Anspruch auf Kriegsopferversorgung; Rechtmäßigkeit der Übertragung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung
in Nordrhein-Westfalen; Anspruch auf Berufsschadensausgleich; Feststellung des Hinterbliebenenvergleichseinkommens
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Witwenbeihilfe nach § 48 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1929 geborene Klägerin ist die Witwe des im Juli 1924 geborenen und im Dezember 1996 schädigungsunabhängig (metastasierendes
Colon-CA) verstorbenen Kriegsbeschädigten J.. Der Beschädigte besuchte zunächst die Volksschule und nach deren Abschluss die
Handelsschule. Vom 1.4.1939 bis 30.9.1941 absolvierte er eine kaufmännische Lehre in der Lederbranche, die er erfolgreich
als Kaufmannsgehilfe abschloss. Er wurde in das Angestelltenverhältnis übernommen und war bis zu seiner Einberufung zur Wehrmacht
am 8.12.1942 im erlernten Beruf tätig. Anfang September 1944 wurde er verwundet und am 15.4.1945 aus dem militärischen Dienst
entlassen. Von August 1946 bis September 1949 war der Beschädigte als kaufmännischer Angestellter bei der S. GmbH beschäftigt.
Gemeinsam mit dem Kaufmann L. gründete er im August 1949 die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) L. & J. (Vertrieb von
Lederwaren). Aus dieser Gesellschaft schied er im März 1950 wieder aus.
Am 1.3.1956 trat der Beschädigte eine Stelle bei der Firma Gebr. S. in K. an, wo er zunächst etwa vier Wochen lang als Telefonist
und sodann bis zum 6.1.1986 als kaufmännischer Angestellter tätig war. Von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
war der Beschädigte bereits seit dem 1.1.1968 befreit. Aus den Verdienstbescheinigungen der Firma Gebr. S. ergibt sich, dass
sein Bruttoentgelt im Jahre 1966 32.414,20 DM und 1967 38.042 DM betrug. Im Jahre 1986 gründete der Beschädigte mit Frau J.
die K. GmbH, an der er 50 % Geschäftsanteile hielt und deren Geschäftsführer er vom 25.4.1986 bis zu seinem Tod war.
Nach Einholung eines versorgungsärztlichen Gutachtens vom 23.2.1949 erkannte das zu 1) beklagte Land Nordrhein-Westfalen (NRW)
wegen der Schädigungsfolgen "Schädelverletzung mit Verlust des linken Auges, Stecksplitter im Gesichtsschädel und Gehirnbeteiligung"
mit Bescheid vom 15.3.1951 ab dem 1.10.1950 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 vom Hundert (vH) an. Zugleich
gewährte der Beklagte zu 1) neben der Grundrente eine Ausgleichsrente nach § 32 BVG ab dem 1.10.1950. Nachdem ihm die Ausgleichsrente durch Bescheid vom 25.2.1957 entzogen worden war, teilte der Beschädigte
im Juni 1957 mit, er sei seit dem 1.3.1956 wieder als kaufmännischer Angestellter tätig und habe zuvor keinerlei Beschäftigung
ausgeübt. Er sei aufgrund der Operation im Jahre 1950 nicht mehr in der Lage gewesen, irgendeine Tätigkeit zu verrichten.
Bis zum März 1956 habe er mit seiner Familie (Frau und zwei Kindern) regelrecht dahinvegetieren müssen. Aus diesem Grunde
habe er es "damals" versäumt, seine Einkommensverhältnisse anzugeben. Sein Gesundheitszustand sei heute immer noch derselbe.
Mit Rentenbescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 20.12.1994 wurde dem Beschädigten ab 1.5.1992
eine Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligt. Die Zeiträume vom 1.5.1963 bis 30.6.1965 und vom
1.5.1967 bis 31.12.1967 wurden wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht als Beitragszeiten anerkannt.
Infolge des Todes des Beschädigten bezog die Klägerin neben einer ab 1.1.1997 gewährten Rente des P. Vereins in Höhe von monatlich
167,80 DM eine große Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich ab dem 1.4.1997 auf monatlich 856,40 DM
belief. Darüber hinaus schloss sie unter dem 23.7.1997 einen Vertrag mit der A. Lebensversicherungs-AG, aufgrund dessen sie
einen einmaligen Beitrag in Höhe von 200.000 DM einzahlte. Nach dem Vorbringen der Klägerin stammte dieser Betrag zu Teilen
aus dem Nachlass des Beschädigten, zu Teilen aus Schenkungen ihrer Kinder. Der Vertrag sieht ab 1.9.1997 monatliche Rentenzahlungen
in Höhe von 1.140,10 DM vor.
Am 22.1.1997 und erneut mit Schreiben vom 9.9.1997 beantragte die Klägerin beim Beklagten zu 1) Hinterbliebenenversorgung
mit der Begründung, es bestünden Anhaltspunkte für einen schädigungsbedingten beruflichen Schaden ihres verstorbenen Ehemannes.
So sei eine Ausgleichsrente gezahlt worden. Für die Zeit vom 1.10.1949 bis 1.3.1956 habe der Beschädigte schädigungsbedingt
keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten können. Die Voraussetzungen für eine Witwenbeihilfe nach dem
BVG seien gegeben. Diesen Antrag lehnte der Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 21.1.1998 ab. Den Widerspruch wies er durch Bescheid
vom 8.3.2000 mit der Begründung zurück, dass nach der von ihm durchgeführten Vergleichsberechnung eine wesentliche Minderung
der Hinterbliebenenversorgung nicht gegeben sei.
Die dagegen erhobene Klage ist durch Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.11.2003 abgewiesen worden. Im Berufungsverfahren
hat das Landessozialgericht (LSG) NRW zum schädigungsbedingten Einkommensverlust im Zeitraum von Oktober 1949 bis Januar 1957
sowie zu Art und Umfang der Tätigkeit des Beschädigten bei der Firma Gebr. S. in K. die Cousine des Beschädigten, Frau P.,
als Zeugin vernommen. Des Weiteren hat das LSG vom Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW eine Auskunft über die Höhe
des durchschnittlichen Bruttolohnes einschließlich Kinderzuschläge und Weihnachtszuwendung eines im öffentlichen Dienst beschäftigten
Arbeitnehmers (Familienstand und Kinderzahl wie beim Beschädigten) für die Zeit von 1949 bis Ende 1956 eingeholt. Schließlich
hat die Deutsche Rentenversicherung Bund auf Veranlassung des LSG eine Vergleichsberechnung durchgeführt, wobei für die erste
Berechnung ein schädigungsbedingter Zeitraum der Nichtbeschäftigung von Oktober 1949 bis Februar 1956, für die zweite Berechnung
ein Zeitraum von Oktober 1949 bis Dezember 1956 zugrunde gelegt werden sollte.
