Sozialhilferecht, Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 94 BSHG; Schiedsstelle nach § 94 BSHG, Entscheidung der - als vertragsgestaltender Verwaltungsakt; Schiedsstelle nach § 94 BSHG, Einschätzungsprärogative; Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle nach § 94 BSHG
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung des Pflegesatzes ab dem 1. Januar 1996. Die Klage gegen den Beschluss der Schiedsstelle
nach § 94 BSHG für das Land Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales vom 8. Januar 1997 hatte vor
dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hob die Entscheidung der Schiedsstelle auf und verpflichtete diese,
die Pflegesätze unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu festzusetzen. Das Oberverwaltungsgericht begründete seine Rechtsauffassung
im Wesentlichen damit, dass die Klage zulässig sei, da § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG nicht auf die Pflegesatzvereinbarung aus dem Jahr 1996 anzuwenden sei. Die Klage sei auch im Wesentlichen begründet, weil
die von der Klägerin begehrten Pflegesätze - bis auf den in der Pflegestufe I - Altenheim - im Rahmen eines "externen Vergleichs"
innerhalb der Bandbreite der Entgelte
des Jahres 1995 für vergleichbare Leistungen anderer Einrichtungen lägen.
II.
Das Rubrum musste berichtigt werden. Beklagte(r) ist seit dem 1. Januar 1999 nicht mehr die ursprünglich als Beklagte beteiligte
Schiedsstelle, sondern der ehemals beigeladene Landkreis, jetzt die Region Hannover, da sie Vertragspartei der im Streit stehenden
Pflegesatzvereinbarung ist.
1. Dies ergibt sich aus § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG, der durch Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 (BGBl I S. 1093) eingeführt worden und am 1. Januar 1999
in Kraft getreten ist (Art. 17 Satz 1 des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts). Danach richtet sich die Klage gegen
die Entscheidung der Schiedsstelle (§ 93 b Abs. 1 Satz 3 BSHG) (nunmehr) gegen eine der Vertragsparteien, nicht (mehr) gegen die Schiedsstelle.
§ 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch auf den hier zu entscheidenden Fall anwendbar. Neue Prozessvorschriften
gelten grundsätzlich auch für bereits anhängige Streitsachen, soweit das Gesetz in Übergangsvorschriften keine abweichenden
Regelungen trifft oder sich keine Abweichung aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt (vgl. BVerfGE 11, 139 >146<; BVerwGE 15, 48 >50< = Buchholz 310 § 41
VwGO Nr. 4, S. 9). So liegt der Fall hier, zumal auch § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG erst 29 Monate nach den übrigen Regelungen des Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts in Kraft getreten ist, sodass den
Parteien hinreichend Zeit verblieb, sich auf die Gesetzesänderung einzustellen. Damit ist mit dem In-Kraft-Treten der Vorschrift
ein gesetzlicher Parteiwechsel auf der Beklagtenseite eingetreten (ebenso VGH München, Urteil vom 6. April 2001 - 12 B 00.2019
- FEVS 53 >2002<, 70 >76<), der keine Klageänderung im Sinne der §§
91,
142 Abs.
1 Satz 1
VwGO darstellt und deshalb auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen durch Berichtigung des Rubrums zu berücksichtigen ist
(vgl. BVerwGE 44, 148 >150< = Buchholz 310 §
173 VwGO Anh. §
239 ZPO Nr. 1 S. 2 und BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1995 - BVerwG 8 B 14.95 - Buchholz 310 §
78 VwGO Nr. 11).
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Region Hannover vom 5. Juni 2001 (Nds.GVBl S. 348) ist die Region Hannover Gesamtrechtsnachfolgerin
des Landkreises Hannover geworden. Diese gesetzlich angeordnete Gesamtrechtsnachfolge erfasst auch das vorliegende Prozessrechtsverhältnis
und bewirkt einen weiteren im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigenden gesetzlichen Parteiwechsel.
