Sozialhilferecht - Bestattungskosten, Übernahme von - durch den Träger der Sozialhilfe; Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger
bei Bestattungskosten
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Bestattungskosten.
Am 11. Juni 1997 verstarb in der vom Kläger betriebenen Einrichtung Frau G., die seit November 1983 dort untergebracht war;
die Heimkosten trug die Landeshauptstadt H. als ursprüngliche Beklagte aus Mitteln der Sozialhilfe. Angehörige oder Erben
der Verstorbenen wurden nicht bekannt.
Nach § 7 Abs. 2 des Heimvertrages war der Kläger im Todesfall berechtigt, "die erforderlichen Anordnungen zur Beisetzung zu
treffen", sofern Angehörige bzw. gesetzliche Vertreter nicht innerhalb von 24 Stunden erreichbar waren. Unter dem 12. Juni
1997 bat der Kläger die Landeshauptstadt H. um Übernahme der entstehenden Bestattungskosten; die Beisetzung wurde in der Folge
auf dem einrichtungseigenen Friedhof durchgeführt. Die Landeshauptstadt H. lehnte die Übernahme der Kosten mit der Begründung
ab, der Kläger sei nicht als Verpflichteter im Sinne des § 15 BSHG anzusehen; die Kosten für die Beisetzung habe deshalb das Ordnungsamt des Sterbeortes als Gefahrenabwehrbehörde zu tragen
(Bescheid vom 27. August 1998, Widerspruchsbescheid vom 5. Januar 1999).
Die Klage auf Übernahme der Bestattungskosten in Höhe von 4 335,75 DM zzgl. 4 % Zinsen seit dem 16. Juli 1998 wurde vom Verwaltungsgericht
im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei nicht im Sinne des § 15 BSHG verpflichtet, die Kosten der Bestattung zu übernehmen. Ob § 7 Abs. 2 des Heimvertrages eine privatrechtliche Bestattungspflicht begründe, könne dahingestellt bleiben, denn die Bestimmung
mache zur Kostentragung keine Aussage. Eine anderweitig begründete bürgerlich-rechtliche Verpflichtung des Klägers zur Kostentragung
aufgrund Vertrages bestehe nicht; eine durch Rechtsgeschäft mit dem Bestattungsunternehmen begründete Zahlungsverpflichtung
reiche nicht, denn die in § 15 BSHG vorausgesetzte Verpflichtung meine eine dem Verstorbenen bzw. seinem Erben gegenüber eingegangene Verpflichtung. Eine öffentlich-rechtliche
Verpflichtung zur Kostentragung bestehe ebenfalls nicht.
Das Oberverwaltungsgericht dagegen hat auf die Berufung des Klägers die Landeshauptstadt H. unter entsprechender Aufhebung
der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die Kosten in begehrter Höhe zzgl. 4 % Zinsen seit Klageerhebung (8. Februar 1999)
zu übernehmen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Eine öffentlich-rechtliche Regelung der Bestattungspflicht als Grundlage einer Kostentragungspflicht bestehe in Niedersachsen
nicht. Recht und Pflicht, für die Bestattung zu sorgen, könnten jedoch auch privatrechtlich geregelt werden. Träger des Rechts,
Art und Ort der Bestattung zu bestimmen, sei derjenige, den der Verstorbene zu Lebzeiten mit der sog. Totenfürsorge beauftragt
habe. Bestattungspflicht und Kostentragungspflicht könnten dann auseinanderfallen. In diesem Fall habe der Bestattungsberechtigte
einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Kostentragungspflichtigen; ebenso könne er den Anspruch auf Kostenübernahme nach
§ 15 BSHG geltend machen. Dies gelte auch für den Kläger als Heimträger, da er in dem im Heimvertrag geregelten Fall die Beisetzung
veranlasst und dafür Kosten aufgewandt habe, die nicht durch Leistungen anderer gedeckt seien, und es auch an Anhaltspunkten
dafür fehle, dass diese Kosten in dem nach Maßgabe des § 93 BSHG bemessenen Entgelt für die Heimbetreuung enthalten gewesen sein könnten. Mit der besonderen rechtlichen Qualität des § 15 BSHG als einer eigenständigen und speziellen Kosten- und Schuldübernahmeanordnung, die eine fürsorgerechtliche Verantwortung für
eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger begründe, vertrage es sich nicht, wenn der Sozialhilfeträger auf eine angeblich vorrangige
Bestattungspflicht der örtlich zuständigen Ordnungsbehörde verweise; § 15 BSHG sehe einen solchen Vorrang gerade nicht vor, sondern nehme den Sozialhilfeträger in die Pflicht, dem es seinerseits unbenommen
bleibe, die aus seiner Sicht örtlich zuständige Ordnungsbehörde in Anspruch zu nehmen.