Mit Urteil vom 18.10.2007 hat das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die vorrangig zu prüfenden Voraussetzungen des Vermutungstatbestandes des § 48 Abs 1 Satz 6 BVG seien nicht gegeben. Der Beschädigte habe nicht mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich (BSA) gehabt.
Ein derartiger Anspruch sei nicht "offensichtlich" oder "für jeden Kundigen klar erkennbar". Es ergebe sich auch kein Anspruch
auf Zahlung einer Witwenbeihilfe nach § 48 Abs 1 Satz 1 BVG. Eine Rentenminderung in Höhe des hier maßgeblichen Vomhundertsatzes von 15 vH lasse sich nicht feststellen. Dabei sei davon
auszugehen, dass der Beschädigte in der Zeit von Oktober 1949 bis Februar 1956 schädigungsbedingt keinen Beruf habe ausüben
können. Ein Zeitraum schädigungsbedingter Nichtarbeit von März 1956 bis Januar 1957 sei hingegen nicht erwiesen und werde
unter Berücksichtigung der durchgeführten Zeugenvernehmung von der Klägerin auch nicht mehr behauptet.
Die für 1997 (Jahr des Rentenbeginns) bei der Klägerin zu berücksichtigende Witwenversorgung nach dem Beschädigten von monatlich
1.990,55 DM betrage mehr als 36 vH von einem Zwölftel des nach § 33 Abs 1a BVG für Januar 1997 (nach Nr 5 Verwaltungsvorschrift [VV] zu § 48 BVG sei auf den dem Sterbemonat folgenden Monat abzustellen) maßgeblichen Bemessungsbetrages, der sich auf 1.332,03 DM belaufe
(Bemessungsbetrag nach § 33 Abs 1a BVG: 44.041 DM : 12 = 3.700,08 DM, hiervon 36 vH = 1.332,03 DM). Daher sei eine Minderung der Witwenversorgung um mindestens
15 vH erforderlich. Neben der ab dem 1.4.1997 in Höhe von 856,40 DM gewährten Witwenrente sei auch die von dem P. Verein gewährte
Witwenrente in Höhe von 167,80 DM als sonstiger Witwenversorgungsbezug zu berücksichtigen. Hingegen stelle die ab dem 1.9.1997
gewährte Rente der A. Lebensversicherung in Höhe von 1.140,10 DM keine aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung
dar; denn der Versicherungsvertrag sei erst nach dem Tod des Beschädigten geschlossen worden.
Es könne nicht außer Acht gelassen werden, dass der Beschädigte ab dem 1.1.1968 keine Rentenversicherungsbeiträge mehr gezahlt
habe, obwohl er hierzu in der Lage gewesen wäre. Bei der zugrunde zu legenden Versorgung sei daher der Zeitraum von Januar
1968 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres mit fiktiven Entgeltpunkten (EP) zu berücksichtigen. Insoweit ergebe sich rechnerisch
eine Witwenrente in Höhe von 966,35 DM. Zu dieser fiktiven Rente sei die tatsächlich bezogene Witwenrente von 856,40 DM sowie
die Rente des P. Vereins von 167,80 DM hinzuzurechnen. Mithin beliefen sich die zu berücksichtigenden Witwenversorgungsbezüge
auf insgesamt 1.990,55 DM.
Bei der Berechnung der hypothetisch ohne die Schädigungsfolgen erzielten Rente seien für die Zeit von Oktober 1949 bis Februar
1956 die vom Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW mit Schreiben vom 7.11.2006 mitgeteilten Bezüge eines im öffentlichen
Dienst beschäftigten Kaufmannsgehilfen zugrunde zu legen. Es fehlten zur Überzeugung des LSG für den maßgeblichen Zeitraum
amtliche Erhebungen des Statistischen Bundesamtes. Eine andere Beurteilung sei auch nicht im Hinblick auf die von der Klägerin
zu den Akten eingereichte Auskunft des Statistischen Bundesamtes vom 12.10.2004 gerechtfertigt. Zwar habe dieses ausgeführt,
dass die Angestelltenverdienste für Zeiten vor 1957 aus den damaligen Arbeiterverdiensten errechnet werden könnten. Es habe
aber auch darauf hingewiesen, dass in der Lohnstatistik Angestellte erst seit 1957 erfasst würden; mithin fehlten amtliche
Erhebungen für Angestellte vor 1957.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt.
Mit Wirkung zum 1.1.2008 sind die Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung durch
§ 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes NRW (Art 1 Zweites Gesetz
zur Straffung der Behördenstruktur in NRW vom 30.10.2007, GVBl NRW 482) auf die Landschaftsverbände in NRW übertragen worden.
Der Senat hat daher den Landschaftsverband Rheinland als Beklagten zu 2) am Verfahren beteiligt. Mit Beschluss vom 3.9.2008
hat der Senat die Bundesrepublik Deutschland zum Verfahren beigeladen.
Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Entgegen der Ansicht des LSG habe der Beschädigte mindestens
fünf Jahre Anspruch auf BSA gehabt. Aus den Verwaltungsakten des Beklagten zu 1) ergebe sich offensichtlich und klar, dass
der Beschädigte in der Zeit vom 28.7.1950 bis mindestens zum 29.8.1955 schädigungsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, eine
Erwerbstätigkeit auszuüben. Darüber hinaus liege eine hinreichende schädigungsbedingte Rentenminderung vor. Soweit das LSG
davon ausgehe, dass ohne die schädigungsbedingte Versorgungslücke je nach Berechnungsart zwischen 35,0248 und 35,4509 EP erwirtschaftet
worden wären, und diesen Beträgen 30,5836 EP gegenüberstelle, die seiner Ansicht nach mit der Schädigung hätten erreicht werden
können, sei der Sachverhalt unzureichend aufgeklärt. Die persönlichen EP des Beschädigten (mit und ohne Schädigungsfolgen)
seien fehlerhaft berechnet worden. Zunächst habe auch bei der Vergleichsberechnung eine Vervielfältigung mit dem Zugangsfaktor
1,165 anstelle von 1,0 erfolgen müssen. Darüber hinaus hätten bei den tatsächlich erreichten EP 22 Monate weniger berücksichtigt
werden dürfen, weil der Beschädigte auch vom 1.5.1963 bis 31.12.1967 versicherungsfrei gewesen sei. Ferner habe das LSG unter
Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz sowie unter Verletzung des Grundsatzes rechtlichen Gehörs den Probeberechnungen
der Deutschen Rentenversicherung Bund die vom Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW mitgeteilten Bezüge eines im öffentlichen
Dienst beschäftigten Kaufmannsgehilfen zugrunde gelegt. Anhand der Erhebungen des Statistischen Bundesamtes hätten die Angestelltenverdienste
auch für die Zeiten vor 1957 ermittelt werden können. Schließlich entspreche es nicht geltendem Recht, dass das LSG fiktive
Versorgungsbezüge in Höhe von 966,35 Euro ihren tatsächlichen Einkünften hinzurechne. Jedenfalls sei die Ermittlung der hinzurechenbaren
Leistungen rechtsfehlerhaft und unter Nichtbeachtung des Amtsermittlungsgrundsatzes erfolgt. Für die Ermittlung der hinzurechenbaren
Leistungen sei auf die Regelung des §
229 SGB V zurückzugreifen gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG NRW vom 18. Oktober 2007 und des SG Köln vom 13. November 2003 sowie den Bescheid des Beklagten zu 1)
vom 21. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2000 aufzuheben und den Beklagten zu 2) - hilfsweise
den Beklagten zu 1) - zu verurteilen, ihr ab Januar 1997 Witwenbeihilfe nach dem BVG zu gewähren.
