Arbeitsverhältnis: Befristung - Sozialhilfe - Hilfe zur Arbeit
Tatbestand
Die 1958 geborene Klägerin, die vor ihrer Einstellung bei dem beklagten Land ergänzende Sozialhilfe bezog, war zunächst aufgrund
eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18. August 1995 in der Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1996 beim Bezirksamt
... von Berlin, Abteilung Soziales und Gesundheit, als Verwaltungsangestellte tätig und in die Vergütungsgruppe IX der Anlage
1a zum BAT eingruppiert. In § 1 des genannten Vertrages heißt es u.a.:
"Die Angestellte wird aufgrund des § 19 Abs. 2 des
Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für zusätzliche gemeinnützige
Arbeiten als vollbeschäftigte Angestellte eingestellt."
Die Klägerin erhielt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 3.400,-- DM. Am 14. August 1996 schlossen die Parteien unter
Bezugnahme auf § 19 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. September
1996 bis zum 28. Februar 1997, der am 11. September 1996 (Bl. 19 d.A.) durch eine Nebenabrede ergänzt worden ist, die folgenden
Inhalt hat:
"1. Das Bezirksamt gibt seine Zustimmung zur Teilnahme an einer berufsbegleitenden Weiterbildung im Bereich "Büro und Verwaltung"
bei dem Träger "Eingliederungshilfe e.V." für den Zeitraum vom 10. September 1996 bis 28. Februar 1997. Hierfür wird der Arbeitnehmer
unter Fortzahlung der Bezüge von seiner regulären Arbeit freigestellt.
2. Der Unterricht wird an bestimmten Tagen, die dem Stundenplan zu entnehmen sind, ganztägig in der Zeit von 8.00 Uhr bis
16.12 Uhr/16.30 Uhr durchgeführt. Die regelmäßige Teilnahme ist Pflicht und wird als Arbeitszeit gewertet.
3. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich im Falle einer Erkrankung oder eines Fernbleibens aus anderen Gründen bis 9.00
Uhr des ersten Fehltages bei dem Bezirksamt als auch bei "Eingliederungshilfe e.V."
zu melden. Wird dieses vom Arbeitnehmer versäumt, gilt dies als unentschuldigtes Fehlen.
Bei Fehlzeiten mit einem Anteil von mehr als 20 % muß eine weitere Teilnahme durch das Bezirksamt abgelehnt werden.
4. Dem Arbeitnehmer kann Urlaub nur außerhalb der für die Weiterbildung vorgesehenen Tage gewährt werden.
5. Der Arbeitnehmer ist gehalten, sich an die bestehende Betriebsordnung und an das Hinweisblatt zur sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung nach § 19
BSHG zu halten. Sollte es zu Verstößen oder zu unangemessenem Verhalten kommen, wird das Bezirksamt durch "Eingliederungshilfe
e.V." informiert."
In der Zeit vom 1. September bis 30. November 1995 war die Klägerin in der Poststelle der Abteilung Sozialwesen beschäftigt
und hatte dort Mappen und Briefe zu sortieren sowie das Schriftgut mit dem Aktenwagen auszufahren. In der vom 1. Dezember
1995 bis zum 31. Januar 1996 wurde die Klägerin in der Büroleitung der Abteilung Sozialwesen mit Büroleiterhilfsarbeiten und
Registraturarbeiten beauftragt. Vom 1. Februar bis zum 31. August 1996 war die Klägerin in der Sozialdatei (SODA) mit dem
Eingeben von Datensätzen in das PC-System beschäftigt.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 14. März 1997 eingegangenen und dem Beklagten am 8. April 1997 zugestellten Klage hat
sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt und die Auffassung vertreten, daß ein sachlicher
Grund für die Befristung ihres Arbeitsvertrages nicht vorgelegen habe. Bei den von ihr ausgeübten Tätigkeiten habe es sich
um allgemeine Arbeiten im Bürobetrieb gehandelt, die auch als Daueraufgaben weiterhin zu erledigen seien, zumal ihr Arbeitsplatz
seit dem 1. März 1997 durch eine andere Kraft wieder besetzt worden sei. Beim Abschluß des zweiten befristeten Arbeitsvertrages
sei auch von der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen keine Rede gewesen. Es treffe auch nicht zu, daß die Beschäftigung in
der Sozialdatei (SODA) nicht mehr weitergeführt werde.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 28. Februar 1997 hinaus unbefristet fortbesteht
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß sich der Befristungsgrund bereits aus § 19 Abs. 2 Satz 2 BSHG ergebe. Der zweite Arbeitsvertrag sei nur zum Zwecke der Weiterbildung der Klägerin im Bereich "Büro und Verwaltung" bei
dem Träger "Eingliederungshilfe e.V." abgeschlossen worden. Damit habe die Eingliederung der Klägerin in das normale Arbeitsleben
sinnvoll gefördert werden sollen. Nach der Einführung der Standardsoftware Prosoz sei das Führen der Sozialdatei (SODA) nicht
mehr erforderlich, um den ordnungsgemäßen Dienstablauf sicherzustellen. Die Mitarbeiterstellen der SODA seien auch nicht mehr
