Parallelentscheidung zu BSG - B 6 KA 19/15 R – v. 16.12.2015
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer vertragsärztlichen Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag.
Der 1962 geborene Kläger ist Facharzt für Transfusionsmedizin. Er ist als Professor im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit an
der Medizinischen Hochschule H. (MHH) tätig und Direktor des dortigen Instituts für Transfusionsmedizin. Er wurde wiederholt
- jeweils für einen Zeitraum von zwei Jahren und für näher bezeichnete transfusionsmedizinische Leistungen - zur Teilnahme
an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt.
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Hochschulprofessor ist er nach den Feststellungen des LSG ca 30 bis 35 Stunden pro Woche tätig.
Für seine ärztlichen Leistungen im Rahmen seiner Ermächtigung bringt er 15 bis 20 Stunden wöchentlich auf.
Den im Jahr 2007 gestellten Antrag des Klägers, ihm anstelle der Ermächtigung eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag
zu erteilen, lehnte der Zulassungsausschuss mit der Begründung ab, dass der Kläger gemäß § 20 Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeiten nicht geeignet sei, weil er wegen seines Beschäftigungsverhältnisses
bei der MHH für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung stehe. Zwar könne er
- wie sich aus der von ihm vorgelegten Erklärung seines Dienstherrn ergebe - seiner Sprechstundenverpflichtung in dem für
einen Teilversorgungsauftrag erforderlichen Umfang von zehn Stunden in der Woche nachkommen. Es sei jedoch zweifelhaft, ob
er darüber hinaus in ausreichendem Maße, insbesondere in Notfällen, zur Verfügung stehe. Eine Prognose hierüber sei nicht
möglich, da nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz (NHG) für beamtete Professoren keine Arbeitszeit festgelegt werden
könne. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Innenverhältnis einer Nebentätigkeitsgenehmigung
gemäß § 73 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) bedürfe. Deren Erteilung liege nach § 5 Hochschulnebentätigkeitsverordnung (HNtVO) im Ermessen der Behörde. Auch für eine Teilzulassung iS von § 19a Abs 2 Ärzte-ZV sei die Vorlage einer Bestätigung der Reduzierung der Arbeitszeit nicht entbehrlich. Den Widerspruch des Klägers wies der
beklagte Berufungsausschuss im Jahr 2009 unter Bezugnahme auf die im Bescheid des Zulassungsausschusses genannten Gründe zurück.
Klage und Berufung des Klägers haben keinen Erfolg gehabt. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt: Der vom Kläger begehrte hälftige Versorgungsauftrag setze nach der Rechtsprechung des BSG voraus, dass der Arzt vertragsärztliche Leistungen im Umfang von insgesamt mindestens 13 bis 15 Stunden wöchentlich erbringe.
Dies sei vorliegend anzunehmen, weil der Kläger ausweislich seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Hannover
am 10.8.2011 im Rahmen seiner jetzigen Ermächtigung 15 bis 20 Stunden pro Woche arbeite und diesen Zeitumfang auch bei seiner
Zulassung aufrechterhalten wolle. Der Erteilung einer Zulassung im gewählten Umfang stehe aber entgegen, dass der Kläger beabsichtige,
weiterhin nur die bisher im Rahmen der Ermächtigung erbrachten Leistungen anzubieten. Dies stehe im Widerspruch zu der grundsätzlichen
Verpflichtung jedes Vertragsarztes, die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anzubieten. Bereits aus diesem Grunde
habe der Beklagte die Erteilung der Zulassung zu Recht abgelehnt.
Der Zulassung stehe darüber hinaus die Tätigkeit des Klägers als Professor und Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin
bei der MHH entgegen. Gemäß § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung sei ein Arzt für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht geeignet
gewesen, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung
der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maß zur Verfügung stehe. Nach der Rechtsprechung des BSG liege dieser Hinderungsgrund vor, wenn die zeitliche Inanspruchnahme durch ein Beschäftigungsverhältnis neben dem hälftigen
Versorgungsauftrag in der vertragsärztlichen Versorgung mehr als 2/3 der üblichen wöchentlichen Arbeitszeit, mithin mehr als
ca 26 Wochenstunden, betrage. Die vom Kläger nach eigenen Angaben im Rahmen seiner Professorentätigkeit aufgewendeten 30 bis
35 Stunden pro Woche lägen oberhalb dieser Grenze. § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV sei zwar mit Wirkung vom 1.1.2012 durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983, 3017) geändert worden. Daraus folge, dass die bisherige starre Grenzziehung von 26 Stunden für eine anderweitige Beschäftigungszeit
bei hälftigem Versorgungsauftrag nicht mehr anwendbar sei. Auch stehe die zeitliche Lage der Beschäftigung des Klägers als
Professor und Krankenhausarzt der begehrten hälftigen Zulassung nicht entgegen. Die Tätigkeit des Klägers als Facharzt für
Transfusionsmedizin sei jedenfalls überwiegend laborärztlich geprägt und damit nicht unmittelbar patientenbezogen. Bei derartigen
