Gründe:
I
Mit Beschluss vom 19.6.2014 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen Anspruch des Klägers auf Entschädigungsleistungen nach
dem
Opferentschädigungsgesetz (
OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz verneint. Die in der Zeit zwischen dem 25.2. und 18.3.2010 verübten schriftlichen Erpressungsversuche gegenüber seiner Mutter
ua unter Drohung, diese und den Kläger sowie seine Schwester zu töten, stellten keinen "tätlichen Angriff" im Sinne des
OEG dar. Ein solcher liege auch nach der neueren Rechtsprechung des BSG nur vor bei einer gegen die körperliche Unversehrtheit einer anderen Person gerichteten Kraftentfaltung (Urteil vom 7.4.2011
- B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36 f). An einer solchen habe es im vorliegenden Fall zweifelsfrei gefehlt. Zur Vermeidung von
Wiederholungen werde auf das parallele Senatsurteil vom 14.11.2013 (Az: L 10 VE 46/12 betreffend den Entschädigungsanspruch
der Mutter des Klägers) sowie auf den die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das vorgenannte Urteil zurückweisenden Beschluss
des BSG vom 25.2.2014 (B 9 V 65/13 B) verwiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt, die er mit dem Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da
keiner der in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
Grundsätzliche Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss
anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben,
welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder
Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht
zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
(3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung,
also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59 und 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung des Klägers nicht.
Der Kläger hält es für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, "ob eine Erpressung als tätlicher Angriff einzustufen
ist". Jedoch fehlt es an der Darlegung, dass diese Frage auch klärungsbedürftig ist.
Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn die Frage bereits höchstrichterlich
geklärt ist und ihre Beantwortung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt (vgl zB BSG Beschluss vom 21.10.2010 - B 1 KR 96/10 B - RdNr 7 mwN).
Dies ist hier der Fall. Der erkennende Senat des BSG hat bereits klargestellt: Bei der Anwendung des
OEG ist von dessen Grundgedanken auszugehen, dass nur Opfer von Gewalttaten entschädigt werden sollen und das
OEG nicht alle aus dem Gesellschaftsleben folgenden Verletzungsrisiken abdeckt (BSG Urteil vom 14.2.2001 - B 9 VG 4/00 R - BSGE 87, 276 = SozR 3-3800 §
1 Nr 18 - "Mobbing"). Das
OEG setzt eine "gewaltsame" Einwirkung voraus; der Gesetzgeber des
OEG hat entschieden, dass der Begriff des "tätlichen Angriffs" den schädigenden Vorgang iS des §
1 Abs
1 S 1
OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff einschränkt
(s Senatsurteil vom 7.4.2011 - B 9 VG 2/10 R - BSGE 108, 97 = SozR 4-3800 § 1 Nr 18, RdNr 36). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff zeichnet sich der tätliche
Angriff iS des §
1 Abs
1 S 1
OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus, wirkt also körperlich (physisch) auf einen Menschen
ein. Die Verwirklichung eines Straftatbestandes allein reicht nicht aus, wenn dies - wie zB bei Vermögensdelikten - ohne körperliche
Einwirkung auf das Opfer geschieht (vgl BSG, aaO, RdNr 62 f). Es ist nicht darauf abzustellen, ob die Angriffshandlung "körperlich wirkt" bzw zu körperlichen Auswirkungen
im Sinne eines pathologisch, somatisch, objektivierbaren Zustands führt (vgl BSG, aaO, RdNr 47). In Fällen der Bedrohung oder Drohung mit Gewalt sieht das BSG die Grenze der Wortlautinterpretation jedenfalls dann erreicht, wenn sich die auf das Opfer gerichteten Einwirkungen - ohne
Einsatz körperlicher Mittel - allein als intellektuell oder psychisch vermittelte Beeinträchtigung darstellt und nicht unmittelbar
auf die körperliche Integrität abzielt. Eine Wertung als tätlicher Angriff lehnte der Senat für Telefonate, SMS, Briefe, Karten
und dergleichen ab, weil es insoweit an einer unmittelbar drohenden Gewaltanwendung fehle, auch soweit einzelne Mitteilungen
ernste Drohungen enthielten (BSG, aaO, RdNr 71).
Eine Rechtsfrage über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann dennoch - weiterhin - klärungsbedürftig sein,
wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vorneherein abwegige Einwendungen
vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN). Dies ist im Rahmen der Beschwerdebegründung darzulegen. Daran fehlt es. Der Kläger legt nicht dar, dass
trotz der auch vom LSG zitierten BSG Rechtsprechung noch Klärungsbedarf verblieben ist, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, weil von
einer Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren in einer die Interessen der Allgemeinheit berührenden Weise die Wahrung,
Sicherung oder Herstellung von Rechtseinheit oder die Fortbildung des Rechts erwartet werden kann.
Zwar führt der Kläger die oben genannte Entscheidung des BSG vom 7.4.2011 (B 9 VG 2/10 R - aaO) auf und verweist auf deren wesentlichen Inhalt hinsichtlich der Bewertung von Stalkinghandlungen im Rahmen des §
1 Abs
1 S 1
OEG. Auch benennt er die weiter zurückliegende Entscheidung des BSG über die Bewertung von Angriffen auf die körperliche Bewegungsfreiheit als tätlichen Angriff iS des §
1 OEG (zB BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VG 4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10). Es wird jedoch nicht aufgezeigt, in welchem Rahmen auch
eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung der vorliegenden Rechtsprechung zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits
erforderlich ist (vgl Becker, Die Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG [Teil I], SGb 2007, 261, 266 zu Fußnote 58). Insoweit hätte sich der Kläger auch mit der bereits vom LSG benannten Entscheidung des BSG im parallelen Verfahren betreffend seine Mutter vom 25.2.2014 (B 9 V 65/13 B) und der darin benannten Rechtsprechung des BSG mit Urteil vom 2.10.2008 (B 9 VG 2/07 R) hinsichtlich der Möglichkeit eines tätlichen Angriffs durch eine Drohung gegenüber dem Opfer auseinandersetzen müssen (s
BSG Urteil vom 2.10.2008 - B 9 VG 2/07 R - Juris RdNr 16). Schließlich hat der Senat auch in der vom Kläger selbst benannten Entscheidung vom 30.11.2006 (B 9a VG
4/05 R - SozR 4-3800 § 1 Nr 10) ausdrücklich ausgeführt, dass eine Freiheitsberaubung jedenfalls dann ein tätlicher Angriff
ist, wenn sie auch durch den Einsatz körperlicher Gewalt erfolgt. In der Sache kritisiert der Kläger letztlich die Rechtsanwendung
des LSG, die er für unzutreffend hält. Damit kann er allerdings keine Revisionszulassung erreichen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
Die Beschwerde ist daher ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 3
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.