FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.05.2010 - 4 K 1003/07
Kein Kindergeld für volljähriges Kind bei Unterbrechung der Ausbildungsplatzsuche aufgrund der Betreuung eigener Kinder
1. Ist ein volljähriges Kind aufgrund einer "Deaktivierung" nach der Schutzvorschrift § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II nicht mehr
arbeitssuchend, besteht kein Anspruch auf Kindergeld.
2. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegenzuwirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft des
Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben.
3. Ein Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind ergibt sich nicht daraus, dass dieses sein eigenes Kind betreut.
4. Die Vorschrift des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG ist nicht verfassungskonform dahin gehend auszulegen, dass eine Unterbrechung der Ausbildungsplatzsuche wegen Betreuung des
eigenen Kindes nicht zum Verlust des Kindergeldanspruchs führt.
5. Gegen den Verlust des Kindergeldanspruchs bestehen auch dann keine verfassungsrechtliche Bedenken, wenn der das Kindergeld
begehrende Elternteil des sein eigenes Kind betreuenden Kindes zur Leistung von Unterhalt verpflichtet ist, da typischerweise
nicht die Eltern, sondern der Kindsvater zur Leistung des Unterhalts verpflichtet ist.
Fundstellen: EFG 2010, 1430
Normenkette: ,
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SGB II § 10 Abs. 1 Nr. 3 ,
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1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kindergeldaufhebungs- und -rückforderungsbescheid der Beklagten (Bekl) vom 10. Mai 2007 und die Einspruchsentscheidung
vom 5. Juli 2007 rechtmäßig sind.
Der Kläger (Kl) ist der Vater der am 12. Oktober 1985 geborenen A.B., geb. C., für die er fortlaufend Kindergeld erhielt.
Am 6. Oktober 2004 brachte die Tochter des Kl ihren Sohn F zur Welt.
Mit Schreiben vom 20. März 2007 teilte die Bekl dem Kl mit, dass ab September 2004 grundsätzlich kein Anspruch mehr auf Kindergeld
für seine Tochter bestehe, weil der Vater des Kindes der Tochter nach § 1615 l des Bürgerlichen Gesetzbuches ( BGB) für die Tochter des Kl unterhaltspflichtig sei. Ein Kindergeldanspruch für die Tochter des Kl bestehe nur dann, wenn der
Kl für den Unterhalt seiner Tochter auch nach der Geburt seines Enkelkindes aufkommen müsse, weil der Vater des Enkelkindes
nicht in der Lage sei, den Unterhalt der Tochter sicherzustellen. Könnte der Vater des Kindes zwar den Unterhalt der Tochter
des Kl sicherstellen, weigere er sich aber zu zahlen, führe dies dennoch zur Anrechnung der der Tochter des Kl geschuldeten
Unterhaltsleistungen. Diese seien gegebenenfalls von der Tochter des Kl privatrechtlich geltend zu machen. Unabhängig davon
müsse die Tochter des Kl für das Bestehen eines Kindergeldanspruchs die besonderen Voraussetzungen für volljährige Kinder
erfüllen. Hierzu seien Nachweise vorzulegen, aus denen ersichtlich sei, dass sich die Tochter des Kl ab Januar 2004 laufend
um Ausbildungsplätze beworben habe.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2007 hob die Bekl die Festsetzung des Kindergelds für die Tochter des Kl unter Bezugnahme auf § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz ( EStG) mit Wirkung ab März 2005 auf. Zur Begründung führte sie aus, Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, könnten nur
bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden. Diese besonderen Anspruchsvoraussetzungen seien bei der Tochter des Kl nicht erfüllt. Nach den Daten
der für die Arbeitsvermittlung zuständigen Stelle werde die Tochter des Kl dort nicht bzw. nicht mehr als arbeitssuchendes
Kind geführt. Sie sei bei der Arbeitsvermittlung bisher nicht gemeldet. Eine Ausbildung werde von der Tochter des Kl nach
Aktenlage nicht bzw. nicht mehr angestrebt. Sie sei somit nicht mangels Ausbildungsplatzes gehindert, eine Berufsausbildung
zu beginnen oder fortzusetzen (§ 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG). Nach den Daten der für die Ausbildungsstellenvermittlung zuständigen Stelle (Agentur für Arbeit bzw. ARGE oder optierende
Kommune) werde die Tochter dort nicht bzw. nicht mehr als Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle geführt. Eigene
Bemühungen um einen Ausbildungsplatz (z.B. durch Vorlage von Absageschreiben, Zwischennachrichten, Bewerbungen o.ä.) seien
nicht bzw. nicht ausreichend nachgewiesen worden. Kindergeld sei somit für den Zeitraum von März 2005 bis März 2007 in Höhe
von 3.850 EUR überzahlt worden. Dieser Betrag sei gemäß § 37 Abs. 2 Abgabenordnung ( AO) zu erstatten.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. Mai 2007 legte der Kl Einspruch gegen den Kindergeldaufhebungs- und
-rückforderungsbescheid vom 10. Mai 2007 ein. Zur Begründung ließ er vortragen, nach Kenntnis des Kl werde seine Tochter A.
