Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes; Prüfung
der Angemessenheit der Miete
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Beschwerdegegner war nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig
zu verpflichten, den Antragstellern Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen kalten Mietkosten
in Höhe von 575 EUR monatlich zu bewilligen. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat den Antrag zu Recht abgelehnt.
Der Senat verweist hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung und hinsichtlich der Voraussetzungen
für Leistungen für Unterkunft und Heizung auf den angefochtenen Beschluss des SG (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Ergänzend ist jedoch darzulegen, welcher Mietspiegel der Stadt Freiburg im Breisgau heranzuziehen ist. Das SG hat nicht dargelegt, welchen Mietspiegel es für die Berechnung der angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung herangezogen
und wie es auf die für angemessen erachtete Miete von 6,08 EUR pro m² gekommen ist, es dürfte aber unter Zugrundelegung des
Mietspiegels der Stadt Freiburg 2009 von der Basismiete (6,98 EUR/m²) einen Abschlag in Höhe von 13% für gewisse, nicht aufgeführte
Kriterien angenommen haben (s. hierzu auch Landessozialgericht Baden-Württemberg [LSG], Urteil vom 5. Juli 2010, L 1 AS 3815/09 und das dieses aufhebende Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 13. April 2011, B 14 AS 106/10 R, veröffentlicht in juris). Richtigerweise kann für den ab 3. Mai 2011 geltend gemachten Anordnungsanspruch als schlüssiges
Konzept nur der Mietspiegel 2011, gültig ab 1. Januar 2011, angewandt werden. Dieser weist als Basismiete für eine 60 m² große
Wohnung -was bei einem zweiköpfigen Haushalt zugrundezulegen ist- 7,26 EUR pro m² aus. Gegen die Berücksichtigung dieser Basismiete
als schlüssiges Konzept hat das BSG (aaO., zum Mietspiegel 2007 bzw. 2009) keine Einwendungen gehabt. Das BSG hat lediglich
bei den dort vorgenommenen Abschlägen von der Basismiete in Frage gestellt, ob es noch solche Wohnungen in ausreichender Zahl
in Freiburg tatsächlich gibt, da dies vom LSG nicht festgestellt worden ist. Der Senat hält es in Anwendung dieser Entscheidung
im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht für möglich, Ermittlungen hierzu anzustellen. Der Senat ist aber davon
überzeugt, dass es in den Stadtteilen Brühl, Hochdorf, Landwasser, Munzingen, Opfingen, Tiengen, Waltershofen und Weingarten
(s. Mietspiegel der Stadt Freiburg im Breisgau 2011/2012, Tabelle 2d) eine ausreichende Zahl von Wohnungen in der Baualtersklasse
1919 bis 1985 (s. Mietspiegel, aaO., Tabelle 2a) gibt. Das BSG (aaO. Rdnr. 25 f.) ist selbst davon ausgegangen, dass es ausreichend
Wohnungen der Baualtersklasse von 1961 bis 1977 gibt. Da der Zeitraum von 1919 bis 1985 den vom BSG zugrundgelegten Zeitraum
einschließt und weitere 50 Jahre erfasst, während denen weitere Wohnungen gebaut worden sind, hat der Senat auch keinen Zweifel
daran, dass es ausreichend Standardwohnungen in den genannten 8 Stadtteilen gibt, die in dem genannten Zeitraum von 67 Jahren
gebaut worden sind. Zudem müssen natürlich auch Wohnungen mitgerechnet werden, die den Standard nicht erreichen, da nur von
einem einfachen, im unteren Marktsegment liegenden Wohnungsstandard, der hinsichtlich Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen
und grundlegenden Bedürfnissen genügt, auszugehen ist (BSG, aaO.). Schließlich ist zu beachten, dass im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzes mehr für die Richtigkeit als für die Fehlerhaftigkeit des qualifizierten Mietspiegels 2011 spricht. Die für
einen qualifizierten Mietspiegel umfangreich zu erhebenden Daten haben gerade eine signifikante -negative- Differenz von 11%
(Tabelle 2d) bzw. 3% bis 9% (Tabelle 2a) ergeben, was nur gelingen kann, wenn ausreichend Wohnungen erhoben werden konnten.
Nach alledem sind von der Basismiete in Höhe von 7,26 EUR mindestens 14% (11% bzgl. der Wohnlagenzone und 3% bzgl. der Baualtersklasse)
abzuziehen, so dass der von dem Beschwerdegegner anerkannte Quadratmeterpreis von 6,08 EUR allenfalls nur unwesentlich um
0,16 EUR überschritten wird.
Den Antragstellern war auch ein Umzug innerhalb Freiburgs möglich und zumutbar, weshalb auch unter diesem Aspekt kein Anspruch
auf Gewährung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft zusteht (vgl. hierzu auch den angefochtenen Beschluss des SG). Gründe, die einem Umzug entgegenstanden bzw. -stehen, sind nicht glaubhaft gemacht. Der vom Senat befragte Prof. Dr. Schu.,
Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
im Kindes- und Jugendalter, hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 10. August 2011 schlüssig und nachvollziehbar
dargelegt, dass bei der Antragstellerin Ziff. 2 eine Anpassungsstörung mit Störung von Gefühlen und Sozialverhalten diagnostiziert
worden ist, aber keine Befunde vorliegen, die einem Umzug mit der Kindesmutter (Antragstellerin Ziff. 1) entgegenstehen. Die
ärztlichen Bescheinigungen des Kinderarztes St. vom 6. November 2009 und 11. Mai 2011, nach denen zum Wohle des Kindes die
Erhaltung der Wohnung sehr bedeutend sei, sind hingegen nicht nachvollziehbar, da die medizinischen -wie im Übrigen auch die
sozialen- Gründe nicht dargelegt werden. Die Stellungnahme der Kita "D. w. XX" vom 11. Mai 2011 sowie die Stellungnahmen des
Amtes für Kinder, Jugendliche und Familie der Stadt Freiburg vom 26. Januar 2010 und 17. Mai 2011 vermögen die ärztliche Zeugenaussage
des Prof. Dr. Schu. nicht zu entkräften, zumal sie nicht von Ärzten stammen und dementsprechend auch nicht darlegen, welche
Befunde bzw. Diagnosen vorliegen sollen, die den mit einem Umzug verbundenen Belastungen entgegen stehen sollen.
Soweit der von dem Beschwerdegegner zugrundegelegte Preis pro Quadratmeter geringfügig zu niedrig sein sollte (s.o.), hat
eine einstweilige Anordnung nicht zu ergehen, da der Ausgang des Hauptsacheverfahrens zumutbar abgewartet werden kann. Ein
Anordnungsgrund ist demnach nicht gegeben. Ob die eidesstattliche Versicherung der Beschwerdeführerin Ziff. 1 vom 2. August
2011 richtig ist, kann hiernach dahingestellt bleiben; Zweifel ergeben sich aber daraus, dass das angeblich aus einer Beschäftigung
von Februar bis Juni 2010 angesparte Geld -das bis Mai 2011 für die Bezahlung der Miete eingesetzt worden sei- bei der Antragstellung
auf Weiterbewilligung von Leistungen im Juli 2010 nicht als Vermögen angegeben worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG analog.
Der Antrag der Beschwerdeführer auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war mangels hinreichender Erfolgsaussicht (s.o.; vgl.
§
114 ZPO) abzulehnen.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§
177 SGG).