Keine Sozialversicherungspflicht eines Bereitschaftsarztes auf Honorarbasis in einer Klinik für medizinische Vorsorge- und
Rehabilitation
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) als Bereitschaftsarzt vom 20.02.2011 bis 30.04.2015 versicherungspflichtig
beschäftigt war.
Die Klägerin ist Trägerin einer Klinik für medizinische Vorsorge- und Rehabilitation mit den Fachgebieten Innere Medizin/Kardiologie,
Orthopädie/Unfallchirurgie und Neurologie. Es besteht ein Versorgungsvertrag nach §
111 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V). Der 1948 geborene Beigeladene zu 1) war vom 15.10.1990 bis 31.03.2010 als Chirurg mit eigener Praxis in W. niedergelassen.
Er war anschließend noch für das S. M. (freiberufliche Tätigkeit als Notarzt), als Konsiliararzt für eine psychiatrische Klinik
in W. und als Praxisvertretung für eine vertragsärztliche Praxis in L. tätig. Er ist Mitglied in der Versorgungsanstalt der
Ärzte und von der Rentenversicherungspflicht befreit.
Am 24.01.2011 schlossen die Klägerin als Auftraggeber und der Beigeladene zu 1) als Auftragnehmer folgende Vereinbarung über
freie Mitarbeit.
§ 1 Beginn und Ende des Vertragsverhältnisses
Der Vertrag beginnt zum 01. Februar 2011 und kann von beiden Seiten jederzeit unter Einhaltung einer Frist von 4 Wochen zum
Monatsende schriftlich gekündigt werden.
§ 2 Tätigkeit/Weisungsfreiheit
Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis tätig und übernimmt fachübergreifende
Bereitschaftsdienste im S. Gesundheitszentrum B. W.. Fachliche Vorgaben des Auftraggebers sind insoweit zu beachten, als dies
zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung notwendig ist.
Der Auftragnehmer unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen des Auftraggebers. Gegenüber
den anderen Angestellten des Gesundheitszentrums hat der Auftragnehmer keine Weisungsbefugnis. Lediglich im Rahmen des Bereitschaftsdienstes
besteht Weisungsbefugnis.
§ 3 Arbeitsaufwand/Betriebliche Anwesenheit
Art und Umfang der dem Auftragnehmer nach § 2 übertragenen Aufgaben richten sich nach den jeweiligen Dienstplänen für Bereitschafts-
und Rufbereitschaftsdienste.
Im Übrigen unterliegt der Auftragnehmer in der Ausgestaltung seiner Einsatzzeit keinen Einschränkungen. Der Auftragnehmer
ist auch für andere Auftraggeber tätig.
§ 4 Vergütung/Aufwendungen
Als Vergütung gelten die derzeitigen Bereitschaftsdiensthonorare in Höhe von brutto € 23,-- pro Stunde des Bereitschaftsdienstes.
Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Zahlung von sonstigen Kosten, gleich aus welchem Rechtsgrund; diese sind mit der
Vergütung abgegolten.
...
Der Auftragnehmer wird die gesamte Vergütung im Rahmen seiner Einkommenssteuererklärung angeben. Die Parteien sind sich darüber
einig, dass keine Verpflichtung zum Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabzug besteht. Der Auftragnehmer wird darauf hingewiesen,
dass er nach §
2 Nr 9
SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterliegen kann.
Der Auftragnehmer sichert zu, dass er gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersversorgung, die der Art nach
den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht, abgesichert ist und
diese Absicherung aufrecht erhält. Der Auftragnehmer stimmt darüber hinaus im Falle einer Anfrage an die Deutsche Rentenversicherung
gem §
7a SGB IV einem evtl hieraus folgenden späteren Eintritt der Versicherungspflicht bereits jetzt zu.
...
Der Beigeladene zu 1) stellte an die Klägerin monatlich Rechnungen. Ab September 2012 erhöhte sich der Stundenlohn auf 30
€.
