Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beigeladene zu Ziff. 1 in den Jahren 1994 bis 1999 eine geringfügige Beschäftigung
ausgeübt hat und deshalb in der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und in der Rentenversicherung versicherungsfrei war.
Der Kläger war bis zum 24.08.2003 Geschäftsführer der Fa. HWT W. H. GmbH. Hierbei handelte es sich um eine Wirtschaftsprüfungs-
und Steuerberatungsgesellschaft. Durch Verschmelzungsvertrag vom 25.08.2003 wurde die HWT W.-t. H. GmbH D. & Partner mit dem
Kläger, der alleiniger Gesellschafter war, durch Aufnahme verschmolzen.
In der Firma war seit 1975 u.a. die 1945 geborene Ehefrau des Klägers als Bürohilfe beschäftigt. Ihr Entgelt belief sich 1994
auf 6.720,-- DM, 1995 auf 6.920,-- DM, 1996 auf 7.080,-- DM, 1997 auf 7.320,-- DM, 1998 auf 7.440,-- DM und 1999 auf 7.530,--
DM.
Im April/Mai 1985 hatte der Kläger zu Gunsten seiner Ehefrau und mit ihrem Einverständnis bis zum 01.04.2010 eine Lebensversicherung
als betriebliche Altersversorgung (sog. Direktversicherung) in Höhe von zunächst 69.113,-- DM abgeschlossen. Er entrichtete
hierfür Versicherungsprämien in Höhe von DM 226,-- monatlich. Im März 1996 wurde die Versicherungssumme auf DM 84.162,-- DM
zum 31.03.2010 erhöht. Die geleisteten Jahresprämien beliefen sich 1994 und 1995 auf jeweils DM 3.000,-- und zwischen 1996
und 1999 auf DM 3.408,-- pro Jahr. Nach der Anlage 1 zum Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung des Finanzamts F. (Außenstelle
H.) vom 21.06.1999 hat es bei der Pauschalierung dieser Zukunftssicherungsleistungen nach §
40b Einkommensteuergesetz (
EStG) zu verbleiben.
Aufgrund einer Betriebsprüfung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 16.08.2001 nach vorausgegangener Anhörung für den Prüfzeitraum
vom 01.12.1995 bis 31.12.1999 bezüglich der Beigeladenen zu Ziff. 1 u.a. Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom
01.01.1994 bis 31.12.1999 in Höhe von DM 19.336,66 (9886,68 EUR) fest. Zur Begründung führte sie insoweit aus, bei Ehegattenbeschäftigungsverhältnissen
sei gemäß Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 16.05.1995 - XI R 87/93 - eine mögliche Überversorgung immer dann anzunehmen, wenn die laufenden Aufwendungen für die Altersvorsorge 30 v.H. des
steuerpflichtigen Arbeitslohns insgesamt übersteigen würden. Dies sei hier der Fall. Der den 30%igen Grenzbetrag übersteigende
Betrag unterliege der Steuer- und Sozialversicherungspflicht. Damit sei die Entgeltgrenze für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis
überschritten. Der laufende Arbeitslohn zuzüglich des beitragspflichtigen Teils aus der Direktversicherung unterliege der
Sozialversicherungspflicht.
Seinen dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, die "Überversorgung" sei eine Erfindung der Rechtsprechung
des BFH, die keine gesetzliche Grundlage habe und auch der aktuellen Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte widerspreche.
Nach der neueren Rechtsprechung der Finanzgerichte müsse es dem Steuerpflichtigen (und damit auch dem Versicherungspflichtigen)
überlassen bleiben, ob er als Entgelt für seine Arbeitsleistung vorrangig eine Altersversorgung oder einen Barlohn wähle.
