Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Säumniszuschlägen wegen verspäteter Durchführung der Nachversicherung; Organisationsverschulden
des Zahlungsverpflichteten
Tatbestand
Das klagende Land wendet sich gegen die Festsetzung von Säumniszuschlägen wegen verspäteter Durchführung der Nachversicherung
in Höhe von € 2.007,50.
Die am 7 1971 geborene A. S. H. (im Folgenden: Versicherte) war im Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 23. Juli 2003 als Lehreranwärterin
im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Dienst des Klägers. In der Zeit vom 18. November 2003 bis einschließlich 8. September
2005 übte die Versicherte eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus, für die Rentenversicherungsbeiträge
entrichtet wurden. Mit Wirkung vom 9. September 2005 wurde sie zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2003 bat der Kläger die Versicherte um Abgabe einer Erklärung zur Durchführung der Nachversicherung.
Die von der Versicherten ausgefüllte Erklärung ging am 25. August 2003 beim Kläger ein. Darin führte die Versicherte aus,
sie sei derzeit nicht beschäftigt, beabsichtige jedoch innerhalb von zwei Jahren nach ihrem Ausscheiden wieder eine versicherungsfreie
Beschäftigung (z.B. als Beamtin) aufzunehmen. Diese Absicht habe bereits am Tag ihres Ausscheidens aus dem Dienst beim Kläger
bestanden. Eine entsprechende Einstellungszusage liege ihr noch nicht vor. Entsprechende Bewerbungen auf eine Stelle als Beamtin
oder Angestellte mit Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft liefen derzeit nicht. Gleichzeitig gab sie die Beklagte
als ihren zuständigen Rentenversicherungsträger sowie ihre Versicherungsnummer an. Eine Nachversicherung sei noch nicht durchgeführt
bzw. eine Aufschubbescheinigung noch nicht erteilt worden.
Daraufhin erteilte der Kläger unter dem 26. August 2003 eine sogenannte Aufschubbescheinigung, die er an die Beklagte und
die Versicherte versandte. Zur Begründung führte er aus, die Versicherte werde voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach
ihrem Ausscheiden eine andere versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft
Versicherungsfreiheit bestehe oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolge und bei der der Nachversicherungszeitraum
bei der Versorgungsanwartschaft berücksichtigt werde.
Nachdem die Versicherte am 9. September 2005 erneut in das Beamtenverhältnis berufen wurde, übersandte diese mit Schreiben
vom 19. September 2005 im Rahmen einer Prüfung ihres Lebenslaufes den Nachweis über ihre vorherige versicherungspflichtige
Tätigkeit vom 18. November 2003 bis 8. September 2005. Da die Mitteilung zur Festsetzung des Besoldungsdienstalters benötigt
wurde, erfolgte seitens der zuständigen Sachbearbeiterin keine weitere Klärung der Frage einer Nachversicherungspflicht.
Am 8. Juli 2008 stellte die Versicherte bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Mit Schreiben vom 14. August 2008
forderte die Beklagte den Kläger zur Prüfung der Nachversicherung zugunsten der Versicherten auf. Der Kläger führte sodann
die Nachversicherung durch (Nachversicherungsbescheinigung vom 27. August 2008) und zahlte für die Zeit vom 1. Februar 2002
bis 23. Juli 2003 Nachversicherungsbeiträge in Höhe von € 3.846,64 mit Wertstellung zum 1. September 2008.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 bat die Beklagte den Kläger um Mitteilung, zu welchem Zeitpunkt der Wegfall des Aufschubgrundes
eingetreten sei und wann er hiervon Kenntnis erhalten habe. Ferner informierte sie den Kläger, dass ihr die Aufnahme einer
versicherungspflichtigen Beschäftigung am 18. November 2003 gemeldet worden sei. Sollte der Kläger keine Angaben zum Zeitpunkt
des Wegfalls des Aufschubgrundes und seiner Kenntnisnahme machen, werde sie den Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung
als maßgeblichen Zeitpunkt ansehen. Der Kläger reagierte auf dieses Schreiben nicht.
