Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch um den Zeitpunkt des Rentenbeginns und ob der Klägerin anstelle einer befristeten Rente wegen
voller Erwerbsminderung eine volle Erwerbsminderungsrente auf Dauer zu gewähren ist.
Die 1957 geborene, aus K. stammende Klägerin hat keinen Beruf erlernt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie ab 1972 versicherungspflichtig
beschäftigt. Ab 1987 arbeitete sie als Montagearbeiterin (Verpackerin). Seit 10.05.2000 ist sie entweder arbeitsunfähig krank
oder arbeitslos. Ihr Grad der Behinderung beträgt 60 seit 18.01.2000.
Am 16.02.2000 und 26.04.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit wegen eines
Fibromyalgiesyndroms, Polyneuropathie, Schmerzen im ganzen Körper, brennenden Beinen und einem innerlichen Zittern. Die Beklagte
zog hierauf den Reha-Entlassungsbericht über die von der Klägerin zwischen dem 07.06. und 12.07.2000 durchgeführte stationäre
Heilbehandlung in der S.klinik in Bad S. bei. Aus diesem Heilverfahren war die Klägerin unter Nennung der Diagnosen Fibromyalgiesyndrom,
Polyneuropathie der Beine, Zustand nach CTS-Operation rechts 11/99, links 1994 und 5/00, Harninkontinenz I. - II. Grades und
Adipositas mit einem zweistündigen bis unterhalbschichtigen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, jedoch
vollschichtig leistungsfähig für leichte Arbeiten im Bewegungswechsel, ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten,
häufiges Bücken, überwiegend einseitige Körperhaltung, Zwangshaltung, Klettern auf Leitern und Gerüsten, häufiges Treppensteigen,
dauernde Kraft- und Druckbelastung der Hände, Gefährdung durch Kälte, Nässe, Zugluft und Lärm, besonderen Zeitdruck, Akkord
und häufig wechselnde Arbeitszeit entlassen worden.
Mit Bescheiden vom 16.08.2000 und 07.09.2000 wies die Beklagte hierauf die Rentenanträge ab.
Hiergegen erhob die Klägerin jeweils Widerspruch, den sie damit begründete, dass die ärztlicherseits festgestellten Beeinträchtigungen
aus ihrer Sicht für die Bejahung einer Erwerbsunfähigkeit ausreichen würden. Aufgrund ihrer geschwächten Erwerbsfähigkeit
könne sie insbesondere wegen der Schwere der von ihr zu verrichtenden Tätigkeiten nicht mehr arbeiten. Auf andere Tätigkeiten
auf dem Arbeitsmarkt sei sie nicht mehr verweisbar. Ihr Erwerbsleben hätten stets einfache, aber körperlich schwere Arbeiten
geprägt. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2001 wies die Beklagte nach Anhörung ihres Beratungsarztes den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG).
Das SG hörte zunächst den Orthopäden Dr. A., den Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse Dr. S. und Dr.
R..
Dr. A. führte aus, die maßgeblichen Leiden für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin lägen auf orthopädisch-rheumatologischem
Fachgebiet (Fibromyalgiesyndrom) sowie auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet (Verdacht auf Somatisierungsstörung). Nach
seinen Feststellungen sei die Klägerin noch in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne grob-manuelle
Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten.
Dr. S. teilte mit, dass er die Klägerin zuletzt im Februar 2000 gesehen habe und vermute, dass das für die Beurteilung der
beruflichen Belastungsfähigkeit maßgebliche Leiden auf dem seelisch-psychiatrischen Gebiet liege. Nach den Befunden, die er
zuletzt erhoben habe, sei die Klägerin sicherlich in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt halb-
bis untervollschichtig auszuüben.
Dr. R. bekundete unter Beifügung einer eigenen ärztlichen Bescheinigung, die Klägerin könne nicht stehen, nicht sitzen und
habe Schmerzen am ganzen Körper. Sie sei nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Hierzu äußerte sich die Klägerin dahingehend, dass sich aus den Auskünften eindeutig ergebe, dass sie erwerbsunfähig sei.
Die Beklagte trat dem unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme der Internistin Dr. B. entgegen.
