Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Rücknahme des Bewilligungsbescheides über Witwenrente ab 1. Mai 2017 in Höhe einer niederländischen Rentenleistung sowie die Erstattung überzahlter Beträge.

Die 1934 geborene Klägerin, niederländische Staatsangehörige, bezieht neben einer Rente aus eigener Versicherung aus der (deutschen) gesetzlichen Rentenversicherung seit Vollendung des 65. Lebensjahres von der niederländischen Sozialversicherungskasse SVB eine Leistung nach dem Algemene Ouderdomswet (AOW), dem niederländischen Allgemeinen Altersgesetz. Diese setzt sich zusammen aus der monatlichen AOW-Rente (ab Mai 2017 in Höhe von 270,67 €), der monatlichen AOW-Einkommensergänzung (ab Mai in Höhe von 6,13 €) sowie dem Urlaubsgeld, das monatlich aufgebaut und im Mai eines Jahres ausgezahlt wird (Erhöhung der AOW-Leistung im Mai 2017 in Höhe von 364,04 €). Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nach niederländischem Recht werden hierfür nicht abgeführt, da die maßgebliche Freibetragsgrenze nicht überschritten wird. Die AOW-Rente erhöhte sich ab Juli 2017 auf 272,67 € (bei gleicher AOW-Einkommensergänzung), ab Juli 2018 auf 277,54 € (bei AOW-Einkommensergänzung in Höhe von 5,98 €). Die gesamte AOW-Leistung betrug ab Mai 2020 322,03 € sowie Mai 2021 329,38 €.

Wegen des Todes ihres Ehemannes am 5. Januar 2017 beantragte die Klägerin am 13. Februar 2017 bei der Beklagten die Gewährung einer großen Witwenrente. In der von ihr am 8. Februar 2017 unterschriebenen Anlage zum Antrag auf Hinterbliebenenrente (Angaben zum Einkommen; Formular R0660) gab die Klägerin keine AOW-Leistungen an. Unter Punkt 7 (dauerhaftes Erwerbsersatzeinkommen) verneinte sie u.a. auch Punkt 7.7 (Leistungen von einer Stelle im Ausland).

Mit Bescheid vom 3. März 2017 bewilligte ihr die Beklagte große Witwenrente ab dem 1. Februar 2017 in Höhe von 1.596,49 €, ab 1. Mai 2017 in Höhe von monatlich 957,90 € (brutto). Hinsichtlich der ihr allein bekannten Altersrente aus der deutschen Rentenversicherung führte die Beklagte aus, das Einkommen wirke sich auf die (Witwen-)Rente nicht aus. In der in Bezug genommenen Anlage zum Witwenrentenbescheid ("Ermittlung des anzurechnenden Einkommens") stellte die Beklagte dar, dass als Erwerbsersatzeinkommen die Versichertenrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen sei, diese aber mit 762,36 € monatlich den maßgeblichen Freibetrag von (aktuell) 803,88 € nicht übersteige. Unter der Überschrift "Mitteilungspflichten und Mitwirkungspflichten" (Seite 3 und 4 des Bescheides) wies sie u.a. darauf hin, dass Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen Einfluss auf die Höhe der Rente haben könnten. Deshalb seien deren Bezug sowie ein Antrag auf Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen. Erwerbsersatzeinkommen seien neben anderen genannten Einkommensarten u.a. die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder die Rente von öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen. Erwerbsersatzeinkommen sei auch mitzuteilen, wenn es im Ausland erzielt werde. Hinsichtlich der Folgen einer nicht rechtzeitigen Erfüllung der Mitteilungspflicht wurde darauf verwiesen, dass der Bescheid ganz oder teilweise aufgehoben werde, sobald der Beklagten Tatsachen bekannt würden, die den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe beeinflussten. Dies sei auch rückwirkend möglich. Zuviel gezahlte Beträge müssten zurückgezahlt werden.