Der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie sind der Ansicht, dass die Übertragung der Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts auf die Landschaftsverbände verfassungsmäßig
sei. Im Übrigen halten sie das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beigeladene meint dagegen, die Aufgabenübertragung verstoße gegen geltendes Bundesrecht, stellt aber keinen Antrag.
II
Die Revision ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG) begründet.
Die Klägerin hat ihre kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Revisionsverfahren hinsichtlich ihres Hauptantrags zu
Recht umgestellt und gegen den Beklagten zu 2) gerichtet. § 4 Abs 1 Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine
Verwaltung des Landes NRW (Art 1 Zweites Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in NRW [EingliederungsG] vom 30.10.2007
[GVBl NRW 482]) hat die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts einschließlich der Kriegsopferversorgung
mit Wirkung vom 1.1.2008 auf die Landschaftsverbände übertragen. Das LSG hat den Inhalt dieser landesrechtlichen Norm, wie
auch den Inhalt der übrigen hier einschlägigen Normen des EingliederungsG als gemäß §
162 SGG nicht revisibles Recht für das Bundessozialgericht (BSG) maßgebend festgestellt (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG Komm, 9. Aufl 2008, §
162 RdNr 7 mwN). Einwendungen gegen diese Feststellungen sind nicht erhoben worden. Hierdurch ist ein Beteiligtenwechsel kraft
Gesetzes (vgl dazu BSG, Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 13 f, auch zur Veröffentlichung
vorgesehen in BSGE; BSG, Beschluss vom 8.5.2007 - B 12 SF 3/07 S - SozR 4-1500 § 57 Nr 2 RdNr 4; BSG, Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 6 RdNr 13 mwN) eingetreten, denn allein der im Lauf des Verfahrens (vgl hierzu BSG, Urteil vom 18.7.2007
- B 12 P 4/06 R - SozR 4-3300 § 45 Nr 1 RdNr 12, auch zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE; BSG, Urteil vom 28.7.2008 - B 1 KR 5/08 R - SozR 4-2500 § 109 Nr 6 RdNr 12) zuständig gewordene Rechtsträger - der Beklagte zu 2) - kann die beanspruchten Leistungen
gewähren.
Die landesrechtliche Begründung der Zuständigkeit des Beklagten zu 2) für die Aufgaben der Kriegsopferversorgung ist mit höherrangigem
Recht, insbesondere mit den Vorschriften des
GG vereinbar. Dem Land NRW steht die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung der Behördeneinrichtung für den Vollzug des BVG zu. Diese ergibt sich mit Wirkung vom 1.9.2006 aus Art
84 Abs
1 Satz 1 und
2 GG idF des Gesetzes zur Änderung des
GG vom 28.8.2006 (BGBl I 2034) - nF - und erlaubt (iVm Art
125b Abs
2 GG nF) die Abweichung von den Bestimmungen des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung
vom 12.3.1951 (BGBl I 169). Die Regelungen des EingliederungsG in Verbindung mit den Bestimmungen des Gesetzes über die Organisation
der Landesverwaltung NRW vom 10.7.1962 (GVBl NRW 421, mit späteren Änderungen) stellen in ausreichendem Maß sicher, dass der
Bund seinen Aufsichtsrechten und -pflichten aus Art
84 Abs
3 und
4 GG nachkommen kann. Die Übertragung der Aufgaben der Versorgungsverwaltung auf die Landschaftsverbände verstößt nicht gegen
die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in Art
28 Abs
2 GG. Einfaches Bundesrecht, insbesondere §
71 Abs 5
SGG, steht ihr ebenfalls nicht entgegen. Dies hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 11.12.2008 (B 9 VS 1/08 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) entschieden und eingehend begründet.
Der Beklagte zu 2) ist gemäß §
70 Nr
1 2. Alt
SGG beteiligtenfähig. Seine Prozessfähigkeit ergibt sich aus §
71 Abs
3 SGG. Auch gegen die Prozessfähigkeit des Beklagten zu 1) bestehen keine durchgreifenden Bedenken (s BSG, Urteil vom 11.12.2008,
aaO mwN).
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG, denn
der Senat kann aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Klägerin
einen Anspruch auf Witwenbeihilfe hat.
Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 BVG ist der Witwe, dem hinterbliebenen Lebenspartner und dem Waisen eines rentenberechtigten Beschädigten, der nicht an den Folgen
der Schädigung gestorben ist, eine Witwen- und Waisenbeihilfe zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung
gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben, und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete
Witwenversorgung insgesamt mindestens um 10 bis 15 vH gemindert ist. Welcher Vomhundertsatz (§ 48 Abs 1 Satz 1 BVG - rechte Spalte) maßgeblich ist, richtet sich danach, in welchem Verhältnis die "abgeleitete" Witwenversorgung zu dem in
§ 33 Abs 1 Buchst a BVG genannten Bemessungsbetrag steht (§ 48 Abs 1 Satz 1 BVG - linke Spalte).
Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 1 BVG gelten als erfüllt, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Grundrente eines Beschädigten mit einem
Grad der Schädigungsfolgen (bis 20.12.2007 "Minderung der Erwerbsfähigkeit" [MdE]) von 100 oder wegen nicht nur vorübergehender
Hilflosigkeit Anspruch auf eine Pflegezulage hatte (§ 48 Abs 1 Satz 5 BVG). Diese gesetzliche Vermutung greift nicht ein; denn nach den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen und daher
für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) bezog der Beschädigte bis zu seinem Tod eine Grundrente nach einer MdE um lediglich 70 vH. Es ist darüber hinaus den Feststellungen
des LSG nicht zu entnehmen und auch von der Klägerin nicht geltend gemacht, dass der Beschädigte Anspruch auf eine Pflegezulage
hatte.
Gemäß § 48 Abs 1 Satz 6 BVG gelten die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 1 BVG auch als erfüllt, wenn der Beschädigte mindestens fünf Jahre Anspruch auf BSA wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des
§ 30 Abs 4 BVG oder auf BSA nach § 30 Abs 6 BVG hatte. Ein solcher Anspruch auf BSA ist ohne eine Gewährung dieser Leistung auch dann als gegeben anzusehen, wenn beim Beschädigten
die gesetzlichen Voraussetzungen für einen BSA nach dem Inhalt der über ihn geführten Versorgungsakten auf den ersten Blick
für jeden Kundigen klar erkennbar während wenigstens fünf Jahren vorgelegen haben und wenn sich dies der Verwaltung aufdrängen
musste (stRspr; BSG, Urteil vom 15.12.1999 - B 9 V 11/99 R - juris RdNr 12; Urteil vom 15.7.1992 - 9a RV 40/91 - BSGE 71, 68, 69 = SozR 3-3100 § 48 Nr 4 S 11 mwN). Das ist hier nicht der Fall.
Nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG hat der Beschädigte weder fünf Jahre lang BSA bezogen noch zu seinen Lebzeiten
einen Antrag auf diese Leistung gestellt. Soweit nach der Rechtsprechung des BSG auf den Leistungsbezug oder die nachträgliche
Feststellung des Anspruchs aufgrund eines vor dem Tode gestellten Antrags nur dann verzichtet werden kann, wenn ohne weitere
Sachaufklärung bereits nach dem Inhalt der Versorgungsakten die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind (BSG, Urteil vom 10.2.1993
- 9/9a RV 31/91 - SozR 3-3100 § 48 Nr 6 S 17), hat das LSG festgestellt, dass nach dem Akteninhalt zum Zeitpunkt des Todes des Beschädigten
keine Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich ein schädigungsbedingter Einkommensverlust als Voraussetzung für einen
Anspruch auf BSA aufdränge. Soweit die Klägerin geltend macht, der Beschädigte hätte von Juli 1950 bis August 1955 Anspruch
auf BSA gehabt, wenn es dieses erst 1960 eingeführte Rechtsinstitut damals schon gegeben hätte, kann sie damit ein Vorliegen
der Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 6 BVG nicht begründen.
Die Bejahung eines Anspruchs auf BSA für Zeiträume vor Einführung des BSA durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des
Kriegsopferrechts (Erstes Neuordnungsgesetz - 1. NOG - vom 27.6.1960 [BGBl I 453]) zum 1.6.1960 kommt auch im Rahmen des §
48 Abs 1 Satz 6 BVG nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.9.1970 - 10 RV 627/68 - BSGE 32, 1, 2 = SozR Nr 9 zu § 40a BVG Ca 12) soll mit dieser Versorgungsleistung kein Schaden, der einmal in der Vergangenheit vorgelegen hat, sondern nur ein
Schaden ausgeglichen werden, der in der Zeit ihrer Gewährung besteht. Ansprüche auf BSA können daher erst ab 1.6.1960 bestanden
haben. Da § 48 Abs 1 Satz 6 BVG eine Beweisvermutung, aber keine Anspruchsfiktion enthält, reicht es für das Vorliegen dieses Tatbestandes zwar aus, dass
der Anspruch bestanden hat, nicht aber, dass er bloß bestanden hätte.
Der Vermutungstatbestand des § 48 Abs 1 Satz 6 BVG ist auch nicht über eine entsprechende Anwendung von § 48 Abs 6 BVG zugunsten der Klägerin deshalb zu fingieren, weil der Beschädigte aufgrund der erst zum 1.6.1960 erfolgten Einführung des
BSA gehindert war, einen Anspruch auf diese Leistung für Zeiträume davor geltend zu machen. Nach § 48 Abs 6 BVG gelten die Absätze 1 bis 5 des § 48 BVG dann entsprechend, wenn der Beschädigte die Ansprüche nur deshalb nicht geltend machen konnte, weil er vor dem 1.1.1991 seinen
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Art 3 Einigungsvertrag genannten Gebiet hatte. Mit der Einführung der Vorschrift durch das Gesetz über die zwanzigste Anpassung der Leistungen nach
dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-Anpassungsgesetz 1991 vom 21.6.1991 [BGBl I 1310]) wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks
12/335 S 9) die Witwen von Beschädigten, die vor dem Inkrafttreten des BVG im Beitrittsgebiet am 1.1.1991 gestorben sind, den Witwen in der bisherigen Bundesrepublik gleichstellen. Die Gleichstellung
erfolgte jedoch nur insoweit als der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt der Beschädigten im Beitrittsgebiet kausal dafür
war, dass der Beschädigte seine Ansprüche nicht geltend machen konnte.
Eine derartige Fallkonstellation liegt hier ersichtlich nicht vor. Denn der Beschädigte war nicht wegen eines Wohnsitzes/gewöhnlichen
Aufenthalts im Beitrittsgebiet gehindert, seine Ansprüche geltend zu machen, sondern allein wegen des Umstands, dass Ansprüche
auf BSA vor dem 1.6.1960 gesetzlich nicht vorgesehen waren. Darüber hinaus sahen weder das 1. NOG noch Art 2 Gesetz zur Verbesserung
der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes vom 18.12.1975 (BGBl I 3113)
zur Einführung der Beweiserleichterung des § 48 Abs 1 Satz 5 und 6 BVG eine Rückwirkung auf Zeiträume vor dem Inkrafttreten der jeweiligen Regelungen, also auch nicht auf Zeiträume vor dem 1.6.1960
vor.
Die Begünstigung des durch § 48 Abs 6 BVG erfassten Personenkreises führt im Verhältnis zur Klägerin nicht zu einer Ungleichbehandlung, die gegen Art
3 Abs
1 GG (s dazu Jarass in: Jarass/Pieroth,
GG Komm, 9. Aufl 2007, Art
3 RdNr 14 ff mwN) verstoßen würde. Die Einbeziehung von in den neuen Bundesländern wohnenden Witwen Kriegsbeschädigter rechtfertigt
sich aus den Besonderheiten der deutschen Einigung. Im Übrigen wird dieser Personenkreis mit der Klägerin insoweit gleich
behandelt, als sich § 48 Abs 1 Satz 6 BVG nur auf BSA-Ansprüche für Zeiträume ab Inkrafttreten des 1. NOG beziehen kann.
Nachdem die Vermutungstatbestände der Sätze 5 und 6 des § 48 Abs 1 BVG nicht gegeben sind, ist gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 bis 4 BVG maßgeblich, ob die Gesamtversorgung der Klägerin schädigungsbedingt um den erforderlichen Vomhundertsatz gemindert ist. Hierzu
ist die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung (abgeleitete Witwenversorgung) festzustellen. Die Höhe
dieser Versorgung wird sodann mit dem in § 33 Abs 1 Buchst a BVG genannten Bemessungsbetrag (für den auf den Sterbemonat folgenden Monat; vgl Nr 5 der VV zu § 48 BVG) ins Verhältnis gesetzt (28 bis 36 und mehr vH eines Zwölftels des Bemessungsbetrags - § 48 Abs 1 Satz 1 BVG - linke Spalte). Daraus ergibt sich, wie hoch die Minderung der ohne die Schädigung zumutbar erzielbaren Witwenversorgung
(hypothetische Witwenversorgung) sein muss (10 bis 15 vH - § 48 Abs 1 Satz 1 BVG - rechte Spalte), um einen Anspruch auf Witwenbeihilfe zu begründen. Die Höhe der Minderung wird sodann durch einen Vergleich
der abgeleiteten mit der hypothetischen Witwenversorgung bestimmt.
Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG, Urteil vom 16.5.1995 - 9 RV 13/93 - SozR 3-3100 § 48 Nr 8 S 24 f), sind auch bei der Ermittlung einer schädigungsbedingten Minderung der Witwenversorgung die
Rechtsgrundsätze maßgebend, die für die Ermittlung eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes gelten. Entscheidend für
einen schädigungsbedingten Minderverdienst ist hierbei nicht die Gegenüberstellung des Vergleichseinkommens mit dem tatsächlichen
Einkommen, sondern mit dem Einkommen, das der Beschädigte trotz seiner Beschädigung noch zumutbar erzielen konnte. Übertragen
auf die Witwenbeihilfe ist danach nicht eine Gegenüberstellung der hypothetischen Witwenversorgung (ohne schädigungsbedingte
Minderung) mit der tatsächlichen Witwenversorgung vorzunehmen, sondern mit der Witwenversorgung, die der Beschädigte trotz
seiner Beschädigung zumutbar hätte aufbauen können. Denn durch die Witwenbeihilfe ausgeglichen werden soll lediglich die schädigungsbedingt
geminderte Witwenversorgung. Soweit schädigungsunabhängige Ursachen zu einem fehlenden Aufbau der Versorgung geführt haben,
hat die sich daraus ergebende Minderung unberücksichtigt zu bleiben.
Von welcher abgeleiteten Witwenversorgung im Falle der Klägerin auszugehen ist, kann nicht abschließend entschieden werden,
weil das Berufungsgericht hierzu keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen hat.
Bei der Feststellung der abgeleiteten Witwenversorgung sind neben der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
auch alle aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleiteten sonstigen Witwenversorgungsbezüge (BSG, Urteil vom 13.8.1997 - 9 RV 31/95 - SozR 3-3100 § 48 Nr 9) zu berücksichtigen. Hierzu gehören bei der Klägerin - wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist -
zunächst die tatsächlich bezogenen Witwenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 856,40 DM (ab 1.4.1997)
und von dem P. Verein in Höhe von 167,80 DM, nicht jedoch die ab dem 1.9.1997 gewährte Rente der A. Versicherung in Höhe von
1.140,10 DM. Darüber hinaus mit einzubeziehen ist eine fiktive Witwenversorgung, die der Beschädigte in der Zeit ab 1.1.1968
zumutbar hätte aufbauen können.
Auszugehen ist zunächst von der tatsächlich gezahlten Witwenrente der Klägerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung des
Beschädigten, der 30,5836 EP zugrunde liegen. Denn sie stellt mit dem (ab dem 1.4.1997 maßgeblichen) monatlichen Zahlbetrag
in Höhe von 856,40 DM einen Teil der aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleiteten Witwenversorgung der Klägerin iS des §
48 Abs 1 Satz 1 BVG dar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Rentenversicherungsträger den Zahlbetrag der Witwenrente der Klägerin mit Bescheid
vom 9.6.1997 auf der Basis von 30,5836 persönlichen EP zutreffend oder zu hoch berechnet hat. Wesentlicher Grund für die der
Klägerin tatsächlich gewährten Hinterbliebenenversorgung nach §
46 SGB VI bleibt auch bei einer fehlerhaften Berücksichtigung von Versicherungszeiten die Ehe mit dem Beschädigten und dessen gesetzliche
Rentenversicherung.
Nach den Feststellungen des LSG hat der Beschädigte ab dem 1.1.1968 keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet,
obwohl er hierzu in der Lage gewesen wäre. Da ihm insoweit trotz seiner Schädigung der Aufbau einer Witwenversorgung zumutbar
war (vgl BSG, Urteil vom 16.5.1995 - 9 RV 13/93 - SozR 3-3100 § 48 Nr 8 S 24 f), sind bei der Ermittlung der Höhe der abgeleiteten Witwenversorgung für die Zeit ab 1.1.1968
fiktive Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen.
Dabei ist es unerheblich, ob der Beschädigte durch Bescheid der damaligen BfA vom 23.8.1968 zu Recht - wegen des Abschlusses
einer befreienden Lebensversicherung - oder zu Unrecht - weil der Beschädigte möglicherweise eine solche Lebensversicherung
nicht abgeschlossen hatte - von der Rentenversicherung befreit worden ist. Jedenfalls hat das LSG für die Zeit ab 1.1.1968
den Aufbau einer anderweitigen Alters- und Hinterbliebenenvorsorge nicht festzustellen vermocht. Da sich die ab 1.1.1968 entstandene
Versorgungslücke angesichts der damaligen Einkommensverhältnisse des Beschädigten als schädigungsunabhängig darstellt, ist
sie im Rahmen dessen, was dem Beschädigten trotz seiner Schädigung zumutbar war, fiktiv zu schließen.
Zumutbar war dem Beschädigten, in der Zeit ab 1.1.1968 von seinem Arbeitsentgelt Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
nach dem bei Versicherungspflicht geltenden Beitragssatz bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass bei abhängig Beschäftigten, die im allgemeinen tariflich entlohnt werden, das tatsächlich erzielte Einkommen in aller
Regel dem trotz der Schädigung noch zumutbar erzielbaren Einkommen entspricht (BSG, Urteil vom 16.5.1995 - 9 RV 13/93 - SozR 3-3100 § 48 Nr 8 S 25 f). Soweit das tatsächliche Einkommen nicht mehr ermittelbar sein sollte, ist für Zeiten der
abhängigen Beschäftigung des Beschädigten das erzielbare Einkommen unter Zugrundelegung einer tariflichen Entlohnung zu fingieren.
Dabei hält der Senat die Anwendung der bereits dargelegten Grundsätze des BSA für angebracht.
War der Beschädigte als Teilhaber und Geschäftsführer der K. GmbH ab 25.4.1986 selbstständig tätig, ist nicht dessen tatsächliches
Einkommen festzustellen und zugrunde zu legen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats entspricht bei Selbstständigen das
tatsächliche Einkommen, das etwa anhand der Einkommensteuerbescheide festzustellen wäre, nicht dem zumutbar erzielbaren Einkommen.
Bei diesen ist entscheidend, was sie nach ihrer trotz der Schädigung gezeigten Leistungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt als
Unselbstständige erzielen könnten. Eine Gewinnermittlung unter Ausschöpfung aller möglichen Beweismittel hat zu unterbleiben
(BSG, Urteil vom 16.5.1995 - 9 RV 13/93 - SozR 3-3100 § 48 Nr 8 S 25 f). Selbstständig Tätige, denen der Verordnungsgeber die Beamtenbesoldung als Grundlage des
Vergleichseinkommens zubilligt (vgl § 5 Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs 3 bis 12 und des § 40a Abs 1 bis 5 des BVG - Berufsschadensausgleichsverordnung - BSchAV - idF der Bekanntmachung vom 29.6.1984 [BGBl I 861]), sind hinsichtlich des
derzeitigen Einkommens nicht als Angestellte oder Arbeiter zu behandeln. Der Selbstständige ist als Unbeschädigter und als
Beschädigter in die jeweils passende Gruppe der Besoldungsordnung einzustufen, weil nur dadurch eine sachgerechte Vergleichsbetrachtung
ermöglicht wird (BSG, Urteil vom 16.5.1995 - 9 RV 13/93 - SozR 3-3100 § 48 Nr 8 S 26).
