Gründe:
I
In der Hauptsache ist streitig, ob das Berufungsverfahren L 8 SB 39/14 vor dem LSG Baden-Württemberg durch die Rücknahme der Berufung erledigt ist.
In dem vorangehenden Klageverfahren hatte das SG die Klage auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 20.11.2013).
Im anschließenden Berufungsverfahren wies der Berichterstatter im Erörterungstermin vom 5.9.2014 auf die im Klageverfahren
eingeholten und für den Kläger negativen Sachverständigengutachten hin, ferner auf die Möglichkeit von Kosten nach §
192 SGG bei Fortsetzung des Berufungsverfahrens. Der Kläger nahm daraufhin die Berufung zurück. Später focht er die Erklärung wegen
Drohung (§
123 BGB) an und beantragte die Fortsetzung des Verfahrens. Das LSG hat festgestellt, dass das Berufungsverfahren durch Rücknahme
der Berufung erledigt ist. Eine Anfechtung dieser Prozesshandlung komme nicht in Betracht. Hinweise auf eine Prozessunfähigkeit
bestünden nicht. Ein gegen den seinerzeitigen Berichterstatter gestellter Befangenheitsantrag habe sich nach dessen Eintritt
in den Ruhestand erledigt. Ein möglicher Widerruf unter den Voraussetzungen einer Wiederaufnahme sei nicht gegeben (Urteil
vom 26.6.2015).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und rügt einen Verfahrensfehler.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
der sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist bis zum
7.9.2015 ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall des Klägers darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem
die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Der Kläger trägt vor, das LSG sei verfahrensfehlerhaft vorgegangen, indem es von einer Erledigung des Verfahrens wegen Rücknahme
der Berufung ausgegangen sei, ohne in der Sache zu entscheiden (vgl zum Verfahrensfehler bei Prozessentscheidung anstelle
einer gebotenen Sachentscheidung BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - juris RdNr 20). Das LSG habe ihm - obwohl anwaltlich nicht vertreten - eine Rücknahme der Berufung durch Hinweis auf §
192 SGG abgenötigt, ohne ihm bereits vor dem Erörterungstermin einen entsprechenden Hinweis (§
139 ZPO) zu erteilen und die psychischen und psychosomatischen Aspekte seiner Persönlichkeit zu beleuchten. Auch sei der anschließend
gestellte Befangenheitsantrag gegen den Berichterstatter nicht deshalb zu vernachlässigen, weil dieser sich zwischenzeitlich
im Ruhestand befinde. Mit diesem Vortrag legt der Kläger indes unter keinem Gesichtspunkt einen entscheidungsrelevanten Mangel
dar. Der Kläger beschäftigt sich schon nicht mit den Voraussetzungen, unter denen ein von ihm eingeforderter gerichtlicher
Hinweis nach §
139 ZPO geboten ist. Ebenso wenig wird deutlich, welche Abweichungen im Prozessverhalten sich dadurch ergeben hätten. Der Hinweis
auf die Kostenersparnis ist angesichts des angeordneten persönlichen Erscheinens nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Der
Kläger setzt sich auch nicht mit den näheren Umständen auseinander, unter denen eine Prozesshandlung wie die der Berufungsrücknahme
beseitigt werden könnte. Selbst wenn danach die Anfechtung oder der Widerruf wegen einer Drohung (vgl BFH Beschluss vom 26.4.2011
- III S 24/10; Müller in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, § 102 RdNr 8) oder unter den Voraussetzungen eines Restitutionsgrundes oder einer Nichtigkeitsklage (§§
579,
580 ZPO) grundsätzlich erwogen werden könnte, fehlt es jedenfalls an substantiiertem Vortrag zur Widerrechtlichkeit der Androhung
von Kosten nach §
192 SGG zur Wahrung rechtlichen Gehörs vor dem Hintergrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme (vgl §
192 Abs
1 S 1 Nr
2 SGG; auch BSG Beschluss vom 25.2.2010 - B 11 AL 114/09 B - juris RdNr 7).
Ein Verfahrensmangel kommt allerdings in Betracht, wenn ein in Wahrheit prozessunfähiger Beteiligter vom Gericht für prozessfähig
gehalten wird. Auch in diesem Fall ist jedoch die Darlegung der diesen Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen
erforderlich, dh, es muss in der Beschwerdeschrift substantiiert und schlüssig dargetan werden, aufgrund welcher Anzeichen
das LSG ernsthafte und begründete Zweifel am Vorliegen der Prozessfähigkeit des Klägers hätte haben können (BSG Beschluss vom 15.11.2000 - B 13 RJ 53/00 B - juris RdNr 11 = SozR 3-1500 § 160a Nr 32). Der Kläger behauptet keine allgemeine Prozessunfähigkeit, sondern bezieht
eine Störung seines freien Willens mehr oder weniger auf die Situation der Berufungsrücknahme am 5.9.2014. Die Bezugnahme
auf eine Bescheinigung des Universitätsklinikums Freiburg vom 2.9.2011 vermag diesen Anforderungen nicht zu genügen. Sein
daran anknüpfender Vortrag, bei ihm gebe es psychische Beeinträchtigungen, die sich im Umgang mit Autoritäten äußerten, vermag
in dieser Allgemeinheit nicht zu belegen, dass der Kläger sich durch einen vom Gericht ausgeübten Druck in dem von ihm geltend
gemachten Sonderfall einer "Extremsituation" befunden habe, in der er zu einer freien Willensbetätigung nicht mehr in der
Lage gewesen wäre (vgl BSG Beschluss vom 15.11.2000 - B 13 RJ 53/00 B - juris RdNr 13 = SozR 3-1500 § 160a Nr 32). Einen Beweisantrag, dem das LSG in diesem Zusammenhang ohne hinreichende Gründe
nicht gefolgt sein könnte und der zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels führen könnte, bezeichnet die Beschwerdebegründung
nicht.
Schließlich führt die Beschwerdebegründung auch mit dem Hinweis auf den nach Abgabe der Berufungsrücknahme gestellten Befangenheitsantrag
keinen Verfahrensfehler an, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könnte. Denn der abgelehnte Richter war auch nach
dem Vortrag des Klägers wegen seines zwischenzeitlichen Eintritts in den Ruhestand an der getroffenen Entscheidung nicht beteiligt.
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.