Im Anschluss daran hörte das SG die Internistin Dr. B. als sachverständige Zeugin.
Dr. B. nahm dahingehend Stellung, dass sie bei der Klägerin ein Fibromyalgiesyndrom, einen Zustand nach cervikalem Bandscheibenvorfall
HWK 4/5, ein depressives Syndrom und ein Colon irritabile diagnostiziert habe. Ihren bisherigen Beruf als Verpackerin könne
sie nicht mehr verrichten. Aus rheumatologischer Sicht könnten leichte Arbeiten mit Funktionseinschränkungen mindestens 6
bis unter 8 Stunden täglich verrichtet werden. Sie fügte einen Arztbrief des Dr. S. bei.
Auf Antrag der Klägerin gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erstattete sodann der Internist und Rheumatologe Dr. K., Sana-Rheumazentrum W., ein Gutachten. Dr. K., der sich der Mitarbeit
der Internistin Dr. H. bediente, diagnostizierte Fibromyalgie, chronisches HWS-, BWS- und LWS-Syndrom, Zustand nach zervikalem
Bandscheibenvorfall C5/C6 2000, Zustand nach Carpaltunnelsyndrom-Operation rechts 1999, links 1994 und 2000, Adipositas, Polyneuropathie
unklarer Genese und Gonarthrose beidseits. Außerdem wies er niedrigstufige nukleäre Antikörper-Titer sowie SSA (ro)-Antikörper
ohne klinischen Anhalt für eine Kollagenose nach. Im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik stehe sicherlich die Fibromyalgie.
Ein Teil der Beschwerden sei auch auf degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und im Bereich beider Knie zurückzuführen.
Die Klägerin sei in der Lage, mindestens 6 bis unter 8 Stunden leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Heben,
Tragen oder Bewegen von Lasten über 10 Kilogramm, überwiegendes Gehen, Stehen bzw. Sitzen, gleichförmige Körperhaltungen,
häufiges Bücken und Treppensteigen, Tätigkeiten, die Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, an gefährdenden Maschinen oder Akkord-
und Fließbandarbeiten einschließen würden, Arbeiten in Wechsel- oder Nachtschicht sowie bei Hitze, Kälte, Zugluft, Nässe oder
Lärm zu verrichten. Der Grund für die zeitliche Einschränkung sei die zugrunde liegende Fibromyalgie.
Im Anschluss daran erstattete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. ein Gutachten von Amts wegen. Der Gutachter führte
aus, die Klägerin leide unter einer somatoformen Schmerzstörung bei ängstlich-selbstunsicherer Persönlichkeit, einem deutlichen
Carpaltunnelsyndrom beidseits, einem chronischen Wirbelsäulensyndrom mit Spannungskopfschmerzen, Cervikobrachialgie, chronischer
Lumbalgie und einer Fibromyalgie. Anhaltspunkte für eine wesentliche Polyneuropathie fand er nicht. Leichte Tätigkeiten auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne erhöhte Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit beider Hände seien aus neurologischer und
psychiatrischer Sicht vollschichtig möglich.
Erneut auf Antrag der Klägerin gemäß §
109 SGG erhob das SG sodann Beweis durch Einholung eines Gutachtens bei dem Arzt für Orthopädie, Rheumatologie, Sportmedizin, Schmerztherapie
und Psychotherapie Dr. R.. Dr. R. gelangte zu dem Ergebnis, die Klägerin leide unter einer rezidivierenden Cervikobrachialgie
als Schulter-Arm-Syndrom, einer rezidivierenden Lumbalgie mit gelegentlichen ischialgieformen Beschwerden, einer beginnenden
Gonarthrose beidseits, einer Angst- und depressiven Störung und einer somatoformen Schmerzstörung. Leichte Tätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes vorwiegend im Sitzen mit Möglichkeiten zum Bewegungswechsel ohne Heben von Lasten über 10 Kilogramm,
regelmäßigem Verpacken von Gegenständen, Zwangshaltungen, vermehrtem Treppen- oder Leiternsteigen, Arbeiten auf Gerüsten,
Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten unter Hitze, Kälte, Zugluft und Nässe, an gefährdeten Maschinen und besonderer Verantwortung
oder geistiger Beanspruchung seien ihr 4 bis 6 Stunden täglich möglich. Eine vollschichtige Tätigkeit könne sie auf Grund
der doch ganz erheblichen psychischen Beeinträchtigung nicht mehr verrichten.
