Zusammenschluss der AOK für das Saarland und der AOK Rheinland-Pfalz zur AOK Rheinland-Pfalz
Gesamtvergütung unter Einbeziehung der Versicherten der vormaligen AOK Saarland mit Wohnsitz im Ausland
Auslegung einer nicht revisiblen Vorschrift
Bindung des Revisionsgerichts
Gründe:
I
Streitig ist, ob der klagenden KÄV Saarland nach dem Zusammenschluss der AOK für das Saarland (im Folgenden kurz: AOK Saarland)
und der AOK Rheinland-Pfalz zur beklagten AOK Rheinland-Pfalz/Saarland eine Gesamtvergütung unter Einbeziehung der Versicherten
der vormaligen AOK Saarland mit Wohnsitz im Ausland zusteht.
Die zum 1.3.2012 aus der Fusion der AOK Saarland und der AOK Rheinland-Pfalz entstandene Beklagte, deren Bezirk sich auf das
Gebiet der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland erstreckt, bestimmte Eisenberg in Rheinland-Pfalz zu ihrem Sitz. Nach ihrer
Satzung gliedert sie sich in eine zentrale und eine regionale Ebene (sechs Bezirksdirektionen in Rheinland-Pfalz sowie für
das Saarland eine Landesdirektion). Die Landesdirektion Saarland hat zusätzlich zu den Aufgaben einer Bezirksdirektion auch
die Vertretung der Krankenkasse (KK) gegenüber allen am Gesundheitswesen beteiligten Institutionen im Saarland - insbesondere
den Vertragspartnern - in Abstimmung mit dem Vorstand wahrzunehmen.
Die AOK Saarland informierte mit Schreiben vom 27.2.2012 die Klägerin, dass für die Vertragspartner aufgrund der Fusion keinerlei
Änderungen verbunden seien. Die bekannten Abrechnungswege und auch die getrennten Institutionskennzeichen der vormaligen AOK
Rheinland-Pfalz (107 310 373) bzw der AOK Saarland (109 319 309) würden weitergelten und Rechnungen seien weiterhin getrennt
nach diesen Institutionskennzeichen einzureichen. Ebenso teilte die Beklagte Ende März 2012 der Klägerin mit, dass bei der
Rechnungslegung für die vormalige AOK Saarland weiterhin deren Institutionskennzeichen und Vertragskassennummer (73101) und
entsprechend für die vormalige AOK Rheinland-Pfalz deren Institutionskennzeichen und Vertragskassennummer (48103) zu verwenden
seien. Erst im Quartal I/2013 stellte die Beklagte den Versicherten der ehemaligen AOK Saarland neue Krankenversichertenkarten
zur Verfügung, doch behielten die alten Karten ihre Gültigkeit.
Die Klägerin forderte von der Beklagten mit Schlussrechnung vom 28.11.2012 für das Quartal II/2012 auf der Grundlage einer
Versichertenzahl von 209 860 eine Restzahlung in Höhe von 2 525 994,54 Euro. Die Beklagte setzte 1 023 684,47 Euro von der
angeforderten morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) ab und beglich den Rest. Entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses (BewA) in der 263. und 277. Sitzung seien die
Versicherten der vormaligen AOK Saarland mit Wohnsitz im Ausland (im Folgenden auch kurz als "Wohnausländer" bezeichnet) dem
KÄV-Bezirk Rheinland-Pfalz zugeordnet und bei den Meldungen an die KÄBV für den Bezirk der KÄV Saarland nicht mehr zu berücksichtigen.
Somit seien bei der Ermittlung der MGV gemäß § 3 der Vergütungsvereinbarung 2012 lediglich 199 668 Versicherte anzusetzen, was den Absetzungsbetrag ergebe. Die Klägerin widersprach
der Kürzung. Sie führe dazu, dass die saarländischen Vertragsärzte zwar weiterhin die unverminderte Morbidität der Versicherten
der Beklagten (einschließlich der "Wohnausländer") versorgen müssten, die dafür notwendigen Finanzmittel aber nicht erhielten.
Eine Refinanzierung der Aufwendungen für "Wohnausländer" über den Fremdkassenzahlungsausgleich (FKZ) sei im Hinblick darauf
erschwert, dass die Krankenversichertenkarten der AOK Saarland über den 1.3.2012 hinaus gültig geblieben seien, sodass weiterhin
die Klägerin als zahlungspflichtig ausgewiesen worden sei.
In den Folgequartalen verfuhren Klägerin und Beklagte mit den Schlussabrechnungen in derselben Weise. Kürzungsbeträge, die
die Beklagte in den Quartalen III/2012 bis II/2013 zunächst auch in Bezug auf die extrabudgetären Vergütungsanteile (EGV) einbehalten hatte, zahlte sie im Januar 2014 an die Klägerin nach. Es verblieben folgende Kürzungen:
Quartal
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Versicherte mit Auslandswohnsitz
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Angeforderte Gesamtvergütung
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Kürzungsbetrag MGV
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Kürzungsbetrag Kosten 0,17 %
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II/2012
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10 192
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28 274 824,29 €
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1 023 684,47 €
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1740,26 € (nur MGV)
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III/2012
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10 214
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27 506 202,69 €
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986 774,54 €
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2291,19 € (Anteil MGV: 1677,52 €)
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IV/2012
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10 152
|
27 864 246,78 €
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991 038,24 €
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2317,50 € (Anteil MGV: 1684,77 €)
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I/2013
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9701
|
27 993 495,61 €
|
938 731,14 €
|
2246,71 € (Anteil MGV: 1595,84 €)
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II/2013
|
9763
|
28 675 499,37 €
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381 514,52 €
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1310,45 € (Anteil MGV: 648,57 €)
|
III/2013
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9912
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27 142 310,27 €
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369 111,87 €
|
627,49 € (nur MGV)
