutachten einzuholen und auf welcher Grundlage der Sachverständige ohne entsprechende zeitnah erstellte
Befundberichte hätte feststellen können, dass der Kläger in einem mehrere Jahre zurückliegenden Zeitraum aus gesundheitlichen
Gründen zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen außerstande gewesen sein soll.
2. Soweit der Kläger geltend macht, dass das LSG die Pflicht zur Begründung des Urteils verletzt habe, indem es nach §
153 Abs
2 SGG auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen hat, ist die Beschwerde nicht begründet. Es steht im freien Ermessen des
LSG, ob es gemäß §
153 Abs
2 SGG verfährt. Das Berufungsgericht kann auf diese Vorschrift stets dann zurückgreifen, wenn das Urteil des SG ausreichende Entscheidungsgründe iS des §
136 Abs
1 Nr
6 SGG enthält und es lediglich aus diesen Gründen die Berufung zurückweisen will. Damit vermeidet es, dem Normzweck der Vorschrift
entsprechend, die Argumente der Vorinstanz schlicht zu wiederholen (BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 10 EG 1/17 B - juris RdNr 12).
Wenn ein Beteiligter im Berufungsverfahren neue rechtserhebliche Tatsachen oder substantiierte Einwendungen gegen die erstinstanzlichen
Entscheidungsgründe vorgebracht oder entsprechende Beweisanträge gestellt hat, muss sich das LSG damit auseinandersetzen.
In solchen Fällen genügt eine bloße Bezugnahme gemäß §
153 Abs
2 SGG nicht (vgl BSG Urteil vom 14.11.1996 - 2 RU 15/96 - SozR 3-1500 § 153 Nr 3). Sie würde neues rechtserhebliches Vorbringen übergehen und damit das rechtliche Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) des betreffenden Beteiligten verletzen (BSG Urteil vom 28.4.1999 - B 9 VG 7/98 R - juris RdNr 16; BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 10 EG 1/17 B - juris RdNr 13 ).
Nach diesen Grundsätzen ist die Bezugnahme des LSG auf die Gründe des sozialgerichtlichen Urteils nach §
153 Abs
2 SGG nicht zu beanstanden. Dem Umstand, dass der Kläger in der Berufungsbegründung dargelegt hat, aus welchen Gründen er die Entscheidung
des SG für unzutreffend hält, hat das LSG Rechnung getragen, indem es nicht allein auf die Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen
Urteils verwiesen, sondern seine Entscheidung ergänzend begründet hat. Soweit der Kläger geltend macht, dass sich das LSG
dabei nicht ausreichend mit allen Aspekten seiner Berufungsbegründung befasst habe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Gerichte
nicht verpflichtet sind, jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden; sie müssen nur das wesentliche, der
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeiten (stRspr des BVerfG, s zB BVerfG <Kammer> Beschluss vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - BVerfGK 13, 303, 304 = juris, dort RdNr 9 ff mwN; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 31.3.2006 - 1 BvR 2444/04 - BVerfGK 7, 485, 488). Erst recht verpflichten Art
103 Abs
1 GG und auch §
62 SGG die Gerichte nicht, der Rechtsansicht eines der Beteiligten zu folgen (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 4.9.2008 - 2 BvR 2162/07, 2 BvR 2271/07 - BVerfGK 14, 238, 241 f, unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 12.4.1983 - 2 BvR 678/81 ua - BVerfGE 64, 1, 12 und BVerfG Urteil vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 - BVerfGE 87, 1, 33 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 4; ebenso BVerfG <Kammer> Beschluss vom 20.7.2011 - 1 BvR 3269/10 - juris RdNr 3 am Ende). Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen ist dann anzunehmen, wenn sich dies aus den besonderen
Umständen des Falles ergibt (vgl BVerfG Beschluss vom 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267, 274 = juris RdNr 24; BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205, 216 f = juris RdNr 43 ff), zB wenn ein Gericht das Gegenteil des Vorgebrachten annimmt, den Vortrag eines Beteiligten als nicht existent behandelt
(vgl BVerfG Beschluss vom 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267, 274 = juris RdNr 24 f) oder wenn es auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung
ist, nicht eingeht, es sei denn, der Tatsachenvortrag ist nach der materiellen Rechtsauffassung des Gerichts unerheblich (BVerfG Beschluss vom 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, 146 = juris RdNr 39 f ).
