Gewährung von OEG
Unanfechtbare Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Willkürliche Ablehnungsentscheidung
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Opferentschädigung für die Folgen einer körperlichen Auseinandersetzung mit ihrem ehemaligen
Lebensgefährten.
Antrag, Klage und Berufung sind nach medizinischer Beweiserhebung ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat ausgeführt, weder könne
ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff auf die Klägerin festgestellt werden noch ließen sich die von ihr als
Schädigungsfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Vorfall im Jahr 2011
zurückführen (Urteil vom 25.10.2018).
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.10.2018, das ihr am 31.10.2018
zugestellt worden ist, mit einem am 12.11.2018 beim BSG eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom selben Tag Beschwerde eingelegt. Auf deren Antrag ist die Frist
zur Begründung der Beschwerde um einen Monat bis zum 30.1.2019 verlängert worden (§
160a Abs
2 S 2
SGG).
Mit Schreiben vom 26.1.2019, beim BSG eingegangen am 27.1.2019, hat die Klägerin persönlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren
unter Beiordnung von Rechtsanwalt S., Sch., M.-E. und die weitere Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 30.2.2019
beantragt.
Mit Schriftsatz vom 29.1.2019, eingegangen beim BSG am 30.1.2019, haben die Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, dass das Mandat mit der Klägerin beendet ist und gebeten die
zukünftige Korrespondenz mit dieser bzw deren neuen Rechtsanwalt zu führen.
II
1. Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von PKH ist abzulehnen. Unbeschadet der Frage, ob ihr wegen der Niederlegung des
Mandats durch ihre Prozessbevollmächtigten kurz vor Ablauf der bereits einmal verlängerten Beschwerdefrist noch Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gewährt werden könnte (vgl BGH Beschluss vom 27.9.2004 - II ZB 17/03 - Juris RdNr 8 mwN; BGH Beschluss vom 18.4.1977 - VIII ZB 4/77 - Juris RdNr 2 f), ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, die Nichtzulassungsbeschwerde noch erfolgreich zu begründen.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin vorrangig geltend gemachten Verfahrensfehler, vor allem die
Verletzung der dem LSG obliegenden Sachaufklärungspflicht gemäß §
103 SGG, mit Erfolg gerügt werden könnte. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nur dann auf eine Verletzung des §
103 SGG gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Einen derartigen Beweisantrag hat die Klägerin nicht gestellt.
War der Beschwerdeführer in der Berufungsinstanz - wie hier - durch keinen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten,
sind zwar an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines Beweisantrags verminderte Anforderungen zu stellen. Auch ein
unvertretener Beteiligter muss aber einen konkreten Beweisantrag sinngemäß gestellt haben, dh angeben, welche konkreten Punkte
er am Ende des Verfahrens noch für aufklärungsbedürftig gehalten hat und auf welche Beweismittel das Gericht hätte zurückgreifen
sollen, um diese aufzuklären (BSG Beschluss vom 21.2.2018 - B 5 R 331/17 B - BeckRS 2018, 2531 RdNr 11 mwN).
Diesen Anforderungen ist nicht genügt. Weder gibt die Klägerin an noch ist aus dem Akteninhalt ersichtlich, welchen konkreten
Aufklärungsbedarf sie dem LSG am Ende der Berufungsinstanz noch hinreichend deutlich geltend gemacht hat. Zwar hat sie zu
Beginn des Berufungsverfahrens Unterlagen bezeichnet und eine Reihe von Zeugen benannt, die nach ihrer Ansicht zum schädigenden
Ereignis vernommen werden sollten, ohne allerdings im Einzelnen darzulegen, zu welchen genau bezeichneten Tatsachen (Beweisthema)
diese Zeugen Angaben hätten machen sollen. Mit ihrem letzten Schreiben vor der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2018 hat die
Klägerin vom LSG noch verlangt, den bereits schriftlich vernommenen Arzt Herr N. persönlich als (sachverständigen) Zeugen
zu hören. Wie das LSG aber zu Recht angenommen hat, hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, welchen
zusätzlichen Erkenntnisgewinn eine persönliche Vernehmung dieses Arztes hätte erbringen können, weil es etwa auf den persönlichen