Tätigkeiten sei der Arzt nicht an bestimmte Anwesenheitszeiten der Patienten gebunden, sondern in der Einteilung seiner Arbeitszeit
weitgehend frei. Dies gelte auch für die Tätigkeit des Klägers im Institut für Transfusionsmedizin der MHH. Die Möglichkeit
der freien Zeiteinteilung folge aus § 27 Abs 1 NHG, wonach auf Professoren im Beamtenverhältnis Arbeitszeitregelungen grundsätzlich
keine Anwendung fänden. Nach alledem sei es dem Kläger möglich, die Tätigkeitszeiten für die MHH so zu verteilen, dass er
sich Freiräume für die angestrebte vertragsärztliche Tätigkeit schaffe. Die Zulassung des Klägers scheitere auch nicht daran,
dass er nicht in der Lage wäre, Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Jedoch
stehe die Gesamtdauer der Tätigkeit als Krankenhausarzt und als Vertragsarzt der Erteilung der Zulassung entgegen. Auch nach
der seit dem 1.1.2012 geltenden Fassung des § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV sei zu beachten, dass die angestrebte Flexibilisierung nicht zu Arbeitszeiten führen dürfe, die eine dauerhafte Überlastung
des Arztes und damit eine Gefährdung der ausreichenden Versorgung der Versicherten iS von §
72 Abs
2 SGB V zur Folge hätten. Das BSG sei in seiner Rechtsprechung zu § 20 Ärzte-ZV in der bis Ende des Jahres 2011 geltenden Fassung von einer noch hinnehmbaren Gesamt-Wochenarbeitszeit von maximal 52 Stunden
ausgegangen. Diese Obergrenze halte der Kläger nicht ein. Ausgehend von wöchentlich 30 bis 35 Stunden für die Beschäftigung
bei der MHH und 15 bis 20 Stunden für die vertragsärztliche Tätigkeit ergebe sich eine Gesamtarbeitsdauer von bis zu 55 Stunden
wöchentlich.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass er nie beabsichtigt habe, eine Gesamtarbeitszeit von bis zu 55 Stunden
abzuleisten. Der angegebene zeitliche Aufwand für seine Beschäftigung als Professor von 30 bis 35 Stunden und für seine vertragsärztliche
Tätigkeit von 15 bis 20 Stunden basiere auf einer Schätzung. Die darauf aufbauende Unterstellung des Berufungsgerichts, dass
55 Stunden wöchentlich absolviert werden sollten, sei fehlerhaft und unzulässig. Im Übrigen komme es darauf aufgrund der Änderung
des § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG mWv 1.1.2012 nicht mehr an. Mit der gesetzlichen Änderung habe der Gesetzgeber die Absicht verfolgt, starre Zeitgrenzen zu
überwinden, um eine den jeweiligen Umständen des Einzelfalles angemessene flexible Anwendung zu ermöglichen. Maßgebend sei
danach, dass der Vertragsarzt trotz der Arbeitszeiten in seiner anderen Tätigkeit in der Lage sei, den Patienten in einem
dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang zur Verfügung zu stehen und Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung
üblichen Zeiten anzubieten. Werde dies gewährleistet, sei eine Nebenbeschäftigung auch bei Überschreitung der von der Rechtsprechung
entwickelten Zeitgrenzen möglich. Auch die Schutzfunktion des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gelte ausdrücklich nicht für eine freiberufliche Tätigkeit. Dass Arbeitszeiten, die die nach dem ArbZG zulässigen Grenzen überschreiten, bei Vertragsärzten nicht ungewöhnlich seien, werde auch daran deutlich, dass im Rahmen
der Plausibilitätsprüfung von einer Auffälligkeit erst ausgegangen werde, wenn mehr als durchschnittlich 13 Stunden pro Arbeitstag
allein für die vertragsärztliche Versorgung absolviert würden.
Ferner sei das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass ihm die Zulassung nicht erteilt werden könne, weil er nicht
die Voraussetzung erfülle, nach der ein Vertragsarzt die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anbieten müsse. Er habe
bereits im Rahmen seiner Ermächtigung die für die ambulante vertragsärztliche Versorgung relevanten Bestandteile des Weiterbildungsinhalts
der Transfusionsmedizin erbracht.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.11.2014 und des SG Hannover vom 10.8.2011 sowie den Beschluss des Beklagten
vom 12.8.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger mit einem halben Versorgungsauftrag zur Teilnahme an
der vertragsärztlichen Versorgung am Praxissitz C. in
H. zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Voraussetzungen für die begehrte Zulassung bereits deshalb nicht
erfülle, weil dieser nicht bereit sei, als Vertragsarzt die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anzubieten. Darüber
hinaus stehe die Gesamtdauer der Tätigkeit als vollzeitbeschäftigter Professor der MHH sowie als Vertragsarzt der Zulassung
auch nach der Neufassung des § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV mWv 1.1.2012 durch das GKV-VStG entgegen. Gemäß § 34 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz [BeamtStG]) hätten sich Beamte mit vollem persönlichen Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Dies gelte auch vor dem Hintergrund
des § 27 NHG, weil damit nur Sonderregelungen im Hinblick auf die Bestimmung der Arbeitszeit getroffen würden. Der Kläger
verfüge im Übrigen über keine Nebentätigkeitsgenehmigung.
Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV), die keinen eigenen Antrag stellt, hält das Urteil des LSG Niedersachsen
ebenfalls für zutreffend. Die durch die Neufassung des § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV angestrebte Flexibilisierung dürfe nicht dazu führen, dass sich vertragsärztliche und anderweitige Beschäftigungen zu Arbeitszeiten
summierten, die zu einer dauerhaften Überlastung des Arztes und damit zu einer Gefährdung der ausreichenden Versorgung der
Versicherten führten. Die Rechtsprechung des BSG zur Höchstarbeitszeit von 52 Wochenstunden sei weiterhin einschlägig, weil sie die Grenzen der physischen und psychischen
Belastbarkeit des Menschen berücksichtige und zudem mit Blick auf eine funktionierende Bedarfsplanung erforderlich sei. Das
NBG regele die Höchstarbeitszeit mit 48 Stunden. Damit berücksichtige die in der Rechtsprechung zugrunde gelegte Höchstarbeitszeit
von 52 Stunden bereits die Besonderheiten der Freiberufler. Vertragsärzte könnten hinsichtlich der maximal zulässigen Arbeitszeit
nicht mit Architekten, Steuerberatern oder Rechtsanwälten verglichen werden, weil § 20 Abs 1 Ärzte-ZV auch nach der Neufassung Beschränkungen vorsehe. Die vollzeitige Tätigkeit des Klägers als Professor stehe damit der Erteilung
einer hälftigen Zulassung entgegen. Darüber hinaus könne der Kläger nicht zugelassen werden, weil er nicht die wesentlichen
Leistungen seines Fachgebietes, sondern nur Leistungen entsprechend der bisherigen Ermächtigung erbringen wolle.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, weil
der Kläger die Voraussetzungen für die begehrte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung aufgrund seiner vollzeitigen Tätigkeit
als Hochschulprofessor im Beamtenverhältnis nicht erfüllt.
1. Gemäß §
95 Abs
2 Satz 1
SGB V kann sich um die Zulassung als Vertragsarzt jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Die
Zulassung bewirkt, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Vertragsarztsitz zuständigen KÄV wird und zur Teilnahme an
der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrags
berechtigt und verpflichtet ist (§
95 Abs
3 Satz 1
SGB V). Das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung
und die Beschränkung von Zulassungen regeln nach §
98 Abs
1 Satz 1
SGB V die Zulassungsverordnungen. Daran anknüpfend bestimmt § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV, dass ein Beschäftigungsverhältnis oder eine andere nicht ehrenamtliche Tätigkeit der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit entgegen steht, wenn der Arzt unter Berücksichtigung der Dauer und zeitlichen Lage der anderweitigen Tätigkeit den
Versicherten nicht in dem seinem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung steht und insbesondere
nicht in der Lage ist, Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten.
2. a) Das LSG geht zunächst zutreffend davon aus, dass zu den Beschäftigungsverhältnissen oder anderen nicht ehrenamtlichen
Tätigkeiten im Sinne dieser Vorschrift alle Tätigkeiten in einem Arbeits- oder einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis
gehören (BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 17; BSG Beschluss vom 11.12.2002 - B 6 KA 61/02 B - Juris RdNr 10). Der Kläger ist im Status eines Beamten auf Lebenszeit des Landes Niedersachsen und damit in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis tätig.
b) Die Zulassung des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger
keine Nebentätigkeitsgenehmigung vorgelegt hätte. Der Beklagte ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass die
Zulassungsgremien von einem Bewerber, der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis tätig ist und der nach öffentlich-rechtlichen
Vorschriften für seine vertragsärztliche Tätigkeit einer Nebentätigkeitsgenehmigung bedarf, die Vorlage einer solchen verlangen
können (BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 29). Richtig ist auch, dass es sich bei den vom Kläger vorgelegten übereinstimmenden Erklärungen
des Landes Niedersachsen vom 19.5.2008 und vom 18.11.2008 nicht um Nebentätigkeitsgenehmigungen handelt, weil das Land darin
zwar sein Einverständnis mit einer hälftigen Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung und der dadurch bedingten
zeitlichen Inanspruchnahme durch eine vertragsärztliche Tätigkeit zum Ausdruck bringt. Nach der der Erklärung beigefügten
"Klarstellung" soll damit jedoch ausdrücklich nicht eine beamtenrechtlich vorgeschriebene Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt
werden. Indes kommt es darauf nicht an, weil der Kläger für die Ausübung einer Nebentätigkeit als Vertragsarzt keiner Genehmigung
mehr bedarf.
Nach § 40 BeamtStG ist eine Nebentätigkeit grundsätzlich anzeigepflichtig. Sie ist unter Erlaubnis- oder Verbotsvorbehalt zu stellen, soweit
sie geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen. § 40 BeamtStG regelt mit der Anzeigepflicht nur einen allgemeinen Rahmen mit weitem Gestaltungsspielraum der Länder, der die Möglichkeit
einschließt, die Ausübung einer Nebentätigkeit von einer Genehmigung abhängig zu machen (vgl OVG Rheinland-Pfalz Beschluss
vom 8.2.2011 - 2 A 10040/11 = NVwZ-RR 2011, 536). Für Hochschullehrer im Beamtenverhältnis sieht das niedersächsische Landesrecht jedoch einen Genehmigungsvorbehalt - anders
als nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten geltenden Rechtslage - nicht mehr vor. Vielmehr regelt § 73 Abs 1 Satz 1 NBG vom 25.3.2009 (Nds GVBl 2009, 72) iVm mit der HNtVO vom 13.4.2012 in der seit dem 27.4.2012 geltenden Fassung (Nds GVBl 2012,
76) nur noch eine Anzeigepflicht. Gemäß § 4 HNtVO ist die Nebentätigkeit zu untersagen, soweit sie geeignet ist, dienstliche
Interessen zu beeinträchtigen. Da das LSG Feststellungen zum Inhalt des niedersächsischen Landesrechts nicht getroffen hat,
ist der Senat nicht gehindert, diese Vorschriften anzuwenden (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
162 RdNr 7b mwN). Dass der Kläger seiner Pflicht zur Anzeige der Nebentätigkeit entspricht, unterliegt nach dem Inhalt der vorgelegten
Erklärung des Landes Niedersachsen keinem Zweifel. Nach dem Inhalt der Erklärung geht der Dienstherr von der Vereinbarkeit
der vertragsärztlichen Tätigkeit im Umfang eines halben Versorgungsauftrags mit dienstlichen Interessen aus. Damit stehen
beamtenrechtliche Gesichtspunkte der Erteilung der Zulassung nicht entgegen.
