Verhältnis der öffentlich-rechtlichen Zulassung zur privatrechtlichen Übertragung einer Arztpraxis
Praxisnachfolge durch Fortführung einer Praxis
Darlegung einer Divergenz
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides des beklagten Berufungsausschusses (BA), mit dem festgestellt
wurde, dass die dem Kläger erteilte Zulassung keine Wirkung entfalte und sonach geendet habe.
Um die Zulassung in der Nachfolge des verstorbenen Internisten und Gastroenterologen Dr. T. bewarb sich neben dem Kläger ua
das medizinische Versorgungszentrum (MVZ) H.. Der Zulassungsausschuss (ZA) wählte den Kläger als Praxisnachfolger aus. Die
Zulassung wurde unter der Bedingung erteilt, dass eine Übergabe zwischen der Erbengemeinschaft des Verstorbenen Dr. T. und
dem Kläger zu Stande komme und dass die Fortführung der Praxis in den Räumen des verstorbenen Vertragsarztes erfolge. Mit
Bescheid vom 11.12.2009 wies der Beklagte den Widerspruch der Erbengemeinschaft gegen diesen Beschluss des ZA zurück (Nr 1
des Beschlusses des Beklagten). Ferner verfügte der Beklagte, dass die "in diesem Beschluss ausgesprochene Zulassung" des
Klägers für den Tätigkeitsort der bisherigen Praxis des verstorbenen Dr. T. erfolge. Die zu 1. beigeladene Erbengemeinschaft
verkaufte die Praxis nicht an den vom Beklagten für die Nachfolge ausgewählten Kläger, sondern an das MVZ.
Klage und Berufung des MVZ gegen den Bescheid des Beklagten waren ohne Erfolg. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss
des Senats vom 1.8.2012 (B 6 KA 14/12 B) als unzulässig verworfen.
Daraufhin machte der Kläger geltend, dass die Entscheidung des Beklagten, nach der er zur Fortführung der Praxis des verstorbenen
Dr. T. zugelassen werde, bestandskräftig geworden sei. Die Nebenbestimmung aus dem Bescheid des ZA, nach der die Zulassung
unter der Bedingung erteilt werde, dass die Praxisübergabe zwischen der Erbengemeinschaft des Verstorbenen Dr. T. und ihm
zu Stande komme, sei mit der Entscheidung des Beklagten, der ihm die Zulassung ohne diese Bedingung erteilt habe, entfallen.
Er werde nun seine vertragsärztliche Tätigkeit in den Räumen der ehemaligen Praxis des Dr. T. aufnehmen.
Nachdem der Kläger auf Nachfrage bestätigt hatte, dass eine Einigung zwischen ihm und der Erbengemeinschaft über den Kauf
der Praxis des verstorbenen Dr. T. nicht zu Stande gekommen ist, stellte der ZA mit Bescheid vom 4.2.2013 fest, dass die dem
Kläger erteilte Zulassung keine Wirkung entfalte und somit geendet habe. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies
der Beklagte im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die Bedingung nicht eingetreten sei, nach der die Zulassung von
der Übergabe der Praxis durch die Erbengemeinschaft abhänge.
Das SG gab der dagegen erhobenen Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, dass der Bescheid des Beklagten, der alleiniger
Gegenstand des Klageverfahren geworden sei, die Zulassung nicht von der Übergabe der Praxis abhängig gemacht habe. Auf die
Berufung des Beklagten und der zu 1. beigeladenen Erbengemeinschaft hob das LSG das Urteil des SG auf und wies die Klage ab. Da der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid des ZA mit Bescheid vom 11.12.2009 zurückgewiesen
habe, stelle sich nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen überhaupt nicht die Frage, dass die Bedingung aus dem Bescheid des Zulassungsausschusses
aufgehoben worden sein könnte. Aus dem Umstand, dass in dem Bescheid des Beklagten nochmals der Praxisort festgelegt werde,
folge nichts Anderes. Auch aus der Begründung des Bescheides des Beklagten vom 11.12.2009 ergäben sich nicht die geringsten
Anhaltspunkte dafür, dass von der Bedingung aus dem Bescheid des ZA abgesehen werden solle.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, zu deren Begründung er eine grundsätzliche Bedeutung
iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG sowie eine Rechtsprechungsabweichung iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG geltend macht.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG.
1. Ein Zulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist nicht ausreichend dargelegt. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss gemäß den aus
§
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet
(vgl BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren
entscheidungserheblich (klärungsfähig) sowie klärungsbedürftig ist. Den Darlegungsanforderungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer deutlich macht, weshalb die aufgeworfene Frage nicht auf
der Grundlage der bisher vorliegenden Rechtsprechung des BSG zu beantworten ist. Die Beschwerdebegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Soweit der Kläger fragt, ob die privatrechtliche Veräußerung der Arztpraxis und die öffentlichrechtliche Zulassung nicht aufgrund
von Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung auseinanderfallen müssten, bezeichnete er damit keine Rechtsfrage, die
mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Vielmehr möchte er die Würdigung der Einzelumstände durch das Berufungsgericht durch seine eigene Würdigung ersetzt
wissen. Dies eröffnet die Zulassung der Revision jedoch nicht.
