Pflicht zur Bekanntgabe von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, die unter Betreuung steht, erhielt von der Antragsgegnerin seit längerem Hilfe zum Lebensunterhalt. Mit
Schreiben ihres Betreuers vom 19. März 2002 beantragte sie eine Bekleidungsbeihilfe. Die Antragsgegnerin bewilligte ihr mit
Bescheid vom 9. April 2002 erstmals für den Monat April 2002 Hilfe zum Lebensunterhalt nach einem Modellversuch zur Pauschalierung
der Hilfe zum Lebensunterhalt nach Maßgabe ihrer Ausführungsbestimmungen vom 29. November 2001, wonach statt einmaliger Leistungen
für die Bedarfe Wohnen (ausgenommen die Kosten der Unterkunft und die Heizkosten), Bekleidung und Schule eine monatliche Pauschale
gezahlt wurde, für erwachsene Frauen in Höhe von 26,74 EUR. Über den Widerspruch der Antragstellerin gegen diesen Bescheid
ist bislang nicht entschieden. Seit 1. März 2003 erhält die Antragstellerin Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz.
Mit Beschluss vom 3. Juli 2002 folgte die Vollversammlung des Stadtrates der Antragsgegnerin einer Beschlussvorlage ihres
Sozialreferats vom 29. Mai 2002 für den 13. Juni 2002 und änderte dementsprechend ihre Ausführungsbestimmungen zur Sozialhilfepauschalierung
mit Wirkung vom 1. April 2002. Nach diesen Ausführungsbestimmungen sind grundsätzlich allen Empfängern von laufender Hilfe
zum Lebensunterhalt außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen Leistungen für die Bedarfe Wohnen, Bekleidung
und Schule (ausgenommen benannte Bedarfspositionen wie z.B. Mietkosten, Heizkosten, Baby-Erstausstattung, Waschmaschine) von
Härtefällen abgesehen nicht als einmalige Leistungen, sondern als monatliche Pauschale (für Erwachsene 29 EUR) zu gewähren.
Die Antragstellerin hat beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Normenkontrolle dahin beantragt, die Ausführungsbestimmungen
in der Fassung des Beschlusses der Vollversammlung des Stadtrats vom 3. Juli 2002 zur Durchführung von Modellvorhaben zur
Pauschalierung der Sozialhilfe für nichtig zu erklären. Gegen den Willen der Hilfeempfänger sei die grundsätzliche Ersetzung
einmaliger Leistungen durch eine monatliche Pauschale nicht zulässig. Ein Bedarf sei zu befriedigen, wenn er bestehe. Es dürfe
nicht auf die Ansparung entsprechender Beträge für die Zukunft verwiesen werden. Die von der Antragsgegnerin festgesetzten
Pauschalen seien nicht bedarfsdeckend.
Durch Urteil vom 15. Mai 2003 hat der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag abgelehnt. Zur Begründung hat er im
Wesentlichen ausgeführt:
Der Normenkontrollantrag sei zulässig.
Nach §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO entscheide der Verwaltungsgerichtshof über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften,
sofern das Landesrecht das bestimme. Eine solche Regelung habe der Landesgesetzgeber in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO getroffen. Bei den Ausführungsbestimmungen zur Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt handele es sich um eine derartige
Rechtsvorschrift im Sinne von §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO. Dem Sinn und Zweck der Normenkontrolle nach §
47 VwGO werde nur eine Auslegung des §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO gerecht, die den dort verwendeten Begriff der Rechtsvorschrift in einem weiten Sinne verstehe und jedenfalls solche (abstrakt-generellen)
Regelungen der Exekutive einbeziehe, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfalteten und auf diese Weise dessen
subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berührten (BVerwGE 94, 335 >338<). Die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin seien nach ihrem Inhalt darauf gerichtet, im Außenverhältnis in derselben
Weise in subjektive Rechte einzugreifen, wie das auch sonst bei Rechtsvorschriften (Rechtsverordnungen, Satzungen) im Sinne
des §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO der Fall sei. Sie regelten gegenüber den Sozialhilfe begehrenden Bürgern den Anspruch auf Sozialhilfe der Höhe nach und ergänzten
den im Gesetz geregelten Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt normkonkretisierend insofern, als sie bestimmten, dass die
von ihnen erfassten Bedarfe jedenfalls im Regelfall mit der den Hilfeempfängern gewährten monatlichen Pauschale gedeckt und
der Sozialhilfeanspruch damit in vollem Umfang erfüllt werde.