c) Entgegen der Auffassung des LSG steht der Erteilung der begehrten Zulassung auch nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger
dadurch zusammen mit seiner Tätigkeit als Professor der MHH und Direktor des dortigen Instituts für Transfusionsmedizin eine
Gesamtarbeitszeit von 52 Wochenstunden überschreiten würde.
aa) Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen kann bereits nicht nachvollzogen werden, weshalb die Gesamtarbeitszeit
des Klägers unter Berücksichtigung der Tätigkeit des Klägers als Beamter und als Vertragsarzt mehr als 52 Stunden betragen
würde. Das LSG geht von einer Arbeitszeit des Klägers bei der MHH im Umfang von 30 bis 35 Stunden und einer Arbeitszeit als
Vertragsarzt im Umfang von 15 bis 20 Stunden aus. Die Annahme, dass daraus eine Gesamtarbeitszeit von insgesamt 55 Stunden
folgen würde, beruht auf einer Addition der jeweiligen Höchststundenzahlen für beide Tätigkeiten. Da es - jedenfalls nach
der vom LSG in Bezug genommenen Rechtsprechung des Senats zu § 20 Abs 2 Ärzte-ZV in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung - auf die Frage der dauerhaften Überlastung wegen Überschreitung bestimmter Höchstarbeitszeiten
ankam, darf der Beurteilung, ob die Grenze überschritten wird, nicht eine denkbare Höchstarbeitszeit zugrunde gelegt werden,
sondern nur die regelmäßige Arbeitszeit. Im Übrigen spricht viel dafür, dass der Kläger bei besonders hoher zeitlicher Belastung
in einem Bereich die zeitliche Inanspruchnahme im jeweils anderen Bereich so weit wie möglich reduzieren würde. Die dauerhafte
Belastung des Klägers kann daher nicht durch eine Addition der jeweiligen Höchstwerte, sondern nur durch eine Addition der
Durchschnittswerte der Arbeitszeiten des Klägers in seiner Tätigkeit als Hochschullehrer einerseits und in seiner vertragsärztlichen
Tätigkeit andererseits ermittelt werden. Insofern liegt es nahe, die jeweiligen Mittelwerte (32,5 + 17,5 Stunden) zu addieren.
Danach ergäbe sich eine Gesamtarbeitszeit von 50 Wochenstunden, sodass die vom LSG für maßgeblich gehaltene Grenze von 52
Wochenstunden unterschritten würde.
bb) Im Ergebnis kommt es auf die Frage, ob der Kläger durch die Erteilung der Zulassung eine Gesamtarbeitszeit von 52 Wochenstunden
überschreiten würde, nach § 20 Abs 1 Ärzte-ZV in der hier maßgebenden Fassung des GKV-VStG nicht an, weil feste Zeitgrenzen nicht mehr zu beachten sind.
(1) Mit der Annahme, dass die Überschreitung von bestimmten Höchstarbeitszeiten der Erteilung einer Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung entgegenstünde, bezieht sich das LSG auf die Rechtsprechung des Senats zu § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung. Nach dieser Regelung war ein Arzt für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit
nicht geeignet, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung
der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maß zur Verfügung stand. Mit der Frage, welche Anforderungen danach an
die Verfügbarkeit des Vertragsarztes zu stellen sind und unter welchen Voraussetzungen eine andere Tätigkeit mit der vertragsärztlichen
Tätigkeit vereinbar ist, hat sich der Senat in der insoweit grundlegenden Entscheidung vom 30.1.2002 (B 6 KA 20/01 R - BSGE 89, 134 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3) befasst. Danach stand nicht erst der hauptberufliche, vollzeitige Einsatz in einem Beschäftigungsverhältnis
oder in einer anderen nicht ehrenamtlichen Tätigkeit einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zwingend entgegen (BSGE
89, 134, 138 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 22). Vielmehr schloss eine Wochenarbeitszeit von mehr als 13 Stunden das ausreichende Zur-Verfügung-Stehen
für eine vertragsärztliche Tätigkeit regelmäßig aus (BSGE 89, 134, 143 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 28; vgl auch BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 41; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 16; BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 15). Bereits die Existenz des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV zeige, dass Beschränkungen, denen ein ärztlicher bzw psychologischer Leistungserbringer als Folge einer anderen von ihm ausgeübten
Erwerbstätigkeit unterliege, grundsätzlich geeignet seien, sich auf die gleichzeitige Tätigkeit im System des
SGB V hinderlich und störend auszuwirken (BSGE 89, 134, 140 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 25). Soweit in früheren Entscheidungen davon ausgegangen worden war, dass sogar die Inanspruchnahme
der überwiegenden Arbeitskraft durch ein Beschäftigungsverhältnis für eine Niederlassung als Vertragsarzt unschädlich sei,
hat der Senat daran ausdrücklich nicht mehr festgehalten (BSGE 89, 134, 140 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 24 f).