2. Aufgabe, Organisation und Struktur der Entscheidung der Schiedsstelle, wie sie der Gesetzgeber bei der Einführung der Schiedsstelle
nach § 94 BSHG durch das Zweite Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms - 2. SKWPG - vom 21. Dezember 1993
(BGBl I S. 2374) ausgestaltet hat, sind dagegen durch § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG nicht berührt worden. Es gilt deshalb im Grundsatz nach wie vor das, was der erkennende Senat in seinem Urteil vom 1. Dezember
1998 (BVerwGE 108, 47) entschieden hat:
a) Das Schiedsstellenverfahren und der Geltungsanspruch der in ihm ergehenden Entscheidung lässt sich nicht als Ausdruck von
Vertragsautonomie und einer freiwilligen Unterwerfung unter ein vertragliches Schlichtungsverfahren begreifen. Denn das Schiedsstellenverfahren
beruht nicht auf einer vertragsautonomen Entscheidung der Verfahrensbeteiligten, sondern auf staatlicher Setzung (BVerwGE
108, 47 >51<).
Der Gesetzgeber hat die Schiedsstelle als weisungsfreies, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen besetztes
Konfliktlösungs- und Schlichtungsgremium ausgestaltet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Gremium als mit der
zu regelnden Materie vertrautes und zu einer vermittelnden Zusammenführung potentiell gegenläufiger Interessen berufenes Entscheidungsorgan
für geeignet hält, eine sach- und interessengerechte Lösung zu finden. Der Schiedsstelle steht deshalb für ihre Bewertungen
und Beurteilungen im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe (insbesondere Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Leistungsfähigkeit)
eine Einschätzungsprärogative zu, die es gebietet, die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob die Schiedsstelle
die ihr gesetzten rechtlichen Vorgaben beachtet, den Sachverhalt vollständig ermittelt hat und in einem fairen und willkürfreien
Verfahren zu vertretbaren Bewertungen gelangt ist (vgl. BVerwGE 108, 47 >50, 53, 55<; ebenso BSGE 87, 199 >202< zur Schiedsstelle nach §
76 SGB XI).
b) Die Schiedsstellenentscheidung ist ein vertragsgestaltender Verwaltungsakt i.S. des § 31 Satz 1 SGB X (s. BVerwGE 108, 47 >49< und BTDrucks 12/5510 S. 11 zu § 93 Buchst. b; ebenso BSGE 87, 199 >201< zum Schiedsspruch nach §
85 Abs.
5 SGB XI).
An den diese rechtliche Qualifizierung der Schiedsstellenentscheidung tragenden Regelungen hat das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts
nichts Wesentliches geändert (ebenso Armborst, NDV 1998, 191; Mergler/Zink, BSHG, 4. Aufl. 26. Lfg., Stand: April 1999, § 93 b Rn. 13; Zeitler, RsDE Heft 42 >1999<, 53 >64<; ebenso für die inhaltsgleiche Regelung in § 78 g SGB VIII Schellhorn, SGB VIII, 2000, § 78 g Rn. 15; Mrozynski, KJHG (SGB VIII), 3. Aufl. 1998, § 78 g Rn. 2; a.A. Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, § 78 g Rn. 11 [Stand: 24. Lfg. /99]; ders. RdJB 2000, 159 >172 f.<: rechtsgestaltende Vertragsergänzung vergleichbar §
317 BGB; ähnlich Gottlieb, NDV 2001, 257 >260<; ders. ZfJ 2002, 1 >6<; Busch, ZfJ 2000, 384 >385, 430<; Wabnitz ZfJ 2001, 33 >37 f.<; Struck, in: Fieseler/Schleicher [Hrsg.], GK-SGB VIII 1998 ff., § 78 g Rn. 10: mediative Vertragshilfe; vgl. auch Fichtner, BSHG, 1. Aufl. 1999, § 93 b Rn. 4: Schiedsurteil eigener Art). § 93 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 BSHG F. 1994, wonach es einer Nachprüfung der Entscheidung in einem Vorverfahren nicht bedarf, ist als § 93 b Abs. 1 Satz 5 BSHG n.F. wörtlich übernommen worden. Dem liegt erkennbar die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass die Schiedsstellenentscheidung
einen Verwaltungsakt darstellt; ansonsten hätte es einer Aktualisierung des Ausnahmevorbehalts in §
68 Abs.
1 Satz 2
VwGO nicht bedurft.
