Versicherungspflicht eines Notarztes im Geltungsbereichs des Rettungsdienstgesetzes Baden-Württemberg während seiner Bereitschafts-
und Einsatztätigkeit in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
Arbeitnehmerüberlassung ohne das Erfordernis einer Erlaubnis beim Zurverfügungstellen von Notärzten für Krankenhäuser durch
ein Unternehmen auf der Grundlage einer vertraglichen Verpflichtung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der versicherungsrechtliche Status der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin streitig.
Die Klägerin ist ein im Jahr 2005 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründetes Unternehmen, das
in den Bereichen Notfallmedizin, Katastrophenmedizin und Krisenmanagement bundesweit Dienstleistungen anbietet. Das Unternehmen
betätigt sich im Bereich Lehre, Forschung, Beratung, leistet mit einem eigenen Team von Notärzten die notfallmedizinische
Betreuung bei Großveranstaltungen und besetzt für viele Krankenhäuser, Kliniken und Rettungsdienste Notarztdienste. Sie ist
seit Mai 2020 im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.
Die Klägerin schloss unter dem 11.02.2014 mit dem Klinikverbund S. GmbH, der durch den Bereichsausschuss Rettungsdienst gemäß
§ 10 Abs. 1 des Rettungsdienstgesetzes (RDG) Baden-Württemberg zur Gestellung von Notärzten für den Rettungsdienst verpflichtet ist, einen Kooperationsvertrag (zum 01.01.2014
in Kraft getreten). Danach beauftragt der Klinikverbund die Klägerin mit der Durchführung von Diensten im Rahmen des Notarzteinsatzes
u.a. am Standort A. (§ 1 Abs. 2 des Kooperationsvertrages). Für jeden Notarztstandort benennt der Klinikverbund gegenüber
der Klägerin einen Verantwortlichen und einen Vertreter, welche jegliche Befugnisse aller notwendigen Entscheidungen innehaben,
damit eine ordentliche Durchführung der Dienste gewährleistet ist (§ 2 Abs. 1 des Kooperationsvertrages). Der Klägerin werden
nach § 2 Abs. 4 des Kooperationsvertrages monatlich 42 Regeldienste (festgelegte Dienste, die sich monatlich nach einem festzulegenden
Schema wiederholen) und mind. 18 Bedarfsdienste (zusätzliche Dienste, welche seitens des Klinikverbundes jederzeit gegenüber
der Klägerin angefragt werden können) übertragen. Die Bekleidung für die ärztlichen Mitarbeiter der Klägerin wird durch die
Klägerin gestellt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Kooperationsvertrages). Die Räumlichkeiten, die an den einzelnen Standorten des Klinikverbundes
durch Mitarbeiter der jeweiligen Krankenhäuser für die Zeit der Dienste genutzt werden, dürfen in gleicher Weise auch von
Mitarbeitern der Klägerin im Rahmen der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der einschlägigen
Benutzungsordnung genutzt werden (§ 3 Abs. 2 des Kooperationsvertrages). Die Klägerin stellt den Krankenhausträgergesellschaften
des Verbundes nach § 4 Abs. 1 des Kooperationsvertrages monatlich die geleisteten Dienste in Rechnung (2014 in Höhe von 61,68
€ pro Stunde). Einen entsprechenden Kooperationsvertrag schloss die Klägerin mit der H. Klinik R. GmbH, die gemäß § 10 Abs. 1 RDG zur Gestellung von Notärzten für den Notarztstandort S. verpflichtet ist (Kooperationsvertrag vom 22.07./24.07.2013). Hinsichtlich
der Dienstzeiten ist darüber hinaus in § 2 Abs. 8 des Kooperationsvertrages vereinbart, dass die Dienstzeiten bei der Dienstübertragung
verbindlich vereinbart werden. Die Räumlichkeiten werden durch das Deutsche Rote Kreuz Kreisverband R. e.V. gestellt (§ 3
Abs. 2 des Kooperationsvertrages). Die Vergütungshöhe bemisst sich nach geleisteten Dienststunden (§ 4 des Kooperationsvertrages;
53,25 € im ersten Vertragsjahr). Hinsichtlich des genauen Wortlautes der Verträge wird auf Bl. 76 bis 86 der Gerichtsakte
Bezug genommen. Zwischen der Klägerin und den jeweiligen Trägern des Rettungsdienstes bestehen keine Vertragsbeziehungen.
Der im Jahr 1976 geborene Beigeladene zu 1), Facharzt für Anästhesiologie, ist als Arzt im O.klinikum L. in Vollzeit versicherungspflichtig
beschäftigt. Für seine Tätigkeit im Krankenhaus beantragte der Beigeladene zu 1) die Befreiung von der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI). Mit Bescheid vom 11.12.2003 befreite daraufhin die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte, den Beigeladenen zu 1) für die Tätigkeit als Arzt. Sein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt aus der Tätigkeit im
Krankenhaus übersteigt die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze. Neben seiner Beschäftigung im Krankenhaus ist der Beigeladene
zu 1) seit September 2014 im Auftrag der Klägerin ca. zwei bis drei Mal im Monat als Notarzt im Rettungsdienst an den Standorten
A. und S. tätig. Für diese Tätigkeit hat der Beigeladene zu 1) eine Nebentätigkeitsgenehmigung seines Arbeitgebers. Als Notarzt
arbeitet er außerdem seit Januar 2014 für das Deutsche Rote Kreuz W. . Unter dem 15. bzw. 25.08.2014 schloss der Beigeladene
zu 1) mit der Klägerin einen "Vertrag über freie Mitarbeit", der bis zum Abschluss des neuen Vertrages vom 11.04.2017 Gültigkeit
hatte. Der Vertrag lautet:
§ 1 Gegenstand des Vertrages
(1) Der freie Mitarbeiter übernimmt die Ausübung nachstehender Tätigkeiten:
- Notärztliche Betreuung an diversen Standorten im Auftrag des Instituts
- Ausbildungen, Lehre und wissenschaftliche Tätigkeiten im Auftrag des Instituts
- Mitarbeit bei sonstigen Projekten im Auftrag des Instituts
(2) Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, dem Institut über seine Tätigkeiten (insbesondere über Ergebnisse und Aktionen)
Bericht zu erstatten.
(3) Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, sich über die seine Aufgaben betreffenden betrieblichen Gegebenheiten des Instituts
zu informieren.
(4) Das Institut stellt dem freien Mitarbeiter alle zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Informationen, Hilfsmittel
und Unterlagen zur Verfügung.
(5) Der Vertrag ersetzt jeden zuvor zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag.
§ 2 Zeit und Ort der Dienstleistung
(1) Der freie Mitarbeiter ist hinsichtlich der Art und Durchführung der ihm erteilten Aufträge frei. Er unterliegt keinen
Weisungen seitens des Instituts. Weisungen Dritter bleiben unberührt.
(2) Der freie Mitarbeiter ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes frei.
(3) Dem freien Mitarbeiter stehen seitens des Instituts keine festen Einrichtungen zur Erbringung seiner Tätigkeit zur Verfügung.
§ 3 Vergütung
(1) Der freie Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit ein jeweils zu vereinbarendes Honorar.
(2) Das Honorar ist nach Einreichung einer Rechnung jeweils zum Ende eines folgenden Monats zur Zahlung fällig.
(3) Der freie Mitarbeiter ist für die Entrichtung sämtlicher Steuern auf seine Einkünfte nach diesem Vertrag selbst verantwortlich
und wird dem Institut eine eventuell vom Institut zu entrichtende Lohnsteuer erstatten sowie dem Institut auf dessen Verlangen
von jedweder lohnsteuerlichen Haftung freistellen, nach Wahl durch das Institut durch Zahlung an das Institut oder an das
Finanzamt. Eine eventuell von der Finanzverwaltung nachgeforderte Umsatzsteuer geht ebenfalls ausschließlich zu Lasten des
freien Mitarbeiters. Ansprüche auf rückwirkende oder zukünftige Anpassung der Vergütung bestehen nicht.
(4) Vorstehende Bestimmung zur Behandlung der Lohnsteuer (Freistellungs- und Erstattungspflicht des freien Mitarbeiters gegenüber
dem Institut) gilt auch in Bezug auf Sozialversicherungsbeiträge, sollten solche deswegen im Nachhinein geschuldet sein, weil
die Vertragsschließenden bei Vertragsabschluss die Existenz eines unselbstständigen Beschäftigungsverhältnisses verneinten.
§ 4 Reisekosten
Die Reisekosten und sämtliche Aufwendungen sind mit dem vereinbarten Honorar abgegolten.
§ 5 Verschwiegenheit und Herausgabe von Unterlagen
(...)
§ 6 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot
Dem freien Mitarbeiter steht es frei, auch für andere Unternehmen tätig zu sein. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich,
dem Institut jeden möglichen Interessenkonflikt, der sich aus einer anderen Tätigkeit ergeben kann, anzuzeigen.
§ 7 Arbeitsergebnisse
Alle Ergebnisse der Tätigkeit des freien Mitarbeiters stehen unmittelbar dem Institut zur Verfügung.
§ 8 Vertragsdauer und Kündigung
Dieser Vertrag gilt für die Zeit der übernommenen Aufträge. Der Vertrag ist von beiden Seiten jederzeit kündbar. Das Recht
zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß §
626 BGB bleibt unberührt. Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
§ 9 Schlussbestimmungen
(...)