Nachdem die Beklagte am 3. Mai 2018 Kenntnis von einem Einkommen der Klägerin aus geringfügiger Beschäftigung erhalten hatte, hörte sie diese zu einer beabsichtigten teilweisen Rücknahme des Bescheides vom 3. März 2017 an. Da die Klägerin daraufhin am 20. Juni 2018 auch den Bezug einer niederländischen Rente angab, forderte die Beklagte unter Verweis auf ein mögliches Ruhen der Witwenrente die Vorlage von Unterlagen hierzu. Die Klägerin legte daraufhin am 4. Juli 2018 eine Übersicht der AOW-Rente (Stand Mai 2017) und auf weitere Anfrage AOW-Übersichten (Stand Juli 2017 und 2018) vor. Hierzu machte sie geltend, bei der AOW-Leistung handle es sich nicht um ein Erwerbsersatzeinkommen, sondern eine staatlich geförderte Grundversorgung, vergleichbar der deutschen Riester-Rente.

Mit Schreiben vom 27. September 2018 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 3. März 2017 ab dem 1. Februar 2017 wegen des Bezugs von Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung und der von der SVB gewährten Rente an. Beide Einkommen seien auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen, so dass sich ein erhöhter Ruhensbetrag in der Witwenrente ergebe. Ferner sei beabsichtigt, die seit dem 1. Mai 2017 eingetretene Überzahlung in Höhe von zu diesem Zeitpunkt insgesamt 3.680,14 € zurückzufordern. Die Klägerin wiederholte ihre Einschätzung zur rechtlichen Bewertung der AOW-Leistung.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2019 berechnete die Beklagte die Witwenrente ab 1. Februar 2017 wegen der Durchführung einer Rentenanpassung, der Änderung des mit der Rente zusammentreffenden Einkommens und eines geänderten Beitragssatzes zur Krankenversicherung neu. Der Bescheid vom 3. März 2017 werde "hinsichtlich der Rentenhöhe" ab 1. Februar 2017 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen. Die Klägerin beziehe seither neben ihrer Altersrente sowohl Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung als auch eine Rente von der SVB. Das Arbeitsentgelt stelle Erwerbseinkommen, die AOW-Rente sowie das daraus gezahlte Urlaubsgeld Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18a Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) dar. Die Einkommen seien deshalb gemäß § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen. Die AOW-Leistung sei nicht mit einer Riester-Rente vergleichbar. Es handle sich vielmehr um eine Rente nach dem allgemeinen Altersgesetz AOW. Nach § 45 Abs. 2 SGB X dürfe ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nur insoweit zurückgenommen werden, als das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme nicht schutzwürdig sei. Das Vertrauen sei in der Regel schutzwürdig, wenn der Berechtigte erbrachte Leistungen verbraucht oder Vermögensdispositionen getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Auf Vertrauen könne sich der Begünstigte nicht berufen, soweit u.a. der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe, oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe. Eine grobe Sorgfaltspflichtverletzung liege demnach vor, wenn schon einfachste Sachverhalte nicht beachtet worden seien. Die Rücknahme des Bescheides sowohl für die Vergangenheit (§ 45 Abs. 4 S. 1 SGB X) als auch für die Zukunft sei zulässig, da die vorgenannten Voraussetzungen vorlägen. Die von der Klägerin angeführten sowie gegebenenfalls weitere, sich aus dem Akteninhalt ergebende Gründe, die der Rücknahme entgegenstehen könnten, habe die Beklagte bei der Prüfung, ob sich die Klägerin auf Vertrauen berufen könne, sowie bei der Ausübung des Ermessens beachtet. Es lägen keine Umstände vor, welche geeignet wären, im Wege des Ermessens von der Bescheidrücknahme und der vollen Rückforderung des überzahlten Betrages abzusehen. Für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis zum 31. März 2019 ergebe sich eine Überzahlung von 4.704,03 €. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. Für die Zeit ab dem 1. Februar 2017 berechnete die Beklagte die Rente ohne Einkommensanrechnung in Höhe von 1.596,49 € brutto in bisheriger Höhe, für die Zeit ab dem 1. Mai 2017 jedoch unter Berücksichtigung des jeweiligen Freibetrags nur noch in Höhe von 727,27 € (angerechnetes Einkommen 230,63 €), ab 1. Juli 2017 in Höhe von 745,88 € (angerechnetes Einkommen 230,26 €), ab 1. Juli 2018 in Höhe von 777,55 € (angerechnetes Einkommen 230,05 €). Hierbei berücksichtigte sie neben der Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Arbeitsentgelt den jeweiligen monatlichen Zahlbetrag der AOW-Leistung (ebenfalls bezeichnet als Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) einschließlich Einkommensergänzung und ein Zwölftel der Erhöhung der AOW-Rente zum 1. Mai 2017 aus dem Urlaubsgeld, abzüglich 13 %, somit ab dem 1. Mai 2017 monatlich 267,21 €, ab dem 1. Juli 2017 268,95 € und ab dem 1. Juli 2018 273,80 €.