Die Antragstellerin sei auch antragsbefugt im Sinne von §
47 Abs.
2 Satz 1
VwGO. Danach könne den Antrag u.a. jede natürliche Person stellen, die geltend mache, durch die Rechtsvorschriften oder deren
Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragstellerin erhalte zwar seit
1. März 2003 Leistungen der Grundsicherung, so dass sie seit diesem Zeitpunkt nicht mehr dem Modellversuch der Sozialhilfepauschalierung
unterfalle. Sie habe jedoch bis einschließlich Februar 2003 Sozialhilfe bezogen und beanspruche für diese Zeit weiterhin einmalige
Leistungen für Bekleidung.
Der Normenkontrollantrag sei jedoch nicht begründet. Die angegriffenen Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin verstießen
nicht gegen höherrangiges Recht.
Die Ausführungsbestimmungen hätten auf der Grundlage der Experimentierklausel des § 101a BSHG und der Verordnung der Bayerischen Staatsregierung zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe
vom 10. Januar 2000 - PauschVO - (GVBl S. 21) in der Form der allgemeinen Verwaltungsvorschriften erlassen werden dürfen.
§ 101a BSHG verlange nicht den Erlass förmlicher, im Amtsblatt verkündeter Rechtsverordnungen oder Satzungen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts
gehe der Gesetzgeber vielmehr davon aus, dass auch abstrakt-generelle Regelungen mit Außenwirkung in Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften
erlassen werden könnten. So sei das Formerfordernis des § 22 Abs. 2 Satz 1 BSHG, die Festsetzung der Regelsätze durch Rechtsverordnung der Landesregierungen, erst durch Art. 7 Nr. 7 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms - FKPG - vom 23. Juni 1993 (BGBl I S. 944) eingeführt worden. Bis dahin hätten Regelsätze durch Runderlass, also durch allgemeine Verwaltungsvorschriften, als andere
im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften im Sinne von §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO zulässig erlassen werden können. Gleiches gelte für die hier strittigen Verwaltungsvorschriften für einmalige Leistungen.
Im Gegensatz zu Rechtsverordnungen (oder Satzungen) sei für den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften keine Verkündung
in einem dafür vorgesehenen Publikationsorgan (Gesetz- oder Amtsblatt o.ä.) vorgeschrieben. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift
werde auch ohne Verkündung wirksam. Zwar sei das Gebot, Rechtsvorschriften so bekannt zu geben, dass die davon Betroffenen
Kenntnis von deren Inhalt nehmen könnten, ein wohl unverzichtbares rechtsstaatliches Erfordernis, so dass dies auch für die
Ausführungsbestimmungen gelte, die gegenüber den von ihnen erfassten Hilfeempfängern wie ein Gesetz Geltung beanspruchten.
Jedoch sei diesem Gebot hier Genüge getan, weil die den Bewilligungsbescheiden beigefügten Merkblätter den von den Ausführungsbestimmungen
erfassten Hilfeempfängern den Inhalt und die Auswirkungen der Ausführungsbestimmungen sowie den Zeitraum ihrer Geltung eingehend
erläutert hätten.
Leistungspauschalen für den Lebensunterhalt dürften aufgrund von § 101a Satz 2 BSHG auch außerhalb des Katalogs des § 21 Abs. 1a BSHG durch Rechtsverordnung der Länder - hier die Verordnung der Bayerischen Staatsregierung - vorgesehen werden.
Auch der Inhalt der angegriffenen Ausführungsbestimmungen sei nicht zu beanstanden.
