LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.09.2014 - 12 AS 1999/14
Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II; Angemessenheit der Unterkunftskosten
Die Berechnung der angemessenen Unterkunftskosten in der Stadt P. begegnet keinen Bedenken.
Vorinstanzen: SG Karlsruhe 29.04.2014 S 8 AS 4351/13
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. April 2014 wird verworfen.
Die Klage gegen den Bescheid vom 19. Mai 2014 wird abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
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Tatbestand
Die Klägern begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis 31. Mai 2014 sowie (hilfsweise) Schadenersatz.
Die Klägerin bezieht nach dem Bezug von Arbeitslosenhilfe seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Sie bewohnt eine 38 m2 große Wohnung in P., bei der es sich um einen 1990 erfolgten Ausbau handelt. Die Kaltmiete beträgt 286,30 €, hinzu kamen
im streitgegenständlichen Zeitraum eine Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 32 € sowie Kosten für Heizung und Warmwasser
in Höhe von 70 €. Außerdem hatte die Klägerin für ihren Stromverbrauch einen Abschlag von 39,00 € an die Stadtwerke P. zu
zahlen und für ihren Kabelanschluss an die Kabel BW 18,42 €.
Mit Schreiben vom 15. Februar 2005 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre Kaltmiete als angemessen betrachtet werden
könne. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2007, das als "Anhörung nach § 24 SGB X" bezeichnet wurde, wurde jedoch erklärt, dass die Miete die Angemessenheitsgrenze von 217,80 € überschreite. Wenn die Klägerin
bis zum 30. Juni 2008 nicht in der Lage sei, die Mietaufwendungen zu senken und ihre Bemühungen hierzu nachweise, würden nach
Ablauf der Frist nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft übernommen. Mit Schreiben vom 28. September 2009 wies die
Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft unangemessen seien, angemessen seien lediglich 233,70 €.
Die tatsächlich Miete werde längstens bis zum 1. April 2010 übernommen.
Mit Bescheid vom 30. Oktober 2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe
von 771,13 € für Dezember 2013 und für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2014 in Höhe von 744,10 € (Regelleistung 382,00
€, Kaltmiete 260,10 €, Nebenkosten 32,00 € sowie Heizung von 70,00 € - für Dezember 2013 zusätzlich Müllgebühren in Höhe von
27,03 €). Nicht berücksichtigt wurde der Abschlag für Strom in Höhe von 39,00 € sowie die Kabelgebühren in Höhe von 18,42
€.
Mit Schreiben vom 4. November 2013 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Bewilligung, zur Begründung verwies sie auf die
bisher geführten Schriftverkehr sowie die geführten Prozesse. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
6. Dezember 2013 zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 13. Dezember 2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Da die Beklagte nur eine Kaltmiete in Höhe von 260,10 € ansetze, die Stromkosten von 39,00 € gesetzeswidrig der
Regelleistung zuordne und die Kabelfernsehgebühr weiterhin nicht bezahle, errechne sich für sechs Monate ein Fehlbetrag von
insgesamt 265,92 €. Außerdem seien die gesetzlich vorgesehenen Zuständigkeitsvorschriften nicht eingehalten. Gerügt würden
auch Verstöße gegen BGB, Betriebskostenverordnung und Grundrechte (insbesondere Artikel 1, 2, 3, 5, 12, 13, 14 GG). Wegen der Vorenthaltung des Existenzminimums sehe sie Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche begründet.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kaltmietkosten zu. Die angemessenen
Kosten seien korrekt anhand des qualifizierten Mietspiegels der Stadt P. errechnet worden. Die Klägerin habe trotz Aufforderung
keine Kostensenkungsbemühungen unternommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 29. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Höhere Unterkunftskosten seien nicht zu gewähren. Auch bestehe kein Anspruch auf die Übernahme der
Kosten für Strom und den Kabelanschluss.