Mit Anhörungsschreiben vom 2. März 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie wegen verspäteter Zahlung der Nachversicherungsbeiträge
beabsichtige, einen Säumniszuschlag in Höhe von € 2.007,50 zu erheben. Nach §
184 Abs.
1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) i.V.m. §
24 Abs.
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) sei für Nachversicherungsbeiträge, die nicht spätestens bis zum Ablauf von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gezahlt werden,
für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 v.H. des rückständigen, auf € 50,00 nach unten
abgerundeten Betrages zu zahlen. Dabei ergebe sich vorliegend unter Zugrundelegung eines Eintritts der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge
am 18. November 2003, eines Beginns der Säumnis am 18. Februar 2004 und des Eingangs der Nachversicherungsbeiträge mit Wertstellung
vom 1. September 2008 eine Säumnis von 55 Monaten. Der Säumniszuschlag in Höhe von € 2.007,50 errechne sich durch die Vervielfältigung
der auf € 50,00 abgerundeten Nachversicherungsschuld in Höhe von € 3.673,09 zu Beginn der Säumnis am 18. Februar 2004 mit
der Anzahl der Säumnismonate und 1 v.H.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2009 erhob die Beklagte unter Wiederholung und Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Anhörungsschreiben
auf die vom Kläger entrichteten Nachversicherungsbeiträge einen Säumniszuschlag in Höhe von € 2.007,50. Ein Säumniszuschlag
sei nach §
24 Abs.
2 SGB IV nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft mache, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht
hatte. Allerdings ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, auf eine unverschuldete Unkenntnis des Klägers von der Beitragsschuld
schließen zu können.
Der Kläger hat am 26. Juni 2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Der Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, da der Säumniszuschlag wegen Verjährung nicht hätte erhoben werden
dürfen. Die Voraussetzungen des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV seien nicht erfüllt, da er die Nachversicherungsbeiträge nicht vorsätzlich vorenthalten habe. Zum Vorsatz gehöre das "Wissen
und Wollen" der zum gesetzlichen Tatbestand gehörenden objektiven Merkmale. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) würden Beiträge im Sinne des §
25 Abs.
1 SGB IV vorsätzlich vorenthalten, wenn der Zahlungspflichtige in Kenntnis seiner Beitragspflicht bewusst und gewollt keine Beiträge
an den Versicherungsträger abführe. Erforderlich sei insoweit zwar nicht die Absicht zur Hinterziehung von Beiträgen, allerdings
müsse ein gewisses voluntatives Element vorhanden sein. Da er (der Kläger) lediglich eine rechtliche Konstruktion sei und
aus sich selbst heraus nicht handeln könne, bedürfe es für die Feststellung einer subjektiven Seite der Zurechnung von Wissen,
Wollen, Kenntnis und Fähigkeit der auf der Seite der rechtlichen Konstruktion stehenden menschlichen Mitarbeiter. Da im Detail
nicht mehr festzustellen sei, wie es zur fehlerhaften Sachbearbeitung gekommen sei, könne eine pauschale Vorsatzzuweisung
nicht erfolgen. Auch er habe von der Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit der Versicherten erst mit Schreiben derselben
vom 19. September 2005 Kenntnis erhalten. Da die Mitteilung der Versicherten jedoch zur Festsetzung des Besoldungsdienstalters
benötigt worden sei, sei seitens der zuständigen Sachbearbeiterin übersehen worden, dass sich gleichzeitig auch die Frage
der Nachversicherungspflicht gestellt habe. Ferner liege seinerseits auch kein Organisationsverschulden vor. Er habe ausreichende
Vorkehrungen getroffen, um die vollständige Abarbeitung aller Fälle zu gewährleisten. Insoweit verweise er auf das Urteil
des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 16. November 2007 (L 4 R 2218/05), worin die genannten Vorkehrungen ausführlich erläutert und für ausreichend erachtet worden seien. Letztlich spreche auch
der Umstand, dass er im Jahr 2008 die Nachversicherungsbeiträge entrichtet habe, obwohl diese nach seiner Auffassung bereits
verjährt gewesen seien, gegen eine vorsätzliche Vorenthaltung der Beiträge. Er legte die insoweit maßgeblichen Arbeitsanweisungen
vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass er innerhalb des vierjährigen Zeitraums
des §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV im Sinne des §
24 Abs.
2 SGB IV unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Daher sei ihm die Kenntnis von der Zahlungspflicht zuzuordnen
und die 30-jährige Verjährungsfrist des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV maßgebend.
Mit Urteil vom 29. November 2012 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2009 auf. Die Beklagte sei nicht berechtigt, die festgesetzten Säumniszuschläge zu
erheben. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe der Geltendmachung der Säumniszuschläge die Einrede der Verjährung entgegen.
Die Nachversicherungsbeiträge seien am 18. November 2003 fällig geworden, sodass sie am 31. Dezember 2007 verjährten. Es gelte
die kurze Verjährungsfrist des §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV, da der Kläger die Nachversicherungsbeiträge nicht im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV vorsätzlich vorenthalten habe. Er habe weder bei Ausscheiden der Versicherten aus dem Beamtenverhältnis mit Ablauf des 23.