Am 10.09.2014 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Feststellung, dass er für die Klägerin und das Deutsche
Rote Kreuz W. als selbstständiger Notarzt im Rettungsdienst tätig sei. Er legte den genannten Vertrag über freie Mitarbeit
vor und teilte auf Nachfrage mit, dass es keine weiteren Honorarvereinbarungen gebe. Die Verdienste seien aus den Rechnungen
ersichtlich. Beigefügt waren sechs Honorarabrechnungen aus der Zeit vom 01.09.2014 bis 20.02.2015 über 14 Notarzteinsätze
in S. und A. . Für einen 12-Stunden-Dienst rechnete er 390,00 € und für einen 24-Stunden-Dienst 850,00 € ab. Umsatzsteuer
setzte er unter Verweis auf § 4 Abs. 14 Umsatzsteuergesetz nicht an. Die Klägerin gab gegenüber der Beklagten an, dass sie nicht in vertraglicher Beziehung zu den Rettungsdienstleistern
stünde. Nur die Krankenhäuser, für die sie durch Gestellung von Notärzten tätig sei, hätten Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern
abgeschlossen.
Mit Schreiben vom 21.05.2015 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) zur beabsichtigten Feststellung des
Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung und der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
an. Der Beigeladene zu 1) teilte daraufhin mit, aus seinen wechselnden Auftraggebern sei erkennbar, dass er frei und unabhängig
Aufträge akquirieren könne. Er bestimme seine Dienste selbst und könne nicht zu Diensten verpflichtet werden, wie sich aus
den vorgelegten E-Mails an die Klägerin ergebe. Es bestünde auch ein Ausfallrisiko, wenn der Auftraggeber die Dienste anderweitig
vergebe. Auch im Krankheitsfall bestünde ein Ausfallrisiko. Zur Absicherung seines unternehmerischen Risikos habe er selbst
eine Berufshaftpflichtversicherung und eine Unfallversicherung abgeschlossen. Außerdem sei er Mitglied in der Berufsgenossenschaft
für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Er besitze seine eigene Kleidung (Einsatzhose, Einsatzschuhe, Einsatzjacke, Einsatzhemd,
Stethoskop und Literatur) und sei an keine medizinischen Weisungen während seiner Einsätze gebunden. Der Leitende Notarzt
komme nur im Großschadensfall (z.B. ICE-Unglück von E. ) zum Einsatz. Er habe im Übrigen auch eine Qualifikation als Leitender
Notarzt. Dieser werde aber nicht durch den Auftraggeber besetzt, sondern durch den Landkreis bestellt. Die Leitstelle diene
ausschließlich der Notrufannahme, Koordination der Fahrzeuge und der Anfahrtsübermittlung. Medizinische Weisungen würden nicht
erteilt. Im Einsatz sei ausschließlich sein Wissen als Arzt relevant. Es existierten keine Leitlinien o.Ä., nach denen er
sich richten müsse.
Mit Bescheiden vom 24.06.2015 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit
des Beigeladenen zu 1) als Notarzt seit dem 01.09.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde
und seit dem 01.09.2014 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Zur
Begründung wurde angegeben, die Eingliederung in den Rettungsdienst ergebe sich aus dem RDG, dem Rettungsdienstplan Baden-Württemberg für 2014 und aus der "Rahmenvereinbarung über die Mitwirkung von an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmenden Ärzten (Vertragsärzten) und Nichtvertragsärzten sowie von Krankenhausärzten im Rettungsdienst" nach
§ 10 RDG (im Folgenden Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG). Dass der Beigeladene zu 1) für mehrere Auftraggeber tätig werde, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
nicht aus. Es müsse jedes Vertragsverhältnis im Einzelfall geprüft werden. Dass zur Ausübung der Tätigkeit eigene Kleidung
eingesetzt werde, stünde der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls nicht entgegen. Der wirtschaftliche
Aufwand hierfür sei nicht so hoch, dass damit ein erhebliches wirtschaftliches Risiko verbunden sei.
Hiergegen legte die Klägerin am 27.07.2015 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Beklagte ziehe aus dem RDG falsche Schlüsse. Die Rettungsleitstelle erteile dem Beigeladenden zu 1) keine Weisungen. Ihre Tätigkeit sei vergleichbar
mit der eines Boten. Sie vermittle lediglich Fremdwissen. In einer bloßen Informationsversorgung liege keine arbeitsrechtliche
Weisung. Die Rettungsleitstelle sei zudem keine Arbeitsorganisation, die der Klägerin oder einem Krankenhaus zugeordnet werden
könne. Eine etwaige Weisungsbefugnis wäre der Klägerin deshalb nicht zurechenbar. Das RDG schließe auch nicht das Recht des Notarztes aus, sich vertreten zu lassen oder einen angetretenen Bereitschaftsdienst abzubrechen.
Aus der Fortbildungspflicht eines Notarztes lasse sich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ableiten. Die Klägerin könne
keine entsprechende Weisung an den Beigeladenen zu 1) erteilen. Auch aus der Dokumentation der Einsätze folge nicht die Begründung
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Die Dokumentation sei allein der Bedeutung des Einsatzes und der damit evtl.
verbundenen Folgen geschuldet. Aus der Existenz eines Leitenden Notarztes im Großschadensfall folge ebenfalls keine abhängige
Beschäftigung zur Klägerin. Zutreffend sei, dass der Beigeladene zu 1) gegenüber dem Rettungsdienstpersonal weisungsbefugt
sei. In die Arbeitsorganisation der Klägerin würden Notfallärzte dadurch aber nicht eingebunden, gleichermaßen nicht in die
Arbeitsorganisation einer Klinik. Die von der Beklagten angeführten gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen dienten allein
der Organisation des Rettungsdienstes und nicht der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen
zu 1). Hinzuweisen sei auch darauf, dass anders als bei einem Beschäftigungsverhältnis der Ort des Geschehens rein zufällig
sei. Im Mittelpunkt der Tätigkeit stünde die medizinische Versorgung des Patienten. Hier sei der Beigeladene zu 1) allein
seinem Berufsstand unterworfen. Die Rettungsleitstelle oder die Klägerin träfen keine freie Entscheidung hinsichtlich des
Ortes. Die Örtlichkeit der Rettungsleitstelle sei allein Ergebnis einer Entscheidung des Gesetzgebers. Sie sei nichts anderes
als eine Telefonstelle zur Entgegennahme von Notrufen und Weiterleitung an die Rettungswachen und Rettungsmittel. Die Weisungsfreiheit
des Beigeladenen zu 1) bei der Ausübung seiner Tätigkeit sei uneingeschränkt. Niemand könne ihm inhaltliche Weisungen erteilen.
Einsatzdienste eines Notarztes seien sowohl im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit als auch in Form eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
möglich. Die Anzeige des Beigeladenen zu 1) im Bereitschaftsplan der Klägerin, einen Notarztdienst ausüben zu können, verpflichte
die Klägerin nicht, die Dienste anzunehmen. Genauso wenig bestehe für den Beigeladenen zu 1) die Pflicht, überhaupt einen
Bereitschaftsdienst anzubieten. Die Vergütung habe ihm nur zugestanden, wenn er Einsatzdienste auch tatsächlich durchgeführt
habe. Insgesamt weise die Tätigkeit des Klägers keine Merkmale auf, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen.
Mit weiteren Bescheiden vom 17.08.2015 stellte die Beklagte fest, dass auch die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Notarzt
beim Deutschen Roten Kreuz W. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Den hiergegen erhobenen
Widerspruch des Beigeladenen zu 1) und des Deutschen Roten Kreuzes W. wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 04.04.2016).
Der dagegen erhobenen Klage gab das Sozialgericht Freiburg (S 16 R 1809/16) nur insoweit statt, als die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Rentenversicherung festgestellt
hatte. Die mit Bescheid vom 11.12.2003 erteilte Befreiung stünde dem entgegen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Berufung
des Deutschen Roten Kreuzes wies das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 18.05.2020 zurück (L 4 BA 2288/18).
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 24.06.2015 zurück
und führte zur Begründung aus, der Beigeladene zu 1) stehe nicht im Mittelpunkt eines eigenen Betriebes, sondern leiste fremdbestimmte
Arbeit in einer von fremder Hand vorgegebenen Unternehmensorganisation. Er verfüge nicht über einen abgrenzbaren räumlichen
Bereich, der allein seiner Verfügungsmacht unterstehe und ihm zuordenbar sei. Die Tatsache, dass nach dem Willen der Beteiligten
ein Anstellungsverhältnis ausdrücklich vermieden werden solle, könne das Zustandekommen von Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen
Sinne nicht verhindern. Es handele sich bei ärztlichen Tätigkeiten um Dienste höherer Art, wobei das Weisungsrecht zur funktionsgerecht
dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein müsse. Notärzte oder als Notdienstarzt tätig Ärzte übten die Tätigkeit
regelmäßig in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis aus. Die Arbeitsorganisation werde von Dritten vorgegeben. Die von
dem Beigeladenen zu 1) erbrachten Dienste erforderten bereits sachlogisch eine Zusammenarbeit mit dem weiteren Personal. Er
unterstehe den Weisungen der Einsatzleitung des Rettungsdienstes. Er arbeite in gleichem Maße in Bezug auf Zeit, Ort und Umfang
der zu erbringenden Leistungen überwiegend fremdbestimmt und sei in gleichem oder zumindest ähnlichem Maße in die üblichen
organisatorischen Abläufe und Strukturen integriert und involviert wie ein angestellter Notarzt. Er nehme insofern funktionsgerecht
dienend am Arbeitsprozess teil. Die erforderliche Organisation der arbeitsteiligen Aufgabenwahrnehmung mache die Einhaltung
von Dienstplänen und die ärztliche Verantwortungsstruktur im Rettungsteam erforderlich. Zwar könne die Möglichkeit, Aufträge
anzunehmen oder abzulehnen, wie sie auch für den Beigeladenen zu 1) bestanden habe, grundsätzlich als Indiz für das Vorliegen
einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden, weil der Betroffene damit den Umfang der Tätigkeit weitgehend selbst bestimmen
könne. Jedoch seien auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend
dem Arbeitnehmer überließen, ob er im Anforderungsfalle tätig werde oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehne.