Am 21.11.2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen
zu 1). Sie teilte mit Schreiben vom 16.12.2011 der Beklagten mit, am S. Gesundheitszentrum seien festangestellte Mitarbeiter
im gleichen Fachgebiet beschäftigt. Deren Arbeit unterscheide sich dadurch von der des Beigeladenen zu 1), dass die festangestellten
Mediziner in die tägliche medizinische Versorgung fest eingebunden seien. Der Beigeladene zu 1) leiste ausschließlich nächtlichen
Bereitschaftsdienst und nehme keine Aufgaben in der Routineversorgung der Patienten war. Eine direkte Zuweisung von Patienten
an ihn erfolge nicht, er werde nur im Einzelfall zu Notsituationen gerufen. Für die Dienstorganisation gebe er monatlich seine
möglichen Einsatzzeiten vor. Seine Vorgaben hätten bei der Planung der Einsatzzeiten absoluten Vorrang. Der Beigeladene zu
1) äußerte, er gehe davon aus, nach zwanzigjähriger Tätigkeit in eigener Praxis weiterhin selbstständig zu sein, zumal er
mehrere Aufträge habe, seine Zeiten frei wähle, nicht weisungsgebunden, allein verantwortlich und haftpflichtig sei. Im Rahmen
des Bereitschaftsdienstes würden nur Patienten behandelt, deren Krankheitsbild sich akut verschlechtert habe oder die über
neu aufgetretene Beschwerden klagten. Routinearbeiten fielen nicht an. Der sonntägliche Bereitschaftsdienst beginne um 8:30
Uhr und ende am Montag, 8:30 Uhr. Er übe den Dienst an zwei Sonntagen im Monat aus. Bei Verhinderung stelle er keine Ersatzkraft.
Er arbeite mit den diensthabenden Stationsschwestern zusammen, gegenüber diesen sei er weisungsbefugt. Sämtliche Tätigkeiten
würden mit Stundenpauschale vergütet. Arbeitsmittel wie Kittel, Hose, Stethoskop bringe er mit. Zur Teilnahme an Teambesprechungen
sei er nicht verpflichtet.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 15.03.2012 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27.04.2012 mit, dass die Tätigkeit als Bereitschaftsarzt
im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Von der Rentenversicherungspflicht sei der Beigeladene zu 1) wegen Mitgliedschaft
in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung befreit; die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sei aufgrund
der hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit ausgeschlossen. Bei der Tätigkeit als Bereitschaftsarzt spreche für eine abhängige
Beschäftigung: Die Tätigkeit werde am Betriebssitz des Auftraggebers ausgeübt; Festlegung der Arbeitszeit für die jeweiligen
Dienste nach festem Dienstplan; Verbrauchsmaterial werde vom Krankenhaus gestellt; Abrechnung der Vergütung erfolge über das
Krankenhaus; gewinnunabhängige Vergütung auf Stundenbasis; Haftung gegenüber den Patienten übernehme das Krankenhaus; Forderungsmanagement
gegenüber den Patienten erfolge durch das Krankenhaus; Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung; Weisungsrecht gegenüber
anderen Mitarbeitern des Krankenhauses. Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit seien: Ablehnung von Aufträgen möglich;
Weisungsfreiheit hinsichtlich Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit; keine Kontrolle durch Auftraggeber; Einsatz eigener
Arbeitsmittel. Da Ärzte in der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterlägen, komme es entscheidend auf die
Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation an. Der Ort der Verrichtung am Gesundheitszentrum werde einseitig zugewiesen,
zur Durchführung sei der Beigeladene zu 1) an die zeitlichen Vorgaben und damit feste Arbeitszeiten gebunden. Ein Gewinn-
oder Verlustrisiko sei bei Pauschalvergütung auf Stundenbasis nicht erkennbar. Im Außenverhältnis gegenüber den Patienten
sei der Beigeladene zu 1) nicht als Selbstständiger erkennbar.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2012 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 14.02.2013 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Eine Gesamtwürdigung aller Umstände habe nur unzureichend stattgefunden. Die Beklagte lasse die vertragliche
Vereinbarung mit dem Honorararzt völlig außer Betracht. Bei der Möglichkeit, Aufträge ablehnen zu können, handele es sich
um das Gegenteil einer Weisungsgebundenheit. Ein Arbeitnehmer könne nicht einfach seine Arbeit nicht antreten, ohne eine grobe
Arbeitspflichtverletzung zu begehen. Andererseits sei jeder Selbstständige, der sich zu einem Auftrag verpflichte, insofern
auch vertraglich gebunden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Zusammenhang mit Verkehrspiloten festgestellt, dass allein die Feststellung wiederholter, jeweils gesondert von
Fall zu Fall vereinbarter Tätigkeiten im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses nicht zur Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses
führe (28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). Wenn die Beklagte erkläre, die Möglichkeit zur Ablehnung von Aufträgen sei irrelevant, entwerte sie dieses Kriterium und
verkehre das Urteil des BSG in sein Gegenteil. Der Beigeladene zu 1) habe sämtliche Aufwendungen zur Ausübung der Tätigkeit selbst tragen müssen (Arbeitskleidung,
Stethoskop, Büromittel, Fortbildungskosten). Erfordere die Tätigkeit keine höheren Investitionen, liege dies in der Natur
der Sache. Gleiches gelte für die Tätigkeit am Betriebssitz der Klägerin; die Patienten seien nun einmal dort. Die völlig
unterschiedliche Bewertung von Belegärzten und Honorarärzten durch die Beklagte verletze Art
3 Abs
1 Grundgesetz (
GG). Belegärzte seien unstreitig nicht angestellt. Ihre Situation sei jedoch sehr vergleichbar mit derjenigen der Honorarärzte.