Juli 2003 noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aufschub der Nachversicherung im August 2003 noch bis zum Ablauf der
kurzen Verjährungsfrist am 31. Dezember 2007 im Sinne eines direkten Vorsatzes das Bewusstsein und den Willen gehabt, die
Nachversicherung der Versicherten trotz Fälligkeit der Beiträge zu unterlassen. Zwar habe der Kläger mit Schreiben der Versicherten
vom 19. September 2005 Kenntnis von der versicherungspflichtigen Tätigkeit der Versicherung erhalten; da er diese Mitteilung
jedoch im Zusammenhang mit der Prüfung und Festsetzung des Besoldungsdienstalters erhalten habe, könne nicht davon ausgegangen
werden, dass die zuständige Sachbearbeiterin des Klägers in diesem Zusammenhang auch erkannt habe, dass eventuell eine Nachversicherungspflicht
bestehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Sachbearbeiterin die Verletzung einer Beitragspflicht für möglich gehalten,
die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. Dem Kläger sei Vorsatz auch nicht unter den Gesichtspunkt
des Organisationsmangels zu unterstellen. Der Kläger habe ausreichende organisatorische Maßnahmen getroffen, um die vollständige
Abarbeitung aller Fälle bis zur Aufschubbescheinigung zu gewährleisten. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, zu prüfen,
ob der im Falle der Erteilung einer Aufschubbescheinigung angenommene Aufschubgrund nachträglich entfallen sein könnte, treffe
den Kläger nicht. Vielmehr obliege eine solche Pflicht nicht dem Kläger, sondern ausschließlich der Beklagten (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 16. Dezember 2009 - L 3 R 106/09 -, in [...]).
Gegen das der Beklagten am 12. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat diese am 10. Januar 2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung
trägt sie vor, in der vom SG herangezogenen Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2009 gehe es um eine Aufschubbescheinigung des Arbeitgebers
vom 21. November 1977, über deren Wirksamkeit der Rentenversicherungsträger nach dem vor dem 1. Januar 1992 geltenden Recht
durch rechtsmittelfähigen Bescheid mit Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber und dem Versicherten zu entscheiden gehabt habe.
Zum 1. Januar 1992 sei das Aufschubrecht geändert worden. Nunmehr hätten nach §
184 Abs.
3 SGB VI die Arbeitgeber über das Vorliegen eines Aufschubgrundes zu entscheiden und nach Abs. 4 der Vorschrift die Aufschubbescheinigung
zu erteilen. Eines rechtsmittelfähigen Bescheids des Rentenversicherungsträgers bedürfe es nicht mehr. Die Prognoseentscheidung,
ob die Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren "voraussichtlich" erfolgen werde, liege
in der Verantwortung des Arbeitgebers, wobei der Rentenversicherungsträger an die erteilte Aufschubbescheinigung nicht gebunden
sei, wenn er einen Aufschubgrund nicht (mehr) für gegeben halte. Der Arbeitgeber müsse sich deshalb vergewissern, ob die in
§
184 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB VI genannte "Voraussicht" Realität geworden sei. Da der Kläger keine Anweisung an seine Mitarbeiter zur Überprüfung der tatsächlichen
Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung bei einer aufgrund der Prognoseentscheidungen nach §
184 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB VI erteilten Aufschubbescheinigung gegeben habe, sei ihm ein Organisationsverschulden vorzuwerfen, das zur verschuldeten Unkenntnis
von der Zahlungspflicht führe. Der vorliegende Fall sei von der Besonderheit geprägt, dass die Versicherte zunächst als Lehreranwärterin
versicherungsfrei beschäftigt gewesen sei, anschließend die Absicht hatte, innerhalb von zwei Jahren erneut versicherungsfrei
beschäftigt zu werden und diese Zweijahresfrist nur um wenige Wochen überschritten worden sei, weil sie erst zum 9. September
2005 beim Kläger erneut zur Beamtin ernannt worden sei. Bei dem geschilderten zeitlichen Ablauf dürfte die Absicht der Versicherten
bzw. die Voraussicht im Sinne des §
184 SGB VI wohl bis zur tatsächlichen Aufnahme der versicherungsfreien Beschäftigung am 9. September 2005 durchgehend bestanden haben,
sodass die Nachversicherungsbeiträge möglicherweise erst im Jahr 2005 gegen Ende der Zweijahresfrist fällig geworden seien.
In diesem Fall sei der angegriffene Forderungsbescheid innerhalb der kurzen Verjährungsfrist des §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB IV erteilt worden. Auf die Rechtsfrage, ob der Rentenversicherungsträger über die Rechtmäßigkeit der Aufschubbescheinigung durch
rechtsmittelfähigen Bescheid mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Dienstherrn und dem Beschäftigten zu entscheiden habe käme
es nicht an. Allerdings wäre bei dieser Annahme der im Bescheid geforderte Betrag zu korrigieren. Dann nämlich würde der Säumniszeitraum
im Oktober 2005 beginnen. Es würde sich dann eine Säumnis von 38 Monaten ergeben. Der Säumniszuschlag würde € 1.406,00 betragen.