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IV/2013
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10 207
|
27 372 070,75 €
|
406 320,19 €
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690,74 € (nur MGV)
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Summe:
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5 097 174,97 €
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11 224,34 € (Anteile MGV: 8665,19 €)
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Die Klägerin hat mit ihrer Klage zunächst nur die von der Beklagten bis einschließlich Quartal II/2013 abgesetzten Beträge
geltend gemacht, später aber ihre Klage um die Kürzungsbeträge für die Quartale III/2013 und IV/2013 erweitert. Sie fordert
von der Beklagten insgesamt 5 108 399,30 Euro zuzüglich Verzugs- bzw Prozesszinsen.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.10.2014). Die Beklagte habe die Versicherten mit Wohnsitz im Ausland zutreffend nicht
der Klägerin, sondern der beigeladenen KÄV Rheinland-Pfalz zugeordnet. Mit dieser habe die Beklagte für 2012 und 2013 Honorarvereinbarungen
geschlossen, in denen auch die Auslandsversicherten berücksichtigt seien. Hinsichtlich der Auslandsversicherten sei gemäß
§ 4 der Anlage 21 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) das Kassensitzprinzip anzuwenden. Die Bestimmung sei so zu verstehen, dass der satzungsmäßige Sitz der KK gemäß §
194 Abs
1 Nr
1 SGB V maßgeblich sei, also bei der Beklagten nach §
1 ihrer Satzung Eisenberg in Rheinland-Pfalz. Ein Abstellen auf die Verwaltungsbinnenstruktur der Beklagten, die auf regionaler
Ebene die Einrichtung einer Landesdirektion Saarland vorsehe, überschreite den Wortlaut der Vorschrift als äußerste Grenze
einer Auslegung. Aus dem vorübergehenden Beibehalten der Institutionskennzeichen bzw Vertragskassennummern der vormaligen
KKn ergebe sich rechtlich nichts Abweichendes. Die Bestimmung in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä finde ihre Entsprechung in den Richtlinien der KÄBV zum FKZ (FKZ-RL - dort Ziffer 1.1 bzw 1.1.2) sowie in den Beschlüssen
des BewA in der 154. und 277. Sitzung zu den Satzarten ANZVER87c4 bzw ANZVER87a. Die genannten Regelungen, mit denen der Normgeber
die ihm zukommende Gestaltungsfreiheit nicht überschritten habe, stellten sicher, dass die im Saarland erbrachten vertragsärztlichen
Leistungen für Versicherte mit Auslandswohnsitz vergütet würden. Eine Gefährdung der Sicherstellung der vertragsärztlichen
Versorgung im Saarland sei daher nicht zu befürchten. Hingegen erlaube das von der Klägerin propagierte Leistungsortprinzip
bei Auslandsversicherten keine klare und im Rahmen einer Massenverwaltung praktikable Anknüpfung. Die Beklagte habe die Bereinigung
der MGV auch rechnerisch zutreffend unter Heranziehung der aktuellen Versichertenzahlen vorgenommen.
Hinsichtlich der Quartale II/2012 bis IV/2012 folge nichts anderes daraus, dass insoweit die noch zwischen der Klägerin und
der vormaligen AOK Saarland abgeschlossene Vergütungsvereinbarung 2012 maßgeblich sei. Soweit die Beklagte gemäß §
144 Abs
4 S 2
SGB V mit der Fusion in die Rechte und Pflichten aus dieser Vereinbarung eingetreten sei, folge bereits aus § 3 Abs 2 der Vereinbarung
und der dortigen Bezugnahme auf die Satzart ANZVER87c4 eindeutig, dass Versicherte der Beklagten mit Wohnsitz im Ausland dem
Bereich der KÄV am Kassensitz, mithin der Beigeladenen zuzuordnen seien. Ungeachtet dessen sei nach §
82 Abs
1 SGB V der Inhalt der Bundesmantelverträge zugleich Bestandteil der Gesamtverträge; das gelte auch für das Kassensitzprinzip nach
§ 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä.
Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 28.10.2016). Es hat zur Begründung im Wesentlichen auf das
Urteil des SG Bezug genommen und ergänzend darauf hingewiesen, dass der Klägerin unter Geltung des Wohnortprinzips lediglich eine Vergütung
zustehe, die anhand der in ihrem Bezirk wohnhaften Versicherten der einzelnen KKn zu berechnen sei. Hinsichtlich der Versicherten
der Beklagten mit Auslandswohnsitz komme eine Fortgeltung der saarländischen Vergütungsvereinbarung 2012 über den 31.3.2012
hinaus nicht in Betracht. Vielmehr unterfielen diese Versicherten ab 1.4.2012 der Honorarvereinbarung, die zwischen der Beigeladenen
und den KKn für Rheinland-Pfalz abgeschlossen worden sei.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von §
87a Abs
3 iVm §§
82,
83 SGB V sowie von § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä. Diese Vorschriften verschafften ihr einen Anspruch auf Zahlung einer MGV, die dem tatsächlichen Behandlungsbedarf entspreche. Damit unvereinbar sei es, wenn "Wohnausländer", die von den Vertragsärzten
im Saarland versorgt wurden, bei der Berechnung der MGV nicht einbezogen würden. Das Vorgehen der Beklagten, die vertragsärztliche Vergütung für die saarländischen "Wohnausländer"
mit der beigeladenen KÄV Rheinland-Pfalz zu vereinbaren und dorthin zu zahlen, führe zu einem unzulässigen Vertrag zu Lasten
eines Dritten.
Die Auslegung des in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä verwendeten Begriffs "Sitz der Krankenkasse" müsse so erfolgen, dass sie - die Klägerin - sowohl einen Anspruch auf Berechnung
der MGV unter Berücksichtigung der "Wohnausländer" als auch auf eine Vergütung der für diese erbrachten Leistungen habe. Das sei
der Fall, wenn im Sinne dieser Vorschrift der Sitz der Landesdirektion Saarland der Beklagten in Saarbrücken maßgeblich sei.
Der Sinn und Zweck der Regelung gebiete eine Interpretation in der Weise, dass sie funktional einer auf die Wohnausländer
bezogenen Umsetzung des Wohnortprinzips entspreche. Zwar nehme § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä auf den in der Satzung festgelegten Sitz der KK gemäß §
194 Abs
1 Nr
1 SGB V Bezug. In Fallgestaltungen der vorliegenden Art sei aber eine gesetzeskonforme Auslegung im Wege der Analogie geboten, da
der Wortlaut der bundesmantelvertraglichen Regelung eine planwidrige, jedenfalls aber regelungsbedürftige Wertungslücke aufweise.