weiterhin bei der ARGE Jobcenter Landkreis X (ARGE) als Bewerberin um eine berufliche Ausbildungstelle geführt. Beim letzten
Kontakt wegen der Vermittlung einer Ausbildungsstelle im Frühjahr 2005 sei der Tochter mitgeteilt worden, dass sie sich wegen
der Geburt ihres Sohnes F in Elternzeit befinde und eine Ausbildungsstelle erst annehmen müsse, wenn ihr Sohn drei Jahre alt
sei. Weder der Kl noch seine Tochter seien von der ARGE oder einer ähnlichen Stelle darauf hingewiesen worden, dass diese
"Elternzeit" Auswirkungen auf den Bezug von Kindergeld haben könnte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 5. Juli 2007 wies die Bekl den Einspruch des Kl als unbegründet zurück. Zur Begründung führte
sie im Wesentlichen aus, nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG würden Kinder bis zum vollendeten 21. Lebensjahr berücksichtigt, die als Arbeitssuchende bei einer inländischen Agentur für
Arbeit gemeldet seien. Dieser Anforderung genüge auch die Meldung bei einem anderen für Arbeitslosengeld II zuständigen Leistungsträger
(Arbeitsgemeinschaft/Kommune). Jegliches Beschäftigungsverhältnis mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung im Sinne
des § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB) wirke sich schädlich auf die Kindergeldberechtigung solcher arbeitssuchender Kinder
aus.
Eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG sei nicht möglich, weil das Kind im Streitzeitraum nicht bei einer Agentur für Arbeit bzw. bei einem anderen für Arbeitslosengeld
II zuständigen Leistungsträger (Arbeitsgemeinschaft oder Kommune) arbeitslos bzw. arbeitssuchend gemeldet gewesen sei. Ein
Nachweis über eine entsprechende Meldung habe nicht vorgelegt werden können. Die Arbeitssuche auf eigene Initiative ohne Beteiligung
der vorgenannten Stellen reiche nicht aus.
Für Zeiten der Kindererziehung außerhalb der Schutzfristen nach dem Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter ( Mutterschutzgesetz - MuSchG -) bestehe kein Kindergeldanspruch. Anders als nach dem bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Recht habe der Gesetzgeber für
das steuerrechtliche Kindergeld nach dem EStG die Berücksichtigung von volljährigen Kindern im Erziehungsurlaub bzw. in der Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz nicht vorgesehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02). Ein Kind, das bei einem Träger der Grundsicherung gemeldet sei, sei nicht gleichzeitig als arbeitssuchend zu betrachten,
weil es dem Kind nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II nicht zuzumuten sei, eine Arbeit aufzunehmen. Rechtsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung
sei § 70 Abs. 2 EStG. Hiernach sei die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben, soweit in den Verhältnissen, die für die Zahlung des Kindergeldes
erheblich seien, Änderungen eingetreten seien. Die Aufhebung habe mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der VerhäItnsse,
also ggf. auch rückwirkend, zu erfolgen. Ein Ermessensspielraum stehe der Familienkasse im Rahmen des § 70 Abs. 2 EStG nicht zu.
Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 37 Abs. 2 AO. Hiernach sei eine Steuervergütung zu erstatten, soweit sie ohne rechtlichen Grund gezahlt worden sei. Dies sei vorliegend
der Fall, weil ein Anspruch nicht bestanden und die Kindergeldfestsetzung deshalb insoweit aufgehoben worden sei. Der Rückforderungsanspruch
nach § 37 Abs. 2 AO sei Ausdruck des übergeordneten und allgemeinen Grundsatzes, dass derjenige, der vom Staat zu Lasten der Allgemeinheit eine
Leistung ohne Rechtsanspruch erhalten habe, diese erstatten müsse. Dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch könne der
Empfänger auch nicht den Wegfall der Bereicherung entgegenhalten, weil § 818 Abs. 3 BGB im öffentlichen Recht keine Anwendung finde.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2007 erhob der Kl Klage. Zur Begründung lässt er im Wesentlichen
vortragen, sowohl er selbst als auch seine Tochter A. bezögen seit dem 1. Januar 2005 von der ARGE Leistungen nach dem SGB
II. Anfangs habe es sich noch um eine Bedarfsgemeinschaft gehandelt, aus der die Tochter A. dann aber ausgeschieden sei, um
eine eigene Bedarfsgemeinschaft mit ihrem im Oktober 2004 geborenen Sohn zu bilden. Außerdem habe sie Kindergeld für ihren
Sohn bezogen.
Bei dem Beratungstermin bei der ARGE am 7. Februar 2005, zu dem die Tochter des Kl ihren Sohn mitgenommen habe, sei erstaunt
nachgefragt worden, ob sie denn ein Kind hätte. Als die Tochter des Kl daraufhin mitgeteilt habe, dass dies doch bekannt sei,
weil sie beide Leistungen von der ARGE erhalten würden, habe die Sachbearbeiterin der ARGE der Tochter des Kl mitgeteilt,
dass sie wegen der Geburt ihres Sohnes drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen könne und dennoch die vollen Leistungen der
ARGE erhalten werde. Die Tochter des Kl habe die Sachbearbeiterin der ARGE daraufhin davon in Kenntnis gesetzt, dass sie auf
jeden Fall eine Ausbildung - bevorzugt als Friseurin - machen möchte, spätestens dann, wenn ihr Sohn mit drei Jahren in den
Kindergarten komme. Die Sachbearbeiterin der ARGE habe die Tochter des Kl daraufhin aufgefordert, sich bei der Berufsberatung
der Bekl zu melden, wobei sie aber auch die Kinderbetreuung sicherstellen müsse. In der Akte sei vermerkt worden: "Arbeitsstelle
derzeit kein Thema". Im System der ARGE sei vermerkt worden:
"Nichtaktivierung gemäß § 10 SGB II (Allein)Erziehende mit Kind unter 3 Jahren."
Spätestens bei der Beratung am 10. August 2005 hätte die Sachbearbeiterin der ARGE darauf hinweisen müssen, dass die "Nichtmeldung
bei der Berufsberatung" Auswirkungen für den Bezug von Kindergeld habe bzw. haben könne. Die Tochter des Kl hätte sich auf
einen entsprechenden Hinweis unverzüglich "arbeitssuchend für eine Ausbildungsstelle" gemeldet und unter diesen Voraussetzungen
auch einen Platz zur Kinderbetreuung erhalten, bevor ihr Sohn das dritte Lebensjahr vollendet gehabt hätte. Zu keinem Zeitpunkt
seien der Kl oder seine Tochter darauf hingewiesen worden, dass, sofern die Tochter "drei Jahre Elternzeit" in Anspruch nehme,
die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld wegfallen könnten. Aufgrund der Falschberatung des Kl bzw. seiner Tochter
durch die ARGE habe die Bekl keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kindergeldes.
Außerdem habe die Tochter des Kl kurz nach ihrem 21. Geburtstag bei der Bekl angerufen und nachgefragt, ob ihre Eltern weiterhin
Kindergeld für sie erhalten könnten. Dort habe sie die telefonische Auskunft erhalten, dass dies kein Problem sei.