Belegärzte seien aufgrund ihrer Eingebundenheit in die Hauptleistung einer Krankenhausabteilung sogar deutlich stärker in
die dortige Arbeitsorganisation eingebunden. Auch Belegärzte rechneten nicht zwingend gegenüber den Patienten ab, es könnten
nach §
121 Abs
5 SGB V Honorarverträge mit dem Krankenhaus getroffen werden.
Mit Urteil vom 13.05.2015 hat das SG den angefochtenen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) als Bereitschaftsarzt bei der Klägerin
in der Zeit vom 20.02.2011 bis 30.04.2015 nicht in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
stand. Nach den Gesamtumständen sei der Beigeladene zu 1) selbstständig tätig gewesen. Dies entspreche auch der getroffenen
Vereinbarung über freie Mitarbeit. Eine selbstständige Tätigkeit als Honorararzt im Krankenhaus sei grundsätzlich möglich.
Zwar sei teilweise noch umstritten, inwieweit § 2 Abs 2 Nr 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), wonach auch Leistungen Dritter als Leistungen des Krankenhauses zu betrachten seien, die Tätigkeit selbstständiger
Honorarärzte mit einbeziehe. Das Modell des Honorararztes werde vom Gesetzgeber jedoch als zulässig vorausgesetzt. Der Beigeladene
zu 1) sei weder weisungsunterworfen, auch nicht gegenüber Chefärzten, noch in ein fremdes Unternehmen eingegliedert. Er habe
ausschließlich Notdienste geleistet. Die diensthabende Schwester habe ihn über Notfälle unterrichtet. Er sei mit der Abfassung
von Arztbriefen oder der Aufnahme und Entlassung von Patienten nicht betraut gewesen. In den Klinikablauf sei er nicht eingebunden
gewesen. Er habe die Übernahme der Bereitschaftsdienste auch ablehnen können. Allein die Nutzung der Räumlichkeiten der Klägerin
begründe keine Eingliederung in deren Arbeitsorganisation. Dass der Beigeladene zu 1) sich hinsichtlich des Beginns des Bereitschaftsdienstes
nach den Gegebenheiten der Klägerin zu richten hatte, ergebe sich aus der Natur der Sache; der Betrieb eines Krankenhauses
sei anders gar nicht möglich. Für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass Verbrauchsmaterial von der Klägerin gestellt
worden sei, der Beigeladene zu 1) nur ein geringes Unternehmerrisiko getragen habe und nach außen nicht als Selbstständiger
in Erscheinung getreten sei. Im Rahmen der Abwägung träten diese Gesichtspunkte jedoch zurück. Hinsichtlich der Betriebsmittel
handele es sich nur um Bedarfsmedikamente und Materialien bei Versorgung der Notfälle. Die Wahrnehmung durch Patienten als
Mitarbeiter der Klägerin könne nicht streitentscheidend sein (unter Hinweis auf Landessozialgericht <LSG> Berlin-Brandenburg
15.07.2011, L 1 KR 206/09 zum Besucherdienst im Bundesrat). Im Dienstleistungssektor könnten die Akteure generell überwiegend ohne sächliche Produktionsmittel
tätig sein, so dass eine Gleichsetzung mit einem Kapitalrisiko wie im gewerblichen Bereich nicht gerechtfertigt sei. Das Risiko
liege hier in der Verwertbarkeit der eigenen Arbeitskraft. Der Beigeladene zu 1) habe auch eine eigene Haftpflichtversicherung
abgeschlossen, welche die Tätigkeit als Bereitschaftsarzt umfasse. Auch wenn die Klägerin im Außenverhältnis hafte, könne
sie im Innenverhältnis auf den Beigeladenen zu 1) zurückgreifen. Es gebe auch keine festangestellten Mitarbeiter bei der Klägerin,
die ausschließlich Bereitschaftsdienste übernähmen. In die tägliche Patientenversorgung sei der Beigeladene zu 1) nicht eingebunden,
die Teilnahme an Teambesprechungen erfolge lediglich auf freiwilliger Basis.