Dem stehe weder die Wortlautgrenze noch die Gestaltungsfreiheit des Normgebers entgegen. Aus dem Merkmal "Wohnort der Versicherten
im Bezirk der KÄV" folge, dass sich die Zuständigkeit der Gesamtvertragspartner danach richte, in welchem Bezirk die Versicherten
im Regelfall auch tatsächlich behandelt würden. Dieser gesetzgeberische Wille solle auch mit der Regelung in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä umgesetzt werden; auf den Verwaltungssitz der KK solle es für die Vereinbarung der Gesamtvergütung nicht mehr ankommen. Das
genannte Regelungsziel erreiche die Vorschrift aber nur in Fällen, in denen einem Landesverband alle KKn angehörten, die ihren
Sitz in dem Land hätten, für das der Landesverband gebildet sei. Eine Regelungslücke bestehe jedoch, wenn es in den Fällen
des §
207 Abs
4 SGB V keinen Landesverband gebe, weil der Sitz der einzigen KK im Rahmen einer länderübergreifenden Fusion in ein anderes Bundesland
verlegt worden sei. Ein Bedarf zur Schließung dieser Lücke ergebe sich daraus, dass anderenfalls die Klägerin für Verhandlungen
über die Gesamtvergütung für Wohnausländer überhaupt keinen Vertragspartner hätte. Es sei evident, dass § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä es den Vertragspartnern des jeweiligen KÄV-Bezirks überlassen wolle, ob und ggf wie der Behandlungsbedarf für "Wohnausländer"
in die Berechnung der MGV einbezogen werde. Im System der vertragsärztlichen Versorgung bestehe die Notwendigkeit einer jederzeit eindeutigen und lückenlosen
territorialen Zuordnung. Da das Territorialprinzip auch vom Satzungsrecht zu gewährleisten sei, habe die Beklagte die Rechtsstellung
eines Landesverbands für Rheinland-Pfalz und das Saarland, ohne dass sich die Wahl des Kassensitzes in Eisenberg darauf auswirken
könne.
Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass für die Vergütung der Behandlungen der "Wohnausländer" nach Nr 1.1.2 FKZ-RL
die beigeladene KÄV Rheinland-Pfalz zuständig sei. Die hier maßgebliche Konstellation unterfalle nicht dem FKZ. Die Versorgung
der "Wohnausländer" durch die Vertragsärzte im Saarland sei vielmehr eine bereichseigene Kassenleistung iS der Nr 1.1.1 Abs
2 FKZ-RL, weil zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Gesamtvertrag bestehe. Dementsprechend bestimme Nr 1.1.1 Abs 1
FKZ-RL, dass als eigenständige KK iS der Richtlinie auch eine KK gelte, für die eine gesonderte Vertragskassennummer existiere.
Das sei bei der Beklagten hinsichtlich der Bezirke Rheinland-Pfalz und Saarland der Fall gewesen. Diese Fiktionalisierung
einer Eigenständigkeit als KK müsse auch auf den Begriff des Kassensitzes nach Nr 1.1.2 FKZ-RL übertragen werden.
Ungeachtet dessen habe die Beklagte auch das Verfahren zur Bereinigung der MGV eigenmächtig und rechtswidrig festgelegt. Einen Beschluss des BewA hierzu gebe es nicht. Entsprechend den Beschlüssen des
BewA zur Bereinigung bei Selektivverträgen (238., 242., 266. bzw 288. Sitzung) sei davon auszugehen, dass die Art und Weise
der Bereinigung durch die Gesamtvertragspartner zu vereinbaren sei; daran fehle es hier. Die von der Beklagten vorgenommene
Bereinigung nach Durchschnittswerten führe dazu, dass MGV-Anteile, die für die Morbidität der im Saarland wohnenden Versicherten bestimmt seien, zu Unrecht nach Rheinland-Pfalz abflössen.
Das beruhe darauf, dass der Aufsatzwert für den Durchschnittsbetrag der MGV von ca 105 Euro auch den - deutlich unterdurchschnittlichen - Leistungsbedarf für "Wohnausländer" mit umfasse; werde dieser
auch bei Ermittlung der MGV ausgeklammert, errechne sich für die Versicherten mit Wohnsitz im Saarland ein Durchschnittsbetrag von ca 109 Euro. Die Differenz
von 4 Euro (ca 880 000 Euro je Quartal bei 220 000 Versicherten) zahle die Beklagte nunmehr an die Beigeladene nach Rheinland-Pfalz,
obwohl die Morbidität im Saarland geblieben sei. Während bis zur Kassenfusion und Sitzverlegung eine - rein rechnerische,
aber wirtschaftlich im Ergebnis neutrale - Unterfinanzierung der Wohninländer durch die Überfinanzierung der Wohnausländer
ausgeglichen worden sei, sei dies bei einer Kürzung der MGV um 105 Euro je Wohnausländer nicht mehr möglich. Eine Sitzverlegung der KK dürfe sich nicht auf die Höhe der MGV für die "Wohninländer" im Saarland auswirken. Um dies zu gewährleisten, müsse der Aufsatzwert von 2008, der unstreitig auch
den Behandlungsbedarf für "Wohnausländer" einbezogen habe, korrigiert werden.
Jedenfalls für die Quartale II bis IV/2012 ergebe sich der Restzahlungsanspruch der Klägerin auch aus übergegangenem Recht.
Nach § 3 der Vergütungsvereinbarung 2012 sei für die Berechnung der MGV die jeweils aktuelle Zahl der Versicherten der KK nach der Satzart ANZVER87c4 heranzuziehen. Dadurch sei vereinbart, dass
die Anzahl der Versicherten der AOK Saarland, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, bei der Bestimmung der MGV zu berücksichtigen sei. Maßgeblich seien insoweit nicht die Datenlieferungsvorgaben des BewA, sondern der durch Auslegung
zu ermittelnde rechtsgeschäftliche Sinngehalt. Die Auslegung ergebe, dass es erklärter Wille der Gesamtvertragspartner gewesen
sei, die Versicherten mit Wohnort im Ausland entsprechend ihrer Zuordnung zum Bereich der KÄV am Kassensitz bei der Bestimmung
der MGV einzubeziehen. Die hiernach hinreichend konkret bestimmte Zahlungsverpflichtung der AOK Saarland sei gemäß §
144 Abs
4 S 2
SGB V auf die Beklagte übergegangen. Zwar habe §
3 Abs
2 der Vergütungsvereinbarung 2012 mit der Satzart ANZVER87c4 auf tatsächliche Verhältnisse Bezug genommen, die sich fusionsbedingt
zum 1.3.2012 geändert hätten. Für die Auslegung der Bestimmung komme es jedoch nur auf die tatsächlichen Verhältnisse zum
Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 30.10.2011 an.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG für das Saarland vom 28.10.2016 und des SG für das Saarland vom 15.10.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Restzahlungen von Gesamtvergütungsanteilen
nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sowie seit Rechtshängigkeit Prozesszinsen
in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus der FKZ-RL der KÄBV. Die dortige Fiktion
einer eigenständigen KK bei Bestehen einer gesonderten Vertragskassennummer (Nr 1.1.1 Abs 1 FKZ-RL) ändere nichts daran, dass
nach Nr 1.1.2 FKZ-RL diejenige KÄV für die Abrechnung der Leistungen für "Wohnausländer" zuständig sei, in deren Bezirk die
KK ihren Sitz habe. Das entspreche der bundesmantelvertraglichen Regelung in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä, die gegenüber den Bestimmungen der FKZ-RL vorrangig sei. Den Vertragspartnern der saarländischen Vergütungsvereinbarungen
habe somit die Zuständigkeit für eine Einbeziehung der "Wohnausländer" solcher KKn gefehlt, deren Sitz nicht im Bezirk der
Klägerin liegt. Auch wenn die Regelungen der Vergütungsvereinbarungen für unklar oder rechtswidrig gehalten würden, müsse
die Revision der Klägerin ohne Erfolg bleiben, da es in diesem Fall an einer Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Gesamtvergütung
hinsichtlich der bei der Beklagten versicherten "Wohnausländer" fehle.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und nimmt auf die Ausführungen der Beklagten Bezug.