Die Ausführungsbestimmungen seien mit dem Bedarfsdeckungsgrundsatz vereinbar. § 101a BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 4 PauschVO bestimmten ausdrücklich, dass die Pauschalbeträge dem Grundsatz der Bedarfsdeckung gerecht werden müssten.
Die Pauschalbeträge müssten ausreichen, um in Durchschnittsfällen den jeweiligen sozialhilferechtlich berücksichtigungsfähigen
Bedarf zu decken, ohne im einzelnen Fall Leistungen bei Bedarf in Sondersituationen auszuschließen. Dem entsprächen die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin. Für die Bemessung der Pauschalen sei maßgeblich auf bisher gewonnene Erfahrungswerte zurückgegriffen
und seien vergleichende Preisermittlungen für einzelne Bedarfsgegenstände berücksichtigt worden. Für Härtefälle seien in Nummer
11 Härteregelungen vorgesehen. Zudem könnten nach § 4 Satz 2 PauschVO ausnahmsweise Vorausleistungen auf die Pauschalen gewährt
und könne mit diesen entsprechend § 25a Abs. 1 BSHG aufgerechnet werden, wenn die Pauschale zur Deckung eines nachgewiesenen und unaufschiebbaren Bedarfs nicht ausreiche.
Die Ausführungsbestimmungen entsprächen dem "Bestimmtheitsgrundsatz". Sie genügten den Anforderungen nach § 101a BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 3 PauschVO, indem sie die durch einen Pauschalbetrag gedeckten Bedarfe beschrieben und von den Bedarfen, die damit nicht
gedeckt werden sollten, abgrenzten.
Schließlich seien die Ausführungsbestimmungen nicht deshalb nichtig, weil die von ihnen erfassten Hilfeempfänger zwangsweise
zu dem Modellvorhaben herangezogen würden. Die "Zwangsteilnahme" sei mit den gesetzlichen Vorgaben nach § 101a Satz 6 BSHG i.V.m. § 2 Abs. 1 PauschVO vereinbar und beruhe letztlich auf ihnen.
Mit der Revision gegen dieses Urteil verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses äußert sich insbesondere zur bayerischen Verordnung
zur Pauschalierung der Sozialhilfe.
II.
Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO).
1. Zu Recht hält der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag für zulässig.
Nach §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 BayAGVwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden
Rechtsvorschriften. Die hier im Normenkontrollverfahren zur Prüfung gestellten Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin
zur Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt sind solche Rechtsvorschriften.
Ausgehend von der Ermächtigung in § 101a BSHG i.V.m. der bayerischen Verordnung zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe - PauschVO - vom
10. Januar 2000 (BayGVBl S. 21) ist Regelungsgegenstand der Ausführungsbestimmungen, ob und gegebenenfalls inwieweit für bestimmte
Bedarfe der Hilfe zum Lebensunterhalt statt einmaliger Leistungen monatliche Pauschalen gewährt werden. Diese Regelungen hat
die Antragsgegnerin nicht als Rechtsverordnung oder Satzung, sondern als Verwaltungsvorschrift getroffen.
Zwar sind allein verwaltungsintern bindende und steuernde Verwaltungsvorschriften keine Rechtsvorschriften im Sinne von §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO. Denn ihnen fehlt die für eine Rechtsvorschrift charakteristische Außenwirkung (BVerwGE 75, 109; 94, 335). Aber zu den im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften gehören nach der Zweckrichtung der Normenkontrolle
und dem danach gebotenen weiten Begriffsverständnis nicht nur Satzungen und Rechtsverordnungen, sondern auch solche (abstrakt-generellen)
Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung gegenüber dem Bürger entfalten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen
Rechte unmittelbar berühren (BVerwGE 94, 335 >338< zur Regelsatzfestsetzung durch Verwaltungsvorschrift).
Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die formal in Verwaltungsvorschriften getroffenen Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin nach ihrem Inhalt darauf gerichtet sind, im Außenverhältnis in derselben Weise in subjektive Rechte einzugreifen,
wie das auch bei sonstigen Rechtsvorschriften (Rechtsverordnungen, Satzungen) im Sinne des §
47 Abs.
1 Nr.
2 VwGO der Fall ist, ihnen also unmittelbare Außenwirkung auch gegenüber den Hilfeempfängern zukommt. Dies zeigt die folgende Betrachtung
des einschlägigen Regelungsgefüges:
Nach § 22 BSHG werden laufende Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen nach Regelsätzen,
also pauschaliert gewährt. Für besondere Personengruppen bestimmt das Bundessozialhilfegesetz, dass weitere Leistungen pauschaliert zu erbringen sind (Mehrbedarf nach § 23 BSHG). Für die Bedarfe Kleidung, Wohnen und Schule, für die die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin von den dort benannten
Ausnahmen abgesehen Pauschalen festlegen, regelt weder das Bundessozialhilfegesetz noch eine aufgrund dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnung selbst, dass hierfür Sozialhilfe pauschaliert zu erbringen
sei. Nach § 101a BSHG soll zwar die Pauschalierung weiterer Leistungen erprobt werden, er legt aber nicht im Einzelnen fest, für welche Bedarfe
Sozialhilfe nach Pauschalen zu leisten ist, sondern ermächtigt die Landesregierungen, die Träger der Sozialhilfe durch Rechtsverordnung
zu ermächtigen, in Modellvorhaben Leistungen der Sozialhilfe pauschaliert zu erbringen. Aufgrund dieser bundesrechtlichen
Ermächtigung hat die Bayerische Staatsregierung mit der Verordnung zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung
der Sozialhilfe nicht selbst bestimmt, für welche Bedarfe Sozialhilfeleistungen pauschaliert zu erbringen sind, sondern die
Träger der Sozialhilfe ermächtigt, in Modellvorhaben die Pauschalierung von Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zum
Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft und im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen zu erproben, soweit
das Bundessozialhilfegesetz solche Pauschalierungen nicht bereits vorsieht oder enthält (§ 1 Abs. 1 PauschVO). Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 PauschVO legt der Träger der Sozialhilfe den Personenkreis für die Leistungen nach Pauschalen
und die Voraussetzungen fest, unter denen pauschalierte Leistungen gewährt werden. Nach § 3 Abs. 1 PauschVO sind die Pauschalbeträge
in der Regel als Monatsbeträge zu gewähren und müssen die durch einen Pauschalbetrag gedeckten Bedarfe beschrieben und von
den Bedarfen abgegrenzt sein, die damit nicht gedeckt werden sollen. Nach § 3 Abs. 2 PauschVO bemessen die Sozialhilfeträger
die Pauschalbeträge auf der Grundlage vorliegender statistischer Daten oder Erfahrungswerte.
Nach diesen Vorgaben der bundesrechtlichen und der landesrechtlichen Ermächtigung wird die Festlegung, dass weitere Leistungen
der Sozialhilfe nicht individuell bemessen, sondern pauschaliert zu erbringen sind, erst durch die Träger der Sozialhilfe,
hier die Antragsgegnerin, getroffen. Das gilt für den Personenkreis, dem Sozialhilfeleistungen pauschaliert zu erbringen sind,
für die Voraussetzungen (Bedarfe), unter denen Sozialhilfeleistungen pauschaliert zu erbringen sind, und für die Höhe der
Pauschalbeträge. Damit sind die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin zur Pauschalierung nicht eine nur binnenrechtlich
wirkende, allein diese bindende Bemessungsrichtlinie. Vielmehr kommt ihnen auf der Grundlage der bundes- und landesrechtlichen
Ermächtigungen, unter Zurückdrängung des Grundsatzes der Individualisierung der Sozialhilfe für bestimmte Bedarfe Pauschalbeträge
festzusetzen, Bindungswirkung auch gegenüber den Sozialhilfe begehrenden Bürgern zu. Die Regelungen der Antragsgegnerin zur
Pauschalierung richten sich unmittelbar auch an die Bürger und bestimmen diesen gegenüber Form und Maß der von ihnen beanspruchten
Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie sind anspruchskonkretisierend, sie geben dem Anspruch des Hilfeempfängers auf Hilfe zum Lebensunterhalt
in Bezug auf die von den Ausführungsbestimmungen erfassten Bedarfe in gleicher Weise die abschließende Gestalt, wie dies in
Bezug auf den Regelbedarf im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG infolge der Regelsätze erfolgt ist (vgl. BVerwGE 94, 335 >340<).