Diesen Grundsätzen hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen. Es hat insbesondere keine konkreten Feststellungen zu
dem tatsächlichen oder zumutbaren Erwerbseinkommen des Beschädigten in der Zeit ab 1.1.1968 getroffen. Vielmehr hat es seiner
fiktiven Berechnung jährlich 1,6 EP zugrunde gelegt, indem es lediglich eine entsprechende Schätzung des Beklagten zu 1) übernommen
hat.
Zutreffend hat das LSG dagegen eine fiktive Zurechnung von EP nicht nur bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Beschädigten
vorgenommen. Da dieser nicht bereits mit der Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, greift
das Beweisregelsystem des § 8 BSchAV (vgl hierzu BSG, Urteil vom 12.12.1990 - 9/9a RV 20/89 - SozR 3-3100 § 30 Nr 2 S 4) hier nicht ein. Entsprechend den Grundsätzen des BSA ist auch für den Bereich der Witwenbeihilfe
nach § 48 BVG eine fiktive Zurechnung bis zum tatsächlichen Ausscheiden des Beschädigten aus dem Erwerbsleben (Beginn der Regelaltersrente)
durchzuführen. Nach Sinn und Zweck des § 48 BVG können die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nur wirtschaftlich verstanden werden. Da diese Vorschrift letztlich ihren
Grund darin hat, Entschädigungsansprüche zu regeln, wenn Beschädigte wegen ihrer Schädigungsfolgen nicht in der Lage waren,
ausreichend für ihre Hinterbliebenen zu sorgen, ist die danach vorgesehene Witwenbeihilfe in einem engen Zusammenhang mit
den in § 30 Abs 2 BVG genannten Leistungsvoraussetzungen zu sehen.
Der durch die Verletzungsfolgen eingetretene Schaden wirkt sich uU nicht nur zu Lebzeiten des Beschädigten aus. Da die Hinterbliebenenversorgung
in der Regel an das Erwerbseinkommen des Beschädigten anknüpft, wird ggf auch die finanzielle Situation der Hinterbliebenen
durch Art und Dauer der beruflichen Tätigkeit des Verstorbenen berührt. Eine Beihilfe an die Hinterbliebenen soll dann gezahlt
werden, wenn deren ungünstige wirtschaftliche Situation durch die Schädigung maßgeblich beeinflusst worden ist. Diese Auswirkungen
ergeben sich zB dadurch, dass der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen seinen bisherigen oder angestrebten Beruf nicht
ausüben konnte; sie sind noch Teil des beruflichen Schadens, der sich insoweit allerdings nicht mehr zu Lebzeiten des Beschädigten
ausgewirkt hat.
Dabei ist zu beachten, dass nicht über eine Entschädigung für den Beschädigten selbst, sondern über Leistungen an seine Hinterbliebenen
zu entscheiden ist. Während bei der besonderen beruflichen Betroffenheit auf die aktuelle berufliche Situation des Beschädigten
abzustellen ist, so dass Leistungen evtl auch ohne Einkommenseinbuße wegen Verlusts von sozialem Ansehen zu beanspruchen sind,
soll die Witwenbeihilfe keine auf die Berufstätigkeit als solche bezogene Entschädigung sein; maßgeblich ist die Auswirkung
auf die Versorgung (BSG, Urteil vom 14.6.1978 - 9 RV 54/77 - SozR 3100 § 48 Nr 4 S 7 ff; BSG, Urteil vom 19.3.1986 - 9a RV 6/84 - SozR 3100 § 48 Nr 13 S 35). Konnte der Beschädigte
die Versorgungsleistung trotz der Schädigungsfolgen durch tatsächlich über die Regelaltersgrenze hinausgehende Berufstätigkeit
zumutbar günstig beeinflussen, so hat sich dies auch bei der Beurteilung der (schädigungsbedingt geminderten) abgeleiteten
Witwenversorgung niederzuschlagen.
Die so für die Zeit ab 1.1.1968 zu ermittelnden fiktiven EP sind zusammen mit den für die Zeit davor tatsächlich berücksichtigten
30,5836 persönlichen EP einer Berechnung der abgeleiteten Witwenrente nach den Vorschriften des
SGB VI zuzuführen.
Nicht in die abgeleitete Gesamtwitwenversorgung einzubeziehen ist dagegen die monatliche Rente der Klägerin aus ihrem Vertrag
mit der A. Lebensversicherungs-AG. Zwar ist nicht auszuschließen, dass zumindest Teile des einmalig eingezahlten Beitrags
in Höhe von 200.000 DM - nämlich diejenigen, die aus dem Nachlass des Beschädigten stammen - iS von § 48 Abs 1 BVG aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitet sind. Durch die fiktive Schließung der seit 1.1.1968 bestehenden "Lücke" im
Aufbau der Hinterbliebenenversorgung ist jedoch bereits eine auf das gesamte Berufsleben des Beschädigten bezogene abgeleitete
tatsächliche bzw zumutbare Witwenversorgung ermittelt worden. Eine (teilweise) Anrechnung der monatlichen Rente aus dem Versicherungsvertrag
würde daher zu einer doppelten Berücksichtigung von Erwerbseinkommen des Beschädigten für Zwecke der Alters- und Hinterbliebenenversorgung
führen.
Die nach den dargelegten Grundsätzen zu bestimmende abgeleitete Gesamtwitwenversorgung ist nach Maßgabe von § 48 Abs 1 BVG mit einer hypothetischen, dh ohne die Schädigungsfolgen zumutbar erzielbaren Witwenversorgung zu vergleichen. Das ohne die
Schädigung wahrscheinlich erzielte Hinterbliebeneneinkommen ist dabei nicht nach individuellen Einkommensverhältnissen zu
berechnen. Vielmehr ist das Rentenmindereinkommen entsprechend den von der Rechtsprechung für den BSA entwickelten Rechtsgrundsätzen
pauschalierend und generalisierend nach einem durchschnittlichen Bezug festzusetzen (BSG, Urteil vom 5.3.1980 - 9 RV 81/78 - SozR 3100 § 30 Nr 47 S 199; BSG, Urteil vom 19.3.1986 - 9a RV 6/84 - SozR 3100 § 48 Nr 13 S 36). Diese Handhabung ist infolge
der Wechselbeziehungen zwischen dem zu Lebzeiten des Beschädigten eingetretenen Berufsschaden und den entsprechenden Auswirkungen
auf die Hinterbliebenenversorgung geboten. Witwenbeihilfe wird gerade deswegen zugestanden, weil der Beschädigte infolge der
Schädigungsfolgen nicht imstande war, ausreichend für seine Hinterbliebenen zu sorgen. Eine solche unmittelbare Beziehung
zwischen BSA und Hinterbliebenenversorgung ist darüber hinaus - wie § 48 Abs 1 Satz 6 BVG zeigt - in § 48 BVG selbst enthalten. Im Übrigen entspricht die pauschale Ermittlung der Renteneinbuße der Konzeption des Gesetzgebers. Die Bearbeitungsweise
soll möglichst einfach gestaltet sein und eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleisten.
