Unterstützungsleistung an Lebensgefährten nur agB bei konkreter Leistungskürzung
Tatbestand:
Streitig ist, ob Unterstützungsleistungen der Klägerin an ihren nichtehelichen Lebensgefährten in Höhe von 7.200,- DM als
außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.
Da die Klägerin für das Streitjahr keine Einkommensteuerklärung abgab, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen. Gegen
den Schätzungsbescheid legte die Klägerin Einspruch ein und reichte zur Begründung eine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr
ein. Darin erklärte sie Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit und Renteneinkünfte. Des Weiteren machte sie Unterstützungsleistungen
an den mit ihr in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Partner - ihren jetzigen Ehemann - in Höhe von 7.200,- DM als
außergewöhnliche Belastungen geltend. Eigene Einkünfte und Bezüge des Lebenspartners erklärte sie nicht.
Der Lebensgefährte der Klägerin war im Januar 1991 im Rahmen des Ehegattennachzugs gem. § 18 AuslG in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Seine damalige Ehefrau war am Theater ... als Studioleiterin tätig. 1995 trennte
er sich von dieser und beantragte Anfang 1996 gem. § 19 AuslG eine Aufenthaltserlaubnis aus eigenständigem - von dem in § 17 Abs. 1 AuslG bezeichneten Aufenthaltszweck (Familiennachzug von Ausländern) unabhängigem - Aufenthaltsrecht, die er 1997 erhielt. Voraussetzung
für die Gewährung der Aufenthaltsgenehmigung war, dass die Klägerin gegenüber der Ausländerbehörde der Stadt ... zusicherte,
für den Lebensunterhalt ihres Lebensgefährten aufzukommen. In ihrer am 27.03.1997 abgegebenen Bestätigung heißt es auszugsweise:
"Ich bestätige hiermit, dass Herr ..., geb. 01.08.1962, als meine Manager auf Freiberufliche Basis tätig ist. Seine Lebensunterhalt
ist aus meine Einkommen gesichert. Ab 1996 wir führen zusammen Lebensgemeinschaft und wohnen in Wohnung."
Eine Bescheinigung der zuständigen Behörde über die Kürzung etwaiger öffentlicher Mittel wurde - auch nach mehrfacher Aufforderung
durch den Beklagten - nicht vorgelegt.
Der Beklagte wies den Einspruch, soweit er die Nichtanerkennung der Unterstützungsleistungen betraf, mit Einspruchsentscheidung
vom 05.07.2000 als unbegründet zurück. Seiner Auffassung nach ist die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen auf den Betrag
beschränkt, um den der Anspruch auf öffentliche Sozialleistungen gekürzt werde. Diese Voraussetzungen seien durch einen Bescheid
der zuständigen Behörde nachzuweisen. Im Streitfall habe Herr ... keine Sozialhilfe beantragt, so dass es nicht zu einer Kürzung
der Sozialhilfe gekommen sei. Die Klägerin habe auch nicht durch Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Sozialamtes nachgewiesen,
dass bei Beantragung von Sozialhilfe diese allein im Hinblick auf die Unterhaltsleistungen der Klägerin gekürzt worden wäre.
Es sei ferner davon auszugehen, dass das Sozialamt im Falle eines Antrags auf Sozialhilfe diesen auch aus anderen Gründen
abgelehnt hätte, weil aus der Bestätigung der Klägerin vom 27.03.1997 hervorgehe, dass Herr ... als deren Manager tätig gewesen
sei. Aus diesem Grund bestünden Bedenken, ob es sich bei den erklärten Aufwendungen tatsächlich um Unterhaltsleistungen und
nicht um ein Entgelt für die Managertätigkeit handele.
Mit der hiergegen erhobenen Klage vom 07.08.2000 begehrt die Klägerin weiterhin den Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche
Belastungen. Sie behauptet, ihr Lebensgefährte habe nur deshalb keine Sozialhilfe beantragt, weil sie sich gegenüber der Ausländerbehörde
verpflichtet habe, sämtliche Kosten für seinen Lebensunterhalt zu tragen. Die Sozialhilfe wäre im Hinblick auf ihre Unterhaltsleistungen
aber auch gekürzt worden. Der Annahme des Beklagten, ihre Zuwendungen erfolgten als Entgelt für eine Managertätigkeit, könne
nicht gefolgt werden, weil ihr Lebensgefährte entsprechende Leistungen nicht erbracht habe. Sie selbst habe im Streitjahr
neben ihren Renteneinkünften lediglich Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit erzielt, so dass sie keiner Managerleistung
bedurft habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der Einspruchsentscheidung vom 05.07.2000 die Festsetzung der Einkommensteuer 1996 insoweit zu ermäßigen,
als Unterstützungsleistungen der Klägerin in Höhe von 7.200,- DM an ihren in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Lebenspartner
als außergewöhnliche Belastungen gem. §
33 a Abs.
