Sozialhilferecht - E: Erstattungsanspruch Dritter gegenüber Sozialhilfeträger; K: Krankenhilfe, Kostenerstattungsanspruch
Dritter gegenüber Sozialhilfeträger, Vergütungsanspruch des Arztes im Rahmen der Sozialhilfe; S: Sozialhilfe, Kostenerstattungsanspruch
Dritter gegenüber Sozialhilfeträger, Vergütungsanspruch des Arztes im Rahmen der Krankenhilfe; V: Vergütungsanspruch des Arztes
gegenüber Sozialhilfeträger
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs ist nicht begründet. Der allein
geltend gemachte Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung (§
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) liegt nicht vor.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des §
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO nur, wenn zu erwarten ist, daß die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem
Bestand zu erhalten und/oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. bereits BVerwGE 13, 90 [91]; stRspr). Dazu ist erforderlich, daß die von der Beschwerde darzulegende Rechtsfrage in einem zukünftigen Revisionsverfahren
klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluß vom 22. Oktober 1986 - BVerwG 3 B 43.86 - [Buchholz 310 §
132 VwGO Nr. 243] und Beschluß vom 23. September 1997 - BVerwG 5 B 51.97 -; stRspr). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Zu der von der Beschwerde angestrebten "Klärung der Rechtsfrage, ob § 37 Abs. 3 BSHG einen direkten Leistungsanspruch des Arztes gegen den Sozialhilfeträger begründet" bzw. "als Anspruchsgrundlage für einen
Vergütungsanspruch des Arztes oder Zahnarztes ausreicht oder ein Anspruch gegen den Wortlaut dieser Bestimmung nur nach vorheriger
Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung durch den Sozialhilfeträger entsteht", bedarf es keines Revisionsverfahrens, weil diese
Frage sich bereits ohne weiteres aus dem Gesetz bzw. aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantworten läßt: § 4 Abs. 1 Satz 1 BSHG, wonach ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht, soweit dieses Gesetz bestimmt, daß die Hilfe zu gewähren ist, betrifft nur
Ansprüche des Hilfebedürftigen. Im Falle der Krankenhilfe sind also Ansprüche desjenigen gemeint, der sich in einer besonderen
Lebenslage im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 4 BSHG befindet und darin der Sozialhilfe bedarf. Unmittelbare Ansprüche Dritter gegen den Träger der Sozialhilfe aus Anlaß der
Hilfe, die sie dem Hilfebedürftigen außerhalb einer vom Sozialhilfeträger verantworteten Hilfemaßnahme gewährt haben, sieht
das Gesetz - auch im Falle der Krankenhilfe - dagegen nur unter den Voraussetzungen des § 121 BSHG vor. Solche Ansprüche sind aber auf Fälle beschränkt, in denen Dritte dringliche Hilfeleistungen vor Kenntnis des Sozialhilfeträgers
vom Sozialhilfefall (§ 5 BSHG) erbracht haben. Dieser Zeitpunkt ist für die Frage, in wessen Person Ansprüche gegen den Sozialhilfeträger aus Anlaß von
Hilfeleistungen Dritter entstehen, von entscheidender Bedeutung: Während vor diesem Zeitpunkt lediglich ein Aufwendungsersatzanspruch
des Nothelfers nach § 121 Satz 1 BSHG entstehen kann, nicht aber ein Sozialhilfeanspruch des in Not Geratenen gegen den Sozialhilfeträger, kann nach dieser Kenntniserlangung
ein Aufwendungserstattungsanspruch des Nothelfers nach § 121 BSHG, also kraft Gesetzes, nicht mehr begründet werden; vielmehr kann allein ein Sozialhilfeanspruch des Hilfebedürftigen gegen
den zuständigen Träger der Sozialhilfe in Betracht kommen (vgl. Urteil des Senats vom 3. Dezember 1992 - BVerwG 5 C 32.89 - [BVerwGE 91, 245, 248 f. = Buchholz 436.0 § 121 BSHG Nr. 5, S. 9 f.]). Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung bedarf es somit, wenn der Dritte den Sozialhilfeträger
auf Aufwendungsersatz soll in Anspruch nehmen können, entweder entsprechender Vereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger, einer
- ebenfalls auf vertraglicher Grundlage beruhenden - Heranziehung des Dritten durch den Sozialhilfeträger zur Erfüllung der
sich für diesen aus dem Bundessozialhilfegesetz ergebenden Verpflichtungen oder einer - auch einseitig möglichen - Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers.