Mit der Revision rügt die Landeshauptstadt H. eine Verletzung des § 15 BSHG. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Das Rubrum musste berichtigt werden. Örtlicher Träger der Sozialhilfe ist seit 1. November 2001 nicht mehr die Landeshauptstadt
H., sondern die Region H. (§ 8 Abs. 5, § 85 Abs. 1 des Gesetzes über die Region H. vom 5. Juni 2001 [Nds.GVBl S. 348]), die
aus den Gemeinden des Landkreises H. und der Landeshauptstadt H. - der ursprünglichen Beklagten - gebildet worden ist. Beklagte
ist daher jetzt die Region H. Dieser gesetzliche Zuständigkeitswechsel bewirkt einen gesetzlichen Parteiwechsel (§
173 VwGO in Verbindung mit den entsprechend anwendbaren §§
239 ff.
ZPO), der keine Klageänderung im Sinne der §§
91,
142 Abs.
1 Satz 1
VwGO darstellt und deshalb auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwGE 44, 148 [150] = Buchholz 310 §
173 VwGO Anhang: §
239 ZPO Nr. 1 S. 2).
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klagabweisung durch das Verwaltungsgericht ist rechtens, das Berufungsurteil
ist mit Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO) nicht vereinbar und unter Zurückweisung der Berufung aufzuheben (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
1 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 15 BSHG.
Ein Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Kosten einer Bestattung nach § 15 BSHG gegen den nach § 97 Abs. 3 BSHG örtlich zuständigen Sozialhilfeträger setzt voraus, dass dem "hierzu Verpflichtenen" nicht zugemutet werden kann, die Kosten
zu tragen. Der "hierzu Verpflichtete" als Träger des Anspruchs aus § 15 BSHG ist nach der Rechtsprechung des Senats derjenige, der verpflichtet ist, die Bestattungskosten zu tragen (vgl. zuletzt Urteile
des Senats vom 5. Juni 1997 - BVerwG 5 C 13.96 - [BVerwGE 105, 51, [54]] und vom 22. Februar 2001 - BVerwG 5 C 8.00 - [BVerwGE 114, 57, [58]]). Die Kostenpflicht kann, wie die Vorinstanz zutreffend feststellt, mit der Bestattungspflicht
zusammenfallen, muss es aber nicht. Sie kann insbesondere erbrechtlich (§
1968 BGB) oder unterhaltsrechtlich (§
1615 BGB) begründet sein, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aber auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten
herrühren (Urteil vom 22. Februar 2001, aaO. S. 58 f.); letzteres findet seine Begründung darin, dass das Landesrecht dem
in die Pflicht Genommenen mit der ordnungsrechtlichen Bestattungspflicht auch die damit verbundenen Kosten zuweist, ohne dass
es auf eine Erbenstellung ankäme (aaO. S. 59). Da jedoch - wie die Vorinstanz festgestellt hat - das Niedersächsische Bestattungsrecht
(Gesetz über das Leichenwesen vom 29. März 1963, Nds.GVBl S. 142; Verordnung über die Bestattung von Leichen vom 29. Oktober
1964, Nds.GVBl S. 183) im Gegensatz etwa zum nordrhein-westfälischen Landesrecht, welches dem Urteil des Senats vom 22. Februar
2001 (aaO.) zugrunde lag, keine Regelungen über die Bestattungspflicht trifft, besteht keine gesetzlich begründete Kostenverpflichtung
des Klägers als Grundlage eines Kostenübernahmeanspruches gegen den zuständigen Sozialhilfeträger.