Eindruck von diesem Zeugen angekommen wäre (vgl Leopold in Roos/Wahrendorf,
SGG, 2014, §
118 RdNr 64 mwN).
Ebenso wenig erschließt sich, warum die von der Klägerin in dem genannten Schreiben zuletzt noch verlangte Beiziehung von
Akten aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten vor dem Amtsgericht oder die Vernehmung
des Polizeibeamten, bei dem sie Strafanzeige erstattet hatte, überhaupt entscheidungserheblich und deshalb beweisbedürftig
waren. Denn nach der für die Beurteilung des Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsansicht des LSG sind die von der Klägerin
geltend gemachten Gesundheitsstörungen ohnehin nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Vorfall vom 17.3.2011 zurückzuführen,
unabhängig von der Frage, ob es sich dabei überhaupt um einen Angriff im Sinne von §
1 Opferentschädigungsgesetz gehandelt hat.
Schließlich ist auch weder aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung noch aus dem Urteil des LSG ersichtlich, dass die
Klägerin ihre schriftlich im Verfahren gemachten Beweisanregungen in der mündlichen Verhandlung - wie erforderlich - wiederholt
und noch weniger zumindest sinngemäß zu einem Beweisantrag konkretisiert hätte. Vielmehr hat das LSG ua ausdrücklich darauf
hingewiesen, die Klägerin habe ihr Begehren auf Vernehmung des Herrn N. nicht weiter aufrechterhalten. Für die anderslautende
Behauptung der Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist nichts ersichtlich.
Im Übrigen, soweit die Klägerin geltend macht, das LSG habe unvollständige Beweisfragen gestellt, Beweisergebnisse "missverstanden"
und falsche Schlussfolgerungen gezogen, wendet sie sich letztlich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, die §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG indes der Beurteilung durch das Beschwerdegericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen
Anordnung kann diese Beweiswürdigung mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden
(Senatsbeschluss vom 27.8.2018 - B 9 V 15/18 B - Juris RdNr 9 = BeckRS 2018, 22817 RdNr 9 mwN). Auch ein von der Klägerin wohl angenommener Rechtsanwendungsfehler des LSG
in ihrem Einzelfall, für den ohnehin nichts ersichtlich ist, wäre im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unerheblich (vgl
Senatsbeschluss vom 9.6.2017 - B 9 V 88/16 B - Juris RdNr 11 = BeckRS 2017, 114949 RdNr 11 mwN).
Soweit die Klägerin sinngemäß eine Verletzung ihres Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit (Art
3 Abs
1 iVm Art
20 GG) rügen möchte, weil das LSG ihre wiederholten Anträge auf PKH zu Unrecht abgelehnt habe, hat sie auch insoweit keinen Verfahrensmangel
bezeichnet. Grundsätzlich ist die Rüge gegen die unanfechtbare Ablehnung einer PKH-Gewährung ausgeschlossen (§
202 S 1
SGG iVm §
557 Abs
2 ZPO). Daher kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde als Verfahrensmangel nicht die rechtswidrige Ablehnung von PKH als
solche geltend gemacht werden, sondern nur eine Ablehnung, die verfassungsrechtlich fundierte prozessuale Gewährleistungen
verletzt, weil sie auf Willkür beruht und damit gegen Art
3 Abs
1 GG und das Gebot der Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten verstößt (BSG, Beschluss vom 1.6.2017 - B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 10 mwN). Für eine solche willkürliche Verweigerung
der PKH durch das LSG ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Da die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat, ist der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung
von Rechtsanwalt S. abzulehnen (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 Abs
1 S 1, §
121 Abs
1 ZPO).
2. Die nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Bevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) begründete Beschwerde ist nach §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.