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BVerwG, Urteil vom 04.07.1985 - 5 C 55.82
Leistung von Ausbildungsförderung nach Überschreiten der Altersgrenze (Abs. 3 Satz 2) nach Nr. 4:
(b) Begriff der Bedürftigkeit;
(c) erforderlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen Bedürftigkeit und einschneidenden Veränderungen der persönlichen Verhältnisse (hier: infolge Arbeitsplatzverlustes);
Fundstellen: DRsp V(545)93b-c, FamRZ 1986, 108
Normenkette:
AFG § 134 Abs.1 S.1 Nr.1
,
BAföG § 10 Abs.3 S.1
,
BSHG § 79
(b) »... Eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG ist [im Fall des Satz 2 Nr. 4] zunächst von der Bedürftigkeit des Auszubildenden abhängig. Die Bedürftigkeit ist im Gesetz nicht definiert. Da in keiner anderen Vorschrift des Gesetzes Bedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung ausdrücklich genannt ist, sind die Merkmale, bei deren Vorliegen anzunehmen ist, daß der Auszubildende nach der Überschreitung der Altersgrenze »bedürftig« geworden ist, nicht identisch mit den Voraussetzungen, unter denen nach dem Grundsatz des § 1 BAFöG die staatliche Afö überhaupt einsetzt. Unter Bedürftigkeit ist nicht das Unvermögen zu verstehen, aus dem anzurechnenden Einkommen und Vermögen des Auszubildenden und seines Ehegatten .. die Kosten für den Lebensunterhalt und die Ausbildung zu tragen. Bedürftig ist vielmehr nur derjenige, dem ausreichende Mittel zur Lebensführung fehlen und der außerstande ist, sich diese Mittel selbst zu beschaffen. Das ist regelmäßig .. dann der Fall, wenn der Auszubildende über einzusetzendes Vermögen i. S. von § 88 BSHG nicht verfugt und sein monatliches Einkommen die nach § 79 BSHG maßgebliche Einkommensgrenze nicht übersteigt.
(c) Ist der Auszubildende vor dem Beginn des Ausbildungsabschnitts, für den er nach der Überschreitung der Altersgrenze Afö begehrt, bedürftig, dann kann darauf ein Förderungsanspruch nur gestutzt werden, wenn die Bedürftigkeit des Auszubildenden auf eine einschneidende Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse zurückzuführen ist. Zwischen dieser Veränderung und der Bedürftigkeit muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Einschneidend ist eine Veränderung, die durch ein Ereignis herbeigeführt wird, das den Auszubildenden unversehens zu einem Neubeginn seiner Lebensführung zwingt. So bezeichnet Tz 10.3.5 BAföGVwV 1980 zutreffend die Ehescheidung oder den Tod des Ehegatten als einschneidende Veränderung der persönlichen Verhältnisse des Auszubildenden. Allerdings ist eine Verengung dieses Begriffes auf die genannten Fälle nicht gerechtfertigt. Auch andere Ereignisse können die Lebensverhältnisse des Auszubildenden einschneidend verändern.
So kann ein Arbeitsplatzverlust wegen einer krankheits- oder unfallbedingten Behinderung ein derartiges Ereignis sein. Auch wenn dem Betroffenen dann regelmäßig Ansprüche auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Vorschriften des AFG zustehen, steht eine gleichwohl darauffolgende Bedürftigkeit mit dem Arbeitsplatzverlust noch in einem ursächlichen Zusammenhang. Denn die Lohnersatzleistungen können im Anschluß an den Verlust des Arbeitsplatzes so gering sein oder dies erst nach Ablauf der Zahlung von Arbeitslosengeld werden, da ß das Einkommen des Auszubildenden unter Einschluß des Arbeitslosengeldes oder der Arbeitslosenhilfe und das Einkommen seines nicht getrennt lebenden Ehegatten zusammen die Einkommensgrenze des § 79 BSHG nicht erreichen. Bedürftigkeit ist auch dann noch auf den Arbeitsplatzverlust zurückzuführen, wenn die Einkommensgrenze des § 79 BSHG erst dadurch unterschritten wird, daß auch Einkommen des Ehegatten des Auszubildenden infolge einer einschneidenden Veränderung der persönlichen Verhältnisse wegfällt. ... Wenn der Kl. allerdings allein wegen der Aufnahme der Ausbildung bedürftig geworden sein sollte .., nämlich dadurch, daß [er] .. der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung steht (§ 134 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG), dann begründet dies einen Anspruch auf Afö nicht .. .«