Ob und unter welchen Umständen eine vertraglich begründete Kostenverpflichtung den sozialhilferechtlich begründeten Kostenübernahmeanspruch
nach § 15 BSHG auszulösen vermag, bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Dass durch den mit der verstorbenen Sozialhilfeempfängerin
geschlossenen Heimvertrag, dessen § 7 Abs. 2 die Heimleitung im Falle der Nichterreichbarkeit von Angehörigen "berechtigt,
die erforderlichen Anordnungen zur Beisetzung zu treffen", insoweit auch eine Kostentragungsverpflichtung des Klägers begründet
worden sein könnte, hat das Verwaltungsgericht verneint; auch die Vorinstanz hat eine solche Möglichkeit nicht in Betracht
gezogen.
Die in § 7 Abs. 2 des Heimvertrages allein vorgesehene Bestattungsberechtigung genügt nicht, um die Aktivlegitimation des
Klägers als "Verpflichteten" im Sinne des § 15 BSHG zu begründen; auch soweit das Berufungsgericht mit der Formulierung, dass der Kläger "für die Beisetzung sorgen soll", möglicherweise
das Bestehen einer rechtlichen (Bestattungs-)Verpflichtung zum Ausdruck bringen will, macht dies den Kläger nicht zum "Verpflichteten"
im Sinne des § 15 BSHG. "Verpflichteter" im Sinne dieser Bestimmung ist nicht schon, wer als Bestattungsberechtigter oder -verpflichteter in Durchführung
einer Bestattung Kostenverpflichtungen eingeht, sondern nur, wer der Kostenlast von vornherein nicht ausweichen kann, weil
sie ihn rechtlich notwendig trifft. Dies folgt daraus, dass § 15 BSHG, der schon dem Wortlaut nach einen "Verpflichteten" voraussetzt, im rechtlichen Ansatz eine sozialhilferechtliche Unterstützung
nicht des Verstorbenen, sondern des Kostenpflichtigen beinhaltet(vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 1997, aaO. S. 54); die Notwendigkeit
eingegangener Kostenverpflichtungen als Voraussetzung des sozialhilferechtlichen Bedarfs ist daher von seiner Person her zu
beurteilen. Dies schließt es aus, eine bloße Bestattungsberechtigung oder eine nicht von vornherein mit einer Kostenverpflichtung
verbundene Bestattungsverpflichtung mit Blick auf den Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG als "Verpflichtung" im Sinne einer - sozialhilferechtlich notwendigen - Kostenverpflichtung zu bewerten.
Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 1997, welches den Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten als
"sozialhilferechtlichen Anspruch eigener Art" kennzeichnet, "dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger
Leistungen zum Lebensunterhalt und insbesondere der einmaligen Leistungen unterscheidet" (aaO. S. 52), lässt sich entgegen
der Auffassung der Vorinstanz nichts Gegenteiliges herleiten. Die in diesem Urteil angeführte Gesetzesbegründung (aaO. S.
54 unter Hinweis auf BTDrucks 3/1799, S. 40) benennt als zur Tragung der Bestattungskosten "in der Regel" Verpflichteten unter
Hinweis auf §
1968 BGB den Erben und lässt damit erkennen, dass der Gesetzgeber, wie bereits der Wortlaut nahelegt, von einer vorgegebenen rechtlichen
Kostenverpflichtung ausgeht. Die vom Bundesverwaltungsgericht in dem vorgenannten Urteil festgestellte Abweichung von der
Regelstruktur sozialhilferechtlicher Ansprüche (aaO. S. 54) liegt in der Besonderheit des hier gesetzlich anerkannten sozialhilferechtlichen
Bedarfs, der sich ausnahmsweise auf die Übernahme einer Verbindlichkeit bezieht. Auf das Prinzip der Notwendigkeit des Bedarfs
sollte dagegen nicht verzichtet werden, wie die rechtliche Voraussetzung einer bestehenden Kostenverpflichtung des Veranlassers
der Bestattung beweist. An einer solchen im Vorhinein bestehenden Kostenverpflichtung, die dem Kläger die eingegangenen Bestattungskosten
als rechtlich notwendig zuweist, fehlt es hier.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.