Leistungen der Opferentschädigung
Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall
Rüge einer fehlerhaften Verfahrensdurchführung
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt Leistungen der Opferentschädigung wegen sexuellen Missbrauchs und weiterer Misshandlungen in ihrer Kindheit.
Der darauf gerichtete Antrag ist ebenso erfolglos geblieben wie die Klage und die anschließende Berufung. Das LSG hat den
Anspruch der Klägerin auf Entschädigungsleistungen verneint, weil weder erwiesen noch hinreichend glaubhaft gemacht sei, dass
sie Opfer rechtswidriger tätlicher Angriffe geworden sei (Urteil vom 22.8.2017).
Mit ihrer Beschwerde, für die sie zugleich Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt, wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des LSG. Das Berufungsgericht habe seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt und die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache verkannt.
II
Der PKH-Antrag der Klägerin ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 Abs
1 S 1
ZPO). Daran fehlt es hier. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung vom 11.12.2017 genügt nicht
den gesetzlichen Anforderungen, weil weder der behauptete Verfahrensmangel (1.) noch eine grundsätzliche Bedeutung (2.) ordnungsgemäß
dargetan worden ist (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§
103 SGG), muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.
Das ist hier nicht geschehen.
Die Klägerin trägt zur Begründung des geltend gemachten Aufklärungsmangels vor, das Berufungsgericht hätte ihre Mutter laden
und befragen müssen. Sie behauptet jedoch nicht, einen auf Zeugenvernehmung ihrer Mutter gerichteten, substantiierten Beweisantrag
auch gestellt und bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten zu haben. Ebenso wenig schildert
sie im erforderlichen Umfang den für die Entscheidung maßgeblichen und vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt.
Ihr pauschaler Hinweis auf die Verfahrensakten reicht insoweit nicht. Der Beschwerdebegründung lässt sich auch nicht entnehmen,
warum das LSG sich zu der von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Beweiserhebung hätte gedrängt sehen sollen und warum
es auf deren Inhalt für das Verfahrensergebnis ankam.
2. Ebenso wenig substantiiert dargelegt hat die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Eine solche Bedeutung hat ein Verfahren nur, wenn es eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer
muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche
Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt.
Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Sie formuliert bereits keine eindeutig erkennbare Rechtsfrage. Die
Beschwerde behauptet lediglich, das LSG hätte das Verfahren aufgrund der Gesetzesänderung des §
844 BGB anders durchführen müssen. Daraus lässt sich nicht einmal ansatzweise entnehmen, welche entscheidungserhebliche Auslegungsfrage
sich zu welchem Tatbestandsmerkmal welcher Norm stellt und warum sich eine solche Frage nicht anhand bereits vorhandener Rechtsprechung
beantworten lässt. Nichts anderes gilt für die nicht näher ausgeführte Behauptung, seit der Beweiserleichterung in §
844 BGB sei Konsens, dass ein nicht ausgeräumter Verdachtsmoment zu einem zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch führe.
Soweit die Beschwerde im Übrigen ausführt, nach ihrer Ansicht habe das LSG § 15 KOVVfG falsch angewendet, rügt sie lediglich einen mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angreifbaren Rechtsanwendungsfehler im
Einzelfall.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2, §
169 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.