Gegen das ihr am 22.05.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.06.2015 eingelegte Berufung der Beklagten. Da Ärzte
in ihrer eigentlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterlägen, sei entscheidend die Eingliederung in eine fremde Betriebsorganisation.
Tätigkeiten von Ärzten in einem Explantationsteam, als Hubschrauberarzt, Notarzt oder Notdienst würden vor diesem Hintergrund
regelmäßig als Beschäftigungsverhältnis qualifiziert. Das BSG habe die Tätigkeit eines Chefarztes in einem Kreiskrankenhaus als Beschäftigungsverhältnis qualifiziert (BSG 23.10.1970, 2 RU 6/69, BSGE 32, 38) und einen Arzt, der für Polizeidienststellen Blutproben in eigener Praxis nahm und nach der Gebührenordnung für Ärzte liquidiert habe, als selbstständig gesehen (BSG 22.03.1973, 2 RU 110/71). Auch der Vertreter eines niedergelassenen Arztes unterliege idR keinem wesentlichen Direktionsrecht des Praxisinhabers
(BSG 27.05.1959, 3 RK 18/59, BSGE 10, 41). Führe ein Facharzt in einer Reha-Klinik über Jahre regelmäßig an drei Nachmittagen Aufnahme- und Entlassungsuntersuchungen
durch, liege aufgrund der Eingliederung ein Beschäftigungsverhältnis vor (LSG Nordrhein-Westfalen 29.11.2006, L 11 (8) R 50/06).
Die maßgebenden Sachverhalte seien mit denen des vorliegenden Falles durchaus vergleichbar. Dienste im OP und auf der Station
eines Krankenhauses erforderten bereits sachlogisch eine Zusammenarbeit mit weiterem Krankenhauspersonal, woraus sich eine
Weisungsbefugnis eines Arztes gegenüber Krankenschwestern/-pflegern ergebe. Der Beigeladene zu 1) wiederum habe dem Weisungsrecht
des Chefarztes unterstanden. Da er als Ersatz für festangestellte Ärzte eingesetzt worden sei, sei er in ähnlichem Maße in
die organisatorischen Abläufe eingegliedert gewesen wie diese und habe somit funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilgenommen.
