Beschädigtenversorgung nach dem BVG
Uneingeschränkter Beweisantrag
Unvertretener Beteiligter
Angriff auf die Beweiswürdigung
Gründe:
I
Der Kläger begehrt Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einem höheren Grad der Schädigung (GdS) als bisher.
Der Kläger wurde 1945 bei Ausübung seines Wehrdienstes durch Granatsplitter erheblich verletzt. Der Beklagte hat bei ihm zuletzt
eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 vH festgestellt (Bescheid vom 20.1.1975), wegen des als Schädigungsfolge anerkannten
Verlustes des rechten Auges, einer hochgradigen Schwerhörigkeit rechts sowie eines kleineren, in der rechten Schulter eingeheilten
Granatsplitters ohne Funktionsstörung. 1990 lehnte der Beklagte einen ersten Verschlimmerungsantrag des Klägers ab. Ein zweiter
im Jahr 2006 gestellter Verschlimmerungsantrag und das anschließend über drei Instanzen geführte sozialgerichtliche Klageverfahren
blieben ebenfalls ohne Erfolg.
Zur Begründung seines am 12.8.2013 gestellten dritten Verschlimmerungsantrags berief sich der Kläger auf ein Attest seines
behandelnden Orthopäden sowie auf ein Schreiben des BSG aus dem vorangegangenen Verfahren B 9 V 36/11 B über seine schließlich als unzulässig verworfene Nichtzulassungsbeschwerde. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil keine
wesentliche Änderung im versorgungsrechtlichen Sinne eingetreten sei (Bescheid vom 19.2.2014). Widerspruch und Klage blieben
erfolglos (Bescheid vom 3.6.2014, Urteil vom 9.9.2014). Die dagegen erhobene Berufung hat das LSG als unbegründet zurückgewiesen
(Urteil vom 10.2.2015). Eine rechtlich relevante Verschlimmerung iS des § 48 SGB X liege nicht vor. Insbesondere könne ein kleinerer, reizlos in den Weichteilen der Schulter eingeheilter Granatsplitter ohne
Funktionsstörung, wie er als Schädigungsfolge beschrieben worden sei, nicht zu einer Arthrose der Schulter geführt haben.
Das sei bereits im vorangegangenen Berufungsverfahren mit sachverständiger Hilfe festgestellt und im Einzelnen ausgeführt
worden.
Mit seiner Beschwerde, für die er zugleich Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt, wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des LSG. Er beruft sich ua auf ein Attest seines behandelnden Arztes und auf das Hinweisschreiben des
BSG aus dem Verfahren B 9 V 36/11 B. Insbesondere macht der Kläger wie schon in früheren Verfahren geltend, aus der Akte seien widerrechtlich Röntgenbilder entfernt
worden.
II
1. Der PKH-Antrag des Klägers ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter
(§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, die von dem Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen
werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens des Klägers - Anhaltspunkte dafür, dass er einen
der in §
160 Abs
2 Nr
1 bis
3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall
des Klägers hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß §
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß §
160 Abs
2 Nr
2 SGG). Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts zu überprüfen, ob das LSG im Einzelfall des Klägers das Recht richtig angewandt
hat (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler
des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Dies gilt trotz des Vorwurfs des Klägers, die vom BSG mit Hinweisschreiben vom 12.10.2012 im Verfahren B 9 V 36/11 B angeregte erneute Überprüfung habe nicht stattgefunden. Zum einen beruhte das Schreiben ersichtlich auf der Annahme, die
in den Verwaltungsakten erwähnten, aber nicht enthaltenen Röntgenbilder aus dem Jahr 1974 könnten sich doch noch irgendwo
anfinden. Nach den Feststellungen des SG ist diese Anregung vermutlich deshalb folgenlos geblieben, weil die Bilder entgegen dieser Annahme nicht mehr auffindbar
gewesen sind. Jedenfalls tragen die für den Senat maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen in keiner Weise den schon
in vorangegangenen Verfahren erhobenen Vorwurf des Klägers, die Röntgenbilder seien in willkürlicher Absicht aus den Akten
entfernt worden.
Zum anderen ist das Verfahren B 9 V 36/11 B für den Kläger erfolglos geblieben. Das außerhalb des Verwerfungsbeschlusses vom Vorsitzenden verfasste Schreiben band den
Beklagten nicht, sondern stellte lediglich eine unverbindliche Anregung dar. In diesem Zusammenhang könnte der Kläger seine
Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht erfolgreich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach §
103 SGG stützen. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 S 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Da §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG einen Beweisantrag ohne jede Einschränkung voraussetzt, muss auch ein unvertretener Beteiligter zumindest sinngemäß einen
hinreichend konkreten Beweisantrag stellen. Dafür muss er dem Berufungsgericht auch noch am Ende des Verfahrens jedenfalls
laienhaft aufzeigen, welche konkreten Punkte er weiter für aufklärungsbedürftig hält und auf welche Beweismittel zurückgegriffen
werden soll, um den Sachverhalt weiter aufzuklären (vgl BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris; BSG Beschluss vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - Juris). Für einen solchen zumindest sinngemäß gestellten Beweisantrag des Klägers ist nichts ersichtlich. Mit seiner Kritik
an den nach seiner Ansicht unrichtigen Feststellungen des LSG-Urteils kann er daher nicht gehört werden, weil das Revisionsgericht
die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts als solche nach §
160 Abs
2 Nr
3 iVm §
128 Abs
1 SGG nicht überprüfen kann. Nichts Anderes gilt für die vom Kläger erneut übersandten Atteste des Orthopäden Dr. L., deren Inhalt
bereits Gegenstand des LSG-Verfahrens gewesen sind.
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass das LSG verfahrensfehlerhaft ohne mündliche Verhandlung entschieden hätte, obwohl
der Kläger zuletzt auf der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestanden hat (Schreiben vom 29.1.2015, Bl 38 LSG-Akte).
Die vom Kläger zuvor gegenüber dem LSG abgegebene Erklärung des Einverständnisses nach §
124 Abs
2 SGG (Schreiben vom 6.1.2015, Bl 26 LSG-Akte) war für ihn bindend; er konnte sie als einseitige Prozesshandlung weder anfechten
noch widerrufen, da auch der Beklagte zugestimmt und sich die Rechtslage nicht wesentlich geändert hatte (vgl BSG Beschluss vom 11.11.2004 - B 9 SB 19/04 B - Juris RdNr 8 mwN).
Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
121 ZPO).
2. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften.
Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß §
73 Abs
4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, da er nicht selbst zum Kreis vertretungsbefugter Personen
gehört. Sowohl die Beschwerdeschrift als auch die Beschwerdebegründungsschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten
unterzeichnet sein. Hierauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen
worden.
3. Die Verwerfung der nicht formgerecht eingelegten Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.