Gegen den Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid sei nicht
statthaft, da ihr Vortrag hierzu nicht beachtet worden sei, rüge sie einen Verstoß gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör;
bislang sei immer durch Urteil entschieden worden. Auch sei ihr Vortrag, der sich auch aus den vorgelegten Anlagen ergeben
habe, nicht beachtet worden, so dass auch insoweit ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorliege. Da der Gerichtsbescheid
nur allgemeine Ausführungen aus früheren Urteilen enthalte, seien keine eigenen gedanklichen Vorgänge zu erkennen. Der Sachverhalt
sei weiterhin nicht korrekt ermittelt bzw. ebenso stur missachtet worden wie die neueste Rechtsprechung höchster deutscher
Gericht. Wegen der Themenkreise "Festsetzung der Kaltmiete", "Auslegung des Begriffs Angemessenheit" und "Schadensersatzansprüche"
werde eine Verletzung von Artikel 20 Absatz 3 GG sowie der Grundrechte gerügt. Hinsichtlich der Umzugsbemühungen habe sie mangels korrekt festgesetzter und ermittelter Werte
keine rechnerische Grundlage, um eine neue Wohnung zu finden. Außerdem übersehe das Gericht, dass gegenüber Dritten Schadenersatzansprüche
begründet werden könnten und dass keine Handlungspflicht ihrerseits bestehe. Das SG verkenne die gesetzlichen Regelungen zur Amtshaftung sowie, dass Artikel 14 Absatz 3 GG eine zulässige Enteignung voraussetze und Artikel 34 GG keine Rechtswegbestimmung enthalte.
Die Klägerin beantragt,
1.
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. April 2014 aufzuheben.
2.
den Bewilligungsbescheid vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2013 abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den Regelbedarf in voller Höhe und die Leistungen für Unterkunft und Heizung in
Höhe der anfallenden tatsächlichen Kosten, also die Leistungen des SGB II in gesetzlicher Höhe, zu bewilligen.
3.
hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Schadensersatz einschließlich immateriellem in vom Gericht festzulegender
Höhe, mindestens in Höhe des an den tatsächlichen Leistungen der Grundsicherung fehlenden Betrages von 474,58 € für die Zeit
vom 1. Dezember 2013 bis 31. Mai 2014 zu bezahlen.
4.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auch allen zukünftigen Schaden zu ersetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 hat die Beklagte der Klägerin für Mai 2014 Leistungen in Höhe von 825,28 € bewilligt, da, wie
von der Klägerin beantragt, die Nachzahlung für Müll in Höhe von 36,12 € für 2013 und der Abschlag für Mai 2014 in Höhe von
36,06 € übernommen werde.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 7. Juli 2014 hat die Beklagte die Bewilligung für Dezember 2013 teilweise in Höhe
von 470 € aufgehoben, da die Klägerin von ihrem Vater ein Weihnachtsgeschenk in Höhe von 500 € erhalten habe. Dieses Einkommen
führe zum Wegfall der Leistungen in Höhe von 470 €. Mit im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegebenen und von der Klägerin
angenommenen Teilanerkenntnis hat die Beklagte den Bescheid aufgehoben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung gegen der Bewilligungsbescheid vom 30. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2013
ist nicht statthaft.
Nach § 144 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG) in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands
bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt.
Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen,
um den unmittelbar gestritten wird (vgl. BSG, Beschluss vom 27 Juli 2004 - B 7 AL 104/03 R - SozR 4-1500 § 144 Nr. 2 Rn. 5, [...]; BSG, Beschluss vom 13. Juni 2013, B 13 R 437/12 B -, [...]). Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für
mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Absatz 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Absatz 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des Klageverfahrens S 8 AS 4351/13 war der Bescheid vom 30. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2013. Der Wert des Beschwerdegegenstandes
beträgt für den streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2013 bis Mai 2014:
Differenz bei der Kaltmiete
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6 x 26,20 €
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157,20 €
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Kabelanschluss
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6 x 18,42 €
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110,52 €
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Strom laufend
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6 x 39,00 €
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234,00 €
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Gesamt:
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6 x 83,62 €
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501,72 €
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Die Klägerin begehrte zwar mit dem Antrag "Regelbedarf in voller Höhe und tatsächliche Kosten der Leistungen für Unterkunft
und Heizung, also das volle Arbeitslosengeld II" zu gewähren. Hieraus erfolgt jedoch keine zusätzlich Beschwer in Höhe des
Regelsatzes. Für die Frage der Ermittlung des Beschwerdegegenstandes ist allein maßgeblich, was dem Rechtsmittelkläger versagt
wurde (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 14). Der Regelsatz wurde der Klägerin jedoch nicht versagt, sondern - wie von der Klägerin beantragt - in gesetzlicher
Höhe bewilligt.