Es werde angeregt, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ihm sei ein Organisationsverschulden nicht vorzuwerfen, da die Versicherte
weder im Zeitpunkt des Wegfalls des Aufschubgrundes noch nach dem Ablauf der in §
184 Abs.
2 Satz 1 Nr.
2 SGB VI benannten Frist von zwei Jahren nach ihrem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis auf Probe Kenntnis davon hätte haben müssen,
dass der im Zeitpunkt der Erteilung der Aufschubbescheinigung angenommene Aufschubgrund tatsächlich nicht mehr bestanden habe.
Ihm habe diesbezüglich keine Kontroll- und Überwachungspflicht oblegen. Sowohl unter Geltung des Angestelltenversicherungsgesetzes
(AVG) bzw. der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) wie auch unter Geltung des
SGB VI habe oblegen bzw. obliege die Pflicht zur Kontrolle und Überprüfung der Aufschubbescheinigung dem Rentenversicherungsträger.
Eine Rechtsänderung mit Auswirkung auf diese Pflicht sei nicht erfolgt. Er sei nach dem Recht vor dem 1. Januar 1992 zuständig
gewesen für die Entscheidung, ob die Entrichtung der Beiträge aufgeschoben werde. Diese Zuständigkeit bestehe auch nach Einführung
des
SGB VI. Die bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilende Aufschubbescheinigung sei nach "altem" Recht der Beklagten zu übersenden
gewesen; dies sei auch weiterhin gemäß §
184 Abs.4
SGB VI so. Eine Änderung im Hinblick auf die Entscheidungsgewalt der Beklagten sei nicht eingetreten. Die Beklagte hätte - damals
wie heute - seine (des Klägers) Entscheidung überprüfen und gegebenenfalls Nachweise für das Vorliegen des Aufschubgrundes
anfordern bzw. die Nachversicherungsbeiträge per Bescheid einfordern können. Es sei die Pflicht der Beklagten gewesen, im
Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit für das Erheben von Nachversicherungsbeiträgen für die Versicherte zu prüfen, ob ein
Aufschubgrund weiterhin gegeben gewesen sei oder nicht. Da die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt positive Kenntnis von
Tatsachen hatte, die sie dazu hätten veranlassen müssen, in eigener gesetzlicher Zuständigkeit zu prüfen, ob Nachversicherungsbeiträge
von ihm für die Versicherte per Verwaltungsakt zu fordern gewesen seien, könne im Umkehrschluss diese Verpflichtung nicht
auf ihn (den Kläger) abgewälzt werden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten
des SG S 22 R 4404/09 sowie auf die von der Beklagten und dem Kläger vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht
eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft. Der Beschwerdewert des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG von € 750,00 ist überschritten. Denn die Beklagte begehrt die Zahlung von Säumniszuschlägen in Höhe von € 2.007,50.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht Säumniszuschläge in Höhe von € 2.007,50 festgesetzt.
1.
Nach §
24 Abs.
1 Satz 1
SGB IV in der mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Fassung des Art. 2 Nr. 8 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des
Sozialgesetzbuchs (2. SGBÄndG) vom 13. Juni 1994 (BGBl. I, S. 1229) sind für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat,
für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins v.H. des rückständigen, auf € 50,00 nach unten abgerundeten
Betrags zu zahlen. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
a)
Beiträge im Sinne des §
24 SGB IV sind auch die Nachversicherungsbeiträge (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 R -, in [...]). Seit 1. Januar 2008 ist dies nunmehr auch ausdrücklich geregelt. Nach §
184 Abs.
1 Satz 2
SGB VI - eingefügt mit Wirkung zum 1. Januar 2008 durch Art. 6 Nr. 11 des Gesetzes zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I, S. 3024) - ist §
24 SGB IV mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Säumnis drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit beginnt und für die Ermittlung des
rückständigen Betrages die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechengrößen anzuwenden sind.
b)
Der Kläger war zahlungspflichtig, weil er verpflichtet war, die Nachversicherung durchzuführen. Die Nachversicherungsbeiträge
waren am 24. Juli 2003 fällig. Denn nach §
184 Abs.
1 Satz 1
SGB VI sind die Beiträge zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für
einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Die Voraussetzungen der Nachversicherung liegen grundsätzlich am Tag
nach dem unversorgten Ausscheiden vor und der Anspruch auf die Beiträge der Nachversicherung wird sofort fällig (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 1997 - 4 RA 107/95 -, in [...]), im vorliegenden Fall mithin am 24. Juli 2003.