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte die Klägerin insbesondere aus, für ihre Beschäftigungszeiten in den Niederlanden sei ihr keine gesetzliche Rentenversicherung, nämlich die arbeitnehmerübliche bedrijfstakpensoenfonds (MITT), zugestanden worden. Daher habe sie sich damals entschieden, den freiwilligen Altersvorsorgevertrag (AOW) abzuschließen. Hierfür habe sie jeweils Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes von dem in den Niederlanden steuerpflichtigen Bruttojahreseinkommen einbezahlt. Ergänzt durch das sog. Toeslagenwet (TW) bekomme sie hierfür die gesetzlich festgelegten Zulagen, zusammen mit den eingezahlten Beiträgen, seit Rentenbeginn mit 65 Jahren ausbezahlt. Die Leistung entspreche daher der nicht anzurechnenden Altersvorsorge nach Riester. Auch dürfe während des sogenannten Sterbevierteljahres generell kein Einkommen angerechnet werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2019 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Minderung der Witwenrente aufgrund der Einkommensanrechnung sei erst nach Ablauf des sogenannten Sterbevierteljahres ab 1. Mai 2017 erfolgt. Die AOW-Leistung sei nicht mit einer Riester-Rente vergleichbar. Die Klägerin habe anlässlich der Rentenantragstellung am 13. Februar 2017 im Fragebogen R 0660 sämtliche Fragen zu möglichen Einkünften wahrheitswidrig verneint. Sie müsse sich somit hinsichtlich der fehlerhaften Angaben im Rentenantrag zumindest grobe Fahrlässigkeit vorhalten lassen. Außerdem sei sie im Rentenbescheid vom 3. März 2017 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass u.a. Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen Einfluss auf die Rentenhöhe haben könnten und sie daher verpflichtet sei, den Bezug solcher Einkünfte unverzüglich mitzuteilen. Der Bescheid habe auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass ausländische Einkünfte ebenfalls mitzuteilen seien. Aufgrund der weiteren Hinweise im Bescheid sei ihr auch bekannt gewesen, dass der Bescheid ganz oder teilweise, auch rückwirkend, aufgehoben werden könne, sobald Tatsachen bekannt würden, die den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe beeinflussten, und dass zu viel gezahlte Beträge zurückzuzahlen seien. In der Anlage "Ermittlung des anzurechnenden Einkommens" zum Rentenbescheid vom 3. März 2017 seien die bei der Einkommensanrechnung berücksichtigten Einkünfte dargestellt. Hieraus habe die Klägerin unschwer entnehmen können, dass lediglich ihre Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Berücksichtigung gefunden habe und das Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung sowie die ausländischen Rentenleistungen fehlten. Somit habe die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Bescheides auch gekannt bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Auch im Rahmen der Ermessensausübung sei die Rücknahme des Bescheides vom 3. März 2017 für die Vergangenheit gerechtfertigt, dies insbesondere im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) sowie die sachgerechte Verwendung der Mittel der Versichertengemeinschaft und das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 69 Abs. 2 SGB IV. Besondere Umstände, wie etwa eine außergewöhnliche soziale oder finanzielle Lage, die es erlaubten, die Interessen der Versichertengemeinschaft hinter denen der Klägerin zurücktreten zu lassen, seien nicht ersichtlich. Außerdem sei davon auszugehen, dass der Klägerin mit der Summe aus Versicherten- und Witwenrente, niederländischer AOW-Leistung und Entgelt aus geringfügiger Beschäftigung jedenfalls bei ratenweiser Rückerstattung der zu Unrecht erhaltenen Rentenzahlungen auch eine angemessene Lebensführung möglich sei.

Hiergegen erhob die Klägerin am 2. August 2019 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG), mit der sie sich gegen die Anrechnung der AOW-Leistung wandte.