Der Internist Dr. B. vom ärztlichen Dienst der Beklagten äußerte sich hierzu im wesentlichen dahingehend, dass die von Dr.
R. postulierte ganz erhebliche psychische Beeinträchtigung in seinem Gutachten nicht nachvollziehbar begründet werde. Seiner
Leistungseinschätzung könne nicht gefolgt werden.
Auf Veranlassung des SG nahm Dr. P. zu dem Gutachten von Dr. R. dahingehend Stellung, dass ihn dies zu einer Änderung seiner Leistungseinschätzung
seitens des neurologischen und auch psychiatrischen Fachgebietes nicht bewegen könne.
Die Klägerin legte den Entlassungsbericht über ihre stationäre Behandlung im Rheuma-Zentrum B.-B. in der Zeit vom 10.02. bis
01.03.2003 (Diagnosen: Fibromyalgiesyndrom, degeneratives HWS-Syndrom, Bandscheibenvorfall C4/5, Fingerpolyarthrose, Varikosis,
Adipositas, akuter Infekt der oberen Luftwege) und Arztbriefe des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. (Diagnose:
Karpaltunnelsyndrom beidseits, linksbetont; beginnendes Sulcus-ulnaris-Syndrom links, bekanntes Fibromyalgie-Syndrom) vor.
Mit Urteil vom 27.06.2003, dem Klägerbevollmächtigten per Empfangsbekenntnis zugestellt am 25.07.2003, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, die Klägerin sei nicht erwerbsunfähig, da sie gestützt insbesondere
auf das Sachverständigengutachten von Dr. P. noch in der Lage sei, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
vollschichtig auszuüben. An der Richtigkeit dieser Einschätzung zu zweifeln, bestehe auch unter Berücksichtigung der Aussagen
der sachverständigen Zeugen, der von Dr. R. und Dr. K. erstatteten Gutachten und des Entlassungsberichts des Rheuma-Zentrums
B.-B. kein Anlass.
Hiergegen richtet sich die am 01.08.2003 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, dass
sie primär durch die bestehende Schmerzproblematik, die das SG verkannt habe, eingeschränkt sei. Zwischenzeitlich habe sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechtert. Ihr neuer Hausarzt
Dr. R. habe eine erhebliche Gonarthrose in beiden Kniegelenken festgestellt. Auch die Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörung
sowie die bereits bestehende Müdigkeit habe sich weiter verschlechtert. Zur Unterstützung ihres Begehrens fügte sie ein ärztliches
Attest des Arztes für Innere Medizin, Rheumatologie Dr. B. sowie einen Arztbrief des Orthopäden Dr. S. bei.
Der Senat hat den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. R. und Dr. B. als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. R. hat unter Beifügung eines bisher nicht bekannten Arztbriefes des Internisten Prof. Dr. K. ausgeführt, dass die Klägerin
bei der letzten Untersuchung über Rückenschmerzen und ein Kältegefühl am Rücken geklagt habe. Objektive Befunde seien nicht
vorhanden gewesen. Magenbeschwerden und Durchfall hätten sich gebessert gehabt. Die Frage, ob sie leichte Tätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig und regelmäßig ausüben könne, sei von ihm nicht sicher zu beantworten.
Dr. B. hat mitgeteilt, er habe die Klägerin 3 mal behandelt. Es handle sich um eine Fibromyalgie in klassischer Ausprägung,
die sich aus einem Wirbelsäulenschmerzsyndrom heraus entwickelt habe. Die Chronifizierung der Schmerzen sei sehr weit fortgeschritten,
so dass es meistens nicht mehr möglich sei, diese Schmerzchronifizierung umzukehren. Trotz Behandlung sei bis zuletzt keine
Verbesserung feststellbar gewesen. Körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin wegen raschen
Nachlassens der Muskelkraft, durch stärker werdende Schmerzen im Rücken, in den Gelenken und in der Muskulatur, wegen stark
ausgeprägter Müdigkeit und einem schlechten Schlaf nicht mehr vollschichtig verrichten.