Weiter lässt der Kl vortragen, mit Schriftsatz vom 31. Juli 2008 gestehe die Bekl nunmehr ein, dass die "Nichtaktivierung"
der Tochter des Kl von Amts wegen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II erfolgt sei, weil eine Arbeitsvermittlung nicht zumutbar gewesen
sei. Damit stehe der Vortrag des Kl als richtig fest, dass seine Tochter keinen Antrag auf Eltemzeit gestellt habe. Wäre seine
Tochter darauf hingewiesen worden, dass eine Vermittlung und damit auch die Weiterbewilligung von Kindergeld ausschließlich
dann möglich sei, wenn die Kinderbetreuung ihres Sohnes sichergestellt sei, so hätte sie bei der Gemeinde einen Antrag auf
Betreuung vor Vollendung des 3. Lebensjahres stellen können. Da der Tochter des Kl bei dem Beratungstermin bei der ARGE mitgeteilt
worden sei, dass sich der Termin "wegen des Kindes erledigt hätte", sei sie nicht verpflichtet gewesen, die Kinderbetreuung
sicherzustellen. Sie werde deshalb weiterhin bei der ARGE als ausbildungsplatzsuchend geführt.
Für den Zeitraum ab November 2006 berufe sich der Kl in rechtlicher Hinsicht auf § 62 Absatz 1 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 32 Absatz 4 Ziffer 2 EStG. Seine Tochter suche weiterhin einen Ausbildungsplatz, bevorzugt als Friseurin. Die Bekl sei bis indes nicht in der Lage
gewesen, ihr eine Ausbildungsstelle oder auch nur einen Praktikumsplatz zu vermitteln. Seitens der ARGE sei lediglich versucht
worden, ihr einen 'Ein-Euro-Job' in der Stadtbücherei in Y zu vermitteln.
Der Kl beantragt,
den Kindergeldaufhebungs- und -rückforderungsbescheid der Bekl vom 10. Mai 2007 und die Einspruchsentscheidung vom 5. Juli
2007 aufzuheben.
Die Bekl beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Erwiderung auf die Gründe ihrer Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, den Ausführungen des Kl könne
nicht gefolgt werden. Nach der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des
EStG (DA-FamEStG) Nr. 63.3.1 Abs. 4 - Bundessteuerblatt (BStBI) I 2004, 743 - sei ein Kind, das die Elternzeit in Anspruch nehme,
nicht arbeitssuchend gemeldet. Danach bestehe auch kein Anspruch auf Kindergeld für dieses Kind (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli
2003, BStBI II 2003, 848). Daher habe die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 EStG ab dem Folgemonat (März 2005) aufgehoben werden müssen. Eine Falschberatung der ARGE sei nicht erkennbar. Tatsächlich sei
die Tochter des Kl - wie vom Kl ausgeführt - von der ARGE darauf hingewiesen worden, dass sie sich umgehend bei der Berufsberatung
melden solle, jedoch solle sie auch die Kindesbetreuung hierbei sicherstellen. Offensichtlich sei die Kindesbetreuung bei
der Tochter des Kl jedoch nicht gewährleistet gewesen, da diese sich dort nicht gemeldet habe. Eine der Bekl zurechenbare
Falschberatung bzw. Aufklärungspflichtverletzung im Sinne eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei ebenfalls nicht
erkennbar. Das Kindergeld sei nach geltendem Recht als Steuervergütung ausgestaltet (§ 31 Satz 3 EStG). Auch soweit es nach § 31 Satz 2 EStG der Förderung der Familie diene, stelle es keine Sozialleistung im formellen Sinn dar, sondern eine einkommensteuerrechtliche
Förderung der Familie durch eine Sozialzwecknorm. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei jedoch nur im Sozialrecht
anerkannt. Für die Festsetzung des Kindergeldes als Steuervergütung gälten allein die Vorschriften der AO (§ 155 Abs. 4 AO, § 31 Satz 3 EStG) und des EStG (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 2007 III B 167/06). Im Übrigen seien die ARGE und die Familienkasse jeweils eigenständige Behörden, die rechtlich nichts miteinander zu tun
hätten.