1 EStG berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Auffassung nach sei der Lebensgefährte und jetzige Ehemann der Klägerin aufgrund ihrer freiwilligen Unterhaltsgewährung,
zu der sie sich verpflichtete, um die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu erwirken, bereits nicht bedürftig gewesen.
Auf eine Bedürftigkeit, die ohne die freiwillig begründete Verpflichtung zur Unterhaltsleistung bestanden hätte, könne sich
die Klägerin nicht berufen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Recht die Unterhaltszahlungen nicht als außergewöhnliche Belastungen gem. §
33 a Abs.
1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 1996 -
EStG - berücksichtigt.
Erwachsen einem Steuerplichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen
oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt,
dass die Aufwendungen bis zu 12.000,- DM im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§
33 a Abs.
1 Satz 1
EStG). Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, soweit bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische
öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden (§
33 a Abs.
1 Satz 2
EStG). Durch die Einführung des Satzes 2 wurde die Diskrepanz zwischen Steuer- und Sozialhilferecht beseitigt, das in bestimmten
Fällen eine sittliche Verpflichtung anderer Personen zur Unterstützung unterstellt und deshalb die Sozialhilfe kürzt. Zu einer
solchen Kürzung kommt es z.B. bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nach §§ 122, 16 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG -.
Der Wortlaut der Norm ("soweit ... gekürzt werden") verlangt, dass konkret eine Kürzung oder Versagung öffentlicher Mittel
aufgrund der gesetzlich vermuteten (z.B. § 137 Abs. 2 a AFG) oder tatsächlich gewährten Unterstützung (z.B. §§ 16, 122 BSHG) durch die sittlich verpflichtete Person erfolgt (vgl. auch FG Hessen v. 23.09.1999 11 K 1056/99 - Rev. Az.: II R 57/99; Schmidt, ESt-Kommentar, § 33 a, Rdnr. 22).
Für das Streitjahr hat der Lebensgefährte nach eigenem Vorbringen der Klägerin bewusst keinen Antrag auf Sozialhilfe gestellt.
Daher sind konkret keine öffentlichen Mittel gekürzt oder versagt worden. Erst aufgrund einer derartigen Kürzung oder Versagung
hätte sich die Höhe der steuerlich zu berücksichtigenden Unterhaltszahlungen feststellen lassen.
Es kann dahinstehen, dass die Klägerin - auch nach mehrfacher Aufforderung durch den Beklagten - keine Bescheinigung der Sozialbehörde
mit dem Inhalt vorgelegt hat, dass bei Antragstellung Sozialleistungen aufgrund vermuteter Unterhaltsleistungen gekürzt oder
versagt worden wären. Denn der erkennenden Senat geht davon aus, dass auch die Eventualität einer Kürzung öffentlicher Mittel
durch das Sozialamt bei bewusster Nichtbeantragung von Sozialhilfe nicht genügt, um §
33 a Abs.
1 Satz 2
EStG anwenden zu können. Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber erst mit StÄndG 2001 v. 20.12.2001 (BGBl. I, 3794) einen
anderen Gesetzeszweck verfolgt, indem er "soweit" durch "wenn" ersetzt hat. Die Neuregelung erfasst seitdem auch die Fälle,
in denen wegen der Drittleistung kein Anspruch besteht und Sozialhilfe nicht beantragt wird (vgl. BR-Drs. 399/01, 44).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. An der Klärung der Frage, ob für die Anerkennung von Unterhaltsleistungen an eine "gleichgestellte Person" die
Stellung eines Antrags auf Sozialhilfe erforderlich ist, wenn sich die grundsätzliche Kürzung der Sozialleistungen um die
Unterhaltszahlungen aus dem BSHG ergibt, besteht ein allgemeines Interesse.