Nachdem der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 19a Abs 2 Ärzte-ZV durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) Vertragsärzten die Möglichkeit eröffnet
hat, ihren Versorgungsauftrag durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss auf die Hälfte zu reduzieren,
hat der Senat die og Rechtsprechung zu § 20 Abs 1 Ärzte-ZV weiterentwickelt. An dem Erfordernis, dass die vertragsärztliche Tätigkeit als Hauptberuf ausgeübt werden müsse, hat der
Senat für den Fall der Erteilung einer Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag ausdrücklich nicht mehr festgehalten (BSGE
107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 23). Dagegen hat der Senat den Grundsatz, dass die Erteilung einer Zulassung von vornherein
ausgeschlossen ist, wenn eine Beschäftigung in Vollzeit ausgeübt wird, auch für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
mit einem halben Versorgungsauftrag nicht aufgegeben (aaO RdNr 19, 24). Neben dem halben Versorgungsauftrag hat der Senat
eine Beschäftigung im Umfang von höchstens 26 Stunden für zulässig gehalten, diese Grenze mit der Verdoppelung des für die
volle Zulassung geltenden Werts (13 Stunden) begründet und ergänzend darauf hingewiesen, dass sich die Obergrenze von 26 Stunden
auch ergebe, wenn typisierend von einer zu halbierenden maximalen Gesamt-Wochenarbeitszeit von 52 Stunden ausgegangen werde
(aaO RdNr 26).
(2) Mit der Änderung des § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG zum 1.1.2012 ist nicht nur der pauschalen, auf eine konkrete Stundenzahl festgelegten Begrenzung der Beschäftigung, die neben
der vertragsärztlichen Zulassung ausgeübt werden kann, die Grundlage entzogen worden, sondern ebenso der zur Begründung dieser
Grenze typisierend angenommenen Begrenzung der wöchentlichen Höchststundenzahl auf insgesamt 52 Stunden.
Bis zum 31.12.2011 hatte § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV folgenden Wortlaut:
"Für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist nicht geeignet ein Arzt, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses oder
wegen anderer nicht ehrenamtlicher Tätigkeit für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maß zur
Verfügung steht."
Mit der Änderung durch das GKV-VStG hat § 20 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV folgende Fassung erhalten:
"Ein Beschäftigungsverhältnis oder eine andere nicht ehrenamtliche Tätigkeit steht der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit entgegen, wenn der Arzt unter Berücksichtigung der Dauer und zeitlichen Lage der anderweitigen Tätigkeit den Versicherten
nicht in dem seinem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang persönlich zur Verfügung steht und insbesondere nicht in der
Lage ist, Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten."
Wie sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/6906 S 104) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit der geänderten Formulierung
eine Flexibilisierung der vertragsärztlichen Berufsausübung erreichen und die zeitlichen Grenzen für Nebenbeschäftigungen
der Vertragsärzte lockern. In diesem Zusammenhang verweist die Begründung ausdrücklich auf die og in der Rechtsprechung des
Senats entwickelten Zeitgrenzen von 13 Stunden für Beschäftigungen, die neben einer vollen Zulassung ausgeübt werden können
und von 26 Stunden, die neben einer halben Zulassung ausgeübt werden können. Diese "starren Zeitgrenzen" stünden einer den
Umständen des Einzelfalles angemessenen und flexiblen Anwendung der Regelung entgegen. Ausschlaggebend sei, dass der Vertragsarzt
in der Lage sei, den Patienten in einem dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang zur Verfügung zu stehen. Unabhängig davon
bleibe es dabei, dass die vertragsärztliche Tätigkeit bei vollem Versorgungsauftrag grundsätzlich als Vollzeittätigkeit angelegt
sei.
Unter Berücksichtigung des in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willens kann die Erteilung der
Zulassung seit dem 1.1.2012 nicht mehr davon abhängig gemacht werden, dass die Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit, die
ein Arzt neben seiner vertragsärztlichen Tätigkeit ausübt, eine genau festgelegte zeitliche Grenze nicht übersteigt. Der Rechtsprechung,
nach der die Ausübung einer Beschäftigung im Umfang von mehr als 13 Wochenstunden der Zulassung mit einem vollen Versorgungsauftrag
und die Ausübung einer Beschäftigung im Umfang von mehr als 26 Wochenstunden auch der Zulassung mit einem halben Versorgungsauftrag
entgegensteht, ist durch die gesetzliche Neuregelung die Grundlage entzogen. Eine feste zeitliche Grenze, bei deren Überschreitung
eine Zulassung nicht mehr erteilt werden kann, gilt nicht mehr (vgl Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht,
Stand 1.9.2015, §
95 SGB V RdNr 46; Kremer/Wittman, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 2. Aufl 2015, RdNr 346, 348; Schroeder-Printzen in Ratzel/Luxenburger,
Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl 2015, Kapitel 7 RdNr 426; anders dagegen: [keine "grundlegende Änderung" zum 1.1.2012]: Gerlach
in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand August 2015, §
95 SGB V RdNr 42; ähnlich auch Pawlita, JurisPK-
SGB V, 3. Aufl 2016, § 95 RdNr 134; Scholz, BeckOK Sozialrecht, Stand 1.9.2015, § 20 Ärzte-ZV RdNr 7). Damit kann die Erteilung der Zulassung entgegen der Auffassung des LSG auch nicht mehr pauschal von der - damit
unmittelbar zusammenhängenden - Einhaltung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit von insgesamt 52 Wochenstunden abhängig gemacht
werden.