Zwischenzeitlich seien bei der Bekl sowohl die Stellungnahme der Mitarbeiterin der ARGE als auch die SGB II-Leistungsakte
der Tochter des Kl eingegangen. Danach sei die sog. Nichtaktivierung von Amts wegen erfolgt, da gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB
II eine Arbeitsvermittlung bzw. eine Teilnahme an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit von Gesetzes wegen nicht zumutbar
wäre. Wie aus dem Vermerk der Arbeitsvermittlung vom 7. Februar 2005 ersichtlich sei, sei die Tochter A., da sie eine Ausbildung
habe aufnehmen wollen, aufgefordert worden, sich bei der Berufsberatung zu melden, was jedoch offensichtlich unterblieben
sei (vgl. Vermerk der Arbeitsvermittlung vom 10. August 2005). Die Tochter des Kl sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden,
dass sie "auch dort" (Anmerkung der Bekl: nicht nur bei der Arbeitsvermittlung, um weiterhin berücksichtigt werden zu können,
sondern auch bei der Berufsberatung, um als ausbildungsplatzsuchendes Kind berücksichtigt werden zu können) die Kinderbetreuung
des eigenen Kindes sicherstellen müsse. Tatsächlich sei jedoch - wie im Erörterungstermin am 9. April 2008 festgestellt worden
sei - eine Kinderbetreuung durch andere Personen nicht möglich gewesen. Eigene Bemühungen um einen Arbeitsplatz bzw. um einen
Ausbildungsplatz seien nicht erfolgt. Eine Berücksichtigung der Tochter des Kl sei somit im streitigen Zeitraum gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2c EStG nicht möglich.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2010 aufgrund Beweisbeschlusses vom 23. März 2010 Beweis erhoben über
die Arbeitsplatz- bzw. Ausbildungsplatzsuche der Tochter des Kl, Frau A.B., geb. C., in der Zeit ab Februar 2005 und insbesondere
über die in diesem Zusammenhang in der Zeit ab Februar 2005 geführten Gespräche zwischen der Tochter des Kl und der für sie
zuständigen Sachbearbeiterin bei der ARGE, Frau M.K., durch Vernehmung von Frau A.B., geb. C., und Frau M.K. als Zeuginnen.
Die Angaben der Zeuginnen zur Sache wurden unmittelbar auf Tonträger aufgezeichnet.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kindergeldaufhebungs- und -rückforderungsbescheid der Beklagten vom 10. Mai 2007 und die Einspruchsentscheidung vom 5.
Juli 2007 sind rechtmäßig.
Gemäß § 70 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit
in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten.
Im Streitfall ist insofern eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 70 Abs. 2 EStG erfolgt, als die Tochter A. des Kl ab März 2005 nicht mehr als Kind berücksichtigungsfähig ist.
Für ein Kind, das sein 18. Lebensjahr vollendet hat, ist für das Bestehen eines Kindergeldanspruchs erforderlich, dass eine
der in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG i.V.m. § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG aufgeführten Voraussetzungen erfüllt ist. Ein volljähriges Kind wird danach berücksichtigt, wenn es
1. noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit
im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2. noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
1. für einen Beruf ausgebildet wird oder
2. ...
3. eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
4. ... oder
3. ...
A. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG (Meldung als Arbeitssuchender) i.V.m. § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt. Denn die Tochter des Kl ist aufgrund der am 7. Februar 2005 erfolgten "Deaktivierung" seit
diesem Zeitpunkt nicht mehr als arbeitssuchend gemeldet. Zwar ist diese "Deaktivierung" - wie sich aus dem insoweit unstreitigen
Vortrag der Beteiligten und aus der Vernehmung der Tochter des Kl und der Sachbearbeiterin der ARGE ergibt - auf Initiative
der ARGE im Hinblick auf die Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II erfolgt, wonach "dem erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen jede
Arbeit zumutbar ist, es sei denn, dass die Ausübung der Arbeit die Erziehung seines Kindes oder des Kindes seines Partners
gefährden würde; die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit
seine Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschrift des Achten Buches oder auf sonstige
Weise sichergestellt ist; ...." Hierbei handelt es sich um eine Schutzvorschrift zugunsten von erwerbsfähigen hilfsbedürftigen
Eltern von Kindern unter drei Jahren, die insbesondere während der Zeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes
nicht Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung und ggf. eventuellen belastenden Maßnahmen ausgesetzt werden sollen.