Als Arzt sei er als Erfüllungsgehilfe des Krankenhauses im Rahmen eines zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten geschlossenen
Behandlungsvertrags iSv §
2 Abs
1 Bundespflegesatzverordnung (
BPflV) tätig. Allein im Hinblick auf ein mögliches Organisationsverschulden könne die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) bei der Behandlung
gar kein Letztentscheidungsrecht einräumen. Bei Bereitschaftsärzten habe das Hessische LSG das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses
bejaht (25.01.2007, L 8 KR 148/05). Zwar könnte die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, als Indiz für selbstständige Tätigkeit gesehen werden, derartige Vertragsgestaltungen
seien jedoch auch im Rahmen von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen nicht unüblich. Für eine selbstständige Tätigkeit würde
sprechen, wenn der Beigeladene zu 1) - wie Belegärzte - ein Nutzungsentgelt für die Nutzung der Krankenhausressourcen entrichtet
hätte. Aus Sicht der Beklagten sei eine Tätigkeit von Ärzten in Kliniken oder anderen stationären Einrichtungen als "freier
Mitarbeiter" kaum denkbar. Nach Auffassung des LSG Baden-Württemberg (17.04.2013, L 5 R 3755/11) habe auch die Änderung von § 2 Abs 1 KHEntgG nicht zur Zulässigkeit von selbstständig tätigen Honorarärzten im Krankenhaus
geführt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.05.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Soweit die Beklagte die Notärzte als typisches Beispiel für regelmäßig abhängig Beschäftigte nenne, entspreche dies keinesfalls
der Rechtsprechung (LSG Baden-Württemberg 29.07.2014, L 9 U 4701/11; LSG Berlin-Brandenburg 20.03.2015, L 1 KR 105/13). Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei auch in keiner Weise mit derjenigen eines Chefarztes zu vergleichen. Die vom LSG
Nordrhein-Westfalen (29.06.2006) entschiedene Konstellation sei ebenfalls nicht vergleichbar, da der Beigeladene zu 1) ausschließlich
als Bereitschaftsarzt eingesetzt worden sei und nicht die Funktion eines Chefarztvertreters gehabt habe. Irritierend sei,
dass die Beklagte in ihrer Begründung zum Teil von einem völlig anderen Fall ausgehe. So habe der Beigeladene zu 1) keine
Dienste im OP und auf der Station eines Krankenhauses erbracht, sondern Bereitschaftsdienste in einer Reha-Klinik, für die
auch die
BPflV nicht gelte. Eine Weisungsgebundenheit gegenüber einem Chefarzt gebe es nicht. Ein unternehmerisches Risiko liege unter Berücksichtigung
der Rechtsprechung des Senats vor (17.01.2012, L 11 R 5681/09), denn auch dem Beigeladenen zu 1) sei kein Mindesteinkommen garantiert. Soweit die Beklagte die vertragliche Gestaltung
für irrelevant halte, widerspreche dies der Rechtsprechung des BSG, die gerade die vertragliche Vereinbarung in den Vordergrund rücke (unter Hinweis auf BSG 17.12.2014, B 12 R 13/13 R). Der Beigeladene zu 1) sei als reiner Bereitschaftsarzt gerade nicht in das laufende Geschäft der Klinik eingebunden gewesen.
Soweit die Beklagte auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17.04.2013 (L 5 R 3755/11) abstelle, sei der Sachverhalt nicht vergleichbar. Die Begründung der Entscheidung sei zudem in der Literatur zu Recht kritisiert
worden, da sie letztendlich krankenhaus- und berufsrechtlicher Natur sei und damit der Dogmatik des BSG im Rahmen der zu treffenden Gesamtabwägung widerspreche.
Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die nach den §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache allerdings unbegründet. Der angefochtene
Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Das SG hat zu Recht den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 27.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2012
aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) die Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 20.02.2011 bis 30.04.2015
selbständig ausgeübt hat und nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
unterlag.
Formell ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Er ist nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Die Beklagte hat
zudem die Anforderungen an eine Statusfeststellung erfüllt, die das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt
hat (BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17 ff.; BSG 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, [...]), und nicht nur eine isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung "dem Grunde nach",
sondern auch über das Vorliegen von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung getroffen.
Materiell ist der angefochtene Bescheid allerdings rechtswidrig, denn die Beklagte hat zu Unrecht eine Beschäftigung und eine
Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung im
Rahmen der Statusfeststellung festgestellt.
Nach §
7a Abs
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach §
7a Abs
1 Satz 3
SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger
hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte
entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§
7a Abs
2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 geregelt. §
7a Abs
6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des
SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der
Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit
dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I, 2000, 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden;
zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, S 6).