im Stellenplan enthalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen
ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen, §§
313 Abs.
2,
543 Abs.
2 Satz 2
ZPO.
Durch am 4. Juli 1997 verkündetes Urteil hat die Kammer 94 des Arbeitsgerichts Berlin der Klage stattgegeben und den Wert
des Streitgegenstandes auf 10.200,-- DM festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der genannten Entscheidung
verwiesen.
Gegen das den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 7. Oktober 1997 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht
Berlin am 4. November 1997 eingegangene Berufung des Beklagten, die er mit weiterem beim Rechtsmittelgericht am 3. Dezember
1997 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Er vertritt weiterhin die Ansicht, daß ein sachlicher Grund für die Befristung des letzten, allein maßgeblichen Arbeitsvertrages
vorgelegen habe, was sich schon aus § 19 Abs. 2
BSHG ergebe. Insoweit seien die allgemeinen Grundsätze, die von der Rechtsprechung zur Frage der sachlichen Rechtfertigung einer
Befristungsabrede entwickelt worden seien, nicht anwendbar. Unabhängig davon stelle aber der Umstand, daß ein Arbeitsverhältnis
auf einer Bewilligung der "Hilfe zur Arbeit" nach § 19 Abs. 2
BSHG beruhe, einen sachlichen Befristungsgrund dar. Der Begriff "zusätzliche Arbeit" sei weit auszulegen. Auch komme es nicht
darauf an, ob tatsächlich der betreffende Arbeitnehmer mit solchen Aufgaben betraut worden sei.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und meint, die sachlichen Voraussetzungen
des § 19 Abs. 2
BSHG seien nicht erfüllt, da sie Daueraufgaben wahrgenommen habe, die auch weiterhin anfielen. Überdies habe der Beklagte auch
nicht behauptet, daß im Rahmen des § 19 Abs. 2
BSHG ein entsprechender Verwaltungsakt ergangen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auch für den zweiten Rechtszug auf den vorgetragenen
Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2
ArbGG,
511
ZPO statthafte Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht beim Landesarbeitsgericht Berlin eingereicht sowie ordnungsgemäß
und rechtzeitig begründet worden, §§ 66 Abs. 1
ArbGG,
518,
519
ZPO. Das Rechtsmittel hat auch Erfolg. Aus diesem Grunde muß unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils das Feststellungsbegehren
der Klägerin abgewiesen werden.
Gegen die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Feststellungsklage bestehen in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine
rechtserheblichen Einwendungen, wie das Erstgericht im angefochtenen Urteil insoweit zu Recht angenommen hat.
Für die von der Klägerin begehrte Feststellung bestätigt ein rechtserhebliches Feststellungsinteresse nach §
256 Abs.
1
ZPO. Sie will nämlich gerichtlich geklärt wissen, ob zwischen ihr einerseits und dem beklagten Land andererseits über den 28.
Februar 1997 hinaus arbeitsvertragliche Beziehungen bestehen, wie die Klägerin meint, was jedoch der Beklagte in Abrede stellt.
Nur im Wege einer Feststellungsklage der hier vorliegenden Art kann zwischen den Parteien rechtsverbindlich mit materieller
Rechtskraftwirkung, §
322 Abs.
1
ZPO, festgestellt werden, ob die beiderseitigen vertraglichen Beziehungen zu dem genannten Zeitpunkt beendet worden sind oder
nicht.
II. Das Feststellungsbegehren erweist sich jedoch entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Klägerin als unbegründet.