3. Dem Anspruch des Klägers auf die begehrte Zulassung steht jedoch entgegen, dass dieser mit einer vollen Stelle im Beamtenverhältnis
tätig ist.
a) Weder dem durch das GKV-VStG geänderten Wortlaut des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV noch der Gesetzesbegründung sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der in ständiger Rechtsprechung (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 RdNr 31; BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 19, 24; BSGE 89, 134, 138 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 22; BSG Beschluss vom 11.12.2002 - B 6 KA 61/02 B - Juris RdNr 11) entwickelte Grundsatz nicht mehr gelten sollte, nach dem jedenfalls der vollzeitige hauptberufliche Einsatz
in einem Beschäftigungsverhältnis oder in einer anderen nicht ehrenamtlichen Tätigkeit den Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen
Versorgung ausschließt. § 20 Abs 1 Ärzte-ZV ist mit dem GKV-VStG nicht aufgehoben, sondern nur modifiziert worden. Auf den Umfang der anderweitigen Tätigkeit kommt es auch nach dem Wortlaut
der Neufassung an. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/6906 S 44) sollten die in der Rechtsprechung entwickelten zeitlichen
Grenzen für Beschäftigungen, die neben der vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeübt werden, nicht beseitigt, sondern nur "gelockert"
werden.
Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die Bestimmungen über die Arbeitszeit nach § 27 Abs 1 NHG in Niedersachsen
auf Hochschullehrer wie den Kläger grundsätzlich keine Anwendung finden. Die bei Hochschullehrern zweifellos bestehende Flexibilität
bei der Einteilung der Arbeitszeit ändert nichts daran, dass auch sie sich ihrem Beruf nach § 34 Satz 1 BeamtStG grundsätzlich mit vollem persönlichen Einsatz zu widmen haben (zur entsprechenden Vorgängerregelung des § 36 Satz 1 Beamtenrechtsrahmengesetz [BRRG] vgl BSG Beschluss vom 11.12.2002 - B 6 KA 61/02 B - Juris RdNr 10). Solange sie ihren Beschäftigungsumfang nicht reduzieren und deshalb die volle beamtenrechtliche Besoldung
erhalten, die ihrer Besoldungsgruppe entspricht, muss davon ausgegangen werden, dass auch der persönliche Einsatz dem entspricht.
Selbst bei freier Zeiteinteilung ist im Regelfall eine Beanspruchung gegeben, die ein kontinuierliches Angebot von Sprechstunden
zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten ausschließt. Auch soweit Ärzte aufgrund eines fehlenden unmittelbaren
Patientenbezugs keine Sprechstunden anbieten, muss eine Erreichbarkeit etwa für die überweisenden Ärzte gegeben sein. Außerdem
bestehen bei weitgehender Delegierbarkeit von Leistungen zB im Laborbereich Einschränkungen in der freien Zeiteinteilung durch
die aus dem Gebot der persönlichen Leistungserbringung folgende Präsenzpflicht des Arztes im Zusammenspiel mit den üblichen
Arbeitszeiten des nachgeordneten Personals. Ein hohes Maß an Inanspruchnahme durch andere Tätigkeiten erhöht gerade bei Ärzten
ohne unmittelbaren Patientenkontakt das Risiko, dass das Gebot der persönlichen Leistungserbringung in der täglichen Praxis
vernachlässigt wird. Dem beugt der Ausschluss einer Zulassung bei gleichzeitiger Ausübung einer vollzeitigen Tätigkeit vor.
Dieses Verständnis des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV berücksichtigt auch, dass der Gesetzgeber auch mit der Neufassung der Vorschrift einen Beitrag zur Sicherstellung einer flächendeckenden
Versorgung leisten wollte. Jedenfalls wird die Änderung des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV ("Die von der Rechtsprechung entwickelten zeitlichen Grenzen für Nebenbeschäftigungen von Vertragsärztinnen und -ärzten z.B.
in der stationären Versorgung werden gelockert") im Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung (A.II.2.1) der Überschrift "Sicherstellung
der flächendeckenden Versorgung" zugeordnet (BT-Drucks 17/6906 S 44). Wenn die Vorschrift abweichend davon in der Weise interpretiert
würde, dass selbst eine vollzeitige Tätigkeit der Erteilung einer Zulassung nicht entgegenstünde, könnten davon am ehesten
Arztgruppen ohne oder mit nur geringfügigem Patientenkontakt wie Laborärzte, Pathologen und Transfusionsmediziner profitieren,
die zudem nach § 13 Abs 4 Satz 1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden können. Dass der Gesetzgeber die Grenzen für die Ausübung einer Beschäftigung
oder einer sonstigen Tätigkeit neben der Zulassung mit der Neuregelung des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG gerade bei diesen Arztgruppen praktisch aufheben wollte, kann jedoch vor dem Hintergrund des angestrebten Ziels nicht angenommen
werden (ähnlich bereits Pawlita, JurisPK-
SGB V, 3. Aufl 2016, §
95 RdNr 134). Gerade für die genannten Arztgruppen mit geringem oder fehlendem unmittelbaren Patientenkontakt ist das Ziel einer
flächendeckenden Versorgung wegen der Möglichkeit, zu untersuchende Proben zu versenden, nur von untergeordneter Bedeutung.
Arztgruppen dagegen, bei denen die flächendeckende Versorgung einen hohen Stellenwert hat, weil die Versicherten auf deren
persönliche Erreichbarkeit angewiesen sind (zB Hausärzte, Kinderärzte, Psychotherapeuten, Frauenärzte), würden nach wie vor
aufgrund der Bindung an festgelegte Sprechstundenzeiten von einer vollzeitigen Beschäftigung neben der Zulassung weitgehend
ausgeschlossen. Der Senat geht vor diesem Hintergrund ohne eine entsprechende eindeutige gesetzliche Regelung nicht davon
aus, dass der Gesetzgeber eine Zulassung auch neben einer vollzeitigen Tätigkeit gerade auch bezogen auf Arztgruppen ohne
oder mit geringem unmittelbarem Patientenkontakt ermöglichen wollte.