Die Klägerin hat einen Arztbrief der Gemeinschaftspraxis Diagnostische Radiologie in Stuttgart, wonach ein Riss im Hinterhorn
und der Pars intermedia des Innenmeniskus, eine beginnende Gonarthrose mit femorotibial und kleinen knöchernen Anbauten, zusätzlich
großer Grad 4 Knorpeldefekt ventraler MFC/Trochlea und ein Grad 4 - Knorpelschaden retropatellar festgestellt wurde, vorgelegt.
Im Anschluss daran hat der Senat Dr. S. als sachverständigen Zeugen gehört.
Dr. S. hat unter Beifügung des Operationsberichts über die am 17.12.2003 durchgeführte Innenmeniskus-Teilresektion und Abrasionschondroplastik
dargelegt, dass bei der Klägerin zunächst Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und später Schmerzhaftigkeiten im Bereich
des Kniegelenkes bestanden hätten. Im Laufe der Behandlung hätte sich die Beschwerdesymptomatik im Bereich des linken Kniegelenks
und der Lendenwirbelsäule verschlechtert. Am 17.12.2003 sei die Klägerin im Bereich des linken Kniegelenkes operiert worden.
Seines Erachtens seien ihr körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig möglich.
Die Klägerin hat sich hierzu dahingehend geäußert, dass der sie nunmehr behandelnde Chirurg Dr. P. eine deutliche Einschränkung
ihrer Leistungsfähigkeit durch die bestehende Beschwerdesymptomatik im Bereich des linken Kniegelenkes bejaht habe. Durch
die operative Maßnahme im Dezember 2003 sei keine Besserung des Gesundheitszustands eingetreten.
Der Senat hat sich daraufhin an Dr. P. gewandt.
Dr. P. hat berichtet, dass er bei der letzten Untersuchung der Klägerin am 17.02.2004 eine diffuse Schmerzhaftigkeit des linken
Kniegelenkes, einen Erguss von ca. 15 ml und eine Beweglichkeit für das Strecken/Beugen zwischen 0/10/90 Grad festgestellt
habe. Der Zustand bedinge Arbeitsunfähigkeit.
Auf Antrag der Klägerin hat daraufhin der Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Sportmedizin Dr. S. ein chirurgisch/orthopädisches
Gutachten gemäß §
109 SGG erstattet. Der Gutachter hat ausgeführt, bei der Klägerin handle es sich um einen zum Teil schmerzhaften Reizzustand des
Weichteilgewebes im Halswirbelsäulen- und Nackenbereich beidseits mit teilweiser Ausstrahlung in den rechten und linken Arm
und zum Teil schmerzhaft eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule und verminderter Kraft. Im Bereich der Brust- und
Lendenwirbelsäule bestünden allenfalls mäßige und im Bereich der BWS deutlich akzentuiertere verschleißbedingte Veränderungen.
Im Bereich beider Hände sei ohne wesentliche Bewegungseinschränkung eine Kraft- und Muskelminderung nachweisbar. Der Hauptbefund
sei das linke Kniegelenk. Hier liege ein schweres Verschleißleiden mit schmerzhaftem Reizzustand, Ergussbildung und Bewegungseinschränkung
(0/15/100 Grad) vor. Darüber hinaus bestünde im Bereich beider Unterschenkel ein Krampfaderleiden und im Bereich beider Füße
zeigten sich beginnende Zeichen einer Hammerzehenbildung. Außerdem habe er sämtliche sogenannte Tenderpoints als Symptomatik
einer Fibromyalgie positiv gefunden. Am stärksten sei die Leistungsfähigkeit derzeit durch die Symptomatik des linken Kniegelenkes
reduziert. Stehende Tätigkeiten seien nicht möglich. Gehen auf Treppen oder unebenem Grund scheide aus. Das Zurücklegen längerer
Strecken mit normalem Tempo sei ebenso wie das Arbeiten im Bewegungswechsel nicht möglich. Es verblieben lediglich leichte
Tätigkeiten, die sitzend ohne besondere Beanspruchung der Konzentration und der Hände durchgeführt werden könnten. Ausschließlich
sitzende Tätigkeiten seien wegen der Beschwerden durch die Fibromyalgie und durch die Rückenbeschwerden aber nicht möglich.