Zum 15. August 2019 wurde die geringfügige Beschäftigung beendet. Mit Bescheid vom 17. April 2020 berechnete die Beklagte die Witwenrente unter Aufhebung der bisherigen Regelung der Rentenhöhe ab 1. Juli 2019 wegen der Durchführung einer Rentenanpassung und der Änderung des zu anzurechnenden Einkommens neu mit 798,41 € (angerechnetes Einkommen 241,28 €; dabei berücksichtigte AOW-Leistung 283,15 €) sowie wegen des Wegfalls des Arbeitsentgelts ab 16. August 2019 mit 981,74 € (angerechnetes Einkommen 57,95 €; berücksichtigte AOW-Leistung 283,15 €). Für die Zeit vom 1. Juli 2019 bis zum 31. Mai 2020 betrage die Nachzahlung 1.768,50 €.

Zur Begründung ihrer Klage führte die Klägerin aus, die AOW-Leistung sei nicht mit einer gesetzlichen Rente in Deutschland vergleichbar. Sie stelle vielmehr eine Grundversorgung seitens des niederländischen Staates mit dem Ziel der Vermeidung von Altersarmut dar, die durch Prämien (premies) und steuerliche Vergünstigungen oder Zulagen (partnertoeslag) staatlich gefördert werde. Jedes Jahr, in dem der Begünstigte in den Niederlanden gewohnt oder in den Niederlanden gearbeitet und dort Lohnsteuer bezahlt habe bzw. freiwillig versichert gewesen sei, baue er 2 % der vollen AOW-Leistung auf, unabhängig von einer Tätigkeit oder deren Art. Ein vorzeitiger wiederkehrender Leistungsbezug für den Fall der vorzeitigen Minderung der Erwerbsfähigkeit und des Todes sei nicht vorgesehen. Vergleichbar mit der deutschen gesetzlichen Altersrente sei die an die Ausübung einer Beschäftigung geknüpfte und von Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanzierte Rentenart bedrijfstakpensioen, die durch öffentliche, betriebliche und branchenspezifische Pensionskassen verwaltet würden. Ihre AOW-Leistung beruhe auf ihren Wohnzeiten in den Niederlanden vom 6. Juni 1949 bis 27. August 1960. Danach sei sie nach Deutschland verzogen. Zwar sei die AOW erst 1957 eingeführt worden. Sie sei jedoch rückwirkend als Begünstigte im Jahre 1949 gleichgestellt worden. Durch ihre Beschäftigung in einer Spinnerei im genannten Zeitraum habe sie keine Rentenansprüche über die bedrijfspensioen erwerben können, da dies damals für Frauen erst ab dem 30. Lebensjahr möglich gewesen sei (vorgelegtes Schreiben des diese Versicherung verwaltenden Fonds MITT vom 31. Januar 2019). Daher habe sie vom 1. Januar 1957 bis 27. August 1960 freiwillige Beiträge in die AOW einbezahlt. Sie müsse so behandelt werden wie ihre Landsleute in den Niederlanden, deren AOW-Leistung ebenfalls nicht auf eine andere Rente angerechnet werde. Eine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Durchsicht des Bewilligungsbescheides und der Angaben im Rentenantrag könne ihr, der Klägerin, nicht vorgeworfen werden. Sie habe von der zuständigen Fachbehörde ihres Heimatlandes die Information bekommen, dass die AOW keine mit dem deutschen System vergleichbare Einkommensform darstelle. Ergänzend legte sie eine SVB-Leistungsauskunft vom 2. September 2019 vor. Diese weist die Zeit vom 6. Juni 1949 bis 31. Dezember 1956 als "gleichgestellte Versicherungszeit", die Zeit vom 1. Januar 1957 als bis 27. August 1960 als "versichert" und die Folgezeit als nicht versichert aus.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ausländische Einkommen seien gemäß § 18a Abs. 1 Satz 3 SGB IV wie deutsche Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie diesen vergleichbar seien. Angesichts der Vielgestaltigkeit der sozialen Einrichtungen im Ausland und deren teilweise gänzlich andersartiger Organisation und Leistungsstruktur könne es nicht auf eine vollständige Übereinstimmung in allen Einzelheiten mit den anrechenbaren inländischen Erwerbsersatzleistungen ankommen. Ausgenommen seien von der Einkommensanrechnung ausländische Leistungen mit Fürsorge-, Unterhaltsersatz- oder Entschädigungscharakter. Ein ausländisches Rentensystem sei dann als gesetzliche Rentenversicherung anzusehen, wenn es dem Grunde nach auf öffentlich-rechtlicher Pflichtzugehörigkeit der Arbeitnehmer beruhe, wiederkehrende Leistungen für den Fall der vorzeitigen Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes vorsehe und kein reines Zusatzversorgungssystem darstelle. Es komme daher nicht darauf an, auf welchem Rechtsgrund die Zugehörigkeit im Einzelfall beruhe (z.B. aufgrund einer Beschäftigung oder auf freiwilliger Basis) oder ob die Leistungsansprüche auf Beitragsleistung oder auf der Eingliederung in ein staatliches Einwohnersystem beruhten. Das Rentensystem der Niederlande beruhe im Wesentlichen auf drei Säulen, nämlich der Grundente AOW, den betrieblichen Zusatzrentenversicherungen und der privaten Altersvorsorge. Die AOW-Rente werde von der Sozialversicherungsanstalt gezahlt. Der Betrag werde zweimal pro Jahr den Lohnsteigerungen angepasst. Sie werde als Rente der ersten Säule bezeichnet. Es handle sich somit nicht nur um eine Fürsorgeleistung, sondern um eine Grundrente, die das Existenzminimum abdecke.