Gerade bei Ehegattenbeschäftigungsverhältnissen sei es vielfach im Interesse des mitarbeitenden Ehegatten, die Altersversorgung
in den Vordergrund zu rücken. Es könne nicht sein, dass dieses Interesse bei einem Arbeitnehmer, der einen hohen Barlohn habe,
begünstigt werde, bei einem Arbeitnehmer, der einen niedrigen Barlohn habe, jedoch nicht. Im übrigen sei die Beigeladene zu
Ziff. 1 privat krankenversichert. Im maßgeblichen Zeitraum habe sie Versicherungsbeiträge in Höhe von DM 57.600,-- erbracht
und Leistungen in Höhe von rund DM 45.000,-- erhalten. Durch die Feststellung der Versicherungspflicht würde der Rechtsgrund
für die private Versicherung rückwirkend entfallen. Dies müsse gegebenenfalls rückabgewickelt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) seien Beiträge zu einer Direktversicherung nur dann nicht dem Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) zuzurechnen, soweit der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz erheben könne und er die Lohnsteuer nicht
nach den Vorschriften der §§ 39b, 39c oder 39d
EStG erhebe. Die Aufwendungen für eine Direktversicherung, die im Rahmen eines steuerrechtlich anzuerkennenden Ehegatten-Arbeitsverhältnisses
geleistet würden, seien der Höhe nach nur insoweit betrieblich veranlasst, als der gezahlte Arbeitslohn insgesamt noch angemessen
sei und durch den Abschluss der Direktversicherung keine Überversorgung des mitarbeitenden Ehegatten eintrete. Eine Überversorgung
des mitarbeitenden Ehegatten liege vor, wenn seine Altersversorgung 75 v.H. der letzten Aktivbezüge übersteige. Im Hinblick
auf die Schwierigkeit, die "letzten Aktivbezüge" und die zu erwartende Sozialversicherungsrente zu schätzen, habe der BFH
zur Prüfung einer möglichen Überversorgung auf die vom Arbeitgeber während der aktiven Tätigkeit des Ehepartners tatsächlich
erbrachten Leistungen abgestellt. Aus Vereinfachungsgründen dürften sämtliche Versorgungsleistungen 30 v.H. des steuerpflichtigen
Arbeitslohns nicht überschreiten. Im vorliegenden Fall überstiegen die Aufwendungen für die Altersvorsorge der Ehefrau des
Klägers 30 v.H. des steuerpflichtigen Arbeitslohnes und seien damit nicht pauschalierungsfähig nach §
40b EStG. Sie seien Arbeitsentgelt im Sinne von §
17 SGB IV i.V.m. § 1 ArEV und unterlägen der Beitragspflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung. Weiterhin würden die Geringfügigkeitsgrenzen im Sinne
des §
8 SGB IV überschritten, so dass Versicherungspflicht ab 01.01.1994 einträte.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Er trug ergänzend vor, dass bei Anwendung der Grundsätze der Überversorgung dies nach der Rechtsprechung des BFH zur Folge
habe, dass der übersteigende Betrag keinen Arbeitslohn, sondern private Zuwendung darstelle. Eine private Zuwendung unterliege
nicht der Sozialversicherungspflicht. Für den Fall, dass die Beigeladene zu Ziff. 1 im Prüfzeitraum pflichtversichert gewesen
sein sollte, habe keine Rechtsgrundlage für eine zusätzliche Versicherung bei einer privaten Krankenversicherung bestanden.
Die entrichteten Versicherungsbeiträge zur privaten Krankenversicherung müssten erstattet werden. Im übrigen habe das Bundessozialgericht
(BSG) zwischenzeitlich festgestellt, dass das Entgelt für einen aushilfsweise beschäftigten Arbeitnehmer, der privat versichert
sei, nicht auch noch der Beitragserhebung zur Krankenversicherung unterliegen könne. Schließlich bestehe die Wahlmöglichkeit
des §
40b EStG, die für den Arbeitgeber eine Pauschalierung der Lohnsteuer für Beiträge zu einer Direktversicherung des Arbeitnehmers zulasse,
nach dem Gesetz unabhängig von der Höhe der übrigen Einkünfte des Arbeitnehmers.
Die Beklagte entgegnete hierauf, dass, sofern die laufenden Aufwendungen für die Altersversorgung des mitarbeitenden Ehegatten
30% des steuerpflichtigen Arbeitsentgelts einschließlich sonstiger Bezüge übersteigen würden, diese Beiträge, die von der
Finanzverwaltung als Privatentnahme festgestellt und deshalb steuerrechtlich zutreffend nicht als aus einem Arbeitsverhältnis
zugeflossener Lohn der Lohnsteuerpflicht unterworfen würden, in der Sozialversicherung dennoch Entgelt aus einem Beschäftigungsverhältnis
nach §
14 SGB IV darstellen würden und beitragspflichtig seien. Im Gegensatz zum Steuerrecht komme es in der Sozialversicherung nicht auf
den tatsächlichen Zufluss an, sondern darauf, ob die Zahlungen aufgrund des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erfolgt
seien. Im übrigen könne, wenn Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung festgestellt werde, dies nicht
dazu führen, sie - die Beklagte - aufgrund dieser Feststellungen für gezahlte Beträge der privaten Krankenversicherung schadensersatzpflichtig
zu machen. An die Feststellungen der Finanzbehörden seien Sozialversicherungsträger nicht gebunden. Sie könnten eigene Feststellungen
treffen. Abgesehen davon handele es sich bei der Aussage der Finanzverwaltung in der Anlage 1 zum Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung
auf Seite 3 um eine allgemeine Feststellung. Eine Prüfung der Pauschalierungsfähigkeit der Zukunftssicherungsleistungen nach
§
40b EStG sei durch die Finanzverwaltung offenbar nicht erfolgt und auch aus dem Bericht über die Prüfung nicht ersichtlich.
Im Rahmen einer nochmaligen Prüfung stellte die Beklagte fest, dass die Berechnung der zugrundegelegten Entgelte für die Beigeladene
zu Ziff. 1 fehlerhaft erfolgt ist. Im Wege der Anhörung wies sie den Kläger darauf hin, dass aufgrund der Neuberechnung sich
die Beitragsnachforderung auf 10.557,18 EUR erhöhe.