Der Beigeladene zu 1) sei während der übernommenen Dienste weisungsgebunden in die Betriebsorganisation eingegliedert und
insofern abhängig beschäftigt. Er erfülle keine mit ihm selbst geschlossenen Behandlungsverträge, sondern sei weisungsgebunden
eingesetzt. Soweit dies anders vertraglich geregelt sei, entspreche dies offenkundig nicht der tatsächlichen Handhabung. Die
Verantwortung für das Qualitätsmanagement liege bei der Klägerin als Auftraggeber. Ob das zu beurteilelende Vertragsverhältnis
den Haupterwerb des Auftragnehmers darstelle, sei nicht relevant. Der Beigeladene zu 1) trage zudem kein nennenswertes Unternehmerrisiko.
Er setze kein eigenes Kapital ein und auch nicht seine Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes. Er erhalte vielmehr vorab
ein ausgehandeltes erfolgsunabhängiges Honorar. Die zwischen den Beteiligten vereinbarte Abrechnung nach Stunden sei typisch
für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Der Beigeladene zu 1) erbringe die vereinbarten Dienste unter kostenloser Nutzung
der vorgegebenen Infrastruktur und bereitgestellten Arbeitsmittel. Fehlende vertragliche Regelungen zum Urlaubsanspruch und
zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hätten keine Indizwirkung.
Am 04.05.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, räumliche und zeitliche Vorgaben existierten nicht. Die Klägerin biete auf
der Homepage lediglich an, von welchen Standorten aus Notarztdienste erbracht werden könnten. Der Notarzt bestimme selbst,
welche Einsatzmöglichkeit er annehmen wolle. Die Klägerin habe keinerlei Befugnisse, dem Notarzt vorzugeben, wo er tätig werden
müsse. Das Krankenhaus, in dessen Interesse der Notarztdienst ausgeübt werde, habe ebenfalls kein Direktionsrecht gegenüber
dem Beigeladenen zu 1). In den Entscheidungsprozess des Notarztes sei das Krankenhaus überhaupt nicht einbezogen. Auch inhaltliche
Weisungen könnten dem Notarzt nicht erteilt werden. Hinsichtlich der rechtlichen Qualität der Anrufe der Rettungsleitstelle
werde auf den bisherigen Vortrag verwiesen. Die Beklagte habe sich damit nicht auseinandergesetzt. Die Existenz der Rettungsleitstelle,
die eine hoheitliche Einrichtung sei, könne weder als Indiz für noch gegen eine Weisungsabhängigkeit sein. Mit Ausnahme eines
Großschadens leite der Beigeladene zu 1) den Einsatz. Das "weitere Personal" erteile dem Auftragnehmer keine Weisungen. Die
Behauptung der Beklagten, der Beigeladene zu 1) sei in die "Strukturen integriert und involviert" sei unsubstantiiert. Die
Information, die der Notarzt von der Rettungsleitstelle erhalte, sei mit einer arbeitsrechtlichen Weisung nicht vergleichbar.
Nicht Dienstpläne und Leistungsstandards bestimmten das Handeln, sondern die Regeln der ärztlichen Kunst. Dass diese eingehalten
werden könnten, sei nachweisbar durch Fortbildungsbescheinigungen, Notarztkurse u.a. Im Vordergrund stünde die medizinische
Behandlung (daneben untätiges Warten). Die Begleitumstände seien nicht prägend und auch nicht Leistungsbestandteil der Vertragsbeziehung
der Klägerin zum Krankenhaus. Die Klägerin steuere keine Arbeitsabläufe. Insgesamt übe der Beigeladene zu 1) keine unselbstständige
Tätigkeit aus.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung beim SG am 15.05.2018 hat der Geschäftsführer der Klägerin angegeben, sie hätten neben den freien Mitarbeitern derzeit 14 festangestellte
Notärzte, um dann, wenn der Dienst unter der Woche oder z.B. an Weihnachten sichergestellt werden müsse, auf diese zurückgreifen
zu können. Ein festangestellter Notarzt erhalte monatlich 7.000,00 € brutto. Für einen 24-Stunden-Einsatz erhalte ein freiberuflicher
Notarzt derzeit 1.000,00 € netto von der Klägerin.
Mit Urteil vom 15.05.2018 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 24.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.04.2016 aufgehoben und festgestellt,
dass der Beigeladene zu 1) seit dem 01.09.2014 bei der Klägerin nicht abhängig beschäftigt ist und nicht versicherungspflichtig
in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ist. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei zwar formell, nicht jedoch materiell rechtmäßig. Denn die Beklagte habe zu Unrecht
festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt und versicherungspflichtig ist. Unter Anwendung
der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls sei der Beigeladene
zu 1) seit dem 01.09.2014 bei der Klägerin als Notarzt selbstständig tätig. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) hätten
ein selbstständiges Dienstverhältnis vereinbart und dieses auch tatsächlich praktiziert. Das "gelebte" Vertragsverhältnis
entspreche dem formell vereinbarten Vertrag über ein selbstständiges Dienstverhältnis. Anhaltpunkte dafür, dass der Vertragsschluss
allein aufgrund eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen oder unter Ausnutzung besonderer Umstände des
Beigeladenen zu 1) zustande gekommen sei (unter Verweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, in juris), lägen nicht vor. Der Beigeladene zu 1) sei vielmehr hauptberuflich als angestellter Arzt in einem Krankenhaus
tätig. Zwingendes Recht stünde der Qualifizierung des Vertragsverhältnisses als freier Dienstvertrag nicht entgegen. Die Regelungen
des RDG würden für alle Notärzte, abhängig beschäftigte und selbstständig tätige, gelten. Auch aus §
23c Abs.
2 Viertes Sozialgesetzbuch (
SGB IV) in der ab dem 11.04.2017 geltenden Fassung, wonach die Einnahmen aus einer notärztlichen Tätigkeit, die neben einer Beschäftigung
mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes erfolge, beitragsfrei seien,
ergebe sich, dass der Gesetzgeber es den Vertragsparteien überlasse, eine abhängige oder selbstständige Tätigkeit als Notarzt
zu begründen. Die im konkreten Fall zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) getroffenen Vereinbarungen sowie deren
tatsächliche Durchführung stünden im Rahmen einer Gesamtbetrachtung und -würdigung aller Umstände mit dem übereinstimmenden
Willen der Vertragsparteien, ein freies Dienstverhältnis zu begründen, ebenfalls nicht im Widerspruch. Es sei keine Rufbereitschaft
vereinbart. Für ein Abrufarbeitsverhältnis bestünden keine Anhaltspunkte. Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
oder Erholungsurlaub bestünden nicht. Der Beigeladene zu 1) erhalte nur für seine konkrete Tätigkeit ein zu vereinbarendes
Honorar, das nach Einreichung einer Rechnung fällig werde. Auch die Übernahme von Aufwendungen und Reisekosten, wie sie für
ein Arbeitsverhältnis typisch seien, stünden dem Beigeladenen zu 1) nicht zu. Er unterliege nach dem Vertrag auch keinerlei
Weisungen. Die einzelnen Aufträge könne der Beigeladene zu 1) nach freiem Belieben annehmen oder ablehnen. Auch hinsichtlich
des Arbeitsortes unterliege er keinen Weisungen. Eine einseitige Zuweisung durch die Klägerin sei nicht möglich und auch tatsächlich
nicht erfolgt. Fachlich bestehe bei ärztlichen Tätigkeiten ohnehin eine weitgehend weisungsfreie Tätigkeit, die nur bei Eingliederung
in Hierarchien durchbrochen werde (unter Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.02.2018 - L 11 R 4499/16 -, in juris). Eine Einbindung in die Weisungsstränge einer betrieblichen Hierarchie oder eine Verpflichtung, weitere Aufgaben
zu übernehmen, liege nicht vor. Die völlige Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) sei ein für Selbstständigkeit sprechendes
Indiz, das im Rahmen der Gesamtwürdigung von erheblichem Gewicht sei. Der Beigeladene zu 1) entscheide selbst, welche Maßnahmen
nach Übermittlung der Informationen zum Unfallort und zu weiteren Umständen erforderlich seien. Zu beachten sei, dass die
Rettungsleitstelle nicht zur Arbeitsorganisation der Klägerin gehöre. Der Beigeladene zu 1) sei auch nicht in die Betriebsorganisation
der Klägerin eingegliedert. Er sei ausschließlich als Notarzt "außerhalb" der Klägerin tätig. Der den Einsatz auslösende Alarm
erfolge nicht durch die Klägerin, sondern durch die örtliche Rettungsleitstelle. Ihm würden von der Klägerin keine festen
Arbeitszeiten bzw. Aufträge ohne vorherige Absprache und gegen seinen Willen zugewiesen. Die Möglichkeit Auftrage abzulehnen,
könne als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit gesehen werden. Der Beigeladene zu 1) habe - wie es für
Honorarärzte typisch sei - im Wesentlichen seine Arbeitskraft eingesetzt. Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung
einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, folge allerdings noch kein Unternehmerrisiko.
