Arzneikostenregresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise
Verfahrensrüge
Behauptete Unrichtigkeit der Ausgangsentscheidung
Gründe:
I
Die Klägerin, eine Berufsausübungsgemeinschaft zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener HNO-Ärzte, wendet sich gegen
ihr auferlegte Arzneikostenregresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise in den Quartalen II/1998 und III/1998 in Höhe
von zusammen 41 972,10 Euro. Der beklagte Beschwerdeausschuss hat die zuvor vom Prüfungsausschuss auf 93 905,24 Euro festgesetzten
Regresse entsprechend reduziert, weil er die bei allen onkologischen Patienten verordneten Präparate als Praxisbesonderheit
anerkannt und aus den Arzneikosten herausgerechnet hat. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat insbesondere
ausgeführt, dass der Beklagte nicht zur Bildung einer engeren Vergleichsgruppe oder zur Durchführung einer repräsentativen
Einzelfallprüfung verpflichtet gewesen sei; die Berücksichtigung der onkologischen Patienten als Praxisbesonderheit reiche
aus.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II
1. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen des §
160a Abs
2 S 3
SGG. Danach muss die Beschwerde eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darlegen oder eine (divergenzfähige) Entscheidung,
von der das Urteil des LSG abweicht, oder einen Verfahrensmangel bezeichnen. Daran fehlt es.
a) Soweit die Klägerin geltend macht, der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 18.8.2003 sei rechtswidrig, weil er nach
Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist ergangen sei, bezeichnet sie keinen der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG abschließend angeführten Revisionszulassungsgründe. Damit ist insbesondere auch keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage
iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG benannt. Hierfür muss eine Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet und aufgezeigt werden, inwiefern diese klärungsbedürftig,
in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung
ist (stRspr - s zB BSG Beschluss vom 30.8.2004 - B 2 U 401/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Anforderungen BVerfG [Kammer] Beschluss vom 14.4.2010 -
1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 f). Die Klägerin formuliert aber keine noch klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern behauptet
lediglich, der angefochtene Bescheid sei nicht innerhalb der "gemäß der gefestigten Rechtsprechung" zu beachtenden Vier-Jahres-Frist
erlassen worden. Abgesehen davon hat der Senat bereits klargestellt, dass zur Wahrung der Ausschlussfrist der Bescheid des
Prüfungsausschusses innerhalb dieser Frist erlassen werden muss; auf den Zeitpunkt, an dem - auf Widerspruch hin (vgl §
45 Abs
3 S 1
SGB I) - der Bescheid des Beschwerdeausschusses ergeht, kommt es nicht an (BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 45/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 53 RdNr 25).
b) Mit ihrem Vorbringen, das LSG habe aufgrund der von ihm unterlassenen Prüfung, ob die Ausschlussfrist eingehalten sei,
gegen die Amtsermittlungspflicht nach §
103 SGG verstoßen, hat die Klägerin auch keinen Verfahrensmangel ordnungsgemäß bezeichnet. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG kann ein Verfahrensmangel auf die Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Die Ausführungen der Klägerin enthalten jedoch nichts dazu, dass sie einen solchen Beweisantrag gegenüber dem Berufungsgericht
angebracht und bis zuletzt aufrechterhalten hat (vgl dazu BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Im Kern macht sie auch keinen Mangel des
Verfahrens, sondern vielmehr die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend. Allein die Behauptung, die Berufungsentscheidung
sei inhaltlich unrichtig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 15.11.2017 - B 12 R 22/17 B - Juris RdNr 5).
c) Mit dem Vorhalt, der Bescheid des Beklagten vom 18.8.2003 sei rechtswidrig, weil vor Festsetzung des Arzneikostenregresses
keine Beratung erfolgt sei, macht die Klägerin ebenfalls nur die - nach ihrer Ansicht - inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung
des LSG geltend. Einen der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG aufgeführten Revisionszulassungsgründe hat sie damit nicht bezeichnet. Insbesondere ergibt sich hieraus keine noch klärungsbedürftige
Rechtsfrage (s dazu BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 45/14 R - SozR 4-2500 §
106 Nr
53 RdNr
28 f), zumal auch die Vorschrift des §
106 Abs
1a SGB V (in der - im Wesentlichen unverändert - bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190) erst zum
1.1.2004 in Kraft getreten ist.
d) Schließlich enthält auch der Vortrag, der Bescheid des Beklagten sei rechtswidrig, weil er "gegen die Grundsätze des §
106 Abs.
2 SGB V verstößt und den Beschwerdeführer daher in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. Art
14 Abs.
1 GG verletzt", keinen schlüssig bezeichneten Revisionszulassungsgrund iS des §
160 Abs
2 SGG. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang beanstandet, das LSG habe es unterlassen, zur Frage des Vorliegens von Praxisbesonderheiten
Gutachten einzuholen oder sonstige Ermittlungen anzustellen, erfüllen diese Darlegungen auch nicht die oben bereits genannten
Anforderungen an eine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels zu tragen.
3. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm §
63 Abs
2 S 1, § 52 Abs 3 S 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der Höhe des vom Beklagten festgesetzten Arzneikostenregresses.