Der Senat kann keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass das LSG den wesentlichen Kern des Vorbringens des Klägers hier nicht
zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte. Soweit der Kläger geltend macht, das LSG habe sein Vorbringen nicht ausreichend
gewürdigt, wonach die Entziehung der Zulassung auch deshalb unverhältnismäßig sei, weil er angesichts seines hohen Lebensalters
keine realistische Aussicht auf Wiederzulassung nach Ablauf einer fünfjährigen Wartezeit habe, weil er dann bereits 80 Jahre
alt sei, so hat das LSG auch dieses Vorbringen des Klägers im Tatbestand des Urteils (Urteilsumdruck S 16) wiedergegeben und in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, dass es auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des
Klägers im Berufungsverfahren zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung gelangt. Das LSG war nicht verpflichtet, das aus
seiner Sicht nicht durchgreifende Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren auch in den Entscheidungsgründen vollständig
wiederzugeben und sich mit jedem einzelnen Gesichtspunkt gesondert zu befassen. Das LSG hat nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe
- in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 36/15 B - juris RdNr 12) - dem Umstand besondere Bedeutung beigemessen, dass der Kläger nicht nur innerhalb des og Fünfjahreszeitraums, sondern auch
in dem für die Nachholung zur Verfügung stehenden daran anschließenden Zweijahreszeitraum keinerlei Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen
nachgewiesen hat, sodass ihm allein die Fortbildungspunkte für das Selbststudium gutgeschrieben werden konnten. Die Voraussetzungen,
unter denen die Entziehung der Zulassung selbst in Fällen unverhältnismäßig sein kann, in denen der Arzt seine Fortbildungsverpflichtung
auch innerhalb des für die Nachholung zur Verfügung stehenden Zeitraums von zwei Jahren nicht erfüllt (insbesondere geringfügige
Überschreitung des genannten Zeitraums), hat das LSG unter Hinweis auf die dazu bereits vorliegende Rechtsprechung des Senats
mit der Begründung verneint, dass hier kein vergleichbarer Sachverhalt vorliege. Dass das LSG damit der Bewertung des Klägers
nicht gefolgt ist, begründet keinen Verstoß gegen den in Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des LSG sein 80. Lebensjahr bereits
vollendet hatte, seine vertragsärztliche Tätigkeit im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung der Klage weiterhin ausgeübt
und inzwischen auch an zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen hat. Unter diesen Umständen konnte das Vorbringen
des Klägers aus der Berufungsbegründung, dass er in diesem Lebensalter keine realistische Aussicht auf Wiederzulassung mehr
haben würde, bereits als überholt angesehen werden. Jedenfalls handelte es sich nicht um eine Frage von zentraler Bedeutung
(vgl dazu auch nachfolgend 3.b). Im Übrigen hat der Senat bereits in einem vom Kläger zitierten Beschluss vom 12.8.2015 (B 6 KA 37/15 B - BeckRS 2015, 71239 RdNr 6) darauf hingewiesen, dass die Entziehung der Zulassung wegen völliger Missachtung der Fortbildungspflicht nicht wegen eines
bestimmten Alters des Vertragsarztes generell ausgeschlossen ist.
3. Auch soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht, ist die Beschwerde nicht begründet.
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig
(entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres
aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar ergibt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde
oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich
ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).
a) Der Kläger bezeichnet zunächst die folgende Rechtsfrage als grundsätzlich bedeutsam:
"Muss im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung von Art.
3 Abs.
3 S. 2
GG eine schwerbehinderungsbedingte Minderung des Leistungsvermögens eines Vertragsarztes als atypischer Fall berücksichtigt
werden, sodass sich eine Zulassungsentziehung als unverhältnismäßig darstellt?"
Soweit die Frage unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der Beschwerdebegründung dahin zu verstehen sein sollte,
dass das Vorliegen einer Schwerbehinderung einer Entziehung der Zulassung generell entgegenstehen würde, so ergibt sich die
Antwort ohne Weiteres aus §
95d SGB V, § 21 Ärzte-ZV und der dazu vorliegenden Rechtsprechung des Senats. Danach ist geklärt, dass für eine Zulassungsentziehung wegen Verletzung
der Fortbildungspflicht keine anderen Maßstäbe gelten als für sonstige Verstöße gegen vertragsärztliche Pflichten und dass
ein Verschuldenserfordernis mit dem Ziel der auf eine funktionsfähige vertragsärztliche Versorgung ausgerichteten Regelungen
des
SGB V nicht vereinbar wäre (BSG Beschluss vom 11.2.2015 - B 6 KA 37/14 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 36/15 B - juris RdNr 11, jeweils mwN). Weil eine Krankheit oder eine Behinderung, die den Status als Schwerbehinderter nach §
2 Abs
2, §
152 SGB IX begründet, auch zur Folge haben kann, dass der Arzt iS des § 21 Satz 1 Ärzte-ZV unfähig ist, seine vertragsärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß auszuüben (vgl dazu zuletzt BSG Beschluss vom 16.2.2021 - B 6 KA 19/20 B - juris RdNr 11 mwN), kann die Entziehung der Zulassung jedenfalls nicht generell im Hinblick auf eine vorliegende Schwerbehinderung ausgeschlossen
werden. Zu den Pflichten des Vertragsarztes gehört nach §
95d SGB V auch die Teilnahme an fachlichen Fortbildungen. Ein Arzt, der dazu generell und auch unter Berücksichtigung der an eine behindertengerechte
Ausgestaltung von Fortbildungsangeboten zu stellenden Anforderungen nicht mehr in der Lage ist, ist damit auch unfähig, seine
vertragsärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß auszuüben.