1.a) Die Problematik befristeter Arbeitsverträge liegt darin, daß die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen, insbesondere
die des allgemeinen und besonderen Bestandsschutzes, auf die Beendigung derartiger Arbeitsverträge in aller Regel keine Anwendung
finden. Wenn die Vertragsparteien von der Möglichkeit, einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, meistens auch einen
vernünftigen Gebrauch machen, kann sie dem Arbeitgeber doch unter Umständen einen gewissen Anreiz bieten, den Beschränkungen
der gesetzlichen Kündigungsvorschriften und den Mitbestimmungsrechten des Personalrates auszuweichen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG AP Nr. 16 zu §
620
BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ist der Abschluß befristeter Arbeitsverträge im allgemeinen zulässig, was sich aus §
620 Abs.
1
BGB, aber auch aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, §
305
BGB, ergibt. Es müssen allerdings in der Regel sachliche Gründe für eine Befristung vorliegen (BAG AP Nrn. 36 und 40 zu §
620
BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Eine Befristung erscheint immer dann sachlich nicht gerechtfertigt, wenn sie die Funktion der
durch die Kündigungsschutzbestimmungen mitgeprägten Rechtsordnung stört, oder anders ausgedrückt, wenn sie objektiv funktionswidrig
ist, wobei es für die Befristung auch auf die Üblichkeit im Arbeitsleben ankommt (BAG SAE 1983, 237 ff.).
b) Für die Beurteilung, ob für die Befristung ein sachlicher Grund vorlag, kommt es ausschließlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses
des konkreten Vertrages an (vgl. nur LAG Berlin vom 20.5.1997, NZA-RR 1998, 46 mit weiteren Nachweisen). Die Berücksichtigung später eingetretener Umstände hat grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.
Bereits beim Abschluß des jeweiligen Vertrages muß ersichtlich sein, ob für die Befristung ein sachlicher Grund vorliegt.
Bei mehreren, wie vorliegend aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen beschränkt sich die gerichtliche Wirksamkeitskontrolle
in der Regel auf den zuletzt abgeschlossenen Vertrag (BAG AP Nr. 97 zu §
620
BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Wollen die Vertragsparteien im Anschluß an einen befristeten Vertrag ihr Arbeitsverhältnis noch
für eine bestimmte Zeit fortsetzen und schließen sie deshalb vorbehaltlos einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag ab, bringen
sie damit in der Regel konkludent zum Ausdruck, daß der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein
soll. Will sich der Arbeitnehmer, etwa wegen einer Unwirksamkeit der Befristung des vorangegangenen Vertrages, absichern,
muß er mit dem Arbeitgeber einen entsprechenden Vorbehalt dergestalt vereinbaren, daß der neue befristete Vertrag nur gelten
soll, wenn die Parteien nicht schon aufgrund des vorangegangenen Vertrages im Falle der Unwirksamkeit der Befristung in einem
unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen (BAG DB 1988, 1704). Etwas anderes gilt nur beim Vorliegen eines unselbständigen Annexvertrages. In einem solchen Fall ist nicht nur der letzte
Arbeitsvertrag auf die sachliche Rechtfertigung der Befristung gerichtlich zu prüfen. Vorliegend kommt es jedoch entscheidungserheblich
nur auf den am 14. August 1996 für die Zeit vom 1. September 1996 bis zum 28. Februar 1997 befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrag
an, da der vorhergehende Arbeitsvertrag einen entsprechenden Vorbehalt nicht enthält und wegen der Unterschiedlichkeit der
nunmehr geschuldeten Arbeitsleistung von einem unselbständigen Annexvertrag auch keine Rede sein kann.
2. Ausgehend von diesen eben dargestellten Grundsätzen kann sich nach Auffassung der Berufungskammer der Beklagte zur sachlichen
Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsvertrages vom 14. August 1996 (Bl. 7 - 9 d.A.) auf § 19 Abs. 2
BSHG berufen.
Das Sozial- und damit auch das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wird heute in erster Linie als Leistungsverwaltungsrecht verstanden; denn sein nach außen wirkender, für den Bürger bedeutsamer
Normenkern regelt die transitive Gewährung von Sozialleistungen durch öffentliche Leistungsträger (vgl. LAG Berlin vom 9.3.1992
- 9 Sa 96/91 -, NZA 1992, 799). Die subsidiäre Grundsicherung für jedermann und in nahezu allen denkbaren Bedarfssituationen, insbesondere wirtschaftlicher
Art, wird durch das Recht der Sozialhilfe gewährt. Sie ist daher gelegentlich auch als "Ausfallbürgschaft" (vgl. Achinger,
Soziale Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland, Sozialenquete 1966 Nr. 337) oder auch als "Lückenschließerin" (vgl. W.