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Die Vorinstanzen haben ihre Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten keine weiteren Gesamtvergütungsbeträge
für Versicherte der vormaligen AOK Saarland beanspruchen, die in diesem Zeitraum ihren Wohnsitz im Ausland hatten.
A) Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Ein von Amts wegen zu beachtender
Verfahrensmangel liegt nicht etwa deshalb vor, weil das LSG von einer Beiladung der weiteren Partner der Gesamtvergütungsvereinbarungen
abgesehen hat. Diese sind an dem hier streitigen Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht im Sinne von
§
75 Abs
2 S 1 Alt 1
SGG (echte notwendige Beiladung) derart beteiligt, dass eine Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann.
Hierfür genügt es nicht, dass über die zutreffende Auslegung einer Gesamtvergütungsvereinbarung gestritten wird, bei deren
Abschluss neben der Klägerin und der Beklagten des vorliegenden Verfahrens weitere Vertragspartner zu beteiligen waren (vgl
BSG Urteil vom 17.9.2008 - B 6 KA 46/07 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12; BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 38/15 B - Juris RdNr
13 mwN). Das Unterlassen einer einfachen Beiladung (§
75 Abs
1 SGG), die in solchen Fällen regelmäßig erfolgen sollte, stellt keinen im Revisionsverfahren beachtlichen Verfahrensmangel dar
(BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 38/15 B - Juris RdNr 14 mwN).
B) Der Klägerin steht gegen die Beklagte für die Quartale II/2012 bis IV/2013 kein Anspruch auf Zahlung weiterer Beträge an
Gesamtvergütung für die "Wohnausländer" unter den Versicherten der ehemaligen AOK Saarland zu.
1. Anspruchsgrundlage für die Zahlung von Gesamtvergütung sind insoweit die allgemeinen Bestimmungen zur Regelung der Vergütung
für die vertragsärztliche Versorgung in §
82 Abs
2 S 1
SGB V (in der ab 1.7.2008 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes [GKV-WSG] vom 26.3.2007, BGBl I 378, und des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes
vom 28.5.2008, BGBl I 874) iVm §
83 S 1
SGB V (idF des GKV-WSG). Sie werden konkretisiert durch den zwischen der Klägerin und der vormaligen AOK Saarland vereinbarten Gesamtvertrag vom
22.6.1995 und die zwischen der Klägerin und den Landesverbänden der KKn sowie den Ersatzkassen gemeinsam für das Saarland
abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen für 2012 und 2013; letztere werden von den Beteiligten auch als Honorarvertrag im
Sinne von § 11 Abs 1 S 2 des genannten Gesamtvertrags angesehen. Die zum 1.3.2012 durch Vereinigung der AOK Saarland und der
AOK Rheinland-Pfalz neu gebildete Beklagte ist an Stelle der bisherigen AOK Saarland in die Rechte und Pflichten aus dem Gesamtvertrag
und der Vergütungsvereinbarung 2012 eingetreten (§
144 Abs
4 S 2
SGB V). Damit ist die Beklagte hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin auf Gesamtvergütung für 2012 aufgrund Gesamtrechtsnachfolge
jetzt passivlegitimiert (vgl Engelhard in Hauck/Noftz,
SGB V, K §
144 RdNr 45, Stand der Einzelkommentierung November 2014). Die Vergütungsvereinbarung 2013 hat bereits die Beklagte als nunmehr
für das Saarland zuständiger Landesverband der Ortskrankenkassen (§
207 Abs
4a SGB V iVm §
2 Abs
4 der Satzung der Beklagten) selbst abgeschlossen.
Hingegen ist der von der Klägerin angeführte §
87a Abs
3 S 1
SGB V (hier anzuwenden idF des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes [GKV-VStG] vom 22.12.2011, BGBl I 2983) von vornherein keine geeignete
Anspruchsgrundlage für die Honorierung von Leistungen, die von den Mitgliedern der Klägerin für die "Wohnausländer" der vormaligen
AOK Saarland erbracht wurden. Die genannte Vorschrift regelt lediglich die Vereinbarung der von den KKn mit befreiender Wirkung
an die jeweilige KÄV zu zahlenden MGV "für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung". Das
ergibt sich auch aus §
85 Abs
1 SGB V, zu dessen Modifikation die Bestimmungen in §
87a SGB V gemäß dessen Abs
1 geschaffen wurden. Das
SGB V selbst enthält keine näheren Vorgaben für die Partner der Gesamtverträge, auf welche Weise sie - ggf pauschalierte - Gesamtvergütungen
zur Honorierung von Behandlungen der Versicherten der KKn mit Wohnsitz im Ausland zu vereinbaren haben. Die Vorschrift in
§
87a Abs
3a S 1 und 2
SGB V zu den anzuwendenden Preisen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung (FKZ) bezieht
sich als Ausnahme zu §
87a Abs
3 S 3 und 4
SGB V unmittelbar ebenfalls nur auf die Versorgung von Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV (vgl BSG Urteil vom 15.6.2016 - B 6 KA 27/15 R - BSGE 121, 206 = SozR 4-2500 § 75 Nr 17, RdNr 39 ff) und trifft im Übrigen keine Aussage zur Vereinbarung von Gesamtvergütungsbeträgen.
Als vorrangig zu beachtende Regelung für die hier maßgebliche Vergütung der vertragsärztlichen Versorgung von "Wohnausländern"
existiert damit nur die Bestimmung in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä als allgemeiner Inhalt der Gesamtverträge (§
82 Abs
1 SGB V). Danach verständigen sich die Partner der Gesamtverträge im Bereich der KÄV, in deren Bezirk die KK ihren Sitz hat, ob und
ggf wie der Behandlungsbedarf der Versicherten mit Wohnsitz im Ausland bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung zu berücksichtigen
ist (zu dem inhaltlich identischen § 2 Abs 3 der Anlage 14 zum BMV-Ä, die früher für BKKn galt, vgl BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 38/15 B - Juris RdNr 8).