Dass durch die Erteilung einer Zulassung anstelle einer Ermächtigung an einen vollzeitig tätigen Krankenhausarzt in der Regel
kein Beitrag zur Verbesserung der Versorgung geleistet wird, zeigt gerade der vorliegende Fall. Änderungen hinsichtlich des
Spektrums der zu erbringenden ärztlichen Leistungen sollen mit dem angestrebten Übergang von der Ermächtigung auf eine Zulassung
nach den Darlegungen des Klägers nicht verbunden sein. Anders als die Zulassung ist die Ermächtigung allerdings auf die Erbringung
der in der ambulanten Versorgung sonst nicht in ausreichender Menge oder nicht in der erforderlichen Qualität angebotenen
Leistungen zu begrenzen. Deshalb würde den Zulassungsgremien durch die Erteilung einer Zulassung die Möglichkeit genommen,
auf künftige Änderungen der Versorgungslage mit einer inhaltlichen Beschränkung oder Änderung der Ermächtigung oder mit einer
Ablehnung der Verlängerung zu reagieren. Dies mag dem Interesse des einzelnen Krankenhausarztes, der dauerhaft an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmen möchte, entgegenkommen, weil er damit von den Unwägbarkeiten und dem bürokratischen Aufwand einer in
der Regel alle zwei Jahre erneut zu beantragenden Ermächtigung befreit wird. Im Interesse einer auch längerfristig bedarfsgerechten
ambulanten Versorgung läge dies jedoch nicht. Daher spricht der Aspekt der Sicherstellung der Versorgung auch bezogen auf
Arztgruppen ohne oder mit geringem Patientenkontakt jedenfalls in Konstellationen wie der vorliegenden, nicht für die Erteilung
der Zulassung an einen vollzeitig tätigen Krankenhausarzt.
Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass der Senat in einer Entscheidung vom 5.11.1997 (BSGE 81, 143 = SozR 3-2500 § 95 Nr 16) bei einem als Chefarzt in einem Krankenhaus tätigen Arzt für Pathologie einen Anspruch auf eine
vertragsärztliche Zulassung ua wegen des fehlenden Patientenkontakts und des für Pathologen geltenden Überweisungsvorbehalts
aus § 13 Abs 4 BMV-Ä bejaht hat. Gegenstand dieses Urteils war in erster Linie die Frage, ob Interessen- und Pflichtenkollisionen durch die gleichzeitige
Tätigkeit sowohl als Vertragsarzt wie als Krankenhausarzt der Erteilung der Zulassung entgegenstehen. Hintergrund war § 20 Abs 2 Ärzte-ZV in der zum Zeitpunkt dieser Entscheidung geltenden Fassung, der bestimmte, dass ein Arzt für eine vertragsärztliche Tätigkeit
nicht geeignet ist, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes nicht vereinbar
ist. Für den vorliegenden Fall kommt es darauf nicht mehr an, weil der mit Art 5 Nr 6 VÄndG vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) angefügte
§ 20 Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV bestimmt, dass ua die Tätigkeit in einem zugelassenen Krankenhaus nach §
108 SGB V mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar ist. Zudem wich der der genannten Entscheidung des Senats vom 5.11.1997 zugrunde
liegende Fall von der vorliegenden Fallgestaltung insofern ab, als der Arzt seine Beschäftigung als angestellter Krankenhausarzt
auf die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit reduziert hatte (vgl BSGE 81, 143, 149 = SozR 3-2500 § 95 Nr 16 S 50, 56). Mit der Frage, ob eine Zulassung neben einer vollzeitigen Beschäftigung oder sonstigen
nicht ehrenamtlichen Tätigkeit erteilt werden kann, hatte sich der Senat in dem Urteil vom 5.11.1997 deshalb nicht zu befassen.
Soweit der Senat in älteren Entscheidungen bezogen auf die damals rechtlich allein mögliche Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag
davon ausgegangen war, dass selbst die Inanspruchnahme der überwiegenden Arbeitskraft durch eine bereits bestehende Zulassung
als Kassenarzt (BSGE 21, 118, 122 = SozR Nr 1 zu § 20 ZO-Zahnärzte) oder ein Beschäftigungsverhältnis (BSGE 26, 13, 15 = SozR Nr 2 zu § 20 ZO-Zahnärzte; vgl auch BSGE 44, 260, 263 = SozR 2200 § 368n Nr 13 S 41 f) für eine (weitere) Niederlassung als Vertrags(zahn-)arzt unschädlich sei, hat der Senat
diese Rechtsprechung bereits mit Urteil vom 30.1.2002 ausdrücklich aufgegeben und ist davon ausgegangen, dass ein hauptberuflicher
vollzeitiger Einsatz den Anspruch auf eine Zulassung in jedem Fall ausschließt (BSGE 89, 134, 138, 140 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 22, 24 f; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl Wenner, GesR 2004, 353, 354). Bezogen auf eine
Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag hat der Senat die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit als Hauptberuf zwar nicht
mehr verlangt und eine gleichgewichtige Zweitbeschäftigung für möglich gehalten (BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 23), jedoch die Wahrnehmung einer vollzeitigen Beschäftigung auch neben der hälftigen Zulassung
ausgeschlossen (BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 19, 24). Dem Einwand eines Zulassungsbewerbers, er stehe zwar formal in einer vollzeitigen
Beschäftigung, arbeite aber tatsächlich nicht in dem entsprechenden Umfang, hat der Senat keine rechtliche Bedeutung beigemessen
(BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 24) und auch bei einem Hochschullehrer im Beamtenverhältnis unwiderleglich vermutet, dass er
durch die ihm in seinem Dienstverhältnis obliegenden Pflichten im Rahmen von Lehre, Prüfung, Forschung und Mitwirkung an der
akademischen Selbstverwaltung so in Anspruch genommen wird, dass er nicht gleichzeitig den Anforderungen des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV entsprechen kann (vgl BSG Beschluss vom 11.12.2002 - B 6 KA 61/02 B - Juris RdNr 11). Daran hält der Senat aus den oben dargelegten Gründen auch unter Geltung des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV in der seit dem 1.1.2012 geltenden Fassung des GKV-VStG fest (vgl bereits BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 RdNr 31).
