Erstattung schädigungsbedingter Mehraufwände für Versorgungsberechtigte
Gründe:
Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 30. März 2005 die Auffassung des Beklagten und die erstinstanzliche
Entscheidung des Sozialgerichts Leipzig bestätigt, wonach der schwer kriegsbeschädigte Kläger (Verlust des Armes links im
Oberarm; umschriebene Hirnverletzungen rechts frontal mit Narbe an der rechten Stirnregion; Narbenbildung linker Oberschenkel
mit Substanzverlust der Muskulatur und Sensibilitätsstörung und Einschränkung der Beugefähigkeit im linken Kniegelenk; Verwachsung
der fünften Zehe links mit Narbe im Verwachsungsbereich; Minderung der Erwerbsfähigkeit um 90 vH) keinen Anspruch auf Erstattung
von 95 DM hat, die er für ein - alle zwei Jahre erforderliches - Gesundheitsgutachten zur Aufrechterhaltung seiner Fahrerlaubnis
(Auflagen: automatische Kupplung, Lenkradfixierung, Lenkerdrehknopf, Hupe und Blinker rechts, Scheibenwischer mit Fußbedienung,
keine Hängerberechtigung) zu bezahlen hatte. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Er macht grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
geltend.
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und
fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung sowie des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb
eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren
eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht nach §
160a Abs
2 Satz 3
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) Eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
(3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung,
also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die
vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger hat zwar (sinngemäß) die folgende Rechtsfrage formuliert:
"Muss ein Kriegsbeschädigter, der auf Anordnung einer Verwaltungsbehörde wegen seiner anerkannten Kriegsbeschädigung sich
(wiederholt) einer besonderen Eignungsprüfung im Sinne einer medizinischen Untersuchung zum Erhalt seines Führerscheins zu
unterziehen hat, die ihm dadurch entstehenden Kosten aus der Grundrente nach § 31 Abs 1 BVG bestreiten oder sind ihm diese Kosten von der Versorgungsverwaltung zu erstatten?"
Er hat auch behauptet, die Antwort ergebe sich nicht aus dem Gesetz und es liege hierzu auch keine einschlägige höchstrichterliche
Rechtsprechung vor. Damit ist der Klärungsbedarf aber nicht ausreichend aufgezeigt.
Was den ersten Teil der Frage anbelangt, hätte der Kläger näher darlegen müssen, das sich die Antwort darauf nicht aus der
bereits vorliegenden Rechtsprechung des BSG zum Versorgungsrecht entnehmen lässt. Zu derartigen Darlegungen bestand besondere
Veranlassung. Der Senat hat nämlich wiederholt entschieden, dass es keinen allgemeinen Anspruch Versorgungsberechtigter auf
Erstattung jeglichen schädigungsbedingten Mehraufwandes gibt. Nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wird schädigungsbedingter Mehraufwand auf verschiedene Weise ausgeglichen: Durch besondere Leistungen, in den vom Gesetz
genannten Fällen, im Übrigen pauschal durch die Grundrente, die nicht nur dem Ausgleich immaterieller Schäden, sondern zugleich
der Abgeltung des (sonstigen) Mehraufwandes dient, der dem Beschädigten als Folge der Schädigung "in allen Lebenslagen" erwächst
(vgl BSGE 30, 21, 25 = SozR Nr 39 zu § 30 BVG mit Hinweis auf die Motive des Gesetzes; dazu auch Förster in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl 1992, § 31 BVG RdNrn 3 und 17). Der Senat hat deshalb bereits einen Anspruch auf Ersatz von Steuerberatungskosten verneint, die einem Versorgungsberechtigten
in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber einer Pflegekraft entstehen (SozR 3-3100 § 35 Nr 4). Er hat es außerdem gebilligt, dass
bei Beurteilung der Hilflosigkeit im Sinne des § 35 Abs 1 BVG hauswirtschaftlicher Hilfe-Bedarf grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist, weil dessen Kosten aus der Grundrente gedeckt
werden können und zu decken sind (SozR 3-3100 § 35 Nr 6). Schließlich hat der Senat einen Beschädigten darauf verwiesen, die
Kosten für ein Bereitschaftszimmer seiner Pflegekräfte aus der Grundrente zu bestreiten (SozR 3-3100 § 35 Nr 7). Angesichts
dieser gefestigten Rechtsprechung hätte der Kläger in seiner Beschwerdebegründung deutlich machen müssen, weshalb sein hier
geltend gemachter Mehrbedarf von 95 DM, der in dieser Größenordnung offenbar nur alle zwei Jahre anfallen kann, ggf nicht
aus der Grundrente zu decken sein soll.
Soweit der Kläger den zweiten Teil der Frage, der sich auf eine Kostenerstattungspflicht der Versorgungsverwaltung im konkreten
Fall bezieht, überhaupt eine eigenständige Bedeutung beimisst, fehlt es bereits an einer hinreichenden Auseinandersetzung
mit den einschlägigen Bestimmungen, um diesbezüglich einen höchstrichterlichen Klärungsbedarf darzutun. Soweit der Kläger
das Bestehen einer Lücke in der Orthopädieverordnung lediglich mit einer Benachteiligung gegenüber gesunden Führerscheininhabern
zu begründen sucht, hat er sich wiederum nicht mit der bereits angesprochenen Rechtsprechung des BSG zum Ausgleich schädigungsbedingten
Mehrbedarfs auseinander gesetzt. Ebenso wenig wird deutlich, inwiefern das Fehlen einer abstrakten Definition des Begriffs
"Ersatzleistung" sich zu Gunsten des Klägers auswirken könnte.
Die danach nicht formgerecht begründete Beschwerde ist nach §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.