2. Die gesamtvertraglichen Regelungen der Vergütungsvereinbarungen 2012 bzw 2013 begründen zugunsten der Klägerin im Hinblick
auf die "Wohnausländer" keine höheren Ansprüche auf Zahlung von Gesamtvergütungen, als die Beklagte für die hier streitbefangenen
Quartale bereits geleistet hat.
a) Ein weitergehender Anspruch für die Quartale II/2012 bis IV/2012 ergibt sich nicht aus der Vergütungsvereinbarung 2012,
die am 30.10.2011 zwischen der Klägerin, der vormaligen AOK Saarland und den weiteren Landesverbänden der KKn sowie den Ersatzkassen
abgeschlossen wurde. Nach § 3 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2012 war die endgültige quartalsweise MGV je KK "aus der Multiplikation des Behandlungsbedarfs je Versichertem der Krankenkasse (einschließlich des nach §
264 Abs
2 bis 6
SGB V berechtigten Personenkreises mit Wohnort im Bezirk der KVS) mit der Zahl der Versicherten der Krankenkasse im jeweiligen
Abrechnungsquartal (Satzart ANZVER87c4) und der Bewertung dieses Punktzahlvolumens mit dem Punktwert nach § 1 Abs. 1" zu ermitteln.
Diese Regelung blieb auch in der Fassung der 1. Ergänzungsvereinbarung, die am 12.3.2012 - nach Wirksamwerden der Kassenfusion
- mit Wirkung zum 1.4.2012 abgeschlossen wurde, unverändert. § 3 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2012 verwies zur näheren
Bestimmung der Anzahl der Versicherten der KK im jeweiligen Abrechnungsquartal, die für die Ermittlung der Höhe der MGV entscheidend ist, auf die "Satzart ANZVER87c4", die der BewA in Anlage 3 Nr 3.1 seines Beschlusses in der 154. Sitzung festgelegt
hat. Dieser Nutzdatensatz "ANZVER87c4 - Versichertenzahl pro Kasse nach Wohnort" erfasste in Feld 04 die "Versichertenzahl
I", die als "Anzahl der Versicherten mit Wohnort im jeweiligen KV-Bereich" beschrieben ist, in Feld 05 die "Versichertenzahl
II" als "Anzahl der Versicherten mit Wohnort im Ausland (Zuordnung zum KV-Bereich am Kassensitz)" sowie in Feld 06 "im Auftrag
der Sozialhilfeträger betreute Personen (...) mit Wohnort im jeweiligen KV-Bereich". Ergänzend bestimmte § 10 S 1 der Vergütungsvereinbarung
2012, dass im Falle der Fusion von KKn für die Berechnung der Abschlags- und Restzahlungen die aktuelle Zahl der Versicherten
der neu entstandenen KK maßgeblich ist.
§ 3 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2012 regelte nach Auslegung dieser Vorschrift durch das SG, der das LSG durch Bezugnahme gefolgt ist (§
153 Abs
2 SGG), "eindeutig, dass Versicherte der Beklagten mit Wohnsitz im Ausland dem KV-Bereich am Kassensitz zuzuordnen sind, mithin
nach der vorgenannten Fusion dem KV-Bereich der Beigeladenen". Sitz der beklagten AOK Rheinland-Pfalz/Saarland ist nach §
1 Abs 1 S 1 ihrer Satzung vom 7./19.12.2011 Eisenberg in Rheinland-Pfalz. Danach ist für die Einbeziehung der ca 10 000 Versicherten
der vormaligen AOK Saarland, die ihren Wohnsitz in den Quartalen II/2012 bis IV/2012 im Ausland hatten, bei der Berechnung
der von der Beklagten für diese Zeiträume geschuldeten Gesamtvergütungsbeträge kein Raum.
An die Auslegung der nur im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden und somit nicht revisiblen Vorschrift des § 3 Abs 2 der
für das Saarland abgeschlossenen Vergütungsvereinbarung 2012 ist das Revisionsgericht gebunden (§
202 S 1
SGG iVm §
560 ZPO). Die genannte Bestimmung ist auch insoweit nicht revisibel, als sie zur näheren Bestimmung des Merkmals "Zahl der Versicherten
der Krankenkasse im jeweiligen Abrechnungsquartal" auf eine Regelung im Beschluss des BewA und damit auf eine bundesrechtliche
Vorschrift verweist. Der Revisibilität steht entgegen, dass das vom Landesrecht in Bezug genommene Bundesrecht in dem hier
maßgeblichen Regelungszusammenhang nicht unmittelbar aufgrund des Befehls eines bundesrechtlichen Normgebers gilt. Vielmehr
enthält die Bezugnahme in § 3 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2012 auf den Beschluss des BewA zu Datenlieferungen für das
Jahr 2009 eine Rezeption von Bundesrecht, die ausschließlich auf der Ebene des Landesrechts erfolgt (s hierzu BVerwG Urteil
vom 4.11.1976 - V C 73.74 - BVerwGE 51, 268, 271 f; vgl auch BSG Urteil vom 3.7.1956 - 1 RA 30/56 - SozR Nr 43 zu §
162 SGG, Juris RdNr 8).
b) Auch für die Quartale I/2013 bis IV/2013 ergibt sich aus der am 26.3.2013 abgeschlossenen Vergütungsvereinbarung 2013 kein
weitergehender Anspruch der Klägerin auf Gesamtvergütung. Insoweit bestimmt § 4 (aaO), der in späteren Ergänzungsvereinbarungen
vom 24.5.2013 und vom 31.10.2013 unverändert blieb, in Abs 1, dass die nach den Vorgaben in § 3 (aaO) berechnete Gesamt-MGV für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Klägerin (Betrag in Euro) zunächst auf die einzelnen KKn aufgeteilt wird,
und zwar entsprechend dem Anteil der für Versicherte der jeweiligen KK mit Wohnort im Bezirk der Klägerin im Vorjahresquartal
abgerechneten Leistungen. In einem weiteren Schritt ist sodann gemäß § 4 Abs 2 (aaO) der Betrag der für die jeweilige KK ermittelten MGV "noch durch die im Vorjahresquartal bei der Bestimmung des damaligen Behandlungsbedarfs dieser Krankenkasse im Bezirk der
KVS verwendete Versichertenzahl gemäß der Datenlieferung ANZVER87c4 bzw. ANZVER87a zu teilen"; das ergibt den Behandlungsbedarf
je Versicherten. In einem letzten Schritt ist schließlich dieser Betrag des Behandlungsbedarfs je Versicherten "mit der für
das Abrechnungsquartal für diese Krankenkasse im Bezirk der KVS tatsächlich festgestellten Versichertenzahl gemäß der Datenlieferung
ANZVER87a zu multiplizieren".