Ein entsprechender Antrag auf Statusfeststellung ist seitens der Klägerin am 21.11.2011 bei der Beklagten eingegangen. Ein
vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist
nicht ersichtlich.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum der Versicherungs- bzw
Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch) und nach Maßgabe des §
20 Abs
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (
SGB XI) der Pflegeversicherung. Da die Pflegeversicherung akzessorisch zur Krankenversicherung ist, kommt eine Versicherungspflicht
in der Pflegeversicherung bei hier fehlender Krankenversicherungspflicht nach §
20 Abs
1 SGB XI nicht in Betracht. Der Beigeladene zu 1) war auch nicht freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, so
dass auch keine Versicherungspflicht nach §
20 Abs
3 SGB XI besteht. Unabhängig vom Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist die Feststellung von Versicherungspflicht
in der Pflegeversicherung daher in jedem Fall rechtswidrig.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs
1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind nach §
7 Abs
1 Satz 2
SGB IV eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7, BSG 04.07.2007, B 11a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung
zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht 20.05.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 7).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich
relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung
vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich
vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von
ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich
getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich
gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich
möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam
abbedungen ist.
Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende
Rechtsmacht (BSG 08.08.1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr 4; BSG 08.12.1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen
(BSG 01.12.1977, 12/3/12 RK 39,74, BSGE 45, 199, 200 ff; BSG 04.06.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSG 10.08.2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr 15; jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte
Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 und B 12 KR 14/10 R, [...]).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu
1) im streitgegenständlichen Zeitraum keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei der Klägerin ausgeübt und daher
auch keine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.
Die Tätigkeit als Honorararzt kann grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses
ausgeübt werden. In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch die Tätigkeit als Facharzt in einem Krankenhaus
grundsätzlich selbstständig auf Honorarbasis erbracht werden kann (Hessisches Landesarbeitsgericht 30.11.2015, 16 Sa 583/15, [...] mwN; Hanau, MedR 2015, 77, 80 f). Im Krankenhausrecht hat der Gesetzgeber mit § 2 Abs 1 Satz 1 KHEntgG in der ab 01.01.2013 gültigen Fassung (Gesetz
vom 21.07.2012, BGBl I 1613) durch die Klarstellung, dass Krankenhausleistungen auch ärztliche Leistungen nicht festangestellter
Ärztinnen und Ärzte sind, in der Rechtsprechung daran geäußerten Zweifeln (BSG 23.03.2011, B 6 KA 11/10 R, BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 69 Nr 8; vgl auch BSG 17.11.2015, B 1 KR 12/15 R, [...] zur Rechtslage vor 2007) den Boden entzogen. Abgesehen davon, dass auf die Klägerin als Rehabilitationsklinik weder
die
BPflV noch das KHEntgG Anwendung finden, spielen vergütungsrechtliche wie auch berufsrechtliche Fragen aber auch keine Rolle bei
der Beurteilung, welchen Status der Honorararzt in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht hat (aA LSG Baden-Württemberg 17.04.2013,
L 5 R 3755/11, [...]).
Der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) war über eine freie Mitarbeit geschlossen worden und sah vor,
dass der Beigeladene zu 1) bei der Durchführung der Bereitschaftsdienste keinen Weisungen der Klägerin unterlag. Der Beigeladene
zu 1) konnte vertraglich zudem für andere Auftraggeber tätig werden. Hinsichtlich der zeitlichen Einteilung konnte der Beigeladene
zu 1) selbst bestimmen, an welchen Tagen er tätig sein wollte. Es war einvernehmlich zwischen der Klägerin und der Beigeladenen
zu 1) eine Tätigkeit als freier Mitarbeiterin auf der Basis eines Stundenhonorars von 23 €, später 30 € gewollt.
Der Senat ist davon überzeugt, dass das Vertragsverhältnis entsprechend der Vereinbarung gelebt worden ist. Der Senat stützt
sich insoweit auf die schriftlichen Ausführungen der Beteiligten im Laufe des Verfahrens und die glaubhaften Angaben des Beigeladenen
zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Der Beigeladene zu 1) unterlag danach keinem Weisungsrecht der Klägerin.
