Erstattung von Sozialhilfeleistungen
Rüge eines Verfahrensfehler
Fehlende Entscheidungsgründe
Anforderungen an eine Beschwerdebegründung
1. Mit dem Vortrag, das Urteil sei nicht mit Entscheidungsgründen versehen, wird ein absoluter Revisionsgrund geltend gemacht,
bei dem gemäß §
202 SGG i.V.m. §
547 Nr. 6
ZPO der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird.
2. Allerdings wäre dieser Formmangel nur dann hinreichend beschrieben, wenn sich für das Revisionsgericht ergäbe, dass die
Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen unbrauchbar und aus diesem
Grund nicht geeignet sind, den Entscheidungstenor zu tragen.
3. Eine lediglich fragmentarische Darstellung ermöglicht dem Revisionsgericht nicht die Beurteilung, ob es sich insoweit um
die gesamte Begründung oder nur punktuell aus dem Zusammenhang gerissene Ausführungen des LSG handelt oder ob diese lediglich
unklar, oberflächlich oder unrichtig sind, was aber zur Bejahung des behaupteten Verfahrensfehlers (§
547 Nr. 6
ZPO) nicht genügen würde.
Gründe:
I
Im Streit ist die Erstattung von Sozialhilfeleistungen für die Zeit von März bis Juni 2010.
Der Klägerin waren für die Zeit vom 1.8.2009 bis 31.7.2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bewilligt worden. Für die Zeit von März bis Juni 2010 hob die Beklagte die Bewilligung wegen den Freibetrag übersteigenden
Vermögens auf und verlangte von der Klägerin überzahlte Leistungen zurück (Bescheid vom 20.6.2011; Widerspruchsbescheid vom
8.8.2011). Während das Sozialgericht Regensburg die Klage abwies (Urteil vom 25.9.2013), änderte das Bayerische Landessozialgericht
(LSG) das Urteil dahin ab, dass die Klägerin anstelle von 1385,60 Euro nur 1272,60 Euro zu erstatten habe (Urteil vom 21.11.2014).
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde und macht Verfahrensmängel geltend. Das Urteil des LSG sei aus sich
heraus nicht verständlich, was dem gänzlichen Fehlen von Entscheidungsgründen gleichzusetzen sei. Zudem sei gegen ihren Anspruch
auf rechtliches Gehör verstoßen worden.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise bezeichnet worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter
nach §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Wird das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, so müssen
bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels wie bei einer Verfahrensrüge innerhalb einer zugelassenen Revision zunächst die
diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargelegt werden (BSG SozR 1500 §
160a Nr 14, 24, 34 und 36; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist die Darlegung zu verlangen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht
des LSG - auf dem Mangel beruhen kann (Entscheidungserheblichkeit), also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht
(BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 und 36), was jedenfalls für den geltend gemachten Verfahrensmangel des Verstoßes gegen das rechtliche Gehör erforderlich ist. Soweit
sich die Klägerin darauf beruft, das Urteil sei nicht mit Entscheidungsgründen versehen, macht sie einen absoluten Revisionsgrund
geltend, bei dem gemäß §
202 SGG iVm §
547 Nr 6
Zivilprozessordnung (
ZPO) der Einfluss auf die Entscheidung unwiderlegbar vermutet wird (BSGE 4, 281, 288; BSG SozR 1500 § 136 Nr 8). Keiner der geltend gemachten Verfahrensmängel ist jedoch hinreichend bezeichnet.
Die Klägerin rügt zwar, das Urteil sei als nicht mit Entscheidungsgründen versehen anzusehen (§
547 Nr 6
ZPO), weil die vom LSG mitgeteilten Gründe widersprüchlich seien und ein gravierender Verstoß gegen §
128 Abs
1 Satz 2
SGG iVm §
136 Abs
1 Nr
6 SGG vorliege. Allerdings wäre dieser Formmangel nur dann hinreichend beschrieben, wenn sich aus dem Vortrag der Klägerin für
den Senat ergäbe, dass die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen
unbrauchbar und aus diesem Grund nicht geeignet sind, den Entscheidungstenor zu tragen (zu diesen Kriterien vgl Kummer, Nichtzulassungsbeschwerde,
2. Aufl 2010, S 197 mwN). Die Klägerin greift aber nur einzelne Sätze der Entscheidungsgründe auf und stellt sie anderen oder
ihrer eigenen Rechtsansicht gegenüber. Die fragmentarische Darstellung ermöglicht dem Senat damit nicht die Beurteilung, ob
es sich insoweit um die gesamte Begründung oder nur punktuell aus dem Zusammenhang gerissene Ausführungen des LSG handelt
oder ob diese lediglich unklar, oberflächlich oder unrichtig sind, was aber zur Bejahung des behaupteten Verfahrensfehlers
(§
547 Nr 6
ZPO) nicht genügen würde. Soweit es den geltend gemachten Verstoß gegen §
136 Abs
1 Nr
6 SGG betrifft, fehlt es an einer ausreichenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit.
Auch die Rüge des Verstoßes gegen das rechtliche Gehör (§
62 SGG, Art
103 Grundgesetz [GG]) hat die Klägerin nicht hinreichend bezeichnet. Sie macht zwar geltend, das LSG habe die von ihr vorgetragenen Umstände
"zur Atypik" und andere Umstände nicht vollständig berücksichtigt, rügt damit aber letztlich nur die inhaltliche Unrichtigkeit
der Entscheidung des LSG, weil das LSG seine für sie (teilweise) nachteilige Entscheidung auf andere als von ihr für richtig
erachtete Umstände gestützt habe. Im Übrigen ist ein Gericht nicht verpflichtet, auf sämtliche Tatsachen und Rechtsansichten
einzugehen, die im Laufe des Verfahrens vorgebracht werden, sodass ein Verstoß gegen Art
103 GG ohnedies nicht schon deshalb angenommen werden könnte, wenn Ausführungen eines Beteiligten unerwähnt bleiben, die das Gericht
nach seinem Standpunkt als unerheblich oder unsubstantiiert ansieht (vgl nur BVerfGE 70, 288, 293 f).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.