Im Ergebnis ist somit nach § 4 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2013 zur Bestimmung der Höhe der von einer KK zu zahlenden MGV maßgeblich auf die im Abrechnungsquartal für diese KK festgestellte Versichertenzahl gemäß der Datenlieferung ANZVER87a abzustellen
(s auch § 12 S 1 aaO, der für den Fall der Fusion von KKn anordnet, dass für die Berechnung der Abschlags- und Restzahlungen
die aktuelle Zahl der Versicherten der neu entstandenen KK heranzuziehen ist). Damit ist die Definition dieses Datensatzes
in Bezug genommen, die der BewA in der 277. Sitzung mit Wirkung zum 1.4.2012 für die Meldung der Versichertenzahlen an Stelle
des bisherigen Datensatzes ANZVER87c4 vorgegeben hat. Gemäß Nr 3 der Anlage zum Beschluss des BewA in der 277. Sitzung wird
im Datensatz ANZVER87a in den Feldern 05, 09, 13 und 17 die monatliche und quartalsdurchschnittliche Anzahl der Versicherten
mit Wohnort im jeweiligen Bezirk der KÄV erfasst. In den Feldern 07, 11, 15 und 19 ist hingegen die monatliche und quartalsdurchschnittliche
"Anzahl der Versicherten mit Wohnort im Ausland, definiert als Versicherte, in deren bei der Krankenkasse gespeicherten Adressdaten
ein Wohnsitz mit nichtdeutschem Länderkennzeichen hinterlegt ist (Zuordnung zum KV-Bezirk am Sitz der Krankenkasse)" mitzuteilen.
In den abschließenden Erläuterungen zu diesen Feldern ist nochmals festgehalten, dass Versicherte mit Wohnort im Ausland dem
KÄV-Bezirk am Sitz der KK zuzuordnen sind.
Die Regelung zur Ermittlung der von der einzelnen KK zu zahlenden MGV für 2013 ist damit hinsichtlich der Berücksichtigung der "Wohnausländer" sachlich identisch mit derjenigen in der Vergütungsvereinbarung
für 2012. Versicherte mit Wohnort im Ausland werden bei der quartalsweisen Ermittlung der an die Klägerin zu zahlenden Gesamtvergütung
nur einbezogen, wenn im Abrechnungsquartal deren KK ihren Sitz im Bezirk der Klägerin hat. Das ist beispielsweise bei der
IKK Südwest der Fall, die zum 1.7.2009 durch Fusion der Innungskrankenkassen in Rheinland-Pfalz und im Saarland entstanden
ist und ihren Sitz in Saarbrücken hat, nicht aber bei der Beklagten.
3. Die Regelungen der Vergütungsvereinbarungen 2012 bzw 2013 zur Berücksichtigung von "Wohnausländern" bei der Ermittlung
der von einer KK zu zahlenden Gesamtvergütung entsprechen den Vorgaben des höherrangigen Rechts.
a) Insoweit ist - wie bereits ausgeführt - die Bestimmung in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä maßgeblich, die nach §
82 Abs
1 S 2
SGB V zugleich Bestandteil der Gesamtverträge ist (vgl auch §
1 Abs 3 des zwischen der Klägerin und der AOK Saarland abgeschlossenen Gesamtvertrags vom 22.6.1995). Sie trat zum 1.1.2009
in Kraft (DÄ 2009, A 52) und ist hier noch in ihrer ursprünglichen Fassung anzuwenden (zur Rechtslage ab 1.1.2018 vgl § 2
S 3 der Vereinbarung vom 11.9.2017, DÄ 2017, A 1894). Danach sind für gesamtvertragliche Vergütungsvereinbarungen, die Versicherte
mit Wohnsitz im Ausland betreffen, die Partner der Gesamtverträge im Bereich derjenigen KÄV zuständig, "in deren Bezirk die
Krankenkasse ihren Sitz hat". Somit sind für alle "Wohnausländer" unter den Mitgliedern der zum 1.3.2012 durch Fusion neu
entstandenen Beklagten - auch für diejenigen, die vormals Mitglied der AOK Saarland waren - die Beklagte und die beigeladene
KÄV Rheinland-Pfalz dazu berufen, sich in dem für den Bezirk der Beigeladenen geltenden Gesamtvertrag darüber zu verständigen,
ob und ggf wie der Behandlungsbedarf dieser Versicherten bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung berücksichtigt wird. Eine
solche Zuordnung der "Wohnausländer" in gesamtvergütungsrechtlicher Hinsicht zu derjenigen KÄV, in deren Bezirk die KK ihren
Sitz hat, entspricht den Festlegungen zu ihrer Berücksichtigung in den oben näher beschriebenen Datensätzen ANZVER87c4 und
ANZVER87a, an die die von der Klägerin abgeschlossenen Vergütungsvereinbarungen 2012 bzw 2013 für die Ermittlung der Höhe
der im Abrechnungsquartal zu zahlenden Gesamtvergütung anknüpfen.