Die Antragstellerin ist nach §
47 Abs.
2 Satz 1
VwGO antragsbefugt. Sie macht geltend, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Zwar
hat sie seit März 2003 Leistungen der Grundsicherung erhalten, doch war sie während ihres Sozialhilfebezuges bis einschließlich
Februar 2003 von der Pauschalierung betroffen.
Über den Antrag der Antragstellerin vom März 2002, ihr eine Bekleidungspauschale - vor April 2002 gewährte die Antragsgegnerin
halbjährlich Bekleidungspauschalen - zu gewähren, hat die Antragsgegnerin mittelbar insoweit ablehnend entschieden, als sie
Sozialhilfe ab April 2002 nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen nur noch pauschaliert geleistet hat. Die Antragstellerin
macht geltend, dass sie bei der Ungültigkeit der Ausführungsbestimmungen besser dastünde. Sind die Ausführungsbestimmungen
der Antragsgegnerin ungültig, kann ihr noch ein Anspruch auf Bekleidung zustehen. Setzte für diesen Fall die Antragsgegnerin
ihre bis zum Beginn des Modellvorhabens geübte Praxis halbjährlicher Bekleidungspauschalen fort, könnte ein fortbestehender
Bedarf in einer Differenz zwischen der bisher halbjährlichen Bekleidungspauschale und den Bekleidungsanteilen in den Pauschalen
für April bis September 2002 bestehen. Setzte die Antragsgegnerin für den Fall der Ungültigkeit der Ausführungsbestimmungen
ihre bis zum Beginn des Modellvorhabens geübte Praxis halbjährlicher Bekleidungspauschalen dagegen nicht fort, könnte ein
fortbestehender Bedarf darin bestehen, dass sich die Antragstellerin damals erforderliche Bekleidung unter Rückgriff auf ihr
Schonvermögen oder mit Hilfe Dritter selbst beschaffen musste. Für die Antragsbefugnis nach §
47 Abs.
2 Satz 1
VwGO genügt die Möglichkeit der Rechtsverletzung. Ihr steht nicht entgegen, dass am 1. Januar 2005 das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch
in Kraft tritt und sich die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin ohnehin Geltung nur bis zum 31. Dezember 2004 beimessen.
Denn die von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtsverletzung betrifft die Zeit bis Februar 2003 (vgl. BVerwGE 68, 12).
2. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs ist der Normenkontrollantrag begründet. Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs,
dem rechtsstaatlichen Publikationsgebot könne durch an die Hilfeempfänger verteilte Merkblätter entsprochen werden, verletzt
Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO).
