Sozialhilferecht - Erstattungsanspruch, kein - in Höhe als Einkommen angerechnete Kindergeld- und Wohngeldleistungen; Kostenerstattung,
keine - in Höhe als Einkommen angerechnete Kindergeld- und Wohngeldleistungen; Sozialhilfekosten, keine Entstehung von - in
Höhe als Einkommen angerechnete Kindergeld- und Wohngeldbeträge
Gründe:
I. Das Verfahren betrifft die Frage, ob ein nach § 107 BSHG kostenerstattungsberechtigter Sozialhilfeträger, der bei der Bewilligung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt an Mutter
und Kind das Kindergeld und pauschalierte Wohngeld der Mutter als Einkommen auf die Sozialhilfe angerechnet hat, im Erstattungsverfahren
Kindergeld und Wohngeld stattdessen als Leistungen an das Kind ausweisen und dadurch den Betrag erstattungsfähiger Sozialhilfeleistungen
an die Mutter erhöhen kann.
Der klagende Landkreis P. nimmt den Beklagten auf Erstattung von Sozialhilfe in Anspruch, welche die Stadt P. in der Zeit
vom 17. Oktober 1994 bis 31. Juli 1996 an die Hilfeempfängerin Frau D.-S. und deren Tochter D. geleistet hat; im Streit sind
noch Beträge von 4 393,87 DM Kindergeld und 3 450,92 DM anteiligem pauschalierten Wohngeld, zusammen 7 844,79 DM.
Die Hilfeempfängerin und ihre Tochter sind am 1. August 1994 von B. (Hochsauerlandkreis) in den Zuständigkeitsbereich des
Klägers gezogen. Sie wohnten zunächst in einem Frauenhaus in S., wo sie von der Stadt S. Sozialhilfe erhielten, für welche
der Beklagte Kostenerstattung geleistet hat. Nachdem die Hilfeempfängerin am 17. Oktober 1994 mit ihrer Tochter für 500 DM
Monatsmiete zuzüglich Nebenkosten eine Wohnung in P. bezogen hatte, führte der Stadtdirektor der Stadt P. in einem an die
Mutter gerichteten Bescheid vom 23. November 1994 die Bedarfs- und Einkommensberechnung in der Weise durch, dass der Regelbedarf
für Mutter und Tochter mit einer Gesamtsumme von 944 DM errechnet und die zu berücksichtigenden Unterkunftkosten unaufgeteilt
mit 600 DM angesetzt wurden; als anzurechnendes Einkommen wurden für die Mutter ein Kindergeld in Höhe von 70 DM und für die
Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 256 DM, zusammen 326 DM, in Abzug gebracht, so dass sich eine zu zahlende Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von
monatlich 1 218 DM ergab. Im Anschluss an diese Berechnungen heißt es in dem Bescheid: "In der Summe Hilfe zum Lebensunterhalt
ist pauschaliertes Wohngeld in Höhe von 295 DM enthalten". Außerdem wurde für den Zeitraum Oktober bis November 1994 Hilfe
zum Lebensunterhalt in Höhe von 2 282,31 DM nachbewilligt. Insgesamt leistete der Stadtdirektor von P. in der Zeit vom 17.
Oktober 1994 bis zum 31. Juli 1996 auf der Grundlage weiterer nach dem gleichen Berechnungsschema erstellter Bescheide an
die Hilfeempfängerin und deren Tochter einen Betrag von 25 020,67 DM einschließlich einmaliger Beihilfen; dazu traten ab April