Auch die hilfsweise Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen führt nicht zur Statthaftigkeit der Berufung. Zwar werden
mehrere Ansprüche auf Geld- und Sachleistungen grundsätzlich entsprechend § 5 der Zivilprozessordnung ( ZPO) zusammengerechnet (BSG, Urteil vom 25. Februar 1966 - 3 RK 9/63 -, BSGE 24, 260, SozR Nr 2 zu § 223 RVO, SozR Nr. 13 zu § 149 SGG; BSG, Urteil vom 05. Februar 1998 - B 11 AL 19/97 R -, SozR 3-4100 § 65 Nr. 3; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 16). Dies ist auch auch bei Haupt- und Hilfsantrag nicht ausgeschlossen (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 17). Eine Zusammenrechnung erfolgt jedoch nur, wenn die Ansprüche nicht auf dasselbe wirtschaftliche Ziel gerichtet sind
oder dasselbe wirtschaftliche Interesse verfolgen (BSG, Beschluss vom 31. Januar 2006 - B 11a AL 177/05 B -, SozR 4-1500 § 144 Nr. 3; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 18). Wird neben einem Anspruch ein anderer geltend gemacht, der nur aus diesem folgt oder auf dasselbe Interesse ausgerichtet
ist oder nur den Zweck verfolgt, ihn zu rechtfertigen oder ihm als Voraussetzung oder Begründung zu dienen, so liegt nur das
Begehren einer einheitlichen Leistung vor (Herget, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 5 Rn. 8). So liegt der Fall jedoch hier. Die Klägerin macht mit ihren Anträgen immer den wirtschaftlich selben Gegenstand geltend,
nämlich die Differenz bei den Kosten der Unterkunft, die Zahlungen für Haushaltsenergie sowie die Gebühren für den Kabelanschluss,
jedoch in jedem Antrag mit einer anderen Begründung. So begehrt sie neben der Aufhebung des Urteils (Ziffer 1), die Abänderung
der Bewilligungsbescheide und die Gewährung der vollen Leistung nach dem SGB II (Ziffer 2), wobei sie außer der genannten Differenz keine weitere Begründung für vorenthaltenen Leistungen anbietet. Außerdem
fordert sie hilfsweise Schadensersatz mindestens in Höhe des Fehlbetrages (Ziffer 3), da dieser Schaden durch pflichtwidriges
Verhalten der Beklagten herbeigeführt worden sei und zu Grundrechtsverletzungen geführt habe. Auch hier ist nicht ersichtlich,
dass es der Klägerin um etwas Anderes geht, als den Ersatz des fehlenden Betrages. Zuletzt macht die Klägerin Schadensersatz
dahingehend geltend, auch alle zukünftigen Schäden ersetzt werden (Ziffer 4). Auch hier beschränkt sich der begründende Vortrag
darauf, dass durch die Vorenthaltung von Teilen der Leistungen die Grundrechte der Klägerin verletzt würden. Zwar wird durch
die Geltendmachung von Ansprüchen für eine nichtabsehbare Zukunft die Beschwerdesumme möglicherweise erreicht, jedoch ist
ein solches Vorgehen nicht zulässig, da hiermit die gesetzliche Regelung des § 41 Absatz 1 Satz 3 SGB II, wonach Leistungen grundsätzlich für sechs Monate zu bewilligen sind, umgangen würde (BSG, Urteil vom 22. August 1990 - 10 RKg 29/88 -, SozR 3-5870 § 27 Nr 1, BSGE 67, 194; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. September 2008 - L 8 SO 155/06 -, [...]; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 14a). Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen über mehrere Bewilligungsabschnitte hinweg kommt nicht in Betracht (Sächsisches
LSG, Urteil vom 19. Juni 2012 - L 7 AS 115/11 -, [...]). Hierüber ist sich die Klägerin auch bewusst, wenn sie im Verfahren S 13 AS 2503/13 die Abtrennung der Schadensersatzansprüche im Hinblick auf ein künftiges Rechtsmittel rügt. Daneben scheint sie selbst davon
auszugehen, dass es sich bei ihren Anträgen letztlich um verschiedene Begründungen für denselben Anspruch handelt, wenn sie
im Schriftsatz, mit dem sie sich gegen die Abtrennung im Verfahren S 13 AS 2503/13 wendet, geltend macht, die Ansprüche könnten nur einheitlich beurteilt werden, da Anspruchs- bzw. Gesetzeskonkurrenz bestehe.