Ein Unternehmerrisiko liege jedoch darin, dass der Beigeladene zu 1) für seine freiberufliche Tätigkeit eine Berufshaftpflichtversicherung
abgeschlossen habe. Darüber hinaus gehöre er als Unternehmer der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege
an. Er setze auch seine eigene Arbeitskleidung ein. Auch die Pauschalvergütung spreche für ein Unternehmerrisiko. Das Honorar
bemesse sich allein anhand der zur Verfügung gestellten Zeit, nicht nach Art oder Anzahl der stattfindenden Notfalleinsätze.
Die vereinbarte Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung (§ 1 Abs. 1 des Vertrages) spreche nicht für eine
abhängige Beschäftigung, weil sie den Eigenheiten und besonderen Erfordernissen der Notarzttätigkeit geschuldet sei (unter
Verweis auf BSG, Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R -, in juris). In der Gesamtabwägung sprächen vor allem die fehlende Weisungsgebundenheit und die fehlende konkrete Eingliederung
in den Betrieb der Klägerin für eine selbstständige Tätigkeit. Hinzukomme das Unternehmerrisiko. Die Pflicht zur persönlichen
Leistungserbringung trete in der Gesamtabwägung zurück. Auch der Wille der Vertragsparteien habe hier indizielle Bedeutung
(unter Verweis auf BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, in juris).
Gegen das ihr am 01.06.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.06.2018 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt.
Zur Begründung trägt sie vor, dem SG sei bereits zu widersprechen, soweit es feststelle, die Klägerin habe mit dem Beigeladenen zu 1) ein freies Dienstverhältnis
vereinbart und dieses praktiziert. Die Regelungen in § 1 des Vertrages sprächen für die Eingliederung des Beigeladenen zu
1) in die Betriebsorganisation der Klägerin. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass eine Arbeitnehmerüberlassung vorliege.
Die Vertragsbeziehungen der Klägerin mit den Krankenhäusern sei deshalb in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die Freiwilligkeit
des Beigeladenen zu 1) bezüglich der einzelnen Einsätze sei als Indiz für eine Selbstständigkeit ungeeignet. Auch in einem
Arbeitsverhältnis könne ein Arbeitgeber sowohl zeitlich als auch inhaltlich nicht mehr oder andere Arbeiten verlangen als
arbeitsvertraglich vereinbart. Der Vertrag über freie Mitarbeit habe kein Dauerrechtsverhältnis begründet. Er stelle vielmehr
eine Rahmenvereinbarung dar. Eine tatsächliche Rechtsbeziehung bestünde deshalb erst bei tatsächlicher Übernahme eines Dienstes.
Zwar könne die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen grundsätzlich als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen
Tätigkeit angesehen werden, weil der Betroffene den Umfang seiner Tätigkeit damit weitgehend selbst bestimme. Jedoch seien
auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse solche Vertragsgestaltungen nicht unüblich. Wie sich aus der Rechtsprechung
des BSG ergebe (unter Verweis auf Urteil vom 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R -) sei zu berücksichtigen, dass eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn nicht deshalb in
seiner Bedeutung zurücktrete, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet sei. Unter Beachtung
dieses Grundsatzes sei der Beigeladene zu 1) sowohl zeitlich als auch örtlich in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert,
soweit diese bei der Sicherstellung der notärztlichen Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes durch die Gewährleistung der
Bereitstellung von Notärzten mitwirke. Zudem sei die Tätigkeit nicht allein durch die Notfalleinsätze geprägt. Seine Tätigkeit
umfasse auch die Präsenzpflicht während der gesamten Zeit des Bereitschaftsdienstes. Übernehme der Beigeladene zu 1) Notarztdienste,
so erfolge seine Eintragung in einen Dienstplan. Von diesem Augenblick an sei der Beigeladene zu 1) Teil der fremden Betriebsorganisation
der Klägerin. Dies werde schon daraus deutlich, dass der Beigeladene zu 1) offenbar zur Überbrückung personeller Engpässe
tätig werde, für die im Rettungsdienst normalerweise die abhängig beschäftigten Ärzte der Krankenhäuser eingesetzt würden.
Nach Zusage der Wahrnehmung des Notarztdienstes habe der Beigeladene zu 1) keine relevanten Möglichkeiten noch Einfluss auf
Zeit oder den Ort seiner Tätigkeit zu nehmen. Er habe folglich keine größeren Entscheidungs- oder Gestaltungsspielräume als
ein in der Klinik abhängig beschäftigter Notarzt. Grundsätzlich würden auch bei sog. freien Berufen, zu denen Ärzte gehörten,
die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu §
7 SGB IV gelten. Nach den Regelungen des RDG stellten Krankenhäuser Ärzte für die Notfallrettung zur Verfügung. Die Klägerin stelle den Kliniken Personal mit der entsprechenden
Qualifikation. Sie gewährleiste in diesem Rahmen, dass dem Rettungsdienst die Notärzte zur Verfügung stünden. Im Einsatz besäßen
die Notärzte ein Weisungsrecht gegenüber dem Rettungsdienstpersonal. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Rechtsprechung (unter
Verweis auf BSG, Urteil vom 23.10.1970 - 2 RU 6/69 -; BSG, Urteil vom 22.03.1973 - 2 RU 110/71 -; BSG, Urteil vom 27.05.1959 - 3 RK 18/59 -; Sächsisches LSG, Urteil vom 22.05.2002 - L 2 U 80/01 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.11.2006 - L 11(8) R 50/06 -; Hessisches LSG, Urteil vom 25.01.2007 - L 8 KR 148/05 -; alle in juris) verträten die Sozialversicherungsträger gemeinschaftlich die Auffassung, dass die Tätigkeit von Ärzten
zum Beispiel in einem Explantationsteam, als Hubschrauberarzt, als Notarzt oder als Notdienstarzt regelmäßig als Beschäftigungsverhältnis
zu qualifizieren sei. Maßgeblich spreche dafür, dass die Arbeitsorganisation, an deren Arbeitsprozess der Arzt funktionsgerecht
dienend teilnehme, von Dritten vorgegeben sei und dass die Ärzte nicht allein für ihre ärztliche Tätigkeit vergütet würden,
weshalb sie auch nicht nach der Gebührenordnung für Ärzte liquidierten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.05.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zur Begründung trägt sie vor, die Argumentation der Beklagten beschränke
sich auf die pauschale Behauptung, die Tätigkeit sei weisungsgebunden erbracht worden und der Beigeladene zu 1) sei in die
Betriebsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen, ohne im Einzelfall aufzuzeigen, welche konkreten Umstände der jeweiligen
Einzeleinsätze dafür sprächen. Es liege auch keine Arbeitnehmerüberlassung vor. Wenn, dann seien allenfalls die Krankenhäuser
Überlasser und Arbeitgeber. Da der Beigeladene zu 1) in einem Krankenhaus angestellt sei, würde es sich quasi um eine Arbeitnehmerüberlassung
des klinikeigenen Personals handeln im Sinne einer doppelten Arbeitnehmerüberlassung analog dem Prinzip "sale and lease back".
Der Umstand, dass die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) einen Rahmenvertrag geschlossen habe, spreche - entgegen den Ausführungen
der Beklagten - gerade gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Eine Freiwilligkeit für den Arbeitnehmer in Bezug auf
die zugewiesene Tätigkeit sei nur in Ausnahmefällen gegeben. Ein solcher Ausnahmefall könne nicht dazu führen, dass die Freiwilligkeit
als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit ausscheide. Die Tätigkeit als Notarzt werde von gesetzlichen Regeln
bestimmt, denen sich sowohl niedergelassene als auch angestellte Ärzte zu unterwerfen hätten. Die gesetzlichen Regelungen
seien keine arbeitsrechtlichen Weisungen. Arbeitsrechtliche Weisungen erteile die Klägerin nicht. Sie gebe lediglich Anforderungen
der Notrufzentrale an interessierte Ärzte weiter, die dann selbst entscheiden könnten, ob sie den Auftrag annähmen oder nicht.
