Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung
Grundsatzrüge und ungeklärte Rechtsfrage
1. Grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
2. Der Beschwerdeführer muss anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
- ggf. sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung
dieser Rechtsfrage aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt.
3. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer deshalb eine konkrete Frage formulieren, deren (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit und (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie deren über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung (Breitenwirkung) darlegen.
Gründe:
I
Im Streit sind höhere Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit ab dem 1.7.2012.
Gegen die Bewilligungen des Beklagten (Bescheide vom 18.7.2012 und 21.1.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.3.2013,
vom 5.6.2013, vom 24.6.2013, vom 28.10.2013, vom 12.12.2013 und vom 8.7.2014) machte der Kläger noch geltend, sein Renteneinkommen
hätte um eine Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro und die Kontoführungsgebühren in Höhe von 6 Euro bereinigt werden
müssen. Klage und Berufung blieben insoweit ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 22.11.2013; Urteil
des Hessischen Landessozialgerichts [LSG] vom 5.11.2014).
Der Kläger stützt seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG auf eine grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache und formuliert die Rechtsfragen,
"ob vom Renteneinkommen eine Versicherungspauschale von monatlich 30 Euro absetzbar" sei, "ob Bankgebühren von monatlich 6
Euro notwendigerweise mit der Erzielung des Einkommens verbunden sein" müssten und "wie viel Bankgebühren im Regelsatz enthalten"
seien.
Diese Rechtsfragen seien klärungsbedürftig, weil sie zum SGB XII nicht höchstrichterlich ausdrücklich entschieden seien. Das LSG lege mit seiner Ansicht, Bankgebühren seien nur absetzbar,
wenn sie als Aufwendungen, die mit der Erzielung von Einkommen verbunden seien, unvermeidbar seien, zu hohe Hürden an und
verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Aus § 82 Abs 2 Nr 4 SGB XII sei dies nicht abzuleiten. Insoweit weiche das LSG von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ab, nach
der es ausreiche, wenn die absetzbaren Ausgaben nutzbringend seien; gemessen an diesen Maßstäben seien die Kontoführungsgebühren
als mit der Erzielung von Renteneinkommen verbundene notwendige Auslagen anzusehen, weil die Rentenzahlung nach § 9 Rentenserviceverordnung
auf ein Bankkonto erfolgen solle. Wegen der Versicherungspauschale liege Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende
zuständigen Senate vor, von der das LSG abweiche, sodass sich auch aus dieser Divergenz ein Zulassungsgrund ergebe.
II
Die Beschwerde ist unzulässig, weil die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dargelegt sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach
§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher
anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums
- angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfrage aus
Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine
Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer deshalb eine konkrete
Frage formulieren, deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit und (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit)
sowie deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (Breitenwirkung) darlegen.
Wegen der zunächst aufgeworfenen Rechtsfrage (Versicherungspauschale) ist bereits die (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit nicht
dargelegt. Insoweit lässt die Beschwerdebegründung jede Auseinandersetzung mit der angeblich verletzten Norm (§ 82 Abs 2 Nr 3 SGB XII) vermissen. Darlegungen dazu, weshalb sich nach der Gesetzeslage ein pauschaler Absetzbetrag für Versicherungsbeiträge unabhängig
von tatsächlichen Ausgaben des Hilfebedürftigen ergeben sollte, fehlen gänzlich.
Wegen der weiteren Frage, "ob Bankgebühren von monatlich 6 Euro notwendigerweise mit der Erzielung des Einkommens verbunden
sein müssen", ist die grundsätzliche Bedeutung ebenfalls nicht dargelegt. Der Kläger macht lediglich geltend, das LSG habe
die Maßstäbe verkannt, wann eine Ausgabe mit der Erzielung des Einkommens notwendig verbunden sei. Er zitiert insoweit zwar
bereits vorliegende Rechtsprechung des BVerwG (BVerwGE 62, 275 ff zur Frage der Absetzbarkeit des Gewerkschaftsbeitrags für einen Rentner), legt aber weder die dort entwickelten Kriterien
im Einzelnen dar, noch macht er deutlich, inwieweit diese der weitergehenden Fortentwicklung durch ein Revisionsverfahren
bedürften. Allein die behauptete Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des LSG vermag die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen.
Im Übrigen fehlt es auch an ausreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit. Aus dem Vortrag erschließt sich für den Senat
nicht, inwieweit die Beantwortung der Rechtsfrage im Sinne des Klägers auch zu einem höheren Anspruch im Einzelfall führt.
Hierzu genügt es nicht, auf einzelne Berechnungselemente des Anspruchs (hier Absetzbeträge vom Einkommen) hinzuweisen; es
hätte der zur Entscheidung stehende Sachverhalt so dargestellt werden müssen, dass es dem Senat möglich wäre, die Ansprüche
des Klägers im Einzelnen dem Grunde und der Höhe nach nachzuvollziehen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der weiteren aufgeworfenen
Frage, "wie viele Bankgebühren im Regelsatz enthalten" sind; hier fehlt jede Darlegung dazu, in welcher Weise die Beantwortung
dieser Frage auf die Entscheidung im vorliegenden Einzelfall (zugunsten des Klägers) überhaupt Auswirkungen haben könnte.
Soweit der Kläger eine Divergenz zu einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) behauptet (Versicherungspauschale), genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine Divergenz
läge nur vor, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des
BSG aufgestellt hätte; eine Abweichung wäre aber erst dann zu bejahen, wenn das LSG diesen Kriterien - wenn auch unter Umständen
unbewusst - widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hätte (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Der Kläger formuliert weder einen tragenden abstrakten Rechtssatz des LSG noch einen (davon abweichenden) abstrakten
Rechtssatz des BSG. Der Hinweis darauf, dass nach der Rechtsprechung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende (auf Grundlage der
dortigen Gesetzes- und Verordnungslage) sich ein abweichendes Ergebnis ergibt, genügt für die Darlegungen einer Divergenz
nicht. Der Kläger hätte herausarbeiten müssen, weshalb ein solcher Rechtssatz für das SGB XII überhaupt in gleicher Weise anwendbar ist und inwieweit das LSG sich dazu mit einem Rechtssatz in Widerspruch setzt. Wegen
der zitierten Entscheidung des BVerwG wird Divergenz zwar behauptet; die Ausführungen insoweit betreffen aber ausschließlich
die vermeintlich grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Denn eine Divergenz zu Entscheidungen des BVerwG kann im sozialgerichtlichen
Verfahren nicht geltend gemacht werden (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.