Aufschubgründe lagen nicht vor. Die Beitragszahlung wird nach §
184 Abs.
2 Satz 1
SGB VI aufgeschoben, wenn
1. die Beschäftigung nach einer Unterbrechung, die infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist,
voraussichtlich wieder aufgenommen wird,
2. eine andere Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aufgenommen wird,
in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft Versicherungsfreiheit besteht oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht
erfolgt, sofern der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der anderen Beschäftigung berücksichtigt
wird,
3. eine widerrufliche Versorgung gezahlt wird, die der aus einer Nachversicherung erwachsenden Rentenanwartschaft mindestens
gleichwertig ist.
Die Voraussetzungen der Nrn. 1 und 3 sind nicht gegeben. Denn zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Versicherten stand fest,
dass sie eine versicherungsfreie Tätigkeit als Lehreranwärterin im Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht wieder aufnehmen wird.
Auch erhielt sie keine widerrufliche Versorgung gezahlt.
Die Voraussetzungen der Nr. 2 lagen ebenfalls nicht vor. Zwar hatte die Versicherte erklärt, eine versicherungsfreie Beschäftigung
aufnehmen zu wollen. Bewerbungen auf eine Stelle als Beamtin oder Angestellte mit Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft
liefen derzeit nicht. Im Hinblick darauf traf der Kläger die Aufschubentscheidung vom 26. August 2003. Diese Aufschubentscheidung
beruhte allerdings auf den Angaben der Versicherten, auf welche sich der Kläger verlassen hatte, ohne dass es dafür ausreichende
objektive Merkmale gab, die eine Prognose, die Versicherte werde eine versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen, stützen
konnten. Für die voraussichtliche Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung ist maßgeblich, ob im Zeitpunkt des Ausscheidens
aus der versicherungsfreien Beschäftigung eine hinreichend sichere, auf objektiven Merkmalen beruhende Erwartung besteht,
dass der Beschäftigte innerhalb der Frist eine erneute entsprechende Beschäftigung aufnimmt. Im Zeitpunkt des unversorgten
Ausscheidens muss aufgrund einer Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles eine hinreichend sichere Wahrscheinlichkeit
dafür bestehen, dass der Beschäftigte innerhalb von zwei Jahren erneut eine Beschäftigung aufnehmen wird, in der er - unter
Einbeziehung der bisherigen Nachversicherungszeiträume - wiederum außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert
sein wird. Eine hinreichende (subjektive und objektive) "Voraussichtlichkeit" ist nur gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung
aller Umstände im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens die Erwägungen, welche die Aufnahme einer anderen entsprechenden
Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren nahelegen, so stark überwiegen, dass keine erheblichen Zweifel daran verbleiben. Keinesfalls
reichen vage Spekulationen über Möglichkeiten einer Wiedereinstellung aus (BSG, Urteile vom 29. Juli 1997 - 4 RA 107/95 - und 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 R -, beide in [...]). Der Kläger kannte nach dem Ausscheiden der Versicherten zunächst nur deren unter am 25. August 2003
beim Kläger eingegangene Angabe, innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden eine andere versicherungsfreie Beschäftigung
aufnehmen zu wollen. Auf welche Tatsachen sich diese Angabe der Versicherten stützten, war dem Kläger nicht bekannt. Denn
die Versicherte belegte diese von ihr gemachten Angabe nicht. Der Kläger fragte bei der Versicherten auch nicht nach. Tatsächlich
nahm die Versicherte im Zeitraum vom 18. November 2003 bis 8. September 2005 eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf
und wurde dann am 9. September 2005 in das Beamtenverhältnis berufen.
d)
Der Kläger war hinsichtlich der für die Versicherte zu zahlenden Beiträge zur Nachversicherung säumig, weil er sie nicht bis
zum Fälligkeitstag 24. Juli 2003 zahlte. Die Beklagte ging zu Gunsten des Klägers von einer Säumnis ab 18. November 2003 aus.
Zu diesem Zeitpunkt wurde der Beklagten die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit der Versicherten gemeldet.
2.
Die Beklagte hat zu Recht Säumniszuschläge für die Vergangenheit festgesetzt. Denn der Kläger hatte verschuldet keine Kenntnis
von der Zahlungspflicht.
Nach §
24 Abs.
2 SGB IV ist, wenn eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, ein darauf entfallender
Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der
Zahlungspflicht hatte. Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht nach Auffassung des 13. Senats des BSG sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von §
276 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) entgegen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -, in [...]). Der 12. Senat des BSG hat demgegenüber ausgeführt, für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, sei in
Ermangelung anderer Maßstäbe auf diejenigen zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV entwickelt hat (Urteil vom 26. Januar 2005 - B 12 KR 3/04 R -, in [...]), so dass Fahrlässigkeit nicht ausreichen würde. Welcher Auffassung zu folgen ist, kann hier dahingestellt bleiben.