Nach alldem ist der Beschwerdewert nicht erreicht. Die Berufung ist auch nicht durch das Sozialgericht zugelassen worden.
Hierzu ist eine ausdrückliche Zulassungsentscheidung des Sozialgerichts notwendig. Das Gericht muss sie entweder im Tenor
oder in den Gründen aufnehmen. Dies ist hier nicht geschehen. Das Sozialgericht hat zur Frage der Zulässigkeit der Berufung
sowohl im Tenor als auch in den Entscheidungsgründen geschwiegen. Somit ist die Berufung durch das Sozialgericht nicht zugelassen
worden. Die Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts, nach der das Urteil mit der Berufung angefochten werden kann, ist daher
fehlerhaft. Eine derartige Rechtsmittelbelehrung ersetzt aber nicht die Zulassung der Berufung (ständige Rechtsprechung; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 40, 45 m.w.N.). Die Klägerin hätte daher die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht mit der Beschwerde anfechten
müssen. Sie hat aber mit ihrem Schriftsatz keine Beschwerde erhoben, sondern ausdrücklich Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt. Der Senat ist nicht berechtigt, diese nicht statthafte Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde umzudeuten (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R -, SozR 4-1500 § 158 Nr 1 = SozR 4-1500 § 145 Nr. 1; BSG, Beschluss vom 10. November 2011 - B 8 SO 12/11 B -, [...]; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 14).
Die Berufung ist damit nicht statthaft und somit zu verwerfen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus dem zwischenzeitlich ergangenen und im Termin zur mündlichen Verhandlung wieder aufgehobenen
Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 7. Juli 2014, der entgegen seiner Rechtsbehelfsbelehrung nicht mit Widerspruch angefochten
werden kann, sondern nach § 96 i.V.m. § 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Beschwerdewertes ist jedoch
die Einlegung der Berufung (BSG, Urteil vom 25. Juli 1985 - 7 RAr 33/84 -, SozR 1500 § 144 Nr. 30, SozR 4100 § 14 Nr. 5, BSGE 58, 291-302; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 144 Rn. 19).
Auch der Bescheid vom 19. Mai 2014 ist nach § 96 SGG i.V.m. § 153 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, soweit er Leistungen für den Monat Mai 2014 betrifft. Das LSG hat über den während des
Berufungsverfahrens erlassenen Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2014 nicht als Berufungsgericht, sondern als erste Instanz
zu entscheiden (BSG, Urteil vom 30. Januar 1963 - 2 RU 35/60 -, SozR Nr. 3 zu § 541 RVO, SozR Nr. 17 zu § 96 SGG, BSGE 18, 231; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 96 Rn. 7). Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Berufung zulässig ist (BSG, Urteil vom 30. Oktober 1962 - 2 RU 225/59 -, BSGE 18, 84, SozR Nr. 37 zu § 77 SGG; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 96 Rn. 7). Jede Berufung setzt nach dem System des SGG begrifflich eine erstinstanzliche Entscheidung voraus; es gibt keine Berufung unmittelbar gegen Verwaltungsakte, sie findet
nur gegen Urteile der Sozialgerichte statt (§ 143 SGG). Deshalb entscheidet das LSG über einen erst während des Berufungsverfahrens ergangenen neuen Verwaltungsakt im Sinne des
§ 96 SGG als erste Instanz (BSG, Urteil vom 30. Januar 1963 - 2 RU 35/60 -, SozR Nr. 3 zu § 541 RVO, SozR Nr. 17 zu § 96 SGG, BSGE 18, 231; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Auflage 2012, § 96 Rn. 7). Der Bescheid vom 19. Mai 2014 ist jedoch rechtmäßig. Soweit sich die Klägerin hierin gegen die Kosten der Unterkunft
wendet, wurden diese rechtmäßig errechnet, zur Begründung wird auf das Urteil zwischen den Beteiligten im Verfahren L 12 AS 1975/13 Bezug genommen. Die Regelleistung wurde in gesetzlicher Höhe bewilligt und die Müllgebühren wie beantragt übernommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin zum einen eine unzulässige Berufung erhoben hat, dass jedoch im Hinblick auf die Einkommensanrechnung
ein Anerkenntnis der Beklagten erfolgt ist.
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