Mit Urteil vom 22. Juli 2020 wies das SG die Klage ab und führte unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2019 zur Begründung im Wesentlichen aus, die AOW-Leistung sei einschließlich des zugehörigen sog. Urlaubsgeldes als eine mit der Rente der (gesetzlichen) Rentenversicherung wegen Alters vergleichbare Leistung zu berücksichtigendes Erwerbsersatzeinkommen. Für diese Vergleichbarkeit reiche es aus, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Erwerbsersatzeinkommen entspreche, d.h. nach Motivation und Funktion gleichwertig sei. Nach der Darstellung der SVB auf deren Webseite sei die AOW-Leistung die niederländische "Grundrente", also nicht eine Form zusätzlicher ergänzender Altersvorsorge. Die Zugehörigkeit zu diesem Versicherungssystem trete im Regelfall "automatisch" ein, nicht aufgrund eines individuellen Abschlusses eines Versicherungsvertrags o.ä. Das Königreich der Niederlande habe dementsprechend die Leistung nach dem Gesetz über die allgemeine Alterssicherung AOW ausdrücklich im Rahmen seiner Erklärung gemäß Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit als eine Leistung bei Alter bezeichnet, auf die diese Verordnung Anwendung finden solle. Der Vergleichbarkeit stehe nicht entgegen, dass die AOW-Leistung nicht durch Zeiten sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, sondern durch bloße Wohnzeiten in den Niederlanden erworben werde. Es handle sich um eine in Abhängigkeit von zurückgelegten Versicherungszeiten aufgebaute Grundrente und nicht um eine Form der Sozialhilfe. Nicht entscheidend sei, dass die AOW-Leistung im Falle der Klägerin auf einer Art freiwilliger Nachversicherung beruhe, nachdem diese in den Jahren ihrer Beschäftigung in den Niederlanden noch keine Rentenansprüche im sogenannten bedrijfstakpensioenfonds habe erwerben können. Auch der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland sei die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung keineswegs fremd. Die Anrechnung der AOW-Leistung auf die deutsche Witwenrente stelle keine europarechtswidrige Diskriminierung der Klägerin dar, da diese hierdurch nicht wegen ihrer niederländischen Staatsangehörigkeit in Deutschland gegenüber Inländern ungleich behandelt werde. Die Anrechnungsvorschrift stelle gerade sicher, dass eine Anrechnung auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nur bei Vergleichbarkeit mit einem inländischen Erwerbsersatzeinkommen erfolge. Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme des Rentenbewilligungsbescheides seien erfüllt, weil die Klägerin zumindest grob fahrlässig ihre Mitteilungspflichten verletzt habe. Im Antragsformular habe sie die Frage nach "Leistungen von einer Stelle im Ausland" ausdrücklich verneint. Es wäre aber ohne Weiteres aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen zu erkennen gewesen, dass der Bezug der AOW-Leistung zumindest zu offenbaren gewesen wäre, um eine Prüfung des Sachverhalts zu ermöglichen.