Unter Berücksichtigung der Funktionseinschränkungen seien leichte Arbeiten allenfalls noch halb- bis unterhalbschichtig durchführbar.
Der von ihm festgestellte Gesundheitszustand bestehe spätestens ab der durchgeführten Operation am 17.12.2003. Es handle sich
um Befunde von Dauercharakter. Eine Heilung der Arthrose des linken Kniegelenkes sei nicht möglich.
Mit Schriftsatz vom 01.09.2004 hat die Beklagte daraufhin eine volle Erwerbsminderung der Klägerin seit Dezember 2003 anerkannt
und sich bereit erklärt, Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet ab 01.07.2004 bis 31.12.2005 zu gewähren. Sie hat hierzu
eine Stellungnahme der Ärztin für Chirurgie Dr. H. vom ärztlichen Dienst, die sich hinsichtlich der Ausschöpfung von konservativen
und operativen Behandlungsmaßnahmen auf einen beigefügten Artikel "Interdisziplinäre klinische Rheumatologie" beruft, vorgelegt.
Die Klägerin hat dieses Anerkenntnis als Teilanerkenntnis angenommen und vorgetragen, es bestünde kein Einverständnis mit
der Festlegung des Versicherungsfalls auf Dezember 2003 und außerdem handle es sich bei den bei ihr erhobenen Befunden um
solche von Dauercharakter, weshalb die ihr zustehende Rente als Dauerrente zu bewilligen sei.
Der entsprechende Ausführungsbescheid datiert vom 20.09.2004.
Der Senat hat daraufhin noch einmal Dr. S. gehört.
Er hat ausgeführt, dass den Ausführungen von Dr. H. grundsätzlich zugestimmt werden könne. Bei der Beurteilung der Klägerin
komme er jedoch zu einem anderen Ergebnis. Es bestehe bei ihr ein schwerer viertgradiger Knorpelschaden, eine Valgusstellung,
Adipositas und deutliche Varikosis. Zwischenzeitlich liege ein fixiertes Streckdefizit des linken Kniegelenkes vor. Durch
konservative Maßnahmen könne hier keine dauerhafte Besserung erzielt werden. Denkbar wären die antiphlogistische Therapie,
eine Injektionstherapie oder andere Maßnahmen der IGEL-Leistungen. Operative Möglichkeiten würden eine konsequente und zuverlässige
postoperative Entlastung des Beines voraussetzen. Dies sei bei der Klägerin aufgrund der anderen Diagnosen nicht gewährleistet.
Für die Beklagte hat sich hierzu noch einmal Dr. H. unter Vorlage eines Artikels "Sozialmedizinische Begutachtung für die
gesetzliche Rentenversicherung" geäußert.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2003 sowie die Bescheide vom 16. August 2000 und 7. September 2000 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2001 aufzuheben, den Bescheid vom 20. September 2004 abzuändern und die
Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Februar 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen voller Erwerbsminderung
auf Dauer ab 01.07.2003 zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten bei Dr. H. nach §
109 SGG einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 20. September 2004 abzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten
der Beklagten und den der Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Vorliegend vermochte sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass bei der Klägerin der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit
bereits ab Antragstellung eingetreten ist und dass ihr anstelle der von der Beklagten für die Zeit vom 01.07.2004 bis 31.12.2005
bewilligten Rente eine Erwerbsminderungsrente auf Dauer zu gewähren ist.