Denn bei Körperschaften des öffentlichen Rechts schließt das Außerachtlassen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen
(sog. Organisationsverschulden) eine unverschuldete Unkenntnis im Sinne von §
24 Abs.
2 SGB IV aus. Das Fehlen notwendiger organisatorischer Maßnahmen bedingt, dass sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter
zurechnen lassen muss (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -; siehe auch BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R -, beide in [...]).
Ein Organisationsverschulden des Klägers ist gegeben. Der Kläger beruft sich vorliegend darauf, er habe umfangreiche organisatorische
Maßnahmen unternommen, um die ordnungsgemäße Sicherstellung der Nachversicherung in seinem Haus zu gewährleisten, was er im
Verfahren L 4 R 2218/05 eingehend dargelegt habe. Im Tatbestand des Urteils des erkennenden Senats in dieser Sache vom 16. November 2007 ist dazu
ausgeführt:
"Der Kläger hat auf Anforderung des Berichterstatters eine Stellungnahme zum Umfang der angewandten Kontrollmaßnahmen der
Abteilung 3 vom 13. August 2007, eine Arbeitsanweisung im Hinblick auf die Durchführung der Nachversicherung bzw. die Erteilung
einer Aufschubbescheinigung vom 26. November 1993 und eine weitere Arbeitsanweisung betreffend die Nachversicherung von Beamten
auf Widerruf vom 05. Februar 1996 vorgelegt. In der Stellungnahme hat die Fachabteilung ausgeführt, generell sei die Verfahrenskontrolle
so geregelt gewesen, dass für die Durchführung der Nachversicherung bzw. die Erteilung einer Aufschubbescheinigung bis zum
Jahr 1995 die Zuständigkeit eines zentralen Arbeitsbereichs gegeben gewesen sei. Die Besoldungsakten der in Frage kommenden
Fälle seien an diese Stelle abgegeben worden. Das Verfahren sei maschinell unterstützt und abgesichert gewesen, indem anhand
der Wegfallschlüssel für die Nachversicherungsarbeitsgebiete Wegfallmitteilungen und Erhebungsunterlagen erstellt worden seien.
Ab dem Jahr 1996 sei die Nachversicherung von Beamten auf Widerruf in die Zuständigkeit der Besoldungsarbeitsgebiete übertragen
worden. Deshalb seien in den Monaten Juni und Juli 1995 umfangreiche Schulungsmaßnahmen durchgeführt und jedem Bearbeiter
eine umfangreiche "Arbeitshilfe Nachversicherung" an die Hand gegeben worden. Diese Arbeitshilfe habe u.a. auch Verfahrensbeschreibungen
darüber, wann und wer welche Arbeitsschritte durchzuführen habe, enthalten. So sei dort geregelt, dass der Kontenführer (Bearbeiter)
die Nachsicherungs- bzw. Aufschubdaten ermittle und in das EDV-Verfahren eingebe sowie dass die maschinelle Überweisung der
Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger nur nach Überprüfung und Freigabe durch die Sachbearbeiter erfolgen
könne. Außerdem sei es sowohl dem Arbeitsbereich "Vorgangsprüfung zur Qualitätssicherung und internes Kontrollsystem" beim
Landesamt für Besoldung und Versorgung als auch dem Staatlichen Rechnungsprüfungsamt [...] anhand von Stichproben- und Schwerpunktkontrollen
jederzeit möglich, die ordnungsgemäße Durchführung der Nachversicherung zu überprüfen. Im Übrigen werde gerade im Hinblick
auf die Erhebung von Säumniszuschlägen die fristgerechte Abarbeitung der Nachversicherungsfälle durch den Fachbereich zusätzlich
durch die Nachversicherungsarbeitsgebiete überwacht. Hierzu würden durch die EDV-Abteilung Überwachungslisten über die Fälle
erstellt, in denen nach dem unversorgten Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis innerhalb eines bestimmten Zeitraums noch keine
Eingabe in das Nachversicherungsprogramm (Aufschub oder Nachversicherung) getätigt worden sei. Die Listen gingen an die Nachversicherungsarbeitsgebiete,
die den Sachverhalt überprüften und gegebenenfalls die betroffenen Arbeitsgebiete dazu anhielten, die Nachversicherung bzw.