Das BSG hat zum BSA bereits entschieden (BSG, Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 51/76 - BSGE 45, 227, 234 = SozR 3100 § 30 Nr 33 S 138), wie dabei vorzugehen ist: Zunächst ist festzustellen, welche berufliche Tätigkeit der
Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits-
und Ausbildungswillen während seines aktiven Berufslebens wahrscheinlich ausgeübt hätte. Diese wahrscheinlich ausgeübte Berufstätigkeit
ist sodann auf der Grundlage der in § 30 Abs 5 BVG erschöpfend aufgezählten Vergleichskriterien (Durchschnittseinkommen aufgrund der amtlichen Erhebungen des Statistischen
Bundesamtes für das Bundesgebiet und die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs-, Vergütungs- oder Lohngruppen des Bundes)
nach Maßgabe der BSchAV einer bestimmten Berufs- oder Wirtschaftsgruppe zuzuordnen. Daraus ist dann im Rahmen des § 48 BVG eine hypothetische Witwenversorgung abzuleiten. Das ist hier nach den bisherigen berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen
nicht möglich.
Nach den Feststellungen des LSG konnte der Beschädigte von Oktober 1949 bis Februar 1956 schädigungsbedingt keine Erwerbstätigkeit
ausüben. Zur Feststellung des Hinterbliebenenvergleichseinkommens darf für diesen Zeitraum nur dann auf die Bezüge eines im
öffentlichen Dienst beschäftigten Kaufmannsgehilfen zurückgegriffen werden, wenn sich aus den in den amtlichen Erhebungen
des Statistischen Bundesamtes für diese Zeit erfassten Arbeiterlöhnen nach sachverständiger Beurteilung keine eindeutig zuverlässigeren
Werte für die tatsächlichen Angestelltenverdienste der damaligen Zeit errechnen lassen.
Soweit das Berufungsgericht Feststellungen hinsichtlich der Frage getroffen hat, ob für die Zeit vor 1957 amtliche Erhebungen
des Statistischen Bundesamtes vorliegen, ist eine Bindung (§
163 SGG) des Revisionsgerichts hieran nicht gegeben. Denn es handelt sich insoweit um allgemeine Tatsachen, die zur allgemein gültigen
Auslegung einer Gesetzesvorschrift benötigt werden bzw über deren Vorliegen über den jeweiligen konkreten Einzelfall hinaus
in allen vergleichbaren Fällen zu entscheiden ist (BSG, Urteil vom 16.6.1999 - B 1 KR 4/98 R - BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19 f; abweichend: May, Die Revision, 2. Aufl 1997, VI RdNr 383, der als allgemeine Tatsachen
nur solche gelten lassen will, die zur Auslegung einer Norm erforderlich sind, und deshalb von "normbestimmenden Tatsachen"
spricht). Das Revisionsgericht ist berechtigt, allgemeine Tatsachen selbst zu ermitteln und zu würdigen. Ebenso kann es das
bereits vorliegende Material anders als das Berufungsgericht beurteilen (BSG, Urteil vom 10.12.1987 - 9a RVs 11/87 - BSGE
62, 273, 277 = SozR 3870 § 60 Nr 2 S 5 zur Ermittlung der tatsächlichen Gehgewohnheiten der Bevölkerung als allgemeine Tatsache,
die zur allgemein gültigen Auslegung einer Gesetzesvorschrift benötigt wird; BSG, Urteil vom 16.6.1999 - B 1 KR 4/98 R - BSGE 84, 90, 97 = SozR 3-2500 § 18 Nr 4 S 19 f; BSG, Urteil vom 13.12.2005 - B 1 KR 21/04 R - SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 18 - jeweils zur Frage, ob eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
entsprechende Behandlung einer Krankheit im Inland möglich ist; BSG, Beschluss vom 7.10.2005 - B 1 KR 107/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 9; ebenso für wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Möglichkeiten der Krankheitsverursachung durch
schädliche Einwirkungen am Arbeitsplatz: BSG, Urteil vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 201 RdNr 24 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7 RdNr 24; BSG, Urteil vom 27.6.2006 - B 2 U 5/05 R - BSGE 96, 297 RdNr 19 = SozR 4-5671 § 6 Nr 2 RdNr 19). Denn es ist Aufgabe der Revisionsinstanz, in einer solchen Konstellation durch Ermittlung
und Feststellung der allgemeinen Tatsachen die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sicherzustellen und so die Rechtseinheit
zu wahren (BSG, Urteil vom 13.12.2005 - B 1 KR 21/04 R - SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 18).
Eine amtliche Erhebung des Statistischen Bundesamtes über die Angestelltenverdienste für Zeiträume vor 1957 existiert nicht.
Bereits aus dem von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegten Schreiben des Statistischen Bundesamtes vom 12.10.2004
ergibt sich, dass für Angestellte eine Lohnstatistik erst seit 1957 geführt wird. Gleiches lässt sich aus den Veröffentlichungen
des Statistischen Bundesamtes selbst entnehmen, die für die Angestelltenverdienste erst mit dem Jahr 1957 einsetzen (vgl Veröffentlichung
der Bruttoverdienste auf der Internetseite des Statistischen Bundesamtes www.destatis.de).
Das Statistische Bundesamt hat insoweit einen Weg aufgezeigt, nach dem aus Arbeiterverdiensten für Zeiten vor 1957 auf die
entsprechenden Angestelltenverdienste zurückgerechnet werden könne: Hierfür empfehle sich der Index der durchschnittlichen
Bruttowochenverdienste der Arbeiter im Produzierenden Gewerbe im früheren Bundesgebiet, da dieser Index die reine Verdienstentwicklung
unter Nichtberücksichtigung struktureller Veränderungen der Arbeiterschaft aufzeige. Diesen Index habe das Statistische Bundesamt
mit einem ähnlichen Index des Statistischen Reichsamtes verknüpft. Die dabei entstandene Lücke sei dann vom Statistischen
Bundesamt unter Zuhilfenahme von Daten des Statistischen Amtes des Vereinigten Wirtschaftsgebietes für die Zeit von 1946 bis
1949 weitgehend geschlossen worden. Die vom Statistischen Bundesamt erfassten und veröffentlichten Werte für Arbeiter seit
1950 und Angestellte seit 1957 würden nach gleichen Grundsätzen errechnet.