1996 Leistungen für den im Februar 1996 geborenen Sohn der Hilfeempfängerin.
Nachdem der Beklagte für den Zeitraum vom 17. Oktober 1994 bis längstens 16. Oktober 1996 seine Kostenerstattungspflicht anerkannt
hatte, bezifferte die Stadt P. ihre Aufwendungen in diesem Zeitraum mit 29 822,79 DM, wobei sie das Kindergeld voll und das
Wohngeld anteilig bei der Tochter berücksichtigte. Der Beklagte wandte ein, Kindergeld und Wohngeld seien Einkommen des Kindergeld-
bzw. Wohngeldberechtigten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, mit welcher der Kläger zuletzt noch Aufwendungen in Höhe des in der Zeit
vom 17. Oktober 1994 bis zum 30. Juli 1996 gezahlten Kindergeldes von 4 393,87 DM und pauschalierten anteiligen Wohngeldes
von 3 450,92 DM geltend machte. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Da sowohl das Kindergeld von 4 393,87 DM als auch das (pauschalierte) Wohngeld von - anteilig - 3 450,92 DM in den Sozialhilfebescheiden
der Stadt P. der Hilfeempfängerin als Einkommen zugeordnet worden seien, habe der Kläger in dieser Höhe schon keine erstattungsfähigen
Kosten aufgewendet. Eine andere Zuordnung im Rahmen der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt entspreche auch nicht dem
Gesetz, da Kindergeld und (pauschaliertes) Wohngeld Einkommen des Kindergeld- bzw. Wohngeldberechtigten darstellten, sofern
er selbst - wie hier - wegen fehlenden ausreichenden Einkommens hilfebedürftig sei. Zwar seien die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs
gemäß § 107 Abs. 1 BSHG dem Grunde nach erfüllt, nachdem die Hilfeempfängerin mit ihrer Tochter am 1. August 1994 aus dem Zuständigkeitsbereich des
Beklagten in den des Klägers verzogen sei. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch bestehe jedoch deshalb nicht, weil nach
§ 111 Abs. 1 Satz 1 BSHG (nur) die aufgewendeten Kosten zu erstatten seien. "Aufgewendet" seien (nur) Kosten, die vom Sozialhilfeträger tatsächlich
getragen worden seien. Welche Kosten der anspruchsberechtigte Sozialhilfeträger aufgewendet habe, ergebe sich aus den maßgeblichen
Sozialhilfebescheiden. Bei Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt an eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG sei anhand der Bewilligungsbescheide, insbesondere unter Berücksichtigung der dortigen Bedarfs- und Einkommensberechnungen,
festzustellen, welcher Teilbetrag der jeweils bewilligten Sozialhilfe auf die einzelnen Hilfeempfänger entfalle, da jeder
Hilfeempfänger einen eigenen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt habe.
Danach seien erstattungsfähige Kosten nicht entstanden. In den Bescheiden der Stadt P. sei das Kindergeld ebenso wie der Zuschlag
zum Kindergeld fortlaufend als Einkommen der Hilfeempfängerin (und nicht der Tochter) berücksichtigt und bedarfsmindernd auf
die bewilligte Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet worden, so dass insoweit keine Kosten für die Hilfeempfängerin aufgewendet
worden seien; auch das pauschalierte Wohngeld sei in vollem Umfang der Hilfeempfängerin gewährt worden. Anders könnten die
ausschließlich an die Hilfeempfängerin adressierten Bescheide nicht verstanden werden.
Unabhängig davon entspreche allein die vorgenannte Anrechnung des Kindergeldes und Wohngeldes als Einkommen der Hilfeempfängerin
dem Gesetz; für eine Weitergabe des Kinder- und Wohngeldes durch die bezugsberechtigte Mutter an ihre Tochter mit der Folge,
dass die Beträge im Umfang der Weitergabe als Einkommen des Kindes zu bewerten seien, fänden sich in den Sozialhilfebetreuungsakten
keinerlei Anhaltspunkte. Die vom Kläger erstmalig im Kostenerstattungsverfahren praktizierte Anrechnung von Kindergeld und
pauschaliertem Wohngeld als Einkommen der Kinder der Hilfeempfängerin entspreche daher nicht dem Gesetz.
Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der § 11 Abs. 1 Satz 2, §§ 107, 111 BSHG. Das Kindergeld sei ebenso wie das Wohngeld nicht als Einkommen des kindergeldberechtigten Elternteils zu werten, sondern
ein höchstpersönlicher (Einkommens-)Anspruch des Kindes; die volle Anrechnung bei der Mutter durch das Verwaltungsgericht
sei daher rechtsfehlerhaft. Dem Kläger müsse zugestanden werden, die personenbezogene Kostenaufstellung im Kostenerstattungsverfahren
in richtiger Form nachzureichen, da eine richtige Ausweisung bei Leistungsgewährung noch nicht erforderlich und aus EDV-technischen
Gründen damals im Bescheid nicht möglich gewesen sei. Der Umfang der Kostenerstattung habe sich nicht an der Fassung des Sozialhilfebescheides
zu orientieren, vielmehr stelle § 107 BSHG eine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, die es dem erstattungsberechtigten Sozialhilfeträger ermögliche, rechtlich zulässige
Konkretisierungen im Erstattungsverfahren vorzunehmen.
Der Beklagte hält die Revision für unbegründet.
II. Die zulässige Sprungrevision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht
(§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung von
Sozialhilfekosten in Höhe des aufgewendeten Kindergeldes und des anteiligen Wohngeldes verneint hat.
Verzieht eine Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts, ist nach § 107 Abs. 1 BSHG der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe
die dort erforderlich werdende Sozialhilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Die Voraussetzungen dieser
Bestimmung hat das Verwaltungsgericht mit Blick auf den Umzug der Hilfeempfängerinnen in den Zuständigkeitsbereich des Klägers
und die von diesem geleistete Sozialhilfe dem Grunde nach bejaht; es hat jedoch für die streitigen Beträge des Kindergeldes
und pauschalierten Wohngeldes die Voraussetzungen des § 111 Abs. 1 BSHG, wonach die "aufgewendeten Kosten" zu erstatten sind, mit der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Erwägung verneint,
insoweit habe der Kläger keine Sozialhilfekosten aufgewendet, da nach den Bewilligungsbescheiden das Kindergeld und das pauschalierte
Wohngeld in vollem Umfang der Hilfeempfängerin gewährt und bedarfsmindernd auf die Hilfe zum Lebensunterhalt angerechnet worden
seien.
Unter Zugrundelegung der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, an welche das Bundesverwaltungsgerichts gemäß
§
137 Abs.
2 VwGO gebunden ist, hat der Kläger bei der Sozialhilfegewährung an Mutter und Kind für die Mutter insoweit Sozialhilfekosten nicht
aufgewendet, als er bei ihr Kindergeld und pauschaliertes Wohngeld als Einkommen angesehen und angerechnet hat. Die vom Kläger
für das Kostenerstattungsverfahren zugrunde gelegte abweichende Berechnung, welche das Kindergeld ganz und das pauschalierte
Wohngeld teilweise der Tochter der Hilfeempfängerin zuordnet, vermag daran nichts zu ändern.
Die Einkommensanrechnung der Kinder- und Wohngeldleistungen bei der Mutter als Hilfeempfängerin hat bewirkt, dass insoweit
nicht Sozialhilfemittel, sondern Kinder- und Wohngeldmittel aufgewendet worden sind. Beträge, die nicht als Sozialhilfeleistungen
aus Sozialhilfemitteln, sondern als Kinder- und Wohngeldleistungen aus anderen Mitteln erbracht worden sind, können nicht
nachträglich im Erstattungsverfahren durch eine von der Berechnung im sozialhilferechtlichen Bewilligungsverfahren abweichende
Leistungsberechnung zu "aufgewendeten Kosten" der Sozialhilfe erklärt werden. Dies ergibt sich aus § 111 Abs. 1 BSHG, der mit den "aufgewendeten Kosten" nur Kosten der "Sozialhilfe" meint, die dem Erstattungsberechtigten tatsächlich entstanden
sind.
Auf die weitere Frage, ob die Einkommensanrechnung des Kindergeldes und pauschalierten Wohngeldes bei der kinder- und wohngeldberechtigten
Mutter rechtlich zutreffend war, kommt es danach im Streitfall nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.