Sozialhilferecht - Kostenerstattung bei Umzug nach Aufenthaltswechsel; Umzug, Kostenerstattung bei -; Aufenthaltswechsel,
Kostenerstattung nach -.
Gründe:
I.
Die vom Beklagten mit der Durchführung von Aufgaben der Sozialhilfe beauftragte Verbandsgemeinde M. gewährte einem Hilfeempfänger
eine Umzugshilfe für einen Umzug in den Zuständigkeitsbereich des Klägers. Mit Schreiben vom 28. Januar 1993 bat sie den Kläger,
dem Hilfebedürftigen weiterhin Sozialhilfe zu gewähren, und sicherte zu, die Kosten hierfür zu übernehmen. Der Kläger gewährte
dem Hilfebedürftigen nach dessen Umzug aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten vom 1. Februar 1993 bis 30. September 1994
Sozialhilfe in Höhe von insgesamt 16253,33 DM. Auf die Aufforderung zur Kostenerstattung in dieser Höhe erkannte die Verbandsgemeinde
M. einen Erstattungsanspruch für die in der Zeit vom 1. Februar 1993 bis zum 31. Dezember 1993 geleistete Sozialhilfe in Höhe
von 8694,48 DM an, lehnte aber eine Kostenerstattung für die in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 30. September 1994 geleistete
Sozialhilfe in Höhe von 7558,85 DM mit der Begründung ab, daß die Kostenerstattungspflicht nach § 107
BSHG a.F. mit dem 31. Dezember 1993 erloschen sei und sich eine weitere Verpflichtung weder aus § 107
BSHG n.F. noch aus der allein auf die alte Rechtslage bezogenen Kostenübernahmezusicherung vom 28. Januar 1993 ergebe.
Die daraufhin erhobene Leistungsklage des Klägers auf Kostenerstattung in Höhe von 7558,85 DM hatte vor dem Verwaltungsgericht
Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht dagegen hat sie auf die Berufung des Beklagten hin mit der Begründung abgewiesen, daß dem
Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1994 kein Erstattungsanspruch nach § 107
BSHG zustehe, weil jene Regelung nur auf Umzüge anzuwenden sei, die nach dem 1. Januar 1994 abgeschlossen würden.
Mit der Revision gegen das Berufungsurteil verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt die Verletzung von § 107
BSHG n. F.
Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß dem Kläger gegen den Beklagten
für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 30. September 1994 kein Erstattungsanspruch nach § 107
BSHG zusteht.
Der streitgegenständliche Anspruch auf Kostenerstattung für Sozialhilfeleistungen in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 30.
September 1994 kann nicht auf § 107
BSHG a.F. (in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 >BGBl I S. 94, 111<) gestützt werden. Denn § 107
BSHG ist ohne Übergangsregelung mit Wirkung vom 1. Januar 1994 geändert worden (Art. 7 Nr. 26 und Art. 43 Abs. 5 FKPG vom 23. Juni 1993 >BGBl I S. 944, 953 f., 991<).
Der streitgegenständliche Kostenerstattungsanspruch findet auch keine Rechtsgrundlage in § 107
BSHG n.F. Denn nach der seit 1. Januar 1994 geltenden Bestimmung setzt eine Verpflichtung zur Kostenerstattung voraus, daß eine
Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts verzieht und daß sie innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel
der Hilfe bedarf. Dem Wortlaut des Tatbestandes nach, der darauf abstellt, daß eine Person vom Ort ihres "bisherigen" gewöhnlichen
Aufenthalts "verzieht", setzt die Verpflichtung zur Kostenerstattung nach der vom 1. Januar 1994 an geltenden Regelung des
§ 107
BSHG n.F. einen Aufenthaltswechsel nach dem 1. Januar 1994 voraus. Eine andere Auslegung ergibt sich nicht aus Entstehungsgeschichte,
Systematik oder Sinn und Zweck der Norm. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des § 107
BSHG (BTDrucks 12/4401 S. 84) sollten die Tatbestände und damit die Fälle der Kostenerstattung, die erhebliche Verwaltungskosten
verursachen, reduziert und eine Vereinfachung der Kostenerstattung erreicht werden. Hätte der Gesetzgeber, wie das Verwaltungsgericht
meint, beabsichtigt, eine zuvor nach § 107
BSHG a.F. entstandene Kostenerstattungspflicht im Rahmen des § 107
BSHG n.F. fortdauern zu lassen, hätte er das in einer Übergangsvorschrift regeln müssen. Unstreitig hat der Gesetzgeber aber keine
Übergangsregelung getroffen. Vielmehr heißt es in BTDrucks 12/4401 S. 84: "Eine Übergangsregelung, in der für verschiedene
Fälle unterschiedliches Recht anzuwenden ist, wird dadurch vermieden, daß die geänderten Regelungen über die örtliche Zuständigkeit
und die Kostenerstattung sechs Monate später in Kraft treten sollen als das Gesetz im übrigen". Weiter wird dort speziell
für § 107
BSHG ausgeführt: "Für § 107 bedeutet dies, daß diese Regelung nur auf Umzüge anzuwenden ist, die nach dem Inkrafttreten abgeschlossen werden". Damit
hat das Gesetz mit dem Inkrafttreten der Rechtsänderung zum 1. Januar 1994 klar die bis zum 31. Dezember 1993 geltende (alte)
und die ab 1. Januar 1994 geltende (neue) Rechtslage von einander abgegrenzt. Dagegen bestimmt § 107
BSHG weder eine (zeitweise) Fortgeltung der alten Rechtslage über den 31. Dezember 1993 hinaus noch eine tatbestandliche Rückanknüpfung
(zur tatbestandlichen Rückanknüpfung s. BVerwGE 107, 52 >54 ff.<) für die neue Rechtslage an Umstände aus der Zeit vor dem 1. Januar 1994. Eine tatbestandliche Rückanknüpfung kann
auch nicht, wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 28. April 1999 - 4 L 5085/98 - >EuG 54, 221<) meint, über einen fortbestehenden Hilfebedarf erreicht werden. Denn der Fortbestand eines Hilfebedarfs als
Zustand von gewisser Dauer erfaßt einen bereits Anfang 1993 durchgeführten Umzug nicht dergestalt, daß dieser noch als in
das Jahr 1994 fortdauernd verstanden werden könnte.
Schließlich enthält die Zusicherung der Kostenübernahme im Schreiben der Verbandsgemeinde M. vom 28. Januar 1993 keinen Rechtsgrund
für den geltend gemachten Erstattungsanspruch. Denn jene Zusicherung bezog sich auf eine Kostenübernahme nach der Rechtslage
im Januar 1993, also nach § 107
BSHG a.F. Damit wollte die Verbandsgemeinde ihren gesetzlichen Verpflichtungen nach damals geltendem Recht nachkommen, nicht aber
weitergehende Verbindlichkeiten für alle Zukunft übernehmen. Dem Schreiben kann deshalb nicht ein selbständiges, von einer
gesetzlichen Kostenerstattungspflicht unabhängiges Anerkenntnis entnommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2
VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.