Auch wenn es sich bei einer solchen Rückrechnung nicht um eine statistische Erhebung im engeren Sinne handelt, ist eine solche
Vorgehensweise beim Fehlen amtlicher Erhebungen zur Ermittlung des maßgeblichen Vergleichseinkommens gleichwohl vom Gesetz
gedeckt. Die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 30 Abs 5 Satz 2 BVG sieht vor, dass zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens die bekannten Werte der amtlichen Erhebungen des Statistischen
Bundesamtes für das Bundesgebiet und die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs-, Vergütungs- oder Lohngruppen des Bundes
"heranzuziehen" sind. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass diese Werte zur Grundlage einer weiteren Berechnung gemacht werden
können. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Schreiben des Statistischen Bundesamtes vom 12.10.2004 darauf
hindeutet, dass auch die in der amtlichen Erhebung bekannt gemachten Arbeiterlöhne (teilweise) Ergebnis einer auf Verknüpfung
von statistischen Werten mit mehreren Indices beruhenden Berechnung sind. Hieraus lässt sich folgern, dass - zumindest unter
bestimmten Voraussetzungen - ein solches Verfahren als statistisch valide anerkannt sein kann.
Soweit das BSG in einer früheren Entscheidung (BSG, Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 51/76 - BSGE 45, 227, 235 = SozR 3100 § 30 Nr 33 S 139) ausgeführt hat, beim Fehlen amtlicher Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für den
maßgeblichen Zeitraum könnten zur Ermittlung des Vergleichseinkommens nur die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder
Vergütungsgruppen des Bundes herangezogen werden, weicht der Senat hiervon nicht ab. In der Entscheidung aus dem Jahr 1977
ist die Heranziehung anderer - nämlich örtlich oder regional begrenzter - Vergleichsgrundlagen für mit dem Grundsatz der Generalisierung
und Pauschalierung unvereinbar gehalten worden. Es ging dabei nicht um die Auslegung des Begriffs "heranziehen".
Um dem in § 30 Abs 5 Satz 2 BVG bestimmten Erfordernissen gerecht zu werden, kann auf eine Berechnung der Vergleichsgrundlage jedoch nur dann zurückgegriffen
werden, wenn sowohl die Ausgangsdaten als auch die Berechnungsschritte wie auch das Ergebnis eine den amtlichen Erhebungen
des Statistischen Bundesamtes vergleichbare Validität aufweisen. Das hängt davon ab, ob nach fachkundiger Beurteilung durch
eine solche Berechnung zuverlässige Ergebnisse über die Angestelltenverdienste für die Zeit vor 1957 gewonnen werden können
und ob auf diese Weise die Einkommensverhältnisse von Angestellten in der Privatwirtschaft eindeutig realistischer abgebildet
werden als mit den vom LSG herangezogenen Bezügen eines im öffentlichen Dienst beschäftigten Kaufmannsgehilfen. Zwar könnte
der Senat entsprechende Feststellungen selbst treffen, er sieht jedoch davon ab, weil die Sache zwecks weiterer Ermittlungen
ohnehin an das LSG zurückzuverweisen ist.
Bei der Ermittlung des hypothetischen Vergleichseinkommens ist ua auch zu berücksichtigen, dass sich dieses nach den Grundsätzen
des BSA mit Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem
SGB VI erreicht hat, aus §
8 Abs
1 Satz 1 Nr
1 BSchAV ergibt. Sinn dieser Vorschrift ist es, das typischerweise zu diesem Zeitpunkt erfolgende schädigungsunabhängige Ausscheiden
aus dem Erwerbsleben und das damit verbundene Absinken des Erwerbseinkommens bei der Berechnung des BSA zu berücksichtigen
(BSG, Urteil vom 13.8.1997 - 9 RV 26/95 - SozR 3-3642 § 8 Nr 8 S 20). Hiervon sieht § 8 Abs 1 Satz 3 BSchAV nur für die Fälle der Nr 2 und 3 des Satzes 1 Abweichungen
vor, wenn der Beschädigte glaubhaft macht, dass er ohne die Schädigung noch erwerbstätig wäre. Keine Abweichung ist vorgesehen,
wenn der Beschädigte über den Eintritt des 65. Lebensjahres hinaus einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Denn dies würde
der typisierenden und generalisierenden Betrachtungsweise des BSA zuwiderlaufen.
Der Berechnung der aus dem Vergleichseinkommen des Beschädigten abgeleiteten hypothetischen Witwenrente ist - worauf die Klägerin
zutreffend hinweist - unter Berücksichtigung des tatsächlichen Renteneintritts des Beschädigten ein Zugangsfaktor 1,165 zugrunde
zu legen. Die Witwenrente in der gesetzlichen Rentenversicherung leitet sich aus der Versicherung des versicherten Ehegatten
(hier: des Beschädigten) ab (§
46 SGB VI); ihre Höhe bestimmt sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens (des Ehegatten) durch Beiträge versicherten
Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen, welche in EP umgerechnet werden (§
63 SGB VI). Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich nach der Rentenformel, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten
persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt
werden (§
64 SGB VI). Dabei sind Grundlage der Ermittlung der persönlichen EP bei Witwenrenten die EP des verstorbenen Versicherten (§
66 SGB VI).
Demzufolge sind bei der Bemessung der hypothetischen Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung die persönlichen
EP des versicherten Ehegatten (hier des Beschädigten) zugrunde zu legen, die dieser ohne die Schädigung erworben haben würde.
Diese EP sind für die hypothetische Witwenversorgung - soweit sie aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt - insgesamt
mit dem Zugangsfaktor zu bewerten, der sich nach dem im Zeitpunkt des Rentenbeginns (1.5.1992) geltenden Recht ergibt. Maßgeblich
ist daher §
77 Abs
3 Satz 1
SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung des Art 1 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - vom 18.12.1989 [BGBl I 2261, BGBl I 1990
1337]), wonach der Zugangsfaktor bei EP, die bereits Grundlage von persönlichen EP einer Rente wegen Alters waren, erhalten
bleibt. Danach sind die EP mit einem Zugangsfaktor zu bewerten, der für jeden Kalendermonat, für den der Versicherte (Beschädigte)
nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rente wegen Alters trotz erfüllter Wartezeit nicht in Anspruch genommen hat, um
0,005 höher als 1,0 ist, mithin - wie es sich für die tatsächlich berücksichtigten EP auch aus der Anlage 6 des Witwenrentenbescheides
vom 9.6.1997 ergibt - mit einem Zugangsfaktor von 1,165. Dem hat das LSG nicht Rechnung getragen, indem es bei der hypothetischen
Witwenrente lediglich einen Zugangsfaktor von 1,0 angesetzt hat.
Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das LSG die fehlenden Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben. Auch die Entscheidung
über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt ihm vorbehalten.