Auch die Begründung dafür, den Halbsatz "die Klage hat keine aufschiebende Wirkung" nicht aus § 93 Abs. 3 Satz 4 BSHG F. 1994 in den § 93 b Abs. 1 Satz 5 BSHG F. 1996 zu übernehmen, bestätigt, dass der Gesetzgeber nach wie vor an der Ausgestaltung der Schiedsstellenentscheidung als
Verwaltungsakt festhält. Denn erklärtes Ziel dieser vom Bundesrat vorgeschlagenen (BTDrucks 13/2440 S. 49) und im Vermittlungsausschuss
durchgesetzten (BTDrucks 13/5067 S. 3) Änderung war es, der Klage gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle aufschiebende
Wirkung beizumessen, um das von der bisher geltenden Regelung den öffentlichen Kostenträgern einseitig auferlegte Risiko der
Realisierbarkeit einer Rückforderung überhöhter Pflegesätze, das als erhebliche Gefahr für die öffentlichen Haushalte empfunden
worden war, von den Sozialhilfeträgern abzuwenden (BTDrucks 13/2440 S. 49). Aufschiebende Wirkung aber kommt im System des
Verwaltungsgerichtsprozesses nur der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt zu (§
80 Abs.
1 VwGO).
Die Ausgestaltung der Schiedsstellenentscheidung als Verwaltungsakt fügt sich auch ansonsten funktionsgerecht ein in das vom
Gesetzgeber gewählte System des Pflegesatzvereinbarungsrechts. Mit den berechtigten Interessen der Vereinbarungspartner an
einer schnellen Entscheidung über die zwischen ihnen strittigen Vereinbarungsgegenstände (s. § 93 b Abs. 1 Satz 2 BSHG) wäre es unvereinbar, nach dem Schiedsstellenspruch einen zeitlich offenen, nur durch das Institut der Verwirkung begrenzten
Schwebezustand zu akzeptieren. Auch insoweit führt die Entscheidung des Gesetzgebers für das Institut des Verwaltungsakts
zu einem systemgerechten Rechtsschutz, der insbesondere auch das Rechtssicherheits- und Bestandsschutzinteresse des vom Schiedsspruch
begünstigten Vereinbarungspartners mit dem Rechtsschutzinteresse des benachteiligten in ein ausgewogenes Verhältnis bringt.
3. Entgegen dem nicht näher begründeten obiter dictum des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSGE 87, 199 >201 f.<) und einigen Stimmen in der Literatur hat auch § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG keinen grundlegenden Wechsel in der Beurteilung der Tätigkeit der Schiedsstelle und ihrer Entscheidung bewirkt. Warum daraus,
dass die Klage gegen die andere Vertragspartei zu richten ist, folge, dass nunmehr die Schiedsstelle als "Dritter" i.S. des
§ 61 SGB X i.V.m. den §§
317,
319 BGB anzusehen sei (so Münder, in: LPK-BSHG, 5. Aufl. 1998, § 94 Rn. 2; Gottlieb, NDV 2001, 257 >261<; Wabnitz, ZfJ 2001, 33 >37<; wohl auch Fichtner, BSHG, § 93 b Rn. 4) und die Klage gegen den Sozialhilfeträger als besondere Form der Leistungsklage, gerichtet auf Festsetzung der streitigen
Gegenstände (so Münder u.a., Frankfurter LPK-KJHG, 3. Aufl. 1998, § 78 g Rn. 10) oder auf Abschluss einer bestimmten Pflegesatzvereinbarung (so Struck, in: Fieseler/Schleicher [Hrsg.], GK-SGB VIII 1998 ff., § 78 g Rn. 20; Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, § 78 g Rn. 18 [Stand: 24. Lfg. /99]; ders. RdJB 2000, 159 >173<; Gottlieb, NDV 2001, 257 >261<; Wabnitz, ZfJ 2001, 33 >39<;) eingeordnet werden müsse, wird nicht begründet. Offenbar geht man davon aus, eine Klage gegen einen Verwaltungsakt
könne nicht gegen einen anderen Rechtsträger als den, der den Verwaltungsakt erlassen hat, gerichtet werden.