Die Art und Weise der Ausführung werde von den gesetzlichen Vorgaben und nicht von der Klägerin bestimmt. Notärzte seien auch
nicht verpflichtet, die Tätigkeit höchstpersönlich zu erbringen. Es bestünde die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen. Eine
Eingliederung in die Betriebsorganisation der Klägerin finde nicht statt. Soweit die Beklagte auf die Präsenzpflicht während
der gesamten Zeit des Bereitschaftsdienstes abstelle, ergebe sich diese nicht aus der betrieblichen Organisation der Klägerin,
sondern aus den Anforderungen des RDG und dessen Umsetzung. Falsch sei die Annahme der Beklagten, die Klägerin trage den Beigeladenen zu 1) in einen Dienstplan
ein. Die Klägerin führe keinen Dienstplan. Bestenfalls sei von einem Einsatzplan auszugehen, einem virtuellen Kalender, der
eher einer Ausschreibung an interessierte Ärzte entspreche und auf die sich die Ärzte bewerben würden. Die Ärzte könnten sich
selbst für einen Einsatz in zeitlicher und örtlicher Hinsicht bewerben und in diesen Kalender eintragen. Die Ärzte könnten
ihr Angebot zurückziehen. Ihnen drohten dadurch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sondern lediglich ein wirtschaftlicher
Verlust. Eine persönliche Abhängigkeit zur Klägerin bestünde in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt. Er unterliege keinem
Weisungsrecht der Klägerin. Die Beklagte habe nicht dargelegt, wie ein solches konkret ausgestaltet sein solle und welche
arbeitsrechtlichen Mittel zur Durchsetzung zur Verfügung stünden. Die tatsächlichen Gegebenheiten sprächen für eine selbstständige
Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Er habe eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Aus der Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG ergebe sich, dass die Kosten für die Versicherung und die Schutzkleidung Kosten der Notärzte seien. Soweit die Beklagte darauf
abstelle, dass die Notärzte im Einsatz ein Weisungsrecht gegenüber dem Rettungsdienstpersonal hätten, sei dies kein Indiz
für die Eingliederung in die Betriebsorganisation der Klägerin. Dieses Weisungsrecht ergebe sich nicht aus der Betriebsorganisation
der Klägerin, sondern aus dem RDG und den dazu getroffenen Rahmenvereinbarungen. Die von der Beklagten zitierten Urteile beträfen andere Sachverhalte. Es fehle
der erforderliche Sachverhaltsbezug. Die Beklagte möge für jeden einzelnen Einsatz des Beigeladenen zu 1) konkret darlegen,
welchem von Dritten vorbestimmten Arbeitsprozessen er unterworfen gewesen sei. Das Krankenhaus bestimme ebenso wenig wie die
Klägerin, das Deutsche Rote Kreuz oder das Land Baden-Württemberg die Arbeitsprozesse. Die Klägerin habe keinerlei Einfluss
auf die Ausgestaltung der Tätigkeit. Die Klägerin als Arbeitgeberin zu deklarieren anstelle der Krankenhäuser oder der Träger
des Rettungsdienstes beruhe auf Willkür. Die Tätigkeit der Klägerin sei mit der eines Architekten vergleichbar, der für den
Bauherrn eine erforderliche Leistung ausschreibe. Auf diese Ausschreibung könnten sich selbstständige Ärzte bewerben. Diese
seien nicht verpflichtet, den Auftrag auch tatsächlich anzunehmen und hätten keinen Anspruch, den Auftrag auch tatsächlich
zu bekommen. Werde der Auftrag angenommen, sei der Auftraggeber als selbstständiger Unternehmer gehalten, sich an die Vorgaben
des Auftragsgebers und an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten. Die Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg vom 16.10.2020
(L 4 BA 732/19) und 20.07.2020 (L 4 BA 3646/18) seien nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Zudem berücksichtige
das LSG nicht, dass bei Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses in den meisten Fällen der Rahmen des rechtlich Zulässigen
überschritten sei, weil Notärzte wie der Beigeladene zu 1) bereits in einer Klinik ein Arbeitsverhältnis in Vollzeit hätten
und das Arbeitszeitgesetz verlange, dass im Fall von mehreren Beschäftigungsverhältnissen die Arbeitszeiten zusammenzurechnen seien (unter Verweis
auf BT-Drs. 18/11982, S. 16, BT-Drs. 18/11022 und BT-Drs. 18/11142 zu kleinen Anfragen zur Sozialversicherungs- und Beitragspflicht
von Notärzten). Die Entscheidung eine Tätigkeit auszuüben, die über die gesetzlich zulässige Arbeitszeit hinausgehe, könne
nur ein freier Unternehmer treffen. Die Tatsache, dass mehrere Auftraggeber vorhanden seien, spreche schon allein gegen eine
abhängige Beschäftigung. Anderenfalls käme bestenfalls eine versicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung im Sinne von §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV in Betracht, da die Grenze von 70 Tagen nicht überschritten sei. Zudem könne ein Beschäftigungsverhältnis allenfalls mit
den Trägern des Rettungsdienstes angenommen werden, weil die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ihr Gepräge durch den von Dritten
durchgeführten Rettungsdienst erhalte. Beim Unternehmerrisiko müsse berücksichtigt werden, dass ein relevantes Verlustrisiko
nur begrenzt als Bewertungskriterium herangezogen werden könne. Außerdem sei der Beigeladene zu 1) durchaus einem Verlustrisiko
ausgesetzt, denn er könne nicht mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, seine Tätigkeit auch von der Klägerin vergütet zu
bekommen.
Die Beigeladenen haben sich nicht zur Sache eingelassen und keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten, wird auf
die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die form- und fristgerecht (vgl. §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft, da die Klage weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen
hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft (vgl. §
144 Abs.
1 Satz 1
SGG).
II. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 24.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.04.2016, mit dem
die Beklagte über den Status und die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin ab dem
01.09.2014 auf Grundlage des Vertrages über freie Mitarbeit vom 15. bzw. 25.08.2014 entschieden hat. Da dieser Vertrag zwischen
der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) nur bis zum Abschluss des neuen Vertrages vom 11.04.2017 Gültigkeit hatte, beschränkt
sich der streitgegenständliche Zeitraum auf die Zeit vom 01.09.2014 bis 10.04.2017.
III. Die Berufung ist begründet. Das SG hat zu Unrecht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 04.04.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene zu 1) war im streitgegenständlichen
Zeitraum in seiner Tätigkeit als Notarzt für die Klägerin abhängig beschäftigt ist und versicherungspflichtig in der Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV (in der Fassung des Gesetzes zur Neufassung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 12.11.2009, BGBl. I S. 3710). Danach können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die
Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung
einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von §
28h Abs.
2 SGB IV die Beklagte (§
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV).
1. Der Bescheid der Beklagten vom 24.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2016 ist formell rechtmäßig.
Die Beklagte hat als zuständige Behörde entschieden. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) haben sich für das (fakultative)
Anfrageverfahren bei der Beklagten nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV entschieden; ein vorrangiges Verfahren bei der Einzugs- oder der Prüfstelle war nicht eingeleitet worden (zur Verfahrenskonkurrenz
vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 08.06.2011 - L 5 KR 4009/10 - und - L 5 R 4078/10 -, beide n.v.). Der Bescheid ist auch hinreichend bestimmt. Gem. § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss
im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf
welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen
soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit
(vgl. näher BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R -; Urteil vom 04.06.2009, - B 12 R 6/08 R -, alle in juris). Außerdem darf sich weder die im Anfrageverfahren (§
7a SGB IV) noch die im Einzugsstellenverfahren (§
28h SGB IV) ergehende Entscheidung auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung
dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urteil vom 11.03.2009, a.a.O.). Die Beklagte ist diesen Anforderungen mit ihrem Bescheid vom 24.06.2015 gerecht geworden.
Sie hat die von dem Beigeladenen zu 1) für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit mit "Notarzt" hinreichend bestimmt bezeichnet.
Die Beklagte hat sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses beschränkt, vielmehr
ausdrücklich festgestellt, dass für die Beschäftigung Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht
der Arbeitsförderung bestehe.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 24.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2016 ist auch materiell rechtmäßig.
a) Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen - soweit hier relevant - der Versicherungspflicht in der
Rentenversicherung gem. §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI und nach dem Recht der Arbeitsförderung gem. §
24 Abs.
1 und §
25 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III). Gemäß §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dafür ist erforderlich, dass der
Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn
der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden
Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden
Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko,
das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen
frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. etwa BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015 - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -; Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -, alle in juris). Das Unternehmerrisiko besteht (regelmäßig) in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens
das eingesetzte Kapital (ganz) zu verlieren oder mit ihm (nur) Verluste zu erwirtschaften; ihm entspricht die Aussicht auf
Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko,
das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Das für eine selbstständige
Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen
Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung nicht wesentlich bestimmen (BSG, Beschluss vom 16.08.2010, - B 12 KR 100/09 B -, in juris). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft
auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss
ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch
größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen
(BSG, Urteil vom 25.04.2012, - B 12 KR 24/10 R -, in juris).
Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach
entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für
sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend
ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich
relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt
der Prüfung sind die (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich oder ggf.
auch nur mündlich - getroffen haben. Behörden und Gerichte müssen den Inhalt dieser Vereinbarungen feststellen. Sind die Vereinbarungen
schriftlich getroffen worden, muss dabei auch geklärt werden, ob sie durch mündlich getroffene (Änderungs-)Vereinbarungen
oder durch schlüssiges Verhalten rechtswirksam abgeändert worden sind. Steht der Inhalt der Vereinbarungen danach fest, ist
zu prüfen, ob die Vereinbarungen (mit dem festgestellten Inhalt) wirksam oder wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht unwirksam
sind, wobei bei gegebenem Anlass auch die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen geklärt werden muss, um auszuschließen, dass
ein "Etikettenschwindel" bzw. ein Scheingeschäft vorliegt und die Vereinbarung deswegen gemäß §
117 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) nichtig ist; ist letzteres der Fall, muss der Inhalt des durch das Scheingeschäft verdeckten Rechtsgeschäfts festgestellt
werden. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden)
Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder zum Typus der selbstständigen
Tätigkeit vorzunehmen. Danach ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere (tatsächliche) Umstände vorliegen, die
eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015 - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -, alle in juris).
Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige
Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden
Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen
Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende
Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch
oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden,
sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als
weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder
Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen
Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt
und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen
werden (BSG, Urteil vom 24.05.2012 - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -, beide in juris).
b) Für die Beurteilung der Tätigkeit von sog. Honorarärzten gelten keine abweichenden Maßstäbe. Insoweit führte das BSG in seinen Entscheidungen vom 04.06.2019 (u.a. - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 19 f.; - B 12 KR 14/18 R -, in juris, Rn. 24 f.; - B 12 KR 22/18 R -, in juris, Rn. 17 f.) aus, dass die Bezeichnung als Honorararzt kein besonderes ärztliches Tätigkeitsbild im sozialversicherungsrechtlichen
Sinne kennzeichnet und auch die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht abstrakt für bestimmte Berufs-
und Tätigkeitsbilder erfolgt. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen
Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.
Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung
ist auch nicht dadurch vorgeprägt, dass sog. Honorararztverträge in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bisher überwiegend
als freie Dienstverhältnisse qualifiziert werden. Denn es besteht kein vollständiger Gleichklang des arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs
mit dem Beschäftigungsbegriff nach §
7 SGB IV (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 12/18 R -, in juris, Rn. 22).
Bei der Gewichtung der Indizien sind allerdings die Besonderheiten der ärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus zu berücksichtigen.
Deshalb können einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbstständig kennzeichnen, von vornherein
nicht als ausschlaggebende Abgrenzungsmerkmale herangezogen werden. Ärzte handeln bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien
grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen
werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach ganz herrschender Meinung selbst Chefärzte als Arbeitnehmer zu qualifizieren
sind; umgekehrt kann nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln des Krankenhauses zwingend eine
abhängige Beschäftigung angenommen werden (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 26). Die regulatorischen Vorgaben für Krankenhausleistungen haben keine zwingende, übergeordnete und determinierende
Wirkung hinsichtlich des sozialversicherungsrechtlichen Status (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 27; vgl. zu Pflegekräften BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 KR 6/18 R -, in juris, Rn. 25). Die regulatorischen Bestimmungen sind aber bei der Gewichtung der Indizien zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 27). Diese regulatorischen Rahmenbedingungen bedingen im Regelfall die Eingliederung des ärztlichen Krankenhauspersonals
in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses; für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige
Tätigkeit müssen daher gewichtige Indizien bestehen (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 27; vgl. BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 KR 6/18 R -, in juris, Rn. 26 zur Tätigkeit von Pflegekräften in stationären Einrichtungen).
c) Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Beigeladene
zu 1) in seiner Tätigkeit als Notarzt für die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum abhängig beschäftigt war.
aa) Abzustellen ist auf die jeweiligen Einzeleinsätze auf Grundlage der Rahmenvereinbarung vom 15. bzw. 25.08.2014. Ein Dauerschuldverhältnis
- etwa aufgrund einer verpflichtenden Rufbereitschaft - war nicht vereinbart. Bei derartigen vertraglichen Beziehungen, denen
ein Rahmenvertrag zugrunde liegt, der die allgemeine Grundlage für die Abwicklung einzelner Aufträge enthält, ist jeweils
auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftragsangebots während dessen Durchführung bestehen (ständige
Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, Rn. 19 sowie Urteile vom 04.06.2019, a.a.O.). Soweit die Klägerin daher geltend macht, der Beigeladene zu 1) habe
seine Dienste frei und unabhängig selbst bestimmen können, indem er sich um Dienste bewarb und es habe keine Verpflichtung
bestanden, bestimmte Dienste zu übernehmen, lässt sich hieraus kein Gesichtspunkt herleiten, der für die Ausübung einer selbstständigen
Tätigkeit spricht. Nicht ausschlaggebend sind außerdem die anderen Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1), die er neben der für
die Klägerin ausübte.
bb) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien.
Der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) vom 15. bzw. 25.08.2014 deutet zunächst auf eine selbstständige
Tätigkeit hin. Die vertragliche Vereinbarung ist über eine "freie Mitarbeit" geschlossen. Die Rahmenvereinbarung sieht keine
Verpflichtung zur Annahme einzelner Beauftragungen vor. Die Rahmenvereinbarung enthält keine Vorgaben hinsichtlich Zeit, Ort,
Art und Dauer der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1). Der vertraglichen Vereinbarung nach darf der Beigeladene zu 1) auch für
andere Auftraggeber tätig werden. Arbeitnehmertypische Regelungen, wie Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
enthält der Vertrag keine. Aus der Pflicht des Beigeladenen zu 1) nach § 1 Abs. 3 des Vertrages, sich über die seine Aufgaben
betreffenden betrieblichen Gegebenheiten der Klägerin zu informieren, lässt sich keine Eingliederung in die betriebliche Organisation
der Klägerin ableiten. Die freie Mitarbeit des Beigeladenen zu 1) entspricht demnach dem beiderseitigen Willen der Vertragsparteien.
cc) Die tatsächliche Durchführung des Vertrages gestaltete sich im Verhältnis zur Klägerin wie folgt: Nach dem übereinstimmenden
Vortrag der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) unterlag er keinem Weisungsrecht der Klägerin. Es waren keine festen Arbeitszeiten
vereinbart. Es bestand keine ständige Dienstbereitschaftspflicht. Dem Beigeladenen zu 1) wurden keine festen Arbeitszeiten
oder Schichten ohne vorherige Absprache und gegen seinen Willen zugewiesen. Die Aufnahme in einen Dienstplan der Klägerin
erfolgte nicht. Die Eintragung in die virtuellen Einsatzpläne nahm der Beigeladene zu 1) selbst vor. Er konnte auch nach Eintragung
sein Angebot noch zurückziehen. Die einzelnen Aufträge waren konkret bestimmt. Sie bedurften nicht der weiteren Konkretisierung
durch Einzelanweisungen der Klägerin. Er unterlag keiner Kontrolle im Sinne von Einzelanordnungen der Klägerin. Eine Eingliederung
in die Betriebsorganisation der Klägerin fand nicht statt. Der Beigeladene zu 1) war weder am Betriebssitz der Klägerin tätig
noch verwendete er Betriebsmittel der Klägerin zur Erbringung der Tätigkeit. Die Vereinbarung in § 1 Abs. 4 des Vertrages
über freie Mitarbeit, wonach ihm die Klägerin alle zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt,
wurde nicht gelebt. Er trug seine eigene Berufskleidung. Fahrtkosten bekam er nicht erstattet. An Dienstbesprechungen der
Klägerin nahm er nicht teil. Er wurde nicht von der Klägerin fortgebildet. Die erbrachten Leistungen stellte er der Klägerin
in Rechnung und setzte die vereinbarte Pauschale an. Er hatte eine Haftpflichtversicherung und berufsgenossenschaftliche Absicherungen
abgeschlossen.
dd) Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin
um eine Konstellation in einem Mehr-Personen-Verhältnis handelt, wobei es sich vorliegend um ein Vier-Personen-Verhältnis
(Klägerin, Beigeladener zu 1, Rettungsdienstleistungsträger, Krankenhaus) handelte. Die geschuldete Leistung (Bereitschaftsdienst
und Einsätze als Notarzt) fand im Betrieb eines Dritten, hier des Rettungsdienstleistungsträgers, statt.