Hätte die Tochter des Kl trotz dieser Schutzvorschrift als arbeitssuchend gemeldet bleiben wollen, hätte es ihr aus Gründen
der von ihr zu erwartenden Eigenverantwortung (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BFH/NV 2008, 1740 und III R 68/05, BStBl II 2009, 1008) oblegen, gegenüber der Sachbearbeiterin der ARGE zu erklären, dass sie trotz der Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II als
arbeitssuchend gemeldet bleiben möchte. Dies hat sie indes - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist und sich außerdem
aus den Angaben der Tochter des Kl und der Sachbearbeiterin der ARGE im Rahmen ihrer Zeugenvernehmungen ergab - nicht getan.
Auch hat die Tochter des Kl - was ebenfalls unstreitig ist und sich aus ihren eigenen Angaben im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung
ergibt - während des streitgegenständlichen Zeitraums keinerlei Eigeninitiative zum Zweck der Erlangung eines Arbeitsplatzes
entfaltet.
B. Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c ("eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen
oder fortsetzen kann") i.V.m. § 62 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH erfordert die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG, dass sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat (BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 71/99, BFH/NV 2004, 473 und vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BFH/NV 2008, 1740; BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 2005 III S 19/04, BFH/NV 2005, 2207 und vom 24. Januar 2008 III B 33/07, BFH/NV 2008, 786). Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit
gewesen oder habe sich ständig um einen Ausbildungsplatz bemüht, reichen nicht aus (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BFH/NV 2008, 1740 m.w.N.). Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegenzuwirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft
des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben (BFH-Beschluss vom 21. Juli 2005 III S 19/04, BFH/NV 2005, 2207 und vom 24. Januar 2008 III B 33/07, BFH/NV 2008, 786 m.w.N.; BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BFH/NV 2008, 1740).
Im Streitfall ist keine Meldung der Tochter des Kl als ausbildungsplatzsuchend erfolgt. Das Vorliegen einer solchen Meldung
wird vom Kl auch nicht substantiiert behauptet. Es wird vom Kl - ebenso wie von seiner Tochter im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung
- lediglich ausgeführt, die Tochter habe weiterhin Interesse an der Vermittlung einer Ausbildungsstelle gehabt, jedenfalls
dann, wenn ihr Sohn das dritte Lebensjahr vollendet habe. Die Tochter sei jedoch durch den Hinweis der Sachbearbeiterin der
ARGE auf die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II von einer entsprechenden Meldung als ausbildungsplatzsuchend abgehalten
worden.
Diese Argumentation greift indes nicht durch. Denn auch hinsichtlich der Meldung als ausbildungsplatzsuchend wäre von der
Tochter des Kl - wie bereits zur Frage der Meldung als arbeitssuchend ausgeführt - zu erwarten gewesen, dass sie - wenn zum
damaligen Zeitpunkt ein aktueller Ausbildungswunsch bestanden haben sollte, was bereits aufgrund des eigenen Vorbringens der
Klägerseite, wonach jedenfalls nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Sohnes der Tochter ein Ausbildungsplatz gesucht
werden sollte, zweifelhaft ist - ihren Wunsch nach einer Meldung als ausbildungsplatzsuchend ausreichend deutlich und bei
der dafür zuständigen Stelle vorbringt. Dies ist indes nicht erfolgt. Denn die Tochter des Kl hat weder gegenüber der Sachbearbeiterin
der ARGE noch bei der Berufsberatungsstelle der Agentur für Arbeit, an die sie die Sachbearbeiterin der ARGE wegen eines eventuellen
Ausbildungswunsches verwiesen hat, ihren Wunsch nach einer entsprechenden Meldung zum Ausdruck gebracht. Entgegen dem Vorschlag
der Sachbearbeiterin der ARGE hat die Tochter des Kl - was sie im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung selbst eingeräumt hat - die
Berufsberatungsstelle gar nicht aufgesucht. Auch hat sie - was sie ebenfalls selbst einräumt - im streitgegenständlichen Zeitraum
keinerlei Eigenbemühungen zum Zweck des Erhalts einer Ausbildungsstelle entfaltet.
