LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2011 - 11 R 3679/11
Auslegung von Prozesserklärungen im sozialgerichtlichen Verfahren; Anforderungen an eine Berufung; Unzulässigkeit einer hilfsweise
für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde
1. Eine hilfsweise - für den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung - erhobene Nichtzulassungsbeschwerde
ist unzulässig, weil es sich bei dieser Bedingung nicht um eine bloße unschädliche Bezeichnung eines innerprozessualen Bedingungsverhältnisses
handelt.
2. Für die Frage, welches Rechtsmittel der Kläger eingelegt und ob er dieses unter eine Bedingung gestellt hat, kommt es gemäß
§ 106 Abs. 1 SGG und § 133 BGB zunächst auf den wirklichen Willen und auf das erkennbare Prozessziel des Klägers an. Entscheidend ist, welchen Sinn die
Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut
festzuhalten. Vor diesem Hintergrund liegt unzweifelhaft eine Berufung (§ 151 SGG) vor, wenn die Überprüfung eines Urteils oder Gerichtsbescheids des SG begehrt wird und unzweifelhaft ist, dass hierüber ohne vorherige besondere Zulassung entschieden werden darf. Hingegen ist
das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Vorinstanzen: SG Freiburg S 11 R 2563/08
Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger - neben bereits übernommener Kosten in Höhe von 642,60 €
- weitere 642,60 € (mithin also insgesamt 1.285,20 €) als Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X zu erstatten hat.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 13.11.2006 eine zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung
für die Zeit vom 01.09.2006 bis 31.10.2007. Mit seinem Widerspruch vom 07.12.2006 wandte sich der Kläger gegen die zeitliche
Befristung der Rente. Nach Vorlage eines Befundberichts der Universitäts-Augenklinik F. vom 26.07.2007 holte die Beklagte
ein augenärztliches Gutachten ein und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 21.01.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung
auf Dauer.
Mit Schreiben vom 28.01.2008 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung von Kosten für die Vertretung
im Vorverfahren in Höhe von insgesamt 1285,20 €. Diesen Betrag errechnete er unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr
nach Nr. 2400 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Höhe von 520,00 €, einer Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG in Höhe von 520,00 €, einer Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 40,00 € sowie der sich hieraus ergebenden Umsatzsteuer.
Die Beklagte setzte den Betrag der von ihr zu erstattenden Kosten mit Bescheid vom 31.01.2008 auf insgesamt 642,60 € fest.
Diesem Betrag legte sie eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG in Höhe von 520,00 €, eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 € sowie die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer zugrunde. Die geltend gemachte Einigungs- oder Erledigungsgebühr
könne nicht übernommen werden. Denn diese erfordere eine besondere Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung der Streitsache,
wofür die bloße Vornahme von Verfahrenshandlungen nicht ausreiche. Als Auslagenpauschale könnten auch nur 20,00 € gefordert
werden.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, es habe überdurchschnittlich hohe Bemühungen gegeben, um die Sache
schnell, reibungslos und unstreitig zu erledigen, weshalb die Beklagte die geltend gemachte Erledigungsgebühr anerkennen müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Voraussetzung für die Geltendmachung der
Erledigungsgebühr seien Aktivitäten des Prozessbevollmächtigten, die über die Einlegung und Begründung eines Widerspruchs
hinausgingen. Eine solche Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten habe nicht vorgelegen.
Am 26.05.2008 hat der Kläger unter Fortführung seines Begehrens beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 28.06.2011, beim SG eingegangen am 01.07.2011, hat der Kläger folgenden Antrag gestellt: "Es wird beantragt, den Bescheid vom 31.01.2008 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 abzuändern und die Beklagte dazu zu verurteilen, Kosten zu erstatten, die
mit Kostennote vom 28.01.2008, dh in Differenz von 1.285,20 € zu 642,60 € erstatteten Euro."
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.06.2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, der Anfall einer Gebühr nach Nr.
1005 VV RVG für die Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten setze nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung
der Sache ohne Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltenen Einlegung und Begründung des
Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit sei jedoch nicht ersichtlich. Die Vorlage
des Befundberichts des Universitätsklinikums F. vom 26.07.2007 könne nicht als besondere, über die gebotene Begründung des
Widerspruchs hinausgehende, auf die Erledigung ohne Entscheidung gerichtete Handlung gewertet werden. Erst aufgrund eines
nochmaligen Gutachtens habe die Beklagte dem Widerspruch abhelfen können. Darüber hinaus betrage nach Nr. 7002 VV RVG die Unkostenpauschale nur 20,00 €. Das SG hat über das Rechtsmittel der Berufung belehrt, ohne die Berufung zugelassen zu haben.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 27.07.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.08.2011 beim Landessozialgericht
Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 21.09.2011 hat er ausgeführt, dass bei "Draufsicht auf das
Urteil des Sozialgerichtes auffällig" sei, dass der Gegenstandswert bei 642,00 € liege. Hilfsweise werde "hiermit Nichtzulassungsbeschwerde
eingelegt".