Die Notfallrettung wird von den in § 2 Abs. 1 RDG genannten Rettungsdienstorganisationen (u.a. Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz), mit denen das Innenministerium
Baden-Württemberg Rahmenvereinbarungen geschlossen hat, wahrgenommen (§ 2 Abs. 2 RDG). Vertreter dieser Leistungsträger bilden zusammen mit einem Vertreter des Innenministeriums den Landesausschuss für den
Rettungsdienst, der zusammen mit dem Ministerium einen Rettungsdienstplan als Rahmenplan aufstellt. Er legt die Grundzüge
einer bedarfsgerechten und wirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdienstes
fest (§ 3 Abs. 2 Satz 2 RDG). Der Bereichsausschuss, der für jeden Rettungsdienstbereich gebildet wird und aus Vertretern der Leistungs- und Kostenträger
besteht (§ 5 Abs. 1 RDG), erstellt auf der Grundlage des Rettungsdienstplans einen Bereichsplan, der den Standort der Rettungsleitstelle, Zahl und
Standorte der bedarfsgerechten Rettungswachen für den Bereich der Notfallrettung, die für die notärztliche Versorgung erforderlichen
Vorhaltungen sowie die jeweilige personelle und sächliche Ausstattung festlegt. Dem Bereichsausschuss obliegt u.a. die Gewinnung
von Ärzten und die Bestimmung des organisatorischen Leiters des Rettungsdienstes (§ 5 Abs. 3 RDG). Die Rettungsleitstelle nach § 6 RDG lenkt alle Einsätze des Rettungsdienstes im Rettungsdienstbereich. Nach dem Rettungsdienstplan für 2014 ist die Leitstelle
gegenüber allen im Rettungsdienst Mitwirkenden weisungsbefugt bis zum Eintreffen am Einsatz- bzw. Notfallort und übt damit
hoheitliche Tätigkeit aus (Kap. V Abschn. 3). Die Rettungswache hält die nach dem Bereichsplan erforderlichen Rettungsmittel
und das notwendige Personal einsatzbereit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 RDG). Das Notarzteinsatzfahrzeug ist mit einem Notarzt und einer weiteren geeigneten Person zu besetzen (§ 9 Abs. 1 RDG). Im Rettungsdienst wirken gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 RDG geeignete Ärzte mit. Die Krankenhausträger sind verpflichtet, Ärzte gegen Kostenausgleich zur Verfügung zu stellen, wobei
der Bereichsausschuss hierzu durch Verwaltungsakt Anordnungen treffen kann (§ 10 Abs. 1 Satz 3 RDG). Der Kostenausgleich umfasst auch die Kosten der erforderlichen Fort- und Weiterbildung des ärztlichen Personals der Krankenhäuser
für den Notarztdienst (§ 10 Abs. 1 Satz 5 RDG). Bei Schadensereignissen mit einer Vielzahl von Verletzten oder Erkrankten ist die ärztliche Versorgung durch einen Leitenden
Notarzt zu koordinieren (§ 10 Abs. 2 RDG), der durch einen organisatorischen Leiter (§ 10a RDG) unterstützt wird. Über die organisatorische Abwicklung des Notarztdienstes schließen die Leistungsträger im Benehmen mit
dem Bereichsausschuss Vereinbarungen nach § 10 Abs. 3 RDG mit Krankenhausträgern, der Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung, die u.a. Regelungen über die Erstellung
von Dienstplänen enthalten können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.05.2020 - L 4 BA 2288/18 -, in juris). Der den Krankenhausträgern zustehende Kostenausgleich wird mit den Kostenträgern vereinbart (§ 10 Abs. 4 RDG). Dazu wurde die "Rahmenvereinbarung über die Mitwirkung von an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten (Vertragsärzten)
und Nichtvertragsärzten sowie von Krankenhausärzten im Rettungsdienst nach § 10 RDG" (im Folgenden: Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG) getroffen. Nach § 3 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG übernimmt der Notarzt die ärztliche Versorgung des Notfallpatienten am Einsatzort und erforderlichenfalls währen des Transports
in eine für die weitere Versorgung geeignete Einrichtung sowie die Dokumentation des Einsatzes. Der Notarzt ist während seines
Einsatzes gegenüber dem Rettungsdienstpersonal fachlich weisungsbefugt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 der Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG). Für den Einsatz des Notarztes schließen die Träger des Rettungsdienstes eine subsidiäre Unfallversicherung und eine subsidiäre
Haftpflichtversicherung (§ 4 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG). Die Träger des Rettungsdienstes stellen den Notärzten außerdem Schutzkleidung zur Verfügung (§ 4 Abs. 2 der Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG). Die Vergütung für die Bereitschaft und den Einsatz des Notarztes ist in den Anhängen 2 und 3 regelt. Die Vergütung schließt
alle vom Notarzt erbrachten Leistungen ein. Eine private Liquidation oder die Abrechnung über einen Behandlungsausweis ist
nicht zulässig (§ 5 Abs. 2 der Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG). Anhang 3 zur Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG enthält eine Vereinbarung zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V. und den Kostenträgern über die
Vergütung. Danach erhält der Krankenhausträger als Ausgleich für die zur Verfügungstellung von Ärzten entstehenden Kosten
für eine 24-stündige Einsatzbereitschaft eine Vorhaltepauschale von 616,00 € (ab 01.04.2016 in Höhe von 640,00 €), wobei zwei
Einsätze mit enthalten sind, und für jeden weiteren Einsatz zusätzlich eine Einsatzpauschale in Höhe von 74,10 €. Der Rettungsdienstplan
für 2014 sieht in Kap. VIII Abschn. 1.3 darüber hinaus vor, dass bei einer gegebenenfalls notwendigen Einbindung niedergelassener/freiberuflich
tätiger Ärzte auf Ebene des Bereichsausschusses eine den regionalen Gegebenheiten angepasste Vergütung zu vereinbaren ist.
Der Beigeladene zu 1) wurde in diesem gesetzlich und vertraglich vorgegebenen, organisatorischen Rahmen tätig. Der Rettungsdienstleistungsträger
nimmt auf Grundlage der Vereinbarung mit dem jeweiligen Krankenhaus nach § 10 Abs. 3 RDG die zur Verfügung gestellten Ärzte für den Notarztdienst, den er kraft Rahmenvereinbarung nach § 2 Abs. 2 RDG sicherstellen zu stellen hat, in Anspruch. Zu diesen Ärzten gehörte der Beigeladene zu 1), sobald er die Übernahme eines
Dienstes anbot und dieses Angebot durch die Klägerin angenommen wurde. Der Notarztdienst bestand aus einem zeitlich von vornherein
festgelegten Bereitschaftsdienst und ggf. Notarzteinsätzen. Hierzu stand dem Beigeladenen zu 1) in der jeweiligen, vom Rettungsdienstleistungsträger
betriebenen Rettungswache bzw. im jeweiligen Krankenhaus ein Notarztzimmer zur Verfügung. Die Entscheidung, ob es zu einem
Rettungsdiensteinsatz kam, wurde seitens der Leitstelle getroffen. Im Falle eines entsprechenden Einsatzes wurde das Notfalleinsatzfahrzeug,
das vom Rettungsdienstleistungsträger zur Verfügung gestellt wurde, mit dem Beigeladenen zu 1) und einem Rettungsassistenten
besetzt, der das Fahrzeug zum Einsatzort fuhr. Die Leitstelle war gegenüber dem Beigeladenen zu 1) bis zum Eintreffen am Unfallort
weisungsbefugt. Hinsichtlich der Versorgung des Notfallpatienten war der Beigeladene zu 1) gegenüber dem Rettungsassistenten
sowie dem ggf. vor Ort anwesenden weiteren Rettungsdienstpersonal weisungsbefugt. Dabei bestimmte er Art und Umfang der Primärversorgung
vor Ort, die entsprechende Weiterversorgung auf dem ggf. erforderlichen Weitertransport sowie das entsprechende Zielkrankenhaus.
Da der Beigeladene zu 1) - nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin - im Besitz einer Nebentätigkeitsgenehmigung war,
wurde er nicht aufgrund seines Anstellungsvertrages mit dem Krankenhaus tätig. Er wurde vielmehr im Auftrag der Klägerin tätig.
Das Krankenhaus erhielt für den Einsatz des Beigeladenen zu 1) als Notarzt auf Grundlage der Vereinbarungen mit dem Rettungsdienstleistungsträger
nach § 10 Abs. 3 RDG und der Rahmenvereinbarung zwischen der Krankenhausgesellschaft und den Kostenträgern nach § 10 RDG eine Pauschalvergütung. Die Klägerin erhielt ihrerseits vom jeweiligen Krankenhaus auf Grundlage der Kooperationsverträge
eine Vergütung für den Einsatz des Beigeladenen zu 1) in Höhe des vereinbarten Stundensatzes (im Jahr 2014 in Höhe von 61,68
€ bzw. 53,25 € pro Stunde). Der Beigeladene zu 1) wurde für seinen Einsatz von der Klägerin in Höhe der vereinbarten Pauschale
von 850,00 € (24-Stunden-Einsatz) bzw. 390,00 € (12-Stunden-Einsatz) vergütet.
Eine vertragliche Beziehung zwischen dem jeweiligen Rettungsdienstleistungsträger und der Klägerin bestand nicht. Die Klägerin
war deshalb auch keine Kooperationspartnerin des Rettungsdienstleistungsträgers im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 3 RDG und damit auch nicht selbst Leistungsträgerin. Die Klägerin stand vielmehr aufgrund der Kooperationsverträge in der Verpflichtung
gegenüber dem jeweiligen Krankenhaus, die diesem kraft Gesetzes (s. § 10 Abs. 1 Satz 2 RDG) übertragene Pflicht, für den Notarztdienst Ärzte zur Verfügung zu stellen, gegenüber dem Rettungsdienstleistungsträger zu
erfüllen.