a) §
78 VwGO ist jedoch keineswegs das einzig denkbare gesetzliche Regelungsmodell für die Frage der Passivlegitimation bei der Anfechtung
von Verwaltungsakten. Dass eine Anfechtungsklage gegen einen doppelwirksamen Hoheitsakt, der einen Adressaten belastet und
einen anderen begünstigt, nicht gegen den für seinen Erlass verantwortlichen Hoheitsträger, sondern gegen den von ihm begünstigten
Rechtsträger zu richten ist, findet sich auch sonst im geltenden Recht (vgl. Bötticher, Besinnung auf das Gestaltungsrecht
und das Gestaltungsklagerecht, in: Festschrift für Hans Dölle, 1963, Bd. I, S. 41 [61], der insoweit auf die prozessualen
Gestaltungsklagen des Vollstreckungsrechts hinweist, bei denen der betreibende Gläubiger für den staatlichen Eingriffsakt
"geradezustehen" hat).
Ob der für das Prozessrecht zuständige Bundesgesetzgeber (s. Art.
74 Nr. 1
GG) sich für eine solche von §
78 VwGO abweichende Regelung entscheidet, liegt in seinem legislativen Ermessen. Dafür dass er dieses mit § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG überschritten haben könnte, ist nichts ersichtlich. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung dem Umstand Rechnung tragen,
dass die Schiedsstellen entsprechend ihrer besonderen Ausgestaltung als weisungsfreie, mit Vertretern der Interessen der betroffenen
Gruppen besetzte Konfliktlösungs- und Schlichtungsgremien (vgl. BVerwGE 108, 47 >52, 50<) weder personell noch sachlich für eine Prozessführung ausgerüstet sind. Er wollte sie deshalb aus der gerichtlichen
Auseinandersetzung über den Bestand ihrer Entscheidung heraushalten und die Prozessführung einschließlich der damit verbundenen
finanziellen Risiken und Lasten der am Fortbestand der Schiedsstellenentscheidung interessierten Vertragspartei auferlegen.
Die Belastung der den Schiedsstellenspruch verteidigenden Vertragspartei mit der Beklagtenrolle ist dadurch gerechtfertigt,
dass die Schiedsstelle als hoheitliches Vertragshilfeorgan nicht nur im öffentlichen Interesse an der Verhinderung eines vertragslosen
Zustands im Pflegeheimbereich, sondern auch im Interesse der Vereinbarungspartner tätig wird, um die Blockade ihrer Vertragsverhandlungen
durch einen rechtsgestaltenden Akt der Konfliktlösung und Schlichtung zu überwinden.
b) Entgegen der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (FEVS 53 >2002<, 70 >75<) kann § 93 b Abs. 1 Satz 4 BSHG nicht als Begründung einer gesetzlichen Prozessstandschaft der beklagten Vertragspartei verstanden werden. Denn die Kosten
der Prozessführung eines gesetzlichen Prozessstandschafters hätte der Träger des materiellen Rechts - hier also das Land Niedersachsen
als Rechtsträger der Schiedsstelle - zu tragen (vgl. statt vieler Lindacher, in: MünchKommZPO, 2. Aufl. 2000, Vor § 50 Rn.
39; Belz, ebenda, § 91 Rn. 11 und 58). Gerade das aber will das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vermeiden, vielmehr
die Kosten streitig gewordener Vertragshilfe den Vertragsparteien auferlegen. Mit Rücksicht darauf, dass der verklagten Vertragspartei
die Kompetenz fehlt, den Verwaltungsakt der Schiedsstelle zu ändern, schließt § 93 b Abs. 1 BSHG auch die Möglichkeit aus, gegen die andere Vertragspartei mit der Verpflichtungsklage auf Abänderung des Schiedsstellenspruchs,
und sei es nur in der Form der Bescheidungsklage, vorzugehen. Denn der Gesetzgeber wollte der Klage "gegen die Entscheidung
der Schiedsstelle" (so § 93 b Abs. 1 Satz 3 BSHG) aufschiebende Wirkung beimessen. Da diese nach §
80 Abs.
1 VwGO nur der Anfechtungsklage zukommt, hat der Gesetzgeber die klagende Vertragspartei auf die gleichsam "isolierte" Anfechtungsklage
beschränkt und dabei der beklagten Vertragspartei die Rolle zugewiesen, den Schiedsspruch zu verteidigen.