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.06.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 31.01.2008
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2008 zu verurteilen, weitere 642,60 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie ist der Berufung entgegengetreten.
Mit Schreiben vom 14.10.2011 hat der Berichterstatter den Kläger ua darauf hingewiesen, dass gegen das Urteil des SG Freiburg
ausdrücklich Berufung eingelegt worden sei. Das SG habe die Berufung nicht zugelassen; die bloße Belehrung über das unzutreffende Rechtsmittel der Berufung stelle keine Berufungszulassung
dar. Eine Umdeutung der eingelegten Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde sei nicht möglich. Angesichts des eindeutigen
Wortlauts des Rechtsmittels sei auch eine dahingehende Auslegung nicht möglich. Auch die hilfsweise Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde
sei nicht zulässig, da Rechtsmittel unbedingt zu erheben seien. Der Kläger ist aufgefordert worden, eindeutig zu erklären,
ob das Berufungsverfahren fortgeführt werden solle. Sofern er Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des SG erheben wolle, werde er gebeten, dies eindeutig und unbedingt zu erklären.
Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 25.10.2011 folgendes ausgeführt:
"Ihre Auffassung ist nicht zutreffend.
Es gibt selbstverständlich Entscheidungen, bei denen die Nichtzulassungsbeschwerde hilfsweise eingelegt werden kann bzw. die
Umdeutung des Rechtsmittels möglich ist.
Wir bitten, etwas mehr Zeit als bis zum 14.11.2011 zu geben, da diese Entscheidungen erst mühselig herausgesucht werden müssen.
Insbesondere der zweite Bevollmächtigte, Herr Rentenberater E., hat solche Entscheidungen vom LSG Baden-Württemberg erinnerlich.
Wir können es aber auch einfacher machen, die Berufung zurücknehmen und gemäß § 66 Abs. 2 SGG erneut Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.
Dann ersparen wir uns alle das Suchen nach der anderen Entscheidung. Jedenfalls ist es auf keinen Fall so absolut, wie Sie
das darstellen.
Es wird um richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO gebeten, wie am geschicktesten vorgegangen werden soll.
Wir würden es präferieren, die Berufung zurückzunehmen und Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zwar form- und fristgemäß (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegt, sie ist jedoch unzulässig, weil nicht statthaft.
Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I, S 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts
oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, bei einer Klage die
eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € (Nr 1) oder bei einer
Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden 10.000,00 € (Nr 2) nicht übersteigt.
Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Regelung der Nr 1 greift hier ein. Denn der Kläger hat im Klageverfahren eine (weitere) einmalige Geldleistung in Höhe von 642,60 € begehrt.
Bei diesem Begehren handelt es sich auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des
§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG.
Nachdem der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750,00 € nicht übersteigt, bedurfte die Berufung daher der Zulassung
durch das SG. Eine solche Zulassung hat das SG nicht ausgesprochen. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (st Rechtsprechung seit BSG,
28.03.1957, 7 RAr 103/55, BSGE 5, 92, 95; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr 40).
Für die Frage, welches Rechtsmittel der Kläger eingelegt und ob er dieses unter eine Bedingung gestellt hat, kommt es gemäß
§ 106 Abs 1 SGG und § 133 BGB zunächst auf den wirklichen Willen und auf das erkennbare Prozessziel des Klägers an. Entscheidend ist, welchen Sinn die
Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Dabei ist der Rechtsmittelführer nicht allein am Wortlaut
festzuhalten. Vor diesem Hintergrund liegt unzweifelhaft eine Berufung (§ 151 SGG) vor, wenn die Überprüfung eines Urteils oder Gerichtsbescheids des SG begehrt wird und unzweifelhaft ist, dass hierüber ohne vorherige besondere Zulassung entschieden werden darf. Hingegen ist
das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) eingelegt, wenn der Rechtsmittelführer die Überprüfung der Nichtzulassung der Berufung durch das SG begehrt und eine Berufung ohne Zulassung nicht statthaft ist. Auch im Prozessrecht schadet eine bloß unrichtige Bezeichnung
des Gemeinten nicht. Die Unklarheit kann der Rechtmittelführer allerdings auch dadurch ausräumen, dass er - ggf trotz eines
Hinweises des Gerichts - daran festhält, ein nicht statthaftes Rechtsmittel einlegen zu wollen; denn keine Prozesserklärung
kann und darf gegen den festgestellten Willen des Erklärenden "ausgelegt" werden (BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3 mwN). Hinzu kommt, dass ein rechtskundiger Rechtsmittelführer bzw dessen Bevollmächtigter grundsätzlich
am fachsprachlichen Wortlaut seiner gegenüber dem Gericht abgegebenen Erklärung festzuhalten ist. Dies gilt jedoch nicht,
wenn für das Gericht erkennbar ein Irrtum vorliegt oder wenn durch die Vorinstanz unzutreffend über den gegebenen Rechtsbehelf
belehrt worden ist und sich der Rechtsmittelführer entsprechend der ihm erteilten Belehrung verhält (BSG aaO.).