Hinsichtlich der Arbeitszeit teilte der Beigeladene zu 1) der Klägerin mit, ob und wann er Schichten übernehmen wollte und
stellte dann die erbrachte Stundenzahl für die Bereitschaftsdienste in Rechnung. Es bestand keine ständige Dienstbereitschaftspflicht
und dem Beigeladenen zu 1) wurden von der Klägerin auch keine festen Arbeitszeiten oder Schichten ohne vorherige Absprache
und gegen seinen Willen zugewiesen. Er selbst hat vorgegeben, wann und wie oft er zum Einsatz kommen wollte. Um diese Vorgaben
herum hat die Klägerin sodann den Dienstplan aufgestellt. Der Beigeladene zu 1) hat auch noch für drei weitere Auftraggeber
freiberuflich ärztliche Dienste übernommen. Dass er hinsichtlich der von ihm zwei bis drei Mal monatlich übernommenen Sonntagsdienste
an die grundsätzliche Dauer von Sonntag 8:30 Uhr bis Montag 8:30 Uhr gebunden war, ergibt sich aus der Natur der Sache, da
sich der Bereitschaftsdienst in einer Klinik kaum ohne regelmäßige und feststehende Dienstzeiten regeln lässt. Hierdurch wird
kein Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Arbeitszeiten begründet. Dieses fehlende Weisungsrecht hinsichtlich der Dienstzeiten
ist im Rahmen der Gesamtbeurteilung von erheblicher Bedeutung, denn fachlich besteht bei ärztlichen Tätigkeiten aus der Natur
der Sache eine weitgehend weisungsfreie Tätigkeit, die nur bei der Eingliederung in Hierarchien durchbrochen wird (vgl Powietzka/Bölz,
KrV 2012, 137, 139).
Die Ausführung der Tätigkeit in den Betriebsräumen der Klägerin ergibt sich aus der Natur der Sache und ist daher hier, ebenso
wie bei Lehrern (dazu Senatsurteile vom 21.10.2014, L 11 R 4761/13 und 24.02.2015, L 11 R 2016/13, [...]), kein valides Abgrenzungskriterium.
Bei der Durchführung des Bereitschaftsdienstes unterlag der Beigeladene zu 1) keiner Kontrolle durch die Klägerin im Sinne
von Einzelanordnungen. Eine Zusammenarbeit mit anderem ärztlichen Personal der Klägerin erfolgte nur in der Weise, dass eine
Übergabe von der vorhergehenden bzw zur nächsten Schicht erfolgte. Dies geschah in der Form von Übergabeprotokollen; der Beigeladene
zu 1) konnte freiwillig auch an Teambesprechungen teilnehmen und über etwaige Vorkommnisse während des Bereitschaftsdienstes
berichten. In die tägliche routinemäßige Versorgung der Patienten war der Beigeladene zu 1) überhaupt nicht eingebunden, er
war daher auch keinem Chefarzt unterstellt. Mit der "Vereinbarung über freie Mitarbeit" hat die Klägerin den Beigeladenen
zu 1) mit der selbständigen Wahrnehmung des Bereitschaftsdienstes betraut. Mit Pflegekräften der Klägerin arbeitete er lediglich
in der Form zusammen, dass die diensthabende Krankenschwester ihn bei Bedarf hinzuzog und er nur im Rahmen des Bereitschaftsdienstes
dieser gegenüber dann auch weisungsbefugt war, nicht jedoch hinsichtlich sonstiger organisatorischer oder personeller Belange.
Diese Zusammenarbeit führt nicht dazu, dass der Beigeladene zu 1) damit schon in die Betriebsstruktur der Klägerin eingegliedert
war, denn es handelt sich um im Klinikalltag übliche und notwendige Vorgehensweisen, in denen sich noch keine Weisungen der
Klägerin und keine Eingliederung in deren Arbeitsorganisation widerspiegeln. Inwieweit die Frage der Eingliederung beispielsweise
bei operativ tätigen Chirurgen oder Anästhesisten anders beurteilt werden müsste oder auch nicht im Hinblick darauf, dass
die Eingliederung möglicherweise nicht Ausdruck der Unselbstständigkeit, sondern Teil der gerade arbeitsteilig im Team zu
erbringenden geschuldeten Leistung ist (vgl Möller/Makoski, GesR 2012, 647, 651), bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner
Entscheidung. Der Beigeladene zu 1) musste hier anders als die angestellten Ärzte auch nicht an Dienst- bzw Teambesprechungen
oder auf Verlangen der Klägerin an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen.
Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht ferner nicht, dass der Beigeladene zu 1) nicht Vertragspartei des Patienten ist,
denn damit ist noch keine Aussage über den sozialversicherungsrechtlichen Status der für die Klägerin Tätigen als Beschäftigte
oder Selbständige getroffen.