Die hier vertretene Auslegung des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV dahin, dass eine hälftige Zulassung nicht neben einer vollzeitigen Tätigkeit erteilt werden kann, steht im Übrigen im Einklang
mit der Rechtsprechung des Senats, nach der zwar zwei Zulassungen mit halbem Versorgungsauftrag nebeneinander erteilt werden
können (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 29 RdNr 31), neben einer vollen Zulassung jedoch kein Raum für eine weitere Zulassung ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 23; BSG Beschluss vom 9.2.2011 - B 6 KA 44/10 B - Juris RdNr 11). Wenn gleichwohl die Erteilung einer Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag neben einer vollen Beschäftigung
ermöglicht werden soll, so bedarf es dafür jedenfalls einer eindeutigen gesetzlichen Regelung. Weil es daran fehlt, hängt
der Anspruch auf eine Zulassung davon ab, dass die Beschäftigung auf weniger als vollzeitig reduziert wird. Eine starre Grenze
in Gestalt einer bestimmten Stundenzahl, auf die die Beschäftigung reduziert werden müsste, um eine Zulassung zu ermöglichen,
kann nach der Änderung des § 20 Abs 1 Ärzte-ZV durch das GKV-VStG nicht mehr angegeben werden. Maßgebend sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Die Zulassung wird desto eher zu erteilen
sein, je deutlicher sich die gleichzeitig ausgeübte Beschäftigung oder die sonstige nicht ehrenamtliche Tätigkeit von einer
Vollzeittätigkeit entfernt.
b) Die in § 20 Abs 1 Ärzte-ZV liegenden Beschränkungen verstoßen nicht gegen die durch Art
12 Abs
1 GG geschützte Berufsfreiheit (stRspr vgl BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 30; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 16; BSGE 89, 134 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3; vgl bereits BVerfGE 16, 286 = SozR Nr 8 zu Art
12 GG). Mit §
98 Abs 2 Nr 10
SGB V existiert auch die erforderliche (vgl BSG SozR 4-5520 § 19 Nr 3 RdNr 21, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen; BVerfGE 114, 196, 239 f = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 109) Ermächtigungsgrundlage. Danach müssen die Zulassungsverordnungen Vorschriften über
die Voraussetzungen für die Zulassung hinsichtlich der Vorbereitung und der Eignung zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit
sowie die nähere Bestimmung des zeitlichen Umfangs des Versorgungsauftrages aus der Zulassung enthalten.
In dem Umstand, dass die Erteilung der Zulassung gemäß § 20 Abs 1 Ärzte-ZV von Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die für Erteilung der Ermächtigung nicht gelten, liegt auch kein Verstoß gegen
den Gleichheitssatz aus Art
3 Abs
1 GG (BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4). Die Ermächtigung verfolgt das Ziel, die ausnahmsweise durch zugelassene Vertragsärzte nicht sichergestellte bedarfsgerechte
ambulante Versorgung zu gewährleisten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es auch unter Berücksichtigung von Art
3 Abs
1 und Art
12 Abs
1 GG hinnehmbar, geringere Anforderungen an die persönliche Eignung zu stellen, als bei zugelassenen Ärzten (BSG aaO). Dem Nachrang der Ermächtigung gegenüber der Zulassung wird grundsätzlich durch eine befristete Erteilung der Ermächtigung
Rechnung getragen. Dadurch kann nach Ablauf des Zeitraums der Befristung ohne Bindung an einen bestandskräftigen Bescheid
geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung fortbestehen.
4. Das LSG ist davon ausgegangen, dass dem Kläger eine Zulassung auch deshalb nicht erteilt werden durfte, weil er nicht die
wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes erbringe. Ob das dazu vom LSG in Bezug genommene Urteil des Senats vom 14.3.2001
(B 6 KA 54/00 R - BSGE 88, 20 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12), in dem es um die Frage ging, ob Vertragsärzte die Erbringung von aus ihrer Sicht unzureichend
vergüteten Leistungen ablehnen dürfen, auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar ist und welche Anforderungen angesichts
einer zunehmenden Spezialisierung an die Breite des ärztlichen Leistungsangebots zu stellen sind, lässt der Senat dahinstehen.
Wegen der der Zulassung entgegenstehenden vollzeitigen Tätigkeit des Klägers als Professor im Beamtenverhältnis kommt es darauf
nicht mehr an.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§
154 Abs
2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§
162 Abs
3 VwGO).