Soweit der Kläger geltend macht, dass das Verhältnis der öffentlich-rechtlichen Zulassung zur privatrechtlichen Übertragung
der Arztpraxis einer Klärung bedürfe, hat er die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend dargelegt, weil er sich
mit der dazu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des Senats (vgl ua BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 28; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 19; BSGE 86, 121, 122 f = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 f; BSGE 85, 1, 3 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30 f; alle mwN) nicht auseinandergesetzt und sich nicht mit der Frage befasst hat, ob sich
daraus bereits ausreichende Anhaltspunkte für die Beurteilung der als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage ergeben.
So hat der Senat zB bereits in seiner Entscheidung vom 29.9.1999 (B 6 KA 1/99 R - BSGE 85, 1, 3 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30) dargelegt, dass ein Arzt nur im Wege der Praxisnachfolge zugelassen werden kann, wenn
er gerade die Praxis fortführt, die der bisher zugelassene Arzt betrieben hat. Der Kläger hätte sich mit der Frage auseinandersetzen
müssen, ob daraus nicht selbstverständlich folgt, dass die Übereignung der Praxis des Vorgängers an den Nachfolger Voraussetzung
für dessen Zulassung im Wege der Praxisnachfolge ist. An einer Auseinandersetzung mit der genannten Rechtsprechung des Senats
und den sich daraus ergebenden Folgen fehlt es in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vollständig.
2. Für die Zulassung einer Revision wegen einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus einem Urteil
des LSG und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG miteinander unvereinbar sind und dass das Berufungsurteil auf dieser Abweichung beruht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44). Auch insoweit entsprechen die Darlegungen des Klägers nicht den Anforderungen. Für die Darlegung einer Divergenz
iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG genügt es nicht, aus dem Berufungsurteil inhaltliche Schlussfolgerungen abzuleiten, die einem höchstrichterlich aufgestellten
Rechtssatz widersprechen. Dem Urteil des LSG einerseits und der höchstrichterlichen Entscheidung andererseits müssten vielmehr
jeweils abstrakte Rechtssätze zu entnehmen sein, die einander widersprechen. Eine solche Divergenz hat der Kläger hier nicht
aufgezeigt.
Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf ein Urteil des Senats vom 27.1.1993 (6 RKa 40/91 - SozR 3-2500 § 96 Nr 1) darauf hinweist, dass allein der Bescheid des BA und nicht der Bescheid des Zulassungsausschusses
Gegenstand des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens wird, hat er nicht dargelegt, inwiefern das LSG davon abgewichen ist.
Auch soweit der Kläger der Entscheidung des LSG den Rechtssatz entnimmt, dass der Bescheid des ZA "vollinhaltlich zum Bestandteil
des Bescheides der Berufungsausschusses" werde, wenn dieser den Widerspruch zurückweise, so zeigt er damit keine sich widersprechenden
Rechtssätze auf. Der Kläger übersieht, dass der Umstand, dass allein der Bescheid des BA Gegenstand des späteren Klageverfahrens
wird (vgl dazu neben der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung zB auch BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 18 mwN), von der Frage zu unterscheiden ist, ob der BA, der die Entscheidung des ZA bestätigt,
verpflichtet ist, dessen Verfügungssatz wörtlich zu wiederholen, oder ob er den Inhalt seiner Entscheidung unter Bezugnahme
auf den Inhalt des Bescheides des ZA zum Ausdruck bringen kann. Üblich und nach der Rechtsprechung des Senats (vgl zuletzt
unter Hinweis auf ältere Rechtsprechung BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 28 RdNr 12) nicht zu beanstanden ist die - auch vorliegend verwendete - Formulierung im Tenor des Bescheides des BA, dass
der "Widerspruch [...] zurückgewiesen" wird. Der Umstand, dass allein der Bescheid des BA Gegenstand des nachfolgenden Gerichtsverfahrens
wird, steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht im Gegensatz zu der in dieser Formulierung liegenden Bezugnahme auf
den Inhalt der Entscheidung des ZA.
Soweit der Kläger geltend macht, dass der Beklagte den Bescheid des ZA entgegen der Auffassung des LSG geändert und die Nebenbestimmung
aufgehoben habe, nach der dem Kläger die Zulassung nur unter der Bedingung erteilt werde, dass er die Praxis des verstorbenen
Dr. T. übernehme, handelt es sich um eine Frage der Auslegung des Bescheides des Beklagten vom 11.12.2009. Einen abstrakten
Rechtssatz, mit dem das LSG von einem Rechtssatz des BSG abweicht, zeigt der Kläger damit nicht auf, sodass eine Divergenz iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG auch insoweit nicht dargelegt wird. Die Auslegung des Bescheides durch das LSG erscheint im Übrigen auch nach Auffassung
des Senats naheliegend.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §§
154 ff
VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Erstattung außergerichtlicher
Kosten ist nur hinsichtlich des Beigeladenen zu 1. veranlasst, weil nur er einen Sachantrag gestellt hat (§
162 Abs
3 VwGO).
4. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz und auch der Festsetzung im vorangegangenen Verfahren
(vgl Beschluss des Senats vom 1.8.2012 - B 6 KA 14/12 B), die von keinem Beteiligten infrage gestellt worden ist (§
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).