Honorarbegrenzung wegen Budgetüberschreitung
Unterdurchschnittlich abrechnende Praxen
Steigerungsmöglichkeit allein durch die Erhöhung der Fallwerte
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich gegen eine Honorarbegrenzung wegen Budgetüberschreitung im Jahr 2007.
Die Klägerin nimmt seit 1986 an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Das Honorar für das Jahr 2007 kürzte die Beklagte
um 4559,29 Euro wegen Überschreitung des Budgets. Einen Antrag auf Erhöhung des Budgets wegen des Vorliegens eines Härtefalles
lehnte die Beklagte ab. Die gegen beide Bescheide gerichteten Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte zurück. Klage und
Berufung der Klägerin blieben ohne Erfolg.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG sowie dem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe
(PKH) für dieses Verfahren macht die Klägerin im Wesentlichen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG geltend.
II
1. Nach §
73a SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für ein Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung
ist hinsichtlich der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 26.11.2014 nicht
erfüllt. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Bevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde
erfolgreich zu begründen.
Soweit die Klägerin geltend macht, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine "Teilzeitpraxisführung wegen Kindererziehung"
eine Ausnahmesituation darstelle, die so behandelt werden müsse, wie der Übergang einer angestellten Zahnärztin von einer
Teilzeit- in eine Vollzeitanstellung, die nach den im Bezirk der Beklagten geltenden Regelungen zur Honorarverteilung budgeterhöhend
berücksichtigt werde, ohne dass Fallzahlsteigerungen vorgewiesen werden müssten, so ist bereits nicht erkennbar, dass es darauf
für die Entscheidung ankommt. Für die Bildung des Budgets in Form einer individuellen Bemessungsgrundlage hat die Beklagte
auf die im Jahr 2005 vergüteten vertragszahnärztlichen Leistungen der Klägerin abgestellt. Im Jahr 2005 hat die Tochter der
Klägerin ihr 21. Lebensjahr vollendet. Eine "Teilpraxisführung wegen Kindererziehung" kann deshalb jedenfalls für das Jahr
2005 nicht mehr angenommen werden. Die Verringerung der Fallzahl im Jahr 2007 im Vergleich zu der - bereits unterdurchschnittlichen
- Fallzahl des Jahres 2005 spricht zudem gegen einen Übergang der Klägerin zu einer Vollzeittätigkeit im Jahr 2007, sodass
kein Anknüpfungspunkt für die von der Klägerin geltend gemachte Gleichbehandlung erkennbar ist.
Auch der von der Klägerin behauptete Umstand, dass die Beklagte ihr nicht gestattet habe, ihre vertragsärztliche Tätigkeit
zusätzlich in einer weiteren Praxis auszuüben, weist keinen erkennbaren Zusammenhang zu der Entscheidung über die Höhe des
Budgets der Klägerin auf, sodass auch insoweit eine Entscheidungserheblichkeit im angestrebten Revisionsverfahren nicht ersichtlich
ist.
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob das Honorar einer ohnehin weit unterdurchschnittlich abrechnenden Praxis budgetiert
werden dürfe und ob Rückforderungen zulässig seien, die "die Existenz einer Praxis und einer Person trotz wirtschaftlicher
Betriebsführung gefährden bzw zerstören", ist im Wesentlichen nicht klärungsfähig (entscheidungserheblich) und im Übrigen
nicht klärungsbedürftig: Das im Vergleich zu anderen Vertragszahnärzten geringe Honorar der Klägerin im Jahr 2007 hatte seine
Ursache ganz überwiegend nicht in der streitgegenständlichen Honorarbegrenzung, sondern in dem Umstand, dass sie - wie bereits
in den Vorjahren - unterdurchschnittlich vertragsärztlich tätig war. Die Klägerin selbst hat angegeben, eine "Teilzeitpraxis"
geführt zu haben. Die streitgegenständliche Honorarkürzung in Höhe von 4559,29 Euro - und damit von ca 5,3 % des vertragsärztlichen
Honorars der Klägerin im Bereich Zahnerhaltung - ist ersichtlich nicht geeignet, die Existenz einer Praxis und einer Person
zu zerstören, sodass es auf die genannte Frage insoweit nicht ankommt. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin geltend
gemachte "Altersarmut" als Folge des geringen Honorars.