C. Ein Kindergeldanspruch für den streitgegenständlichen Zeitraum ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Tochter
des Kl ab dem 6. Oktober 2004 ihr eigenes Kind betreut hat. Da die Betreuung eines eigenen Kindes durch das "Kind" keinen
eigenständigen kindergeldrechtlichen Förderungstatbestand darstellt, ist für die Gewährung von Kindergeld erforderlich, dass
das wiederum sein eigenes Kind betreuende "Kind" die Voraussetzungen eines Förderungstatbestandes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG erfüllt. So ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass sich ein Kind, das seine Berufsausbildung zum Zweck
der Betreuung eines eigenen Kindes in vollem Umfang unterbricht, in dieser Zeit nicht in Berufsausbildung befindet, da die
Unterbrechung der Ausbildung in diesem Falle wegen eines eigenen, der Förderung des Eltern-Kind-Verhältnisses dienenden Entschlusses
erfolgt (BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848). Ein Anderes gilt bei Unterbrechung einer Ausbildung lediglich dann, wenn das Kind aus objektiven Gründen, z.B. wegen Erkrankung
oder wegen des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG, an der Fortsetzung der Ausbildung gehindert ist, weil ihm die Durchführung der Ausbildungsmaßnahmen nicht möglich oder nicht
zumutbar ist (BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848; BFH-Urteil vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614). Die Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG ist auch nicht verfassungskonform dahin gehend auszulegen, dass eine Unterbrechung der Berufsausbildung wegen Betreuung des
eigenen Kindes nicht zum Verlust des Kindergeldanspruchs führt (vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BStBl II 2004, 123).
Bei einem Kind, das sich nicht bereits in Ausbildung befand und deshalb durch die Betreuung seines Kindes keine begonnene
Ausbildung unterbrach, sondern ausbildungsplatzsuchend war, gelten die gleichen Grundsätze. Denn ebenso wie bei der Unterbrechung
einer Berufsausbildung zum Zweck der Betreuung eines eigenen Kindes erfolgt die Unterbrechung der Ausbildungsplatzsuche zum
Zweck der Kinderbetreuung genauso aufgrund eines eigenen, der Förderung des Eltern-Kind-Verhältnisses dienenden Entschlusses,
wie die Unterbrechung einer bereits begonnenen Ausbildung. Es ist somit darauf abzustellen, ob das Kind, für das Kindergeld
begehrt wird, auch während der Zeit der Betreuung des eigenen Kindes ausbildungsplatzsuchend war. Diese Voraussetzungen sind
im Streitfall - wie unter I./B. der Entscheidungsgründe ausgeführt - nicht erfüllt.
Der in der Rechtsprechung des BFH anerkannte Ausnahmefall, dass eine Unterbrechung einer Ausbildung wegen Krankheit oder wegen
eines Beschäftigungsverbots aufgrund des MuSchG unschädlich ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848 und vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614), ist im Streitfall nicht gegeben. Insbesondere ist die Schutzvorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II den genannten objektiven
Beschäftigungs- bzw. Ausbildungshindernissen nicht gleichzuachten. Denn die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II begründet
- wie unter I./A. der Entscheidungsgründe ausgeführt - nicht etwa ein Beschäftigungsverbot, sondern eine Schutzvorschrift
zugunsten von erwerbsfähigen hilfsbedürftigen Eltern von Kindern unter drei Jahren, die insbesondere während der Zeit bis
zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes nicht Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung und ggf. eventuellen
belastenden Maßnahmen ausgesetzt werden sollen.