Mit Urteil vom 14.07.2004, der Beklagten per Empfangsbekenntnis zugestellt am 22.07.2004, hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 16.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2002 auf. Die Beiträge zur Direktversicherung
würden nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Nach §
14 Abs.
1 SGB IV seien alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch
auf die Einnahmen bestehe, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden und ob sie unmittelbar aus
der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt worden seien. §
17 Abs.
1 SGB IV ermächtige die Bundesregierung zu weiteren Bestimmungen des Arbeitsentgeltsbegriffs. Hierzu habe die Bundesregierung die
ArEV erlassen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ArEV in den maßgeblichen Fassungen würden Beiträge und Zuwendungen nach §
40b EStG, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt würden, soweit Satz 2 nichts Abweichendes bestimme, nicht zum Einkommen
gehören. Die einschränkenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 ArEV lägen nicht vor. Die Voraussetzungen des §
40b EStG seien gegeben. Die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des BFH zur "Überversorgung" sei nach Auffassung des Gerichts
nicht einschlägig.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 20.08.2004 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die gezahlten Beiträge zur Direktversicherung
im Prüfzeitraum seien nicht nach §
40b EStG pauschal besteuerungsfähig. Sie würden gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArEV i.V.m. §
14 SGB IV Arbeitsentgelt darstellen und seien beitragspflichtig im Sinne der Sozialversicherung. Beiträge zur Direktversicherung, die
im Rahmen eines Ehegattenbeschäftigungsverhältnisses aufgrund einer Überversorgung nicht nach §
40b EStG pauschal besteuert werden könnten, seien beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 SGB IV. Handele es sich um ein steuer- bzw. sozialversicherungsrechtlich relevantes Ehegattenarbeitsverhältnis, so seien auch alle
damit im Zusammenhang stehenden Zahlungen nach §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV zu bewerten. Vom beitragspflichtigen Arbeitsentgelt auszunehmen seien lediglich die nach der ArEV gezahlten steuerfreien bzw. pauschal besteuerbaren Zahlungen des Arbeitgebers. Die einschränkenden Voraussetzungen des §
2 Abs. 1 Satz 2 ArEV würden nur für Beiträge zu Zusatzversorgungskassen gelten und seien auf Beiträge zur privaten Lebensversicherung nicht anwendbar.
Die Prüfung der Pauschalierungsfähigkeit (§
40b EStG) der Beiträge zur Direktversicherung im Zusammenhang mit der Überversorgung sei durch die Lohnsteuer-Außenprüfung nach Auskunft
des Finanzamtes F. nicht erfolgt. Es sei lediglich geprüft worden, inwieweit die Pauschalbesteuerung der Aushilfslöhne nach
§
40a EStG korrekt gewesen sei. Die konkrete Berechnung unter Beachtung der Werte der Versicherungsverträge habe ergeben, dass sich
die tatsächliche Beitragsnachforderung nur auf 7.799,69 EUR belaufe. In der Anlage hat die Beklagte eine Berechnung der Beiträge
beigefügt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Juli 2004 für die Zeit ab Dezember 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, dass es unzutreffend sei, dass die Voraussetzungen des
§ 2 Abs. 1 Satz 2 ArEV nur Beiträge zu Zusatzversorgungskassen betreffen würden.
Mit Beschluss vom 17.03.2005 lud der Senat die Ehefrau des Klägers, die AOK Baden-Württemberg, die Pflegekasse bei der AOK
Baden-Württemberg und die Agentur für Arbeit bei.
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten
verwiesen.
Eine solche Direktversicherung liegt hier vor.
Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 ArEV bezeichneten Ausschlussgründe, die in der Regel ausnahmslos Beiträge zu Zusatzversorgungen betreffen dürften (vgl. BSG, Urteil
vom 24.06.1987 -12 RK 6/84 -), liegen hier nicht vor. Hier handelt es sich um eine Lebensversicherung mit einer Versichertensumme bis 31.03.2010 in
Höhe von 84.162,-- DM. Damit ist eine allgemein erreichbare Gesamtversorgung von mindestens 75 v.H. des gesamtversorgungsfähigen
Entgelts und nach Eintritt des Versorgungsfalls eine Anpassung nach Maßgabe der Entwicklung der Arbeitsentgelte im Bereich
der entsprechenden Versorgungsregelung oder gesetzlicher Versorgungsbezüge nicht gegeben. Es bleibt bei der Regel, dass gemäß
§ 2 Nr. 3 ArEV die Prämien zur Direktversicherung der Beigeladenen zu Ziff. 1 nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und damit auch nicht
der Sozialversicherungspflicht unterfallen.
Die Berufung der Beklagten konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind, nachdem sie keine Anträge gestellt und das Verfahren nicht gefördert haben,
nicht zu erstatten.