Soweit die Klägerin damit auch die Frage aufwirft, ob das Honorar unterdurchschnittlich abrechnender Arztpraxen einer Honorarbegrenzung
unterworfen werden dürfe, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit. In der Rechtsprechung des Senats ist bereits geklärt, dass
Honorarbegrenzungen unter Zugrundelegung der vom einzelnen Arzt in der Vergangenheit abgerechneten Leistungen zulässig sind
(BSGE 83, 52, 55 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 203 f) und dass auch Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz nicht davon ausgenommen werden
müssen. Unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen muss nur die Möglichkeit gegeben werden, den durchschnittlichen Umsatz der
Arztgruppe in absehbarer Zeit zu erreichen, indem sie neue Patienten gewinnen (BSGE 83, 52, 57 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 206 f; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 19). Eine entsprechende Möglichkeit zur Erhöhung des Budgets sieht der Honorarverteilungsmaßstab
der Beklagten für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen vor. Dagegen gibt es keine Verpflichtung, dem Arzt eine Steigerungsmöglichkeit
allein durch die Erhöhung der Fallwerte bei unveränderter Zahl der Patienten einzuräumen (vgl BSGE 83, 52, 58 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 207 f; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 195; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 411; BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr 5, RdNr 19; BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr 9, RdNr 18; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 53; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 32 RdNr 16; BSG Beschluss vom 28.11.2007 - B 6 KA 45/07 B - RdNr 8). Dies gilt jedenfalls, soweit die Erhöhung der Fallwerte nicht auf Veränderungen in der Morbidität des behandelten
Patientenstamms oder einer Veränderung der Behandlungsausrichtung beruht (offengelassen: BSG SozR 4-2500 §
85 Nr 45 RdNr 27; einschränkend: Engelhard in Hauck/Noftz,
SGB V, Stand Januar 2015, §
85 RdNr 256g). Dafür gibt es hier indes keine konkreten Hinweise. Die Situation der Klägerin ist dadurch gekennzeichnet, dass
die Honorarsteigerung im Vergleich zu dem für die Bildung des Budgets maßgebenden Jahr 2005 allein auf einer - nicht im Einzelnen
begründeten - Erhöhung des ohnehin überdurchschnittlichen Fallwerts beruht, während die bereits unterdurchschnittliche Fallzahl
von 785 im Jahr 2005 auf 667 im Jahr 2007 gesunken ist.
Auch bezogen auf die Ablehnung des Härtefallantrags der Klägerin ist nicht ersichtlich, dass im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde
eine entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen werden könnte. In der Rechtsprechung des Senats
ist geklärt, dass in den Regelungen zur Honorarverteilung eine Härteregelung vorzusehen ist, die dazu ermächtigt, die Bemessungsgrenze
in Ausnahmefällen bei Vorliegen untypischer oder nicht vorhersehbarer Umstände abweichend festzusetzen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 196 f; BSGE 83, 52, 61 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 210 f). Ferner ist geklärt, dass zB Änderungen in der Praxisausrichtung oder überraschende
strukturelle Veränderungen im Praxisumfeld (BSGE 83, 52, 61 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 210 f; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 196), nicht jedoch individuelle Lebensrisiken (BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 73/97 R - Juris RdNr 17), wie die von der Klägerin geltend gemachten Erkrankungen und die Erkrankung eines Angehörigen eine der Honorarbegrenzung
entgegenstehende Härte darstellen können. Eigene Erkrankungen und die Erkrankung eines Angehörigen, die die Klägerin für die
geringen Honorareinnahmen verantwortlich macht, stehen auch in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der - für die Honorarkürzung
maßgebenden - erheblichen Steigerung der Fallwerte im Jahr 2007 gegenüber denen des Jahres 2005. Anhaltspunkte dafür, dass
das vorliegende Verfahren klärungsbedürftige Fragen zu den an die Härtefallentscheidung zu stellenden Anforderungen aufwirft,
bestehen danach nicht.
Im Übrigen ist die Frage, ob gerade die Umstände des vorliegenden Einzelfalles die Anwendung der - im Honorarverteilungsmaßstab
der Beklagten enthaltenen - Härtefallregelung gebieten, einer Klärung im Revisionsverfahren nicht zugänglich, sodass eine
Nichtzulassungsbeschwerde darauf nicht gestützt werden könnte.
2. Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, da sie nicht von
einem vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist (§
73 Abs
4 SGG).
Die Beschwerde der Klägerin muss deshalb als unzulässig verworfen werden (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§
154 Abs
2 VwGO).
4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der (gerundeten) Festsetzung des LSG, die von keinem der Beteiligten beanstandet wurde.