Gegen die Nichtberücksichtigung eines sein Kind betreuenden Kindes bestehen auch dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken,
wenn der das Kindergeld begehrende Elternteil des sein eigenes Kind betreuenden Kindes in dieser Zeit zur Leistung von Unterhalt
verpflichtet gewesen sein sollte. Denn der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, jeder gegenüber einem
Kind bestehenden Unterhaltspflicht im Rahmen von § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG Rechnung zu tragen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn typischerweise nicht die Eltern, sondern ein Dritter zur Leistung dieses
Unterhalts verpflichtet ist. Denn der Gesetzgeber ist in typisierender Betrachtungsweise davon ausgegangen, dass die Minderung
der steuerlichen Leistungsfähigkeit wegen bestehender Unterhaltspflichten bei Eltern mit volljährigen Kindern nur noch in
besonderen Fällen besteht. Dass der Gesetzgeber einen Spielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen
hat, ist anerkannt (vgl. z.B. BVerfG-Entscheidungen vom 20. Dezember 1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12, 27, BStBl III 1967, 7, und vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, BStBl II 1997, 518, m.w.N.). Er darf atypische Fälle unberücksichtigt lassen, wenn eine Einbeziehung nur unter Schwierigkeiten zu bewältigen
wäre und hiervon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen ist (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
- BVerfG -: Urteil vom 28. April 1999 1 BvL 22, 34/95, BVerfGE 100, 59, 90 mit weiteren Nachweisen - m.w.N. -). Eine solche Situation ist im Fall der Unterbrechung der Berufsausbildung zum Zwecke
der Betreuung des eigenen Kindes gegeben, weil grundsätzlich der Vater des Kindeskindes vorrangig unterhaltspflichtig ist
(vgl. §§ 1360, 1361 Abs. 1, § 1608, und § 1615 l Abs. 2 BGB). Eine eventuell gegebene Situation, bei der die Eltern des Kindes diesem gegenüber in der Zeit unterhaltspflichtig sind,
in der es das eigene Kind betreut, ist daher ein Ausnahmefall. Diesen durfte der Gesetzgeber vernachlässigen, zumal eine steuerliche
Entlastung der Eltern im Rahmen von § 33a Abs. 1 EStG möglich ist (vgl. BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848; vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BStBl II 2004, 123 und vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614; BFH-Beschluss vom 18. Mai 2004 VIII B 242/03, BFH/NV 2004, 1403).
Ausgehend von diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, ist die Tochter des Kl im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht
unter dem Gesichtspunkt der Betreuung ihres eigenen Kindes und der damit einhergehenden Unterbrechung ihrer Ausbildungsplatzsuche
zu berücksichtigen.
D. Auch der Vortrag des Kl, seine Tochter habe von der ARGE unzureichenden bzw. unzutreffenden Rechtsrat erhalten, indem sie
nicht darauf hingewiesen worden sei, dass der Kindergeldanspruch wegfalle, wenn sie sich nicht weiterhin arbeits- bzw. ausbildungsplatzsuchend
melde, vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn zum Einen ist in der ständigen Rechtsprechung des BFH geklärt,
dass die Grundsätze des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs für das Kindergeld nicht anwendbar sind (BFH-Beschlüsse
vom 31. Januar 2007 III B 167/06, BFH/NV 2007, 865; vom 18. Juli 2008 III B 128/07, Juris und vom 16. Oktober 2008 III B 126/08, Juris). Zum Anderen ist eine unzutreffende bzw. unzureichende Rechtsberatung durch die ARGE nicht festzustellen. Denn die
Sachbearbeiterin der ARGE hat die Tochter des Kl zutreffend auf die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II hingewiesen. Außerdem
hat sie die Tochter des Kl für den Fall, dass auch innerhalb der 3-Jahres-Frist des § 10 Abs. 1 Nr. 3, 1. Halbsatz SGB II
eine Ausbildungsstelle suche, darauf hingewiesen, dass sie die Berufsberatungsstelle aufsuchen möge. Dort hat sich die Tochter
des Kl indes - wie sich bereits aus den eigenen Angaben der Tochter im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung ergibt und was der Kl
auch nicht bestritten hat - nicht eingefunden. Dass die Sachbearbeiterin der ARGE die Tochter des Kl eventuell nicht ausdrücklich
darauf hingewiesen hat, dass das Unterlassen einer Meldung als arbeits- bzw. ausbildungsstellensuchend sich gegebenenfalls
negativ auf den Kindergeldanspruch ihres Vaters auswirken könnte, ist bereits deshalb unschädlich, weil die Tochter kein substantiiertes
Vermittlungsbegehren geäußert hat und die Sachbearbeiterin der ARGE die Tochter des Kl außerdem - für den Fall des Bestehens
eines aktuellen Ausbildungswunsches - zutreffenderweise an die Berufsberatungsstelle der Bekl verwiesen hat.
E. Der im Hinblick auf die - wie unter I./A. bis D. der Entscheidungsgründe ausgeführt rechtmäßige - Aufhebung der Kindergeldfestsetzung
für den streitgegenständlichen Zeitraum erlassene Rückforderungsbescheid gründet sich auf § 37 Abs. 2 AO.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
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