den Aufschub fristgerecht durchzuführen. Den Nachversicherungsarbeitsgebieten sei es jetzt möglich, bei der EDV-Abteilung
selektiv Fallgestaltungen abzufragen, bei denen nach der Beendigung des Dienstverhältnisses keine Nachversicherung erfolgt
sei. Ein seit Herbst 2006 im Einsatz befindliches EDV-System enthalte auch eine Anwendung zur Terminüberwachung, die für die
Überwachung des fristgerechten Rücklaufs der versandten Erklärungsvordrucke zur Nachversicherung genutzt werde, und biete
wegen der Erfassung der eingehenden und ausgehenden Post hinsichtlich der Nachversicherung auch den Vorteil, dass die Nachversicherungsarbeitsgebiete
jederzeit Einblick in den Bearbeitungsstand des Fachbereichs nehmen könnten, ohne hierzu dort Akten anfordern zu müssen. Wegen
der weiteren beruflichen Verwendung der Studienreferendare und Lehreranwärter nach Ende der Ausbildung würden vom Landesamt
für Besoldung und Versorgung jährlich im April bei den Regierungspräsidien so genannte Einstellungslisten angefordert. Durch
die Einführung eines Personalverwaltungssystems auch im Lehrerbereich habe sich hinsichtlich der nachversicherungsrechtlichen
Behandlung des vorgenannten Personenkreises eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung ergeben."
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger umfangreiche organisatorische Maßnahmen getroffen hat, um die Nachversicherung ordnungsgemäß
abzuwickeln. Diese organisatorischen Maßnahmen haben - wie der vorliegende Fall zeigt - jedoch teilweise nicht gegriffen und
sind unvollständig geblieben, weil eine abschließende Ergebniskontrolle nicht stattgefunden hat (Abkehr von der Rechtsprechung
des Senats im Urteil vom 16. November 2007 - L 4 R 2218/05 -, in [...]; Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. April 2014 - L 5 R 2239/13 -, in [...]). Nur so ist erklärbar, dass eine Akte unbearbeitet ins Archiv gelangen konnte. Unerklärbar ist insoweit auch,
weswegen die Akte zwar anlässlich der Prüfung des Besoldungsdienstalters in die Hände einer Sachbearbeiterin gelangte, anschließend
jedoch ohne weitere Veranlassung zur Prüfung der Nachversicherung wieder ins Archiv gegeben wurde. Die anderen organisatorischen
Vorkehrungen wie EDV-Überwachungslisten, sonstige interne Kontrolllisten oder stichprobenweise Prüfungen haben ebenso wenig
funktioniert wie die allgemeinen Grundsätze über die Ablage von Vorgängen im Archiv.
Ein Organisationsverschulden entfällt nicht deshalb, weil der Kläger meint, er habe seine Verpflichtungen bei der Durchführung
der Nachversicherung mit dem Erteilen der Aufschubbescheinigung erfüllt und einer weiteren Kontrolle und Überwachung habe
es seinerseits nicht bedurft. Vielmehr sei es Sache der Beklagten gewesen, eine weitere Beitragsverpflichtung zu kontrollieren.
Denn es ist Sache des Klägers, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass er die notwendige Kenntnis von den Tatsachen,
die für eine Nachversicherung von Bedeutung sind, erhält (vgl. auch zum Folgenden Urteil des Senats vom 17. Mai 2013 - L 4 R 2044/10 -, in [...]). Das Nachversicherungsverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass es grundsätzlich allein der Nachversicherungsschuldner
in der Hand hat, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Unterrichtet nicht ausnahmsweise
der zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den Rentenversicherungsträger - wozu er generell nicht verpflichtet ist -, ist der
Rentenversicherungsträger rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel darauf angewiesen, dass der Nachversicherungsschuldner
von sich aus die Nachversicherungsbeiträge ermittelt, zahlt sowie eine entsprechende Bescheinigung erteilt (vgl. §
185 Abs.
1 und
3 SGB VI). Bei Verletzung dieser Pflicht bleibt dem Gläubiger sein Beitragsanspruch mit der Folge unbekannt, dass er zulasten der
Versichertengemeinschaft von der Geltendmachung seines Anspruchs sowie von sonstigen verjährungshemmenden Handlungen abgehalten
wird (BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 5 R 88/11 R - m.w.N., in [...]). Demgemäß kann der Nachversicherungsschuldner (hier der Kläger) es nicht dabei bewenden lassen, aufgrund
- wie im vorliegenden Fall - nicht belegter Angaben des Nachzuversichernden über eine angebliche Bewerbung in eine versicherungsfreie
Beschäftigung Aufschubgründe anzunehmen und diese auf Dauer nicht zu überprüfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich -
wie im vorliegenden Fall die Versicherte - der Nachzuversichernde gerade erst die Ausbildung zum Lehrer abgeschlossen hat.