Soweit es dem Kläger darum geht, in welcher Weise behinderungsbedingte Einschränkungen eines Arztes im Rahmen von Entscheidungen
über die Entziehung der Zulassung zu berücksichtigen sind, handelt es sich um eine Frage, die einer allgemeingültigen Beantwortung
nicht zugänglich ist, sodass die grundsätzliche Bedeutung darauf nicht mit Erfolg gestützt werden kann.
Soweit der Kläger die Frage für grundsätzlich bedeutsam halten sollte, ob einem Arzt, der behinderungsbedingt außerstande
ist, an den gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungen teilzunehmen, die Zulassung entzogen werden dürfte, fehlt es im Übrigen
an der Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit): Das SG ist in den vom LSG in Bezug genommenen Entscheidungsgründen in jeder Hinsicht nachvollziehbar davon ausgegangen, dass der
Kläger durch die vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen insbesondere des Hörvermögens und einer damit einhergehenden
Rückzugstendenz nicht daran gehindert war, seine Fortbildungspflichten zu erfüllen. Dabei hat das SG (Urteilsumdruck S 14 f) dem Umstand wesentliche Bedeutung beigemessen, dass der Kläger - jedoch erst nach Ablauf des hier maßgebenden Zeitraums von
insgesamt sieben Jahren - an Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen hat. Hinweise dafür, dass sich der Gesundheitszustand
des inzwischen über 80-jährigen Klägers und insbesondere dessen Schwerhörigkeit so gebessert haben könnte, dass ihm die Teilnahme
an Fortbildungsveranstaltungen erst danach wieder möglich geworden wäre, sind nicht ersichtlich und dies hat er auch in der
Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht.
b) Bezogen auf die Frage
"Führt der Umstand eines fortgeschrittenen Lebensalters, durch den sich die Wiederzulassung eines Vertragsarztes nach Ablauf
der fünfjährigen Bewährungszeit faktisch als unmöglich darstellt, zu einer Unverhältnismäßigkeit der Zulassungsentziehung?"
hat der Kläger die Entscheidungserheblichkeit nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, weil von der angesprochenen "fünfjährigen
Bewährungszeit" seit der Entscheidung des Beklagten (Beschluss vom 7.9.2016) zum Zeitpunkt der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde am 26.2.2021 bereits fast 4 1/2 Jahre vergangen waren und damit
absehbar war, dass der Ablauf dieses Zeitraums zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats und der dadurch bewirkten Beendigung
der aufschiebenden Wirkung der Klage jedenfalls unmittelbar bevorstehen würde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen,
dass der Kläger den Status als zugelassener Vertragsarzt nach dem Eintritt der Rechtskraft nicht rückwirkend, sondern nur
mit Wirkung ex nunc verlieren kann (vgl BSG Beschluss vom 5.6.2013 - B 6 KA 4/13 B - MedR 2013, 826 = juris RdNr 10 f; BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 25/14 R - BSGE 119, 79 = SozR 4-5520 § 19 Nr 3, RdNr 46 ff). Damit fehlt jeder Anknüpfungspunkt für die vom Kläger geltend gemachte Unverhältnismäßigkeit der Zulassungsentziehung mit
Blick auf sein hohes Lebensalter. Die formulierte Rechtsfrage ist hier nicht entscheidungserheblich, weil sich die Wiederzulassung
nicht - wie vorausgesetzt - als faktisch unmöglich darstellt. Wenn der Kläger nach Abschluss des vorliegenden Verfahrens aus
gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein sollte, seine vertragsärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß auszuüben, dann
stünde dies seiner Zulassung als Vertragsarzt unabhängig vom Ausgang des vorliegenden Verfahrens entgegen. Wenn solche gesundheitlichen
Einschränkungen nicht vorliegen, dann kann ihm die Wiederzulassung auch nicht wegen seines hohen Lebensalters versagt werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§
154 Abs
2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst; sie haben im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt
(§
162 Abs
3 VwGO).
5. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der Festsetzung der Vorinstanz, die von keinem Beteiligten in Frage gestellt worden ist.