Dementsprechend läßt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - ein Anspruch des Arztes auf Erstattung (oder auch nur auf eine
einseitige Kostenübernahme) von Krankenbehandlungskosten durch den Sozialhilfeträger nicht unmittelbar aus § 37 Abs. 3 Satz 1 BSHG herleiten. Der Zweck dieser Vorschrift besteht - und erschöpft sich - nach allgemeiner Meinung vielmehr darin, die Leistungen
der Ärzte bzw. Zahnärzte und die Höhe der ihnen hierfür aufgrund Gesetzes, Vertrags oder Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers
zustehenden Vergütung zu regeln (vgl. Gottschick/Giese, Das Bundessozialhilfegesetz, 9. Aufl. 1985, § 37 Rn. 9.3; Knopp/ Fichtner, Bundessozialhilfegesetz, 7. Aufl. 1992, § 37 Rn. 11; Merkler/Zink, Bundessozialhilfegesetz, Stand April 1997, § 37 Rn. 79; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl. 1997, § 37 Rn. 30; Meinungsunterschiede bestehen lediglich hinsichtlich der Frage, ob § 37 Abs. 3 Satz 1 BSHG zwingendes Recht darstellt). Die Bestimmung läßt auf diese Weise den Sozialhilfeträgern Raum dafür, mit ärztlichen bzw. zahnärztlichen
Vereinigungen oder Vertretungen Verträge über die ärztliche bzw. zahnärztliche Behandlung von Sozialhilfeempfängern mit dem
von der Vorschrift geregelten Inhalt abzuschließen (vgl. Gottschick/Giese, aaO, Rn. 9.5; Knopp/Fichtner, aaO; Merkler/Zink,
aaO, Rn. 80; Schellhorn/Jirasek/Seipp, aaO, Rn. 35) bzw. entsprechende Kostenübernahmeerklärungen abzugeben (vgl. Birk, in:
LPK-BSHG, 4. Aufl. 1994, § 37 Rn. 27; Oestreicher/Schelter/Kunz, Bundessozialhilfegesetz, Stand November 1994, § 37 Rn. 28).
Damit beantwortet sich zugleich auch ohne weiteres die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob § 37 Abs. 3 BSHG "lediglich zur Bestimmung der Höhe der Vergütung der Ärzte eingeführt wurde".
Was die in diesem Zusammenhang gestellte weitere Frage betrifft, "ob der Zahnarzt einen Rechtsanspruch auf eine entsprechende
fehlerfreie Ermessensausübung durch den Sozialhilfeträger hat, der möglicherweise zu einem Anspruch auf nachträgliche Abgabe
der Kostenübernahmeerklärung führt", so kann sie nicht zur Revisionszulassung führen; weil im Falle der Durchführung des Revisionsverfahrens
vorliegend nicht von einer einen "Anspruch auf nachträgliche Abgabe der Kostenübernahmeerklärung" begründenden Ermessensreduzierung
ausgegangen werden könnte. Der Sozialhilfeträger darf sich zur Kostenübernahme nur nach Maßgabe des Gesetzes verpflichten
(vgl. §
31 SGB I, § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X) Einen solchen Anspruch auf Aufwendungsersatz hat das Berufungsgericht mangels Fehlens eines "Eilfalles" im Sinne von § 121 Satz 1 BSHG verneint, einen Anspruch der Hilfeempfängerin E. S. auf Übernahme von Zahnarztkosten hat es unter Hinweis auf die Regelung
des § 5 BSHG und hierzu ergangene Rechtsprechung des Senats (BVerwGE 90, 154; 96, 152) in Abrede gestellt. Hiergegen hat die Beschwerde keine Revisionszulassungsgründe vorgetragen.
Soweit die Beschwerde geltend macht, es sei "sicher auch zu prüfen, ob das Fehlen von Frontzähnen nicht doch einen Eilfall
im Sinne von § 121 BSHG begründet", trägt sie einen Umstand vor, der nicht schon allein, sondern erst zusammen mit weiteren Umständen, also nach
Maßgabe der Besonderheiten des Einzelfalles, einen Eilfall im genannten Sinne begründen kann. Damit entzieht sich die Beurteilung
der Voraussetzungen eines Einzelfalles hier aber einer generalisierenden, die Zulassung der Revision nach §
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO rechtfertigenden Betrachtungsweise.
Einen weitergehenden revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf, der trotz der Eindeutigkeit dieser Rechtslage und weitgehenden
Einheitlichkeit des Meinungsstandes bestünde, hat die Beschwerde auch nicht mit ihrem Hinweis auf "das Rechtsverhältnis des
Arztes zu dem Sozialhilfeträger an sich" aufgezeigt. Insbesondere findet der von der Beschwerde angestellte Vergleich des
Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und Krankenkasse, der gegenüber "ein direkter Vergütungsanspruch des Arztes" bestehe, mit
dem Verhältnis zwischen Arzt und Sozialhilfeträger nirgends eine Stütze. Ein solcher Vergleich läßt sich dementsprechend -
entgegen der Behauptung der Beschwerde - auch weder mit Literaturmeinungen noch mit Rechtsprechung belegen. Vielmehr ergibt
sich ohne weiteres aus dem Gesetz, insbesondere der Regelung des § 5 BSHG, daß der von der Beschwerde gezogene Vergleich nicht tragfähig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus §
188 Satz 2
VwGO.