Vorliegend hat der Kläger ausdrücklich Berufung eingelegt. Er hat aber auch erklärt, hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde
einlegen zu wollen. Auf den Hinweis, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels sei unzulässig (zur Bedingungsfeindlichkeit
von Rechtsmitteln vgl zuletzt BSG 10.03.2010, B 14 AS 71/09 R, juris unter Hinweis auf BVerwG, 17.02.1961, IV C 98.60, Buchholz 310 § 132 Nr 7; BSG, 04.02.2003, B 11 AL 5/03 R, juris; BSG, 05.06. 2001, B 2 U 10/01 R, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 145 Rdnr 3b; Hennig, SGG, § 160a Rdnr 20 f, § 160 RdNr 28 ff mwN), hat der Kläger sinngemäß ausgeführt, zu überlegen sei, ob die Berufung zurückzunehmen und eine Nichtzulassungsbeschwerde
einzulegen sei. Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass der Kläger nicht nur ausdrücklich erklärt hat, Berufung einzulegen,
sondern dies auch tun wollte. Eine Umdeutung des vom Kläger eindeutig und unmissverständlich als Berufung bezeichneten Rechtsmittels
in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da der Kläger der falschen Rechtsmittelbelehrung folgend wirklich
Berufung einlegen wollte (zur Umdeutung vgl BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1 mwN; BSG, 08.11.2001, B 11 AL 19/01 R, juris; BSG, 20.05.2003, B 1 KR 25/01 R, SozR 4-1500 § 158 Nr 1; BSG, 02.06.2004, B 7 AL 10/04 B, juris; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Auch eine Auslegung des Rechtsmittels als Nichtzulassungsbeschwerde kommt vorliegend nicht in
Betracht. Der Kläger hat mit seinem Rechtsmittel ausdrücklich und ausschließlich ein bestimmtes Rechtsmittel, nämlich eine
Berufung, einlegen wollen. Er hat auch nachdem er vom Berichterstatter mit Schreiben vom 14.10.2011 darauf hingewiesen und
um Stellungnahme gebeten wurde, ausdrücklich nur hilfsweise zu seinem Hauptantrag, die Zulassung der Berufung begehrt. Aus
seinem Vorbringen ergibt sich für den Senat eindeutig, dass der Kläger bei Einlegung seines Rechtsmittels eben keine Nichtzulassungsbeschwerde,
sondern eine Berufung erheben wollte. Da ein Irrtum des Bevollmächtigten des Klägers weder ersichtlich ist noch geltend gemacht
wurde, ist der Kläger am Wortlaut seines Rechtsmittel festzuhalten. Insoweit kann sein Rechtsmittel auch nicht gegen seinen
Willen und den eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden (zur Auslegung vgl BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3; Beschlüsse des Senats, 14.10.2010, L 11 KR 1123/10, nv, sowie 24.09.2010, L 11 KR 3274/10, nv).
Auch aus § 139 ZPO steht dem Kläger kein weitergehender verfahrensrechtlicher Anspruch zu. Insbesondere begründen weder § 139 ZPO noch § 106 SGG über Hinweispflichten hinausgehenden Ansprüche. Insbesondere ergibt sich hieraus kein Anspruch auf einen gerichtlichen Hinweis
darauf, wie der anwaltlich vertretene Kläger "am geschicktesten" vorzugehen habe.
Hat der Kläger damit aber Berufung eingelegt, ist diese wegen Nichtüberschreitens der in § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG festgelegten Schwelle nicht statthaft und daher als unzulässig zurückzuweisen.
Der Hilfsantrag, die Berufung zuzulassen, ist im vorliegenden Verfahren unzulässig. Der Zulässigkeit steht zunächst entgegen,
dass dieses Rechtsmittel nur hilfsweise, also bedingt (Bernsdorff in Hennig, SGG, § 145 Rdnr 10), eingelegt worden ist (zur Bedingungsfeindlichkeit vgl die oben zitierte Rechtsprechung). Eine hilfsweise - für
den Fall der Nichtstatthaftigkeit der gleichzeitig eingelegten Berufung - erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig,
weil es sich bei dieser Bedingung nicht um eine bloße unschädliche Bezeichnung eines innerprozessualen Bedingungsverhältnisses
handelt (BFH, 27.11.2007, IX R 66/07, juris). Im Übrigen kann außerhalb eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens nicht über die Zulassung der Berufung entschieden
werden (BSG, 19.11.1996, 1 RK 18/95, SozR 3-1500 § 158 Nr 1; BSG, 22.01.1998, B 14/10 KG 17/96 R, juris; BSG, 23.07.1998, B 1 KR 24/96 R, SozR 3-1500 § 158 Nr 3; BSG, 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 3). Einen eigenständigen Antrag auf Zulassung der Berufung, der als Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
zu führen gewesen wäre, hat der Kläger aber nicht gestellt. Dies ergibt schon sein eigener Vortrag, wonach er noch überlege,
eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen (vgl sein Schriftsatz vom 25.10.2011). Eine Auslegung dahingehend, dass der rechtskundig
vertretene Kläger eindeutig und unbedingt Nichtzulassungsbeschwerde erheben wollte, ist bei diesem Sachverhalt nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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