b) Eine Auslegung der bundesrechtlichen Vorschrift in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä in dem Sinne, dass für die Abgrenzung der Regelungskompetenz nicht der Sitz der Beklagten, sondern der Sitz ihrer Landesdirektion
Saarland maßgeblich sei, ist nicht möglich. Ihr Wortlaut gibt keinen Hinweise darauf, dass mit dem "Sitz" der KK nicht der
für die gesamte KK in ihrer Satzung festgelegte Sitz gemeint ist, wie er auch in §
194 Abs
1 Nr
1 SGB V angesprochen wird, sondern der Sitz einer regionalen Untergliederung. Die Klägerin stellt für die von ihr bevorzugte Auslegung
maßgeblich auf den Sinn und Zweck von § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä ab und meint, dass diese Vorschrift das in §
87a Abs
3 SGB V für Versicherte mit Inlandswohnsitz normierte Wohnortprinzip auch für Auslandsversicherte umsetzen wolle. Dieser Zweck lässt
sich aus der Regelung jedoch nicht herleiten. Zwar machen sowohl die Überschrift als auch die Präambel der Anlage 21 zum BMV-Ä deutlich, dass sie der Umsetzung "des Wohnortprinzips gemäß §
83 i.V.m. §
87a Abs
3 SGB V" bei der Vereinbarung der MGV für Vertragsärzte dienen soll. §
87a Abs
3 SGB V beschränkt aber - wie bereits ausgeführt - den Regelungsgegenstand der MGV ausdrücklich auf die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KÄV. Dementsprechend bezieht
auch § 1 der Anlage 21 zum BMV-Ä den Anwendungsbereich des Wohnortprinzips iS der Vereinbarung nur auf Kassenmitglieder mit Wohnort im Bezirk der KÄV. Dazu
enthalten ihre §§ 2 und 3 nähere Vorgaben, während in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä lediglich ergänzend eine Zuständigkeitsabgrenzung normiert ist. Die dort für Versicherte mit Auslandswohnsitz erfolgte Abgrenzung
nach dem Sitz der KK entspricht dabei dem Erfordernis einer jederzeit eindeutigen und lückenlosen territorialen Zuordnung
im System der vertragsärztlichen Versorgung (vgl BSG Urteil vom 19.3.2002 - B 1 KR 34/00 R - SozR 3-2500 § 207 Nr 1 S 9).
Hingegen würde die von der Klägerin erstrebte Abgrenzung der Vereinbarungszuständigkeit der Gesamtvertragspartner nach dem
KÄV-Bezirk, in dem Versicherte einer bestimmten KK mit Auslandswohnsitz im Regelfall tatsächlich behandelt werden, also nach
dem mutmaßlich überwiegenden Behandlungsort, diesem Erfordernis nicht gerecht. An welchen Orten im Inland sich Versicherte
mit Wohnsitz im Ausland tatsächlich behandeln lassen, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und kann je nach in Anspruch
genommenem Fachgebiet sowie im Verlauf der Zeit unterschiedlich sein. Der (überwiegende) Behandlungsort von "Wohnausländern"
unter den Versicherten kann auch nicht erst nachträglich im Rahmen der Abrechnung ermittelt werden; die Zuordnung zu einer
bestimmten KÄV muss für die Vereinbarung von Gesamtvergütungen bereits zuvor eindeutig feststehen. Daher müsste mit erheblichem
empirischem Aufwand für jede KK (auch für die bundesweit geöffneten KKn und die Ersatzkassen) jeder Wohnort im Ausland (weltweit)
einer der 17 KÄVen zugeordnet werden, falls der mutmaßlich überwiegende Behandlungsort zum Maßstab für die Vereinbarungszuständigkeit
hinsichtlich der Gesamtvergütung für "Wohnausländer" erhoben würde. Dass das nicht praktikabel ist, liegt auf der Hand. Wenn
danach bereits der von der Klägerin angeführte Normzweck nicht zutrifft, besteht auch keine "Wertungslücke", die im Hinblick
auf den benannten Normzweck im Wege der Auslegung zu schließen wäre.
c) Die Abgrenzung in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä in dem Sinne, dass für die Vereinbarung einer Gesamtvergütung für Versicherte mit Wohnsitz im Ausland nur die KÄV zuständig
ist, in deren Bezirk die KK ihren Sitz hat, führt auch nicht zu einem mit höherrangigem Recht unvereinbaren "Vertrag zu Lasten
Dritter". Die Höhe der Vergütungen, welche für die im Zuständigkeitsbereich bzw von den Mitgliedern der Klägerin tatsächlich
durchgeführten Behandlungen von Versicherten der Beklagten mit Auslandswohnsitz zu entrichten sind, wird durch eine Gesamtvergütungsvereinbarung
zwischen der Beklagten und der Beigeladenen weder tangiert noch beschränkt. Die Honorierung der tatsächlich erbrachten Leistungen
wird vielmehr durch die Bestimmungen zur überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung (§
75 Abs
7 S 1 Nr
2, Abs
7a SGB V iVm Nr 1.2 der FKZ-RL der KÄBV vom 28.7.2011, Version 1.06) sichergestellt. Nach Nr 1.1.2 FKZ-RL ist für Versicherte mit
Wohnort außerhalb des Bundesgebiets für die Durchführung der Abrechnung gegenüber den KKn diejenige KÄV zuständig, in deren
Bereich die KK ihren Sitz hat. Die danach zuständige KÄV (hier: die Beigeladene) hat die Forderungen für Leistungen zugunsten
von "Wohnausländern", welche von Vertragsärzten anderer KÄV-Bereiche (hier: der Klägerin) erbracht wurden, in dem in Nr 1.2
FKZ-RL näher beschriebenen Verfahren zu vergüten.
d) Aus dem Umstand, dass auch nach dem Zusammenschluss für beide vormaligen KKn in Rheinland-Pfalz und im Saarland übergangsweise
die bisherigen Vertragskassennummern beibehalten wurden, kann nicht hergeleitet werden, dass für die "Wohnausländer" unter
den Versicherten der ehemaligen AOK Saarland weiterhin der Bezirk der Landesvertretung Saarland der Beklagten als eigenständige
KK im Hinblick auf die Zuständigkeit für die Vereinbarung der Gesamtvergütung anzusehen ist. Die bereits erwähnte Nr 1.1.2
FKZ-RL, nach der für die Durchführung der Abrechnung gegenüber den KKn für Versicherte mit Wohnort außerhalb des Bundesgebiets
diejenige KÄV zuständig ist, in deren Bereich die KK ihren Sitz hat, korrespondiert inhaltlich mit der Zuständigkeitsabgrenzung
für Vergütungsvereinbarungen in Bezug auf "Wohnausländer" in § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä. Diejenige KÄV, die nach der letztgenannten Regelung eine Gesamtvergütung für die Behandlung der "Wohnausländer" erhalten
kann, ist auch zuständig für die Abrechnung aller für diese Versicherten erbrachten Leistungen, und zwar unabhängig davon,
ob es sich um Leistungen der Vertragsärzte des eigenen KÄV-Bereichs oder um Leistungen von Vertragsärzten in anderen KÄV-Bezirken
handelt (Nr 1.1 FKZ-RL). Die KÄBV wäre auch gar nicht befugt, in den von ihr erlassenen FKZ-RL Abweichendes zu den Regelungen
im BMV-Ä zu treffen. Gemäß §
75 Abs
7 S 1 Nr
2 Halbs 2
SGB V kommt den besonderen Vereinbarungen in den Bundesmantelverträgen Vorrang vor den Bestimmungen der FKZ-RL zu (s hierzu BSG Urteil vom 15.6.2016 - B 6 KA 27/15 R - BSGE 121, 206 = SozR 4-2500 § 75 Nr 17, RdNr 25). Daher ist es nicht statthaft, die in Nr 1.1.1 Abs 1 FKZ-RL enthaltene Fiktion der Eigenständigkeit
einer KK so lange, wie eine gesonderte Vertragskassennummer existiert, auch auf die Regelungen in Nr 1.1.2 FKZ-RL und in §
4 der Anlage 21 zum BMV-Ä zur Abrechnung von Leistungen für "Wohnausländer" zu übertragen.