Der vorliegende Fall macht gerade deutlich, dass der Rentenversicherungsträger nur zufällig im Rahmen eines im Jahr 2008 durchgeführten
Kontenklärungsverfahrens Kenntnis von der Nachversicherungsverpflichtung des Klägers Kenntnis erlangte, da auch nach Ausübung
einer zwischenzeitlichen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wieder eine versicherungsfreie Tätigkeit beim Kläger
aufgenommen wurde. Weiterer Kontakt zum Rentenversicherungsträger bestand anschließend für mehrere Jahre nicht mehr.
Hieraus ergibt sich dann auch, dass der Senat dem vom Kläger angeführten Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember
2009 (L 3 R 106/09, in [...]) nicht zu folgen vermag.
3.
Der Anspruch der Beklagten auf die Säumniszuschläge ist nicht verjährt. Zum einen gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist
und zum anderen ist die Berufung des Klägers auf die Einrede der Verjährung rechtsmissbräuchlich und stellt eine unzulässige
Rechtsausübung dar.
Nach §
25 Abs.
1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (Satz 1).
Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig
geworden sind (Satz 2). Dies gilt auch für die auf die Nachversicherungsbeiträge entfallenden Nebenforderungen wie u.a. Säumniszuschläge
(BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R -, in [...]). Für Vorsatz im Sinne des §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV ist das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der Beiträge zu unterlassen. Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Beiträge mit (nur) bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, also
die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteile vom 30. März 2000 - 12 KR 14/99 R -, 26. Januar 2005 - B 12 KR 3/04 R - und 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - jeweils in [...]). Direkter Vorsatz ist nicht erforderlich.
a)
Anzuwenden ist hier die dreißigjährige Verjährungsfrist, weil zumindest bedingter Vorsatz gegeben ist. Bedingter Vorsatz ist
jedenfalls bei einem Organisationsverschulden anzunehmen, das wie unter 2. dargelegt vorliegt. Diese Verjährungsfrist ist
nicht abgelaufen. Sie begann mit der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge am 24. Juli 2003 und endet mithin am 23. Juli
2033.
b)
Die Berufung des Klägers auf die Einrede der Verjährung ist rechtsmissbräuchlich und stellt eine unzulässige Rechtsausübung
dar (zum Folgenden: BSG, Urteil vom 27. Juni 2012 - B 5 R 88/11 R - m.w.N., in [...]; dem folgend Urteil des Senats vom 17. Mai 2013 - L 4 R 2044/10 -, a.a.O.). Das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs ist eine aus dem Grundsatz von Treu
und Glauben im Sinne des §
242 BGB abgeleitete, der gesamten Rechtsordnung immanente Schranke, die auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist. Regelmäßige
Voraussetzung für den Einwand unzulässiger Rechtsausübung ist, dass der Schuldner eine Tätigkeit entfaltet und Maßnahmen trifft,
die den Gläubiger veranlassen, verjährungsunterbrechende Schritte zu unterlassen, sei es auch nur, weil ihm infolge eines
solchen Tuns Ansprüche unbekannt geblieben sind. Grundsätzlich hat - wie bereits dargelegt - allein der Nachversicherungsschuldner
es in der Hand, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Auch Sinn und Zweck der Nachversicherung
sowie der systematische Zusammenhang zwischen der Nachversicherung, den Tatbeständen der Versicherungsfreiheit oder der Befreiung
von der Versicherungspflicht begründen die Pflicht des Nachversicherungsschuldners, Nachversicherungsbeiträge rechtzeitig
und unverzüglich zu zahlen. Einer aktiven Pflichtverletzung des Schuldners der Nachversicherungsbeiträge bedarf es nicht (Urteil
des Senats vom 17. Mai 2013 - L 4 R 2044/10 -, in [...]).
Wie unter 2. ausgeführt, war der Kläger verpflichtet, durch eine Überwachung des Verfahrens betreffend die Nachversicherung
der Versicherten rechtzeitig die Nachversicherungsbeiträge für ihn zu entrichten.
4.
Die Berechnung der Höhe der Säumniszuschläge ist zutreffend. Der Senat verweist auf die Berechnung im angefochtenen Bescheid.
Einwände hat der Kläger insoweit auch nicht erhoben.
5.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1
SGG, 154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Gerichtskosten sind nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) vom Kläger allerdings nicht zu erheben, da er nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Zahlung der Kosten befreit ist.
6.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat vermag insbesondere im Hinblick auf die vorliegende Rechtsprechung
des BSG keine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage zu erkennen.
7.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf € 2.007,50 §
197a Abs.
1 SGG sowie §§
1 Abs.
2 Nr.
3,
63 Abs.
1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 4, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.