Die Klägerin war vor Dezember 2003 nicht erwerbsunfähig. Der Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung ist mit der Operation
im Dezember 2003 eingetreten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gutachten von Dr. S. und den sozialmedizinischen
Stellungnahmen von Dr. H.. Danach hat sich das Leistungsvermögen der Klägerin erst durch die am 17.12.2003 durchgeführte Operation
am linken Kniegelenk quantitativ und auch qualitativ in einem solchen Ausmaß verringert, dass ihr auch leichte Tätigkeiten
nur noch halb- bis untervollschichtig möglich sind. Aufgrund des viertgradigen Knorpelschadens im Bereich des linken Kniegelenkes
ist sämtliches Knorpelgewebe verschleißbedingt aufgebraucht und der sklerosierte Knochen darunter frei. Die Klägerin leidet
unter einem schmerzhaften Reizzustand, einer Ergussbildung und einer Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes mit einer Streckhemmung
von 15 Grad und Einschränkung der Beugung auf 100 Grad. Mit diesen Befunden im Einklang steht auch die sachverständige Zeugenauskunft
von Dr. P., der am 17.02.2004 eine Beweglichkeit zwischen 0/10/90 Grad und außerdem einen Erguss mit ca. 15 ml und eine diffuse
Schmerzhaftigkeit fand. Ungünstig beeinflusst wird die eingeschränkte Belastbarkeit durch die bestehende Varikosis, beginnende
Zeichen einer Hammerzehenbildung und eine beginnende Arthrose im Großzehengrundgelenk sowie durch Verschleißzeichen des rechten
Kniegelenkes und nicht zuletzt auch die Adipositas der Klägerin.
In der Zeit davor war die Klägerin jedoch noch fähig, leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel mit Funktionseinschränkungen
vollschichtig zu verrichten. Für diesem Zeitraum sind im Anschluss an die Ausführungen des SG weder auf orthopädischem, rheumatologischem noch auf nervenärztlichem Fachgebiet Befunde dokumentiert, die eine zeitliche
Limitierung des Leistungsvermögens der Klägerin begründen könnten. Hierfür spricht auch, dass Dr. S. erst ab der durchgeführten
Operation am 17.12.2003 von einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens ausgeht. Auch Dr. P. hat erst aufgrund
des Zustands am 17.02.2004 das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit bejaht. Ein früherer Zeitpunkt ergibt sich auch nicht aus
der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. S.. Dieser hielt die Klägerin vielmehr noch aufgrund der am 16.01.2004 erfolgten
Untersuchung für in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten.
Aus der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. R. ergeben sich ebenfalls keine Befunde, die für einen früheren Eintritt des
Leistungsfalls angeführt werden könnten, nachdem er bei der letzten Untersuchung am 09.10.2003 keine objektiven Befunde gefunden
hatte und die Frage nach der Leistungsfähigkeit nicht sicher zu beantworten vermochte. Dem Arztbrief des Orthopäden Dr. S.
vom 09.05.2003 lässt sich für den Untersuchungszeitpunkt noch keine nennenswerte Kniegelenksarthrose entnehmen. Er hat eine
freie Streck- und Beugefähigkeit beider Kniegelenke dokumentiert. Schließlich hat die Klägerin nach dem Entlassungsbericht
über die durchgeführte stationäre Behandlung im Rheuma-Zentrum B.-B. vom stationären Aufenthalt profitiert. Eine völlige Beschwerdefreiheit
konnte danach zwar nicht erzielt werden. Die dort erhobenen Befunde (Adipositas permagna, Varikosis beidseits, reizlose Cholecystektomienarbe,
Druckdolenz im Unterbauch, beginnende Fingerpolyarthrose, sonst alle Gelenke der oberen und unteren Extremität frei beweglich,
keine synovialitischen Schwellungen, Ott 2 cm, Schober 3 cm, Finger-Boden-Abstand 30 cm, Klopf- und Bewegungsschmerz sowie
Bewegungseinschränkung der gesamten Wirbelsäule, sämtliche typischen tender points positiv) bedingen keine quantitative Einschränkung
der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsbeurteilung von Dr. B., wonach die Klägerin körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes nicht mehr vollschichtig verrichten kann, vermag den Senat nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Den von ihm mitgeteilten
klinischen Befunden lässt sich eine höhergradige funktionelle Beeinträchtigung nicht entnehmen. Die Leistungseinschätzung
erfolgte im wesentlichen aufgrund der subjektiven Angaben der Klägerin in den ausgefüllten Fragebögen. Dies ist nicht ausreichend.
Die Klägerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine unbefristete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Berufung und die Klage konnten hiernach keinen Erfolg haben.