4. Nicht zu beanstanden ist auch die Art und Weise, in der die Beklagte die von der Klägerin in den jeweiligen Quartals-Schlussrechnungen
angeforderten Gesamtvergütungsbeträge richtiggestellt und die für Versicherte der vormaligen AOK Saarland mit Wohnsitz im
Ausland angesetzten Beträge in Abzug gebracht hat. Die Vorgaben des BewA zur Bereinigung des Behandlungsbedarfs gemäß §
87a Abs
3 S 2
SGB V im Falle des Beitritts von Versicherten zu einem Selektivvertrag (Beschluss in der 266. Sitzung mit Wirkung vom 1.1.2012;
Beschluss [Teil A] in der 288. Sitzung mit Wirkung vom 22.10.2012) sind insoweit nicht einschlägig. Ebenso wenig bedurfte
es vor Durchführung einer Rechnungskorrektur einer Regelung des BewA zur Durchführung einer Bereinigung der Gesamtvergütungen
bei Wegfall von "Wohnausländern" aufgrund Kassenfusion. Vielmehr ergibt sich die Ermittlung der von der Klägerin zu viel in
Rechnung gestellten Gesamtvergütungsbeträge unmittelbar aus der Berechnungsvorschrift zur Höhe der geschuldeten Gesamtvergütung
in § 3 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2012 bzw in § 4 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2013. Dass im Falle einer Fusion
von KKn während der Laufzeit der Vergütungsvereinbarung zur Berechnung der weiteren Abschlags- und Restzahlungen die nach
der Vereinbarung ermittelten Behandlungsbedarfe je Versichertem "mit der aktuellen Zahl der Versicherten der neu entstandenen
Krankenkasse" und dem Punktwert zu multiplizieren sind, folgt im Übrigen auch aus der speziellen Regelung in § 10 der Vergütungsvereinbarung
2012 bzw in § 12 der Vergütungsvereinbarung 2013.
5. Der Klägerin steht für die Quartale II bis IV/2012 auch unter dem Gesichtspunkt des Eintritts der Beklagten in die Pflichten
der bisherigen AOK Saarland (aus übergegangenem Recht) kein Anspruch auf Zahlung weiterer Gesamtvergütungsbeträge für Versicherte
mit Wohnsitz im Ausland zu. Ansprüche gegen die Beklagte kann die Klägerin aus der Vergütungsvereinbarung 2012, die zwischen
ihr, der AOK Saarland und weiteren Landesverbänden der KKn sowie den Ersatzkassen abgeschlossen wurde, ohnehin nur geltend
machen, weil die Beklagte aufgrund der Kassenfusion auch in die Rechte und Pflichten der bisherigen AOK Saarland eingetreten
ist (§
144 Abs
4 S 2
SGB V). Der Umstand, dass die Rechte der Klägerin aus der Vergütungsvereinbarung 2012 gegenüber der AOK Saarland ihr nunmehr kraft
Gesetzes gegen die Beklagte zustehen, verändert den Inhalt der gesamtvertraglich begründeten Rechte nicht. Die Höhe der quartalsweisen
Ansprüche auf Gesamtvergütung errechnet sich nach § 3 Abs 2 der Vergütungsvereinbarung 2012 aber unter Zugrundelegung der
Zahl der (berücksichtigungsfähigen) Versicherten der KK im jeweiligen Abrechnungsquartal gemäß der Satzart ANZVER87c4; das
gilt nach § 10 der Vergütungsvereinbarung 2012 auch im Fall einer Kassenfusion (s oben unter 2.a).
C) Die Klägerin hat für die Quartale II/2012 bis IV/2013 auch keinen Anspruch auf höhere Gesamtvergütungsbeträge für die Versicherten
der Beklagten mit Wohnort im Saarland. Aufgrund des Wegfalls der "Wohnausländer" bei der Ermittlung der Gesamtvergütung ist
der Betrag des Behandlungsbedarfs je Versicherten, der neben der Zahl der Versicherten als weiterer Faktor in die Berechnung
der MGV einfließt, nicht zu erhöhen. Für eine solche nachträgliche Änderung des vereinbarten Behandlungsbedarfs enthalten weder die
Vergütungsvereinbarung 2012 noch die Vergütungsvereinbarung 2013 eine Grundlage. Eine Anpassung dieser Vereinbarungen kann
nur im Zusammenwirken aller beteiligten Gesamtvertragspartner erfolgen. Für das Jahr 2012 scheidet eine veränderte Festsetzung
des Behandlungsbedarfs für Versicherte mit Wohnort im Bezirk der Klägerin in der Sache jedoch von vornherein aus, weil §
87d Abs
2 SGB V (in der ab 1.1.2012 geltenden Fassung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vom 22.12.2011, BGBl I 2983) die Art und Weise
der Ermittlung des Behandlungsbedarfs für dieses Jahr zwingend vorgibt (vgl BSG Urteil vom 10.5.2017 - B 6 KA 5/16 R - SozR 4-2500 § 87a Nr 4 RdNr 47, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Ob im Rahmen der Vereinbarung über die Anpassung
des Behandlungsbedarfs für das Jahr 2013 (§
87a Abs
4 S 1 Nr
2 iVm S 4
SGB V) die von der Klägerin geltend gemachten faktischen Auswirkungen der Fusion der KKn auf die Morbidität der Versicherten mit
Wohnsitz im Saarland hätten berücksichtigt werden können, kann hier dahinstehen (zu den strengen Voraussetzungen vgl BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 6/14 R - BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 § 87a Nr 2, RdNr 40 ff, 45 ff). Die Klägerin hätte jedenfalls eine insoweit konsensual nicht erzielte gesamtvertragliche
Vereinbarung allenfalls durch Anrufung des Schiedsamts (§
89 SGB V - vgl zB BSG Urteil vom 10.5.2017 - B 6 KA 5/16 R - aaO), aber nicht - wie im vorliegenden Verfahren - einseitig durch Leistungsklage gegen einen der Gesamtvertragspartner
erreichen können.
D) Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.