Boge, Sozialenquete Nr. 204) charakterisiert worden. Verwaltungsträger der Sozialhilfe und damit gegenüber dem Hilfsberechtigten
Verpflichteter ist der jeweilige zuständige Sozialhilfeträger, der grundsätzlich auch Kostenträger ist. Über die Gewährung
von Sozialhilfe entscheidet der Träger der Sozialhilfe in der Regel durch Verwaltungsakt, §§ 35 VwVerfG, 31 SGB X. Sozialhilfe wird in der Formel der persönlichen Hilfe, Geld oder Sachleistungen gewährt, § 8
BSHG, wobei in § 10 Satz 2 SGB-Allgemeiner Teil ausdrücklich klargestellt wird, daß die persönliche Hilfe zu den Dienstleistungen gehört, wenn
die Sachleistungen auch die Vermittlung von Dienstleistungen durch Dritte einschließen. Die Abgrenzung zwischen Sach- und
Dienstleistungen kann im Einzelfall durchaus zweifelhaft sein. Sie ist jedoch letztlich ohne Bedeutung für die Rechtsnatur
der Hilfe und für die Art und das Maß der Hilfe im Verhältnis zum Hilfsempfänger (so auch Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl. 1997, § 8 Rdn. 11). § 19 Abs. 1
BSHG bestimmt, daß für Hilfesuchende, insbesondere für junge Menschen, die keine Arbeit finden können, Arbeitsgelegenheiten geschaffen
werden sollen, wobei die Arbeitsgelegenheiten in der Regel von vorübergehender Dauer und für eine bessere Eingliederung des
Hilfesuchenden in das Arbeitsleben geeignet sein sollen. § 19
BSHG hat in Anbetracht der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage mit einer hohen Zahl von Arbeitslosen, der Reduzierung von Sozialleistungen
in allen Bereichen und der damit verbundenen verstärkten Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen sowie der starken Zunahme
von arbeitsfähigen Personen in der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt erhöhte Bedeutung erlangt (siehe dazu nur Schellhorn/Jirasek/Seipp,
BSHG, § 19 Rdn. 1). § 19 Abs. 1
BSHG, der nur die Bedeutung einer programmatischen Sollvorschrift hat, bestimmt nicht im einzelnen, in welcher Rechtsform die
mögliche Beschäftigung erfolgen muß. Insoweit steht dem Sozialhilfeträger ein Ermessensspielraum zu. Der Sozialhilfeträger
kann nach § ;19 Abs. 2 BSHG entweder den Arbeitnehmer zur Leistung gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeiten im Sinne von § 19 Abs. 2 durch Erlaß eines Verwaltungsaktes heranziehen (vgl. BVerwGE 68, 97; Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG (Stand Januar 1997), § 19 Rdn. 11 mit weiteren Nachweisen) oder aber ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis auf privatrechtlicher
Grundlage begründen. In einem solchen Falle wird das Arbeitsverhältnis vom sozialhilferechtlichen Betreuungsverhältnis, aus
dem der Träger der Sozialhilfe den Hilfesuchenden nicht entlassen darf, überlagert mit der Folge, daß auch bei grundsätzlich
gebotener größtmöglicher Annäherung der Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses an ein normales Arbeitsverhältnis aus
Regelungsinhalt und Zweck des Sozialhilferechts gebotene Modifizierungen eintreten können, wie etwa die Möglichkeit der Befristung
eines solchen Arbeitsvertrages (so auch Schulte/Trenk/Hinterberger, BSHG, 2. Aufl. 1988, § 19 Erläuterung 3; siehe auch Knopp/Fichtner, BSHG, 7. Aufl. 1992, § 19 Rdn. 14). Auch wenn sich ein solches Arbeitsverhältnis primär nach dem Arbeitsrecht ausrichtet, bleibt es doch über seine
Besonderheit der Entstehung und Durchführung als Maßnahme dem Sozialhilfe in das Sozialhilferecht eingebunden. Die Sozialhilfe
soll es dem Hilfesuchenden ermöglichen, unabhängig von ihr zu leben, § 1 Abs. 2
BSHG. Sie wird demjenigen nicht gewährt, der sich selbst helfen kann oder die erforderliche Hilfe von anderen Sozialhilfeträgern
erhält, § 2 Abs. 1
BSHG. Dies bedeutet, daß Sozialhilfe grundsätzlich nur vorübergehend geleistet werden soll, was auch für die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten
im Sinne von § 19 Abs. 1
BSHG gilt. Diesem Zweck der Sozialhilfe stünde die Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Hilfe zur Arbeit entgegen.