Gegen dieses ihr am 4. August 2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin 2. September 2020 beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zu deren Begründung hat sie über ihr bisheriges Vorbringen hinaus ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2008 - XII ZB 66/07 - juris) bestehe eine Vergleichbarkeit mit Versorgungsanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn Leistungsansprüche auf einer Pflichtmitgliedschaft basierten. Hiervon abzugrenzen seien Leistungen mit Entschädigungscharakter, die unabhängig von einer Bedürftigkeit gezahlt werden. Kennzeichnend für das AOW sei aber, dass die Höhe der Leistungen sich lediglich nach der Dauer der Beitragszahlungen richte, nicht nach der Höhe der gezahlten Beträge. Personen ohne Einkommen seien zwar nicht beitragspflichtig, gleichwohl aber rentenberechtigt. Die AOW-Leistung stehe nicht in einem funktionellen Zusammenhang mit dem früheren Erwerbseinkommen, trete also nicht an die Stelle von weggefallenem Erwerbseinkommen. Unter diesem Gesichtspunkt sei die vergleichbare kanadische OAS-Leistung nach der Rechtsprechung nicht auf eine Witwenrente anzurechnen (Verweis auf LSG Hamburg, Urteil vom 30. Januar 2008 - L 1 R 30/08). Bei ihr habe auch keine Versicherungspflicht bestanden. Sonst hätte sie einen Beitrag in die übrigen Volksversicherungen (Altersgeld, Hinterbliebenenrente und Krankenversicherung) entrichten müssen. Als unverheiratete Frau unter 30 Lebensjahren habe sie während ihrer Beschäftigung in den Niederlanden keine Rentenansprüche aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen erwerben dürfen (Verweis auf das vorgelegte Schreiben der MITT vom 31. Januar 2019). Deshalb habe für sie die Option bestanden, ab Einführung der AOW zum 1. Januar 1957 in die AOW-Leistung freiwillig Beträge einzuzahlen. Als Ausgleichsentschädigung habe sie für die Beschäftigungszeit vor dem 1. Januar 1957, rückdatiert bis zum 6. Juni 1949, einen beitrags- und bedürftigkeitsunabhängigen durch Steuermittel finanzierten eigenen Rentenanspruch nach AOW. Für die genannten rückdatierten Zeiten sei kein ausschlaggebender Anhaltspunkt in der Erklärung des Königreichs der Niederlande gemäß Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ersichtlich. Eine grob fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung liege nicht vor. Der Teil des Antragsformulars zum dauerhaften Erwerbsersatzeinkommen (Punkt 7) sei für sie zweideutig und schwierig auszufüllen. Die Rente wegen Alters aus einer ausländischen Leistung falle aus ihrer Sicht unter Abschnitt 7.8, über dem aber ein Passus mit zwei Auswahloptionen stehe, die bezüglich ihrer eingetragenen Lebenspartnerschaft so nicht übereinstimmen könne. Abschnitt 7.8 habe sie daher nicht beantworten dürfen, während Abschnitt 7.7 alle übrigen möglichen ausländischen Leistungen außer einer Rente wegen Alters umfasse, was sie wahrheitsgemäß verneint habe. Eine Nachfrage beim Regionalzentrum der Beklagten in Mannheim, wo sie das ausgefüllte Formular vorgelegt habe, sei ins Leere verlaufen. Zum finalen Abgabetermin vom 13. Februar 2017 hätten die Mitarbeiter der Mannheimer Beratungsstellen der Rentenversicherung nicht zur Verfügung gestanden, so dass sie, die Klägerin, den Antrag ohne jegliche Beratung nach besten Wissen und Gewissen alleine durchgearbeitet habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juli 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2019 und die Bescheide vom 17. April 2020 und 6. Juli 2021 aufzuheben, soweit eine Anrechnung der niederländischen AOW-Leistung vorgenommen wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und hat den Rentenbescheid vom 6. Juli 2021 vorgelegt, mit dem sie die Witwenrente ab dem 1. Juli 2020 neu berechnete. Neben der Rentenanpassung änderte sie den Anrechnungsbetrag wegen Änderung des zu berücksichtigten Einkommens auf 54,86 € (berücksichtigte AOW-Leistung 280,17 €) ab dem 1. Juli 2020 sowie 57,41 € (berücksichtigte AOW-Leistung 286,56) ab dem 1. Juli 2021 ab.

Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt; auf das Protokoll vom 26. Mai 2021 wird Bezug genommen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.