c) Einem Rückgriff auf § 61 SGB X i.V.m. den §§
317,
319 BGB steht § 93 b Abs. 1 BSHG entgegen.
Gegenstand der Klage auch gegen die andere Vertragspartei ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nach wie vor die
Entscheidung der Schiedsstelle. Denn "gegen die Entscheidung" eröffnet § 93 b Abs. 1 Satz 3 BSHG den Verwaltungsrechtsweg. Einen Anspruch eines Vereinbarungspartners auf Abschluss einer bestimmten Pflegesatzvereinbarung
kennt das Bundessozialhilfegesetz weder in seiner alten noch in seiner neuen Fassung. Es räumt einem Vereinbarungspartner stattdessen einen Anspruch auf vertragsersetzenden
bzw. -gestaltenden Schiedsspruch der Schiedsstelle ein (vgl. VGH München FEVS 53 >2002<, 70 >72 ff.<), den er nach § 93 b Abs. 1 Sätze 3 bis 5 BSHG durch isolierte Anfechtungsklage geltend zu machen hat.
Die vom Gesetzgeber gerade der Schiedsstelle zugewiesene Kompetenz, eine sach- und interessengerechte Lösung zu finden, verbietet
auch Anleihen beim Schiedsgutachtermodell der §§
317,
319 BGB. Die Klage auf Bestimmung einer Leistung durch Urteil (§
319 Abs.
1 Satz 2 Halbs. 1
BGB) zielt auf ein Gestaltungsurteil, das zwar inzident die Unwirksamkeit der unbilligen Leistungsbestimmung des Dritten feststellt,
sich hierauf aber nicht beschränkt, sondern an die Stelle der unwirksamen Leistungsbestimmung des Dritten eine der Billigkeit
entsprechende richterliche Leistungsbestimmung setzt (vgl. statt vieler Gottwald, in: MünchKommBGB, 4. Aufl. 2001, §
315 Rn. 47; Rieble, in: Staudinger,
BGB,
2001, §
315 Rn. 233 ff.). Eine derartige richterliche Ersatzleistungsbestimmung ist aber wegen der gerade der Schiedsstelle zugewiesenen
Einschätzungsprärogative ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat mit der Ausgestaltung der Schiedsstelle als weisungsfreiem, mit
Vertretern der betroffenen Interessen besetztem Konfliktlösungs- und Schlichtungsgremium zum Ausdruck gebracht, dass er eine
sach- und interessengerechte Lösung von der Schiedsstelle und nicht vom Richter erwartet. Dem Gericht ist deshalb ein eigener
vertragsgestaltender Hoheitsakt versagt. Es ist auf die Kontrolle beschränkt, ob die Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung
die ihr vorgegebenen rechtlichen Maßstäbe eingehalten hat.
4. Die als Beklagte aus dem Verfahren ausgeschiedene Schiedsstelle war auch nicht gemäß §
65 Abs.
2 VwGO notwendig beizuladen. Zwar wirkt die Aufhebung des Schiedsstellenspruchs unmittelbar auf die der Schiedsstelle anvertraute
Schiedskompetenz ein. Sie bewirkt eine Fortsetzung des nunmehr nicht wirksam abgeschlossenen Schiedsverfahrens und verpflichtet
die Schiedsstelle, über den Schiedsantrag erneut unter Beachtung der gerichtlichen Aufhebungsgründe zu entscheiden. Die Schiedsstelle
ist aber allein als hoheitliches Vertragshilfeorgan ohne eigene materielle Rechte in das Vereinbarungsfahren eingeschaltet
und deshalb auch nicht an einem Anfechtungsverfahren gegen den Schiedsspruch in einer Weise materiell beteiligt, die ihre
selbständige Verfahrensbeteiligung erforderlich erscheinen lassen könnte.