Der Sozialhilfeträger muß vielmehr wegen der Subsidiarität der Sozialhilfe nicht nur in die Lage versetzt werden zu prüfen,
ob die Voraussetzungen für den Bezug von Sozialhilfe noch vorliegen, sondern auch gegebenenfalls den weiteren Bezug der Sozialhilfe
einstellen. Dies rechtfertigt es, die aufgrund des § 19 Abs. Halbs. 1 Alt. 1 BSHG begründeten Arbeitsverhältnisse im allgemeinen zu befristen (so auch LAG Berlin vom 20.3.1997 - 12 Sa 144/96-; LAG Berlin vom 29.9.1997 - 17 Sa 89/97-).
a) Soweit die Klägerin in beiden Rechtszügen geltend macht, § 19 Abs. 2
BSHG finde auf ihr Arbeitsverhältnis deshalb keine Anwendung und könne nicht zur sachlichen Rechtfertigung der Befristung herangezogen
werden, weil sie keine gemeinnützige und zusätzliche Arbeit beim Beklagten verrichtet habe, verkennt sie die Sach- und Rechtslage.
Was unter gemeinnütziger Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 2
BSHG zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelt. Auch das beklagte Land geht in seinen "Ausführungsvorschriften
über die Hilfe zur Arbeit nach den §§ 19, 20
BSHG" vom 23. Januar 1991 (Amtsblatt Berlin 1991, S. 482 f.) von diesem Begriff aus, ohne ihn näher zu definieren.
In Anlehnung an das frühere Fürsorgerecht, § 19 Reichsverordnung über die Fürsorgepflicht, ist eine Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 2
BSHG dann als gemeinnützig anzusehen, wenn sie ausschließlich und wesentlich dem allgemeinen Wohl dient (siehe etwa Schmitt, BSHG (Stand November 1996), § 19 Rdn. 8; Knopp/Fichtner, BSHG, § 19 Rdn. 3; Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG § 19 Rdn. 7). Sie darf jedoch nicht unmittelbar auch privaten, erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienen, wobei der Begriff "gemeinnützig"
nicht eng ausgelegt werden darf. Angesichts des Hilfecharakters der Maßnahmen der "Hilfe zur Arbeit" und der ihr innewohnenden
rehabilitativen Komponente, § 18
BSHG, dürfen aus den der Sozialhilfe zugrundeliegenden Zielsetzungen heraus keine zu strengen Anforderungen an die Erlaubtheit
der angebotenen Arbeit gerichtet werden. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, daß Arbeiten im Rahmen der öffentlichen
Verwaltung in der Regel gemeinnützig sind (so auch Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, § 19 Rdn. 9), auch wenn es sich insoweit um Tätigkeiten handelt, die in der allgemeinen Verwaltung üblicherweise anfallen, wie
vorliegend die von der Klägerin im Rahmen der ersten Befristung erledigten Arbeiten in der Poststelle, der Büroleitung der
Abteilung Sozialwesen und in der Sozialdatei. Hinzu kommt, daß im Rahmen der zweiten Befristung die Klägerin im wesentlichen
für eine berufsbegleitende Weiterbildung im Bereich "Büro und Verwaltung" bei dem Träger "Eingliederungshilfe e.V." für die
ganze Zeit bis zum 28. Februar 1997 für ganztägigen Unterricht freigestellt war.