Der Beigeladene zu 1) hatte - wenn auch nur in eher geringem Maße - ein für Selbständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko
zu tragen. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der
Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist (siehe
dazu BSG 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, [...]; BSG 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400, § 7 Nr 15). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko
auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüber stehen
(BSG, aaO).
Der Beigeladene zu 1) hat - wie es für Honorarärzte typisch ist - im Wesentlichen seine Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt.
Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten
zu können, folgt allerdings noch kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze (BSG 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, [...]); dies gilt auch im Hinblick darauf, das Anschlussangebote ungewiss sind. Gegen ein Unternehmerrisiko beim einzelnen
Einsatz könnte das vereinbarte pauschale Stundenhonorar von 23 bzw 30 € sprechen. Doch erhielt der Beigeladene zu 1) stets
nur eine Vergütung für geleistete Bereitschaftsdienste und hing damit der Gesamtverdienst vom zeitlichen Umfang seines Einsatzes
ab. Davon abgesehen zeichnet sich der Bereitschaftsdienst dadurch aus, dass im Notfall bei plötzlich auftretendem Behandlungsbedarf
außerhalb des regulären Klinikbetriebs geholfen wird. Er ist daher von der Bereitschaft und der Erbringung von Einsätzen im
Bedarfsfall geprägt und gerade nicht von einzelnen ärztlichen Diensten, wie sie der Gebührenordnung für Ärzte zugrunde liegen. Eine feste Vergütung nach Stunden bietet sich daher für Bereitschafts- und Notärzte an und ist weder ein
Argument für noch gegen die Selbstständigkeit in dem Sinne, dass kein Risiko bestehe, Arbeitsleistungen zu erbringen ohne
eine Vergütung dafür zu erhalten (LSG Berlin-Brandenburg, 20.03.2015, L 1 KR 105/13, NZS 2015, 630). Der Beigeladene zu 1) hatte, auch angesichts fehlender Kontrollen durch die Klägerin, vor allem aber durch die völlig freie
Übernahme von Bereitschaftsdiensten größere Freiräume und damit einen größeren Entscheidungs- und Handlungsspielraum im Rahmen
seiner ärztlichen Tätigkeit. Er konnte den Einsatz seiner Arbeitskraft selbst steuern; er allein entschied, wann, wo und wie
häufig er tätig wurde.
Für eine abhängige Beschäftigung spricht, dass der Beigeladene zu 1) im Verhinderungsfall nicht selbst für eine Ersatzperson
sorgen musste, sondern eine Vertretung, wie bei ausfallenden angestellten Ärzten auch, über die Klägerin organisiert wurde.
Auch im Außenverhältnis gegenüber den Patienten trat der Beigeladene zu 1) nicht erkennbar als Selbstständiger auf.
Unbeachtlich ist im Rahmen der Gesamtabwägung, dass keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder
bezahlter Urlaub vereinbart waren. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige
freie Mitarbeit wollten.
Im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegen klar die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Dass der Beigeladene
zu 1) im Verhinderungsfall nicht selbst und auf eigenes Kostenrisiko für eine Vertretung sorgen musste und im Außenverhältnis
keine Offenlegung des Status erfolgte, ist demgegenüber nicht von solchem Gewicht, dass deswegen von einer abhängigen Beschäftigung
ausgegangen werden müsste.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG i.V.m. §
154 Abs
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Da Klägerin und Beklagte nicht zu den in §
183 SGG genannten Personen gehören, finden nach Maßgabe des §
197a SGG die
VwGO und das Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung. In Bezug auf die Beigeladenen, die keine Anträge gestellt haben, sind außergerichtliche Kosten nach §
197a SGG i.V.m. §
162 Abs
3 VwGO nicht zu erstatten.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG) liegen nicht vor.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000 € festgesetzt. Nachdem vorliegend keine konkrete Summe im Streit
steht und sich eine solche auch nicht ermitteln lässt, bestimmt sich die endgültige Festsetzung des Streitwerts nach dem Auffangstreitwert
in Höhe von 5.000 € (st Rspr des Senats; siehe Beschluss vom 17.07.2014, L 11 R 2546/14 B, [...]).