Gründe:
Seit der Entscheidung vom 14. Mai 1993 - 4 Sa 13/93 geht das Landesarbeitsgericht Bremen in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften
über die Gewährung
von Prozeßkostenhilfe ergibt, daß trotz der vom Gesetzgeber vorgegebenen statischen Tabellenwerte eine Abweichung von dieser
dann geboten ist, wenn eine Anwendung der Tabelle dazu führen würde, daß eine Belastung mit den Kosten der Prozessführung
den notwendigen Lebensunterhalt des Antragstellers erheblich beeinträchtigen würde. Eine solche Beeinträchtigung nimmt die
Kammer an, wenn nach Abzug der Raten gemäß der Tabelle zu §
114
ZPO der Antragsteller ein geringeres Einkommen hätte als das, welches ihm von dem Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland zur
Sicherung des Existenzminimums gezahlt werden würde, wenn er nicht arbeiten würde und damit kein eigenes Einkommen hätte,
er also weniger Geld zur Verfügung hat als wenn er Sozialhilfe beziehen. würde (vgl. nähere Begründung dieser Entscheidung
LAG Bremen, LAGE §
114
ZPO Nr. 24).
Die Kammer hat in jener Entscheidung ferner darauf hingewiesen, daß bei einer Vergleichsrechnung das Einkommen um die Beträge
zu ermäßigen ist, die nach §
115 Abs.
1 Satz 3 und Absatz
2
ZPO abzuziehen sind und daß die strengen Anforderungen des Sozialhilferechts für die Gewährung von Leistungen nach §§ 22, 12, ff BSHG in den Fällen nicht anzulegen sind, in denen Arbeitnehmer im Berufsleben stehen und arbeiten, jedoch ein geringes Einkommen
haben. Der Kläger im zugrundeliegenden Rechtsstreit, der nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts nunmehr Raten zahlen soll,
steht in einem Arbeitsverhältnis. Ihm ist deshalb der Mehrbedarf, den auch die Sozialhilfe anerkennt, weil er in einem Arbeitsleben
steht, zuzuerkennen.
Die Verwaltungsanweisung des Senators für Gesundheit, Jugend und Soziales des Landes Bremen zu § 23 Abs. 4 - Mehrbedarf für
Erwerbstätige - sieht folgende Bestimmungen vor:
1. Die Regelsätze sind auf den Bedarf nicht berufstätiger Hilfeempfänger ausgerichtet. Selbst der geringfügig Erwerbstätige
hat jedoch einen gesteigerten Bedarf. Zudem soll der Selbsthilfewille gestärkt werden.
...
3. Der Mehrbedarf errechnet sich
3.1 für Personen, die einer Tätigkeit nachgehen aus einem Grundbetrag von 25 v.H. des Eckregelsatzes in Höhe des Einkommens,
wenn es darunter liegt, zuzüglich eines Betrages von 20 v.H. des übersteigenden Einkommens bis höchstens 50 v.H. des Eckregelsatzes.
3.2 ....
3.3 ....
Bei der Prüfung der Einkommensverhältnisse eines Antragstellers im Prozeßkostenhilfeverfahren und Beantwortung der Frage,
ob dem Antragsteller die für die Führung eines menschenwürdigen Lebens aufgrund des Sozialstaatsgebotes erforderliche Einkommen
verbleibt, sind deshalb die Einkommensgrenze um den Mehrbedarf für Erwerbstätige zu erhöhen. Die Prozeßkostenhilfe würde sonst
die Bestimmungen des Sozialhilferechts konterkarieren. Das, was demjenigen nach dem Sozialhilferecht verbleibt, muß ihm auch
nach den Bestimmungen über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe verbleiben. Prozeßkostenhilfe ist Sozialhilfe. Ferner müssten
dem Antragsteller sonst die Beträge, die er an die Gerichtskasse zahlt, von der Sozialbehörde erstattet werden, wenn durch
sie das Existenzminimum, das bei einem Berufstätigen höher anzusetzen ist als bei einem nicht im Arbeitsleben Stehenden unterschritten
würde.
Die Anwendung dieser Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Bremen auf den vorliegenden Fall ergibt folgende Berechnung:
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers stellen sich wie folgt dar:
Durchschnittliches Einkommen mtl. DM 1.153,12
abzuziehen sind der Krankenkassenbeitrag DM 131,62
und die Werbungskostenpauschale DM 47,--
Danach verbleiben DM 974,50
Weiterhin ist abzuziehen die Kaltmiete,
soweit sie 18,4 % des verbleibenden Einkommens übersteigt
Kaltmiete DM 250,-
18,4 % von DM 974,50 DM 179,31
DM 70,69
abzusetzen sind somit DM 70,69
Das nach §§
114 ff.
ZPO zu berücksichtigende
Einkommen beträgt danach DM 903,81
Im zu entscheidenden Fall ist aber zu berücksichtigen, daß der Kläger einer Erwerbstätigkeit nachgeht und ihm deswegen nach
§ 23 Abs. 4
BSHG ein Mehrbedarfszuschlag zusteht, der sich wie folgt berechnet:
Grundbetrag DM 521,--
+ 20 % für Kleidung etc. DM 104,20
+ Miete warm DM 318,27
+ Krankenkassenbeitrag DM 131,62
+Mehrbedarf für Erwerbstätigkeit, die sich wie folgt berechnet
25 % vom Grundbetrag von DM 521,-- = DM 130,25
für das darüber hinausgehende anzurechnende Einkommen von
DM 974,50 20 %
Somit 20 % v. DM 974,50
./. DM 130,25 = DM 168,85
zusammen DM 299,10
höchstens jedoch 50 % des
Grundbetrages = DM 260,50
hinzuzurechnen sind die mit
der Erwerbstätigkeit
verbundenen Ausgaben, hier die
Werbungskostenpauschale von DM 47,--
Der Mehrbedarf für
Erwerbstätigkeit beläuft sich
hier somit auf DM 307,50
Der Mindestbehalt beträgt somit DM 1.382,59 und übersteigt damit das Einkommen des Klägers in Höhe von DM 1.153,12, so daß
keine Zahlungen festzusetzen waren.
Der Beschluß des Arbeitsgerichts war mithin aufzuheben.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, § 78
ArbGG.