Allerdings verlangt § 19 Abs. 2
BSHG nicht nur eine gemeinnützige, sondern eine "zusätzliche Arbeit", die geschaffen worden ist, um dem Hilfesuchenden entsprechende
Arbeitsmöglichkeiten zu geben. Insoweit müssen beide Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sein. Was unter "zusätzlich" im
Sinne der genannten Norm zu verstehen ist, läßt sich § 19 Abs. 2 letzter Halbsatz BSHG entnehmen, wonach zusätzlich nur die Arbeit ist, die sonst nicht, nicht in diesem Umfange oder nicht zu diesem Zeitpunkt
verrichtet würde. Dabei handelt es sich in der Regel um Arbeiten, die wegen fehlender Haushaltsmittel bei einer Behörde nicht
oder wesentlich später durchgeführt worden wären. In Betracht kommen insbesondere Neu- oder Umordnung von Bibliotheken oder
Dokumentationen und sonstigen Verwaltungsarbeiten. Nicht notwendig erscheint es jedoch, daß die Arbeiten erst durch die Maßnahme
begonnen werden. Es reicht aus, daß sie schneller oder in erweitertem Umfange durchgeführt werden. Läßt man jedoch den Sinn
und Zweck der genannten Regelung nicht außer Betracht, durch eine sinnvolle Arbeit und damit in der Regel zugleich einer Arbeit,
die auch sonst verrichtet wird, was leicht zu Abgrenzungsproblemen zur Zusätzlichkeit führt, kann dem sozialhilferechtlichen
Zweck der Maßnahme, der Hilfesuchenden wieder in das normale Erwerbsleben zu integrieren folgend, auch und insbesondere bedeuten,
daß er mit normalerweise anfallenden Arbeiten im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigt werden darf. Im
übrigen kann nach Satz 2 Absatzes 2 des § 19
BSHG von dem Erfordernis der Zusätzlichkeit im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen abgesehen werden. Diese durch das FKPG
ab 27. Juni 1993 eingefügte Ergänzung trägt einem Anliegen der Sozialhilfeträger Rechnung. Daß durch die. befristete Beschäftigung
der Klägerin ihre Eingliederung in das Arbeitsleben besser gefördert wird, steht außer Frage und wird auch von ihr nicht in
Abrede gestellt.
b) Aus den genannten Gründen kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie wäre mit Daueraufgaben betraut worden,
die auch weiterhin anfielen. Ob und wie der Arbeitgeber anläßlich einer befristeten Einstellung die Arbeitsaufgaben umverteilt,
ist grundsätzlich entscheidungsunerheblich (vgl. BAG vom 8.5.1985, AP Nr. 97 zu §
620
BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß sich in der jüngeren Zeit die Anzeichen dafür mehren, daß das Bundesarbeitsgericht sich
bei seiner richterlichen Befristungskontrolle mehr und mehr von einem großzügigen Maßstab leiten läßt und damit die erhebliche
tatsächliche Zunahme befristeter Arbeitsverhältnisse gleichsam judikativ positiv sanktioniert (vgl. dazu insbesondere Frohner/Pieper,
AuR 1992, 97 (102 ff.); Hofmann, ZTR 1993, 399 (404 ff.). So wird zu Recht, dem Zweck der §§ 91 ff. AFG folgend, zumindest zeitweise zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen und wenigstens vorübergehende Beschäftigungsmöglichkeit
für zumeist leistungsschwächere Arbeitnehmer zu eröffnen, als sachlicher Befristungsgrund für Arbeitsverträge im Rahmen einer
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu Recht anerkannt (siehe nur BAG vom 26.4.1995, DB 1995, 2374; BAG vom 20.12.1995, DB 1996,1418; siehe auch Lakies, Neue Justiz 1997, 290 (292)). Insoweit erscheint es auch gerechtfertigt eine Parallele zur Durchführung von Maßnahmen zur beruflichen und sozialen
Eingliederung junger Ausländer zu ziehen, auch wenn es sich insoweit nicht um eine vom Gesetzgeber zugewiesene staatliche
Daueraufgabe handelt, sondern um die Wahrnehmung einer von der Bundesanstalt für Arbeit jeweils befristet übertragenen sozialstaatlichen
Sonderaufgabe von begrenzter Dauer. Daß in derartigen Fällen befristete Arbeitsverträge in der Regel abgeschlossen werden
können. entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 24.9.1986, AP Nr. 12 zu § 72
ArbGG 1979, Blatt 135), aber auch der Ansicht, die das erkennende Gericht bereits in Entscheidungen vom 15.10.1984 - 9 Sa 63/84 - und vom 11.2.1985 - 9 Sa 113/84 -vertreten hat.
III. 1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6
ArbGG in Verbindung mit §
91 Abs.
1
ZPO.
2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision, § 72 Abs. 2
ArbGG, liegen nicht vor. Weder weicht die Kammer erkennbar von Entscheidungen anderer Landesarbeitsgerichte bzw. anderer Kammern
des Landesarbeitsgerichts Berlin ab noch von der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht selbständig durch den Rechtsbehelf der
Nichtzulassungsbeschwerde anzufechten, § 72a
ArbGG, wird die Klägerin hingewiesen.