Im vorliegenden Verfahren ist nicht zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen allgemeine Verwaltungsvorschriften für ihre
Wirksamkeit der Verkündung in einem dafür vorgesehenen Publikationsorgan auch dann bedürfen, wenn diese nicht ausdrücklich
vorgeschrieben ist; soweit das Bundesverwaltungsgericht zu einer unmittelbar nur verwaltungsintern bindenden und steuernden
ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift, die allenfalls mittelbar eine anspruchsbegründende Außenwirkung zu begründen vermöge,
dahin erkannt hat, dass sie für ihre Wirksamkeit über die Bekanntgabe an die behördlichen Adressaten hinaus keiner Veröffentlichung
bedürfe (vgl. BVerwGE 104, 220 >224 ff.<), ist dies auf die Ausführungsbestimmungen der Antragsgegnerin nicht zu übertragen, denen unmittelbare Außenwirkung
auch gegenüber den Hilfeempfängern zukommt. Für diese Ausführungsbestimmungen hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen,
dass es rechtsstaatlich geboten ist, sie so bekannt zu geben, dass die davon Betroffenen Kenntnis von deren Inhalt nehmen
können. So hat das Bundesverfassungsgericht die Bekanntmachung einer Strafgefangene bindenden Verwaltungsvorschrift an jeden,
den es angeht, verlangt (BVerfGE 40, 237 >252 f., 255<) und hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine Verwaltungsanweisung, die nicht nur nach innen
mit Bindungswirkung für ihre Beamten, sondern auch nach außen mit Wirkung gegenüber Dritten in Form einer Ausschreibung den
Kreis der Begünstigten benennt, bekannt gemacht werden muss, soweit sie sich nach außen wendet (BVerwGE 35, 159 >162<). Auch das Schrifttum verlangt die Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber
Dritten (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Auflage 2004, § 24 Rn. 36 >sie sei allerdings nicht Wirksamkeitsvoraussetzung<; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und
Grundgesetz, 1968, S. 462 ff.; derselbe in Erichsen/Ehlers, AllgVerwR, 12. Auflage 2002, § 6 Rn. 57; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht,
Band I, 11. Auflage 1999, § 24 IV Rn. 19; Wittling, Die Publikation der Rechtsnormen einschließlich der Verwaltungsvorschriften,
Baden-Baden 1991, S. 165 ff.; Gusy, Die Pflicht zur Veröffentlichung von Verwaltungsvorschriften, DVBl 1979, 720 >724<; Hill, Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, NVwZ 1989, 401 >408<). Die Publikationspflicht für Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung für Dritte ist im Rechtsstaatsprinzip
(Art.
20 Abs.
3 GG, Art.
28 Abs.
1 Satz 1
GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art.
19 Abs.
4 GG) begründet. Ihr entspricht bei Erfolg der Normenkontrolle die Pflicht, die Entscheidungsformel ebenso zu veröffentlichen,
wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§
47 Abs.
5 Satz 2
VwGO).
Nicht gefolgt werden kann indes der Auffassung des Verwaltungsgerichthofs, dass dem Publikationsgebot durch die den Bewilligungsbescheiden
an die Hilfeempfänger beigefügten Merkblätter Genüge getan sei, die nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs den
Inhalt und die Auswirkungen der Ausführungsbestimmungen sowie den Zeitraum ihrer Geltung eingehend erläuterten. Bekanntgabe
der Verwaltungsvorschrift ist nur die Bekanntgabe der Regelung selbst, eine selektive, erläuternde Wiedergabe ihres Inhalts
ist nicht ausreichend. Die Bekanntgabe der Verwaltungsvorschrift soll es dem Bürger gerade ermöglichen, sie nicht bereits
vorinterpretiert, sondern eigenständig zu erfassen.
Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber den Betroffenen genügt auf
jeden Fall die Publikation in dem für den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen amtlichen
Medium. Damit ist den Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig und umfassend zu informieren. Ob auch eine andere
Art und Weise der Bekanntmachung, z.B. durch eine unmittelbare Übergabe des Vorschriftentextes an die Betroffenen, ausreichend
wäre, bedarf in diesem Verfahren keiner Erörterung und Entscheidung. Denn die Antragsgegnerin hat den Betroffenen den Text
der Ausführungsbestimmungen selbst gerade nicht bekannt gegeben. Dem Rechtsstaatsprinzip ist aber nur dann Genüge getan, wenn
der Betroffene unmittelbar Kenntnis von den Bestimmungen selbst nehmen kann. Nur dann kann er diese auf ihre Rechtmäßigkeit
und Anwendbarkeit überprüfen und sich des Inhalts der durch sie für ihn begründeten Rechte und Pflichten vergewissern.
Fehlt bei Verwaltungsvorschriften mit Außenwirkung gegenüber Dritten die rechtsstaatlich bzw. um effektiven Rechtsschutz willen
gebotene Bekanntgabe, ist sie nicht wirksam geworden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.