ee) Die vertraglichen Beziehungen in einem Mehrpersonenverhältnis können sich in unterschiedlicher Weise auf die Beurteilung
des sozialversicherungsrechtlichen Status auswirken. Der Einsatz bei einem "Endkunden" kann als bloße Arbeitsvermittlung oder
als (erlaubte oder unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung zu werten sein. Denkbar ist auch die Vermittlung eines selbstständig
Tätigen als "Headhunter" (BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 12/17 R -, in juris, Rn. 33, zu einem IT-Spezialisten). Es ist ebenso möglich, dass ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung
in den Betrieb eines Endkunden entsandt wird (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 12/17 R -, in juris, Rn. 33, zu einem IT-Spezialisten; BSG, Urteil vom 04.09.2019 - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 15, zu einem Honorararzt). Zur Abgrenzung kommt es auf die jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen und
Weisungsrechte gegenüber demjenigen, der die Arbeitsleistung erbringt, an. Maßgeblich ist zunächst, ob die Leistung des "Vermittlers"
im Wesentlichen nur daran gemessen wird, ob es zu einem Vermittlungserfolg (Abschluss eines Arbeitsvertrages oder eines Vertrages
über freie Mitarbeit) gekommen ist - dann liegt eine bloße Arbeits- bzw. Personalvermittlung vor - oder ob sich die Leistung
des "Vermittlers" in der bloßen Überlassung einer Fachkraft erschöpft - dann kommt Arbeitnehmerüberlassung in Betracht (LSG
Baden-Württemberg, Urteil vom 25.04.2017 - L 11 R 1911/16 -, in juris). Im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung hätte das Fehlen der entsprechenden Genehmigung zur Folge, dass die Verträge
zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) unwirksam wären und ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gelten würde (§
10 Abs. 1 Satz 1 AÜG); der Verleiher würde jedoch gleichwohl hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AÜG als Arbeitgeber gelten. Die Pflicht des Verleihers beschränkt sich im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung auf die Auswahl
des Arbeitnehmers. Sie endet, sobald er dem Entleiher die Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat. Er haftet nur für ein Verschulden
bei der Auswahl der verliehenen Arbeitnehmer. Gehen die Pflichten des "Vermittlers" deutlich darüber hinaus, handelt es sich
um eine Fallgestaltung, bei der davon auszugehen ist, dass der Einsatz des Dritten zur Erfüllung eigener vertraglicher Verpflichtungen
erfolgt und "nur" eine abhängige Beschäftigung beim "Vermittler" vorliegt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.04.2017 -
L 11 R 1911/16 -, in juris). Dabei ist es rechtlich möglich, dass der "Vermittler" sich nur das Recht vorbehält, im Zweifel die maßgeblichen
Weisungen zu erteilen, im Übrigen aber seinen Mitarbeiter anweist, auch den Vorgaben des Endkunden Folge zu leisten. In diesem
Fall werden Weisungen des Endkunden gegenüber dem Mitarbeiter dem "Vermittler" zugerechnet. Es kommt dabei nicht darauf an,
ob direkte Verträge des "Vermittlers" mit dem Endkunden bestehen oder noch ein oder mehrere Unternehmen im Rahmen einer Vertragskette
zwischengeschaltet sind (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 12/17 R -, in juris, Rn. 33, zu einem IT-Spezialisten; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.04.2017 - L 11 R 1911/16 -, in juris, zu einem IT-Spezialisten).
ff) Ausgehend von diesen Feststellungen und Grundsätzen gelangt der Senat in Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu dem
Ergebnis, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin in seiner Tätigkeit als Notarzt im streitgegenständlichen Zeitraum abhängig
beschäftigt war.
(1) Vor Annahme eines vom Beigeladenen zu 1) angebotenen Notarztdienstes durch die Klägerin unterlag der Beigeladene zu 1)
zwar keinen Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit seiner Tätigkeit. Er konnte nicht gegen seinen Willen zu einem Notarztdienst
eingeteilt werden. Für die hier allein maßgebliche Zeit nach Annahme des Angebots durch die Klägerin war der Beigeladene zu
1) aber verpflichtet, den vereinbarten Dienst in dem oben beschriebenen organisatorischen Rahmen auszuführen. Dass er hierbei
als Arzt keinen fachlichen Weisungen unterlag, steht der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen. Ärzte handeln
bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber nicht ohne
Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 12/18 R -, in juris, Rn. 26 zum Honorararzt). Das Weisungsrecht insbesondere bei sog. Diensten höherer Art (Hochqualifizierte oder
Spezialisten) kann aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein,
wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit
des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 12/18 R -, in juris, Rn. 26 zum Honorararzt m.w.N.). Die notärztliche Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) erhielt ihr Gepräge maßgeblich
durch die Ordnung des Betriebs des Rettungsdienstleistungsträgers. Während seiner Bereitschafts- und Einsatztätigkeit war
er in dessen Strukturen eingegliedert. Nahezu sämtliche sächlichen und personellen Mittel (Bereitschaftszimmer, Fahrzeug,
Assistenten, Material) wurden von dem Rettungsdienstleistungsträger gestellt. Nur seine Arbeitskleidung und ein Stethoskop
brachte er selbst mit ein (wobei er aber als vom Krankenhaus zur Verfügung gestellter Arzt nach § 4 der Rahmenvereinbarung nach § 10 RDG Anspruch auf Schutzkleidung hätte). Nach Alarmierung durch die Leitstelle war der Beigeladene zu 1) verpflichtet, den Anweisungen
Folge zu leisten und sich entsprechend der von der Leitstelle erfolgenden Steuerung des Einsatzes so schnell wie möglich an
den Einsatzort zu begeben. Zur Durchführung der notärztlichen Tätigkeit nutzte der Beigeladene zu 1) das Einsatzfahrzeug des
Rettungsdienstleistungsträgers, das über eine Ausstattung für die erforderliche Primärversorgung verfügte und von einem Rettungsassistenten
gesteuert wurde. Soweit der Notarzt am Einsatzort mit einem Rettungswagen des Rettungsdienstleistungsträgers und der entsprechenden
Besatzung zusammentraf, versorgte der Beigeladene zu 1) den Notfallpatienten unter Heranziehung dieses Rettungswagens und
der Unterstützung des weiteren Rettungsdienstpersonals des Rettungsdienstleistungsträgers. Im Fall eines Transports des Notfallpatienten
zum Krankenhaus übernahm der Beigeladene zu 1) die Versorgung während des Transports gemeinsam mit dem Rettungspersonal des
Rettungsdienstleistungsträgers. Dabei war der Beigeladene zu 1) gegenüber dem weiteren Rettungsdienstpersonal in medizinischen
Fragen weisungsbefugt. Die dargestellte Nutzung der sächlichen Mittel des Rettungsdienstleistungsträgers sowie das Zusammenwirken
mit dessen Rettungsdienstpersonal macht deutlich, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Einsätze in die Strukturen des
Betriebes des Rettungsdienstleistungsträgers eingebunden war. Er wirkte dabei im Kernbereich seiner Aufgaben arbeitsteilig,
und zwar mit Weisungsbefugnis gegenüber dessen Mitarbeitern in medizinischen Fragen zusammen. Bei Übernahme eines Notarztdienstes
war der Beigeladene zu 1) zudem an die Weisungen der integrierten Leitstelle gebunden, die in eigener Verantwortung über die
Notwendigkeit der Hinzuziehung des Notarztes entscheidet, dessen Alarmierung veranlasst und auch seine Anfahrt an den Einsatzort
steuert. Der Beigeladene zu 1) übte seine notärztliche Tätigkeit daher in der betrieblichen Ordnung des Rettungsdienstleistungsträgers
aus und war damit in dessen Betrieb eingegliedert (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.05.2020 - L 4 BA 2288/18 -; Urteil vom 20.07.2020 - L 4 BA 3646/18 -; vgl. auch Urteil vom 16.10.2020 - L 4 BA 732/19; alle in juris).
Dem steht nicht entgegen, dass der Rettungsdienst eine öffentliche Aufgabe ist, die Betriebsorganisation des Rettungsdienstleistungsträgers
gesetzlich vorgegeben ist und in den Weisungen der Leitstelle hoheitliches Handeln liegt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil
vom 18.05.2020 - L 4 BA 2288/18 -; Urteil vom 20.07.2020 - L 4 BA 3646/18 -; a.A. Hessisches LSG, Urteil vom 11.04.2019 - L 8 KR 487/17 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.09.2017 - L 1 KR 404/15 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.02.2017 - L 8 R 162/15 -; differenzierend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.03.2017 - L 11 R 2534/16 -; alle in juris). Zwar dienen die Regelungen des RDG und der dazu abgeschlossenen Verträge der Organisation des Rettungsdienstes und nicht der statusrechtlichen Beurteilung von
Notärzten. Entsprechend der Rechtsprechung des BSG zum Honorararzt haben sie auch keine zwingende, übergeordnete und determinierende Bedeutung (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 27; vgl. zu Pflegekräften BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 KR 6/18 R -, in juris, Rn. 25). Die regulatorischen Vorgaben sind aber bei der Gewichtung der Indizien zu berücksichtigen. Für den
Rettungsdienst in Baden-Württemberg haben diese Vorgaben zur Folge, dass Notärzte in die Organisations- und Weisungsstruktur
des Rettungsdienstleistungsträgers grundsätzlich eingegliedert sind.
Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die betriebliche Ordnung des Rettungsdienstleistungsträgers war der Klägerin zurechenbar.
Ein Fall der Arbeits- bzw. Personalvermittlung liegt nicht vor, weil die von der Klägerin gegenüber dem jeweiligen Krankenhaus
zu erbringende Leistung nicht darin bestand, das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses oder eines Dienstverhältnisses
über freie Mitarbeit zwischen dem Beigeladenen zu 1) und dem Krankenhaus oder dem Rettungsdienstleistungsträger zu vermitteln.
Es war kein Vermittlungserfolg geschuldet. Die Klägerin war gegenüber dem jeweiligen Krankenhaus auch nicht dazu verpflichtet,
selbst Notarztleistungen (durch den Beigeladenen zu 1) zu erbringen. Ihre vertragliche Verpflichtung erschöpfte sich vielmehr
in der Zurverfügungstellung von Notärzten. Sie überließ im Auftrag des Krankenhauses den Beigeladenen zu 1) dem Rettungsdienstleistungsträger
als Notarzt. Da der Beigeladene zu 1) als Notarzt in die Arbeitsorganisation des Rettungsdienstleistungsträgers eingegliedert
war und dessen Weisungen unterlag, handelte es sich um einen Fall von Arbeitnehmerüberlassung, allerdings nicht im Sinne des
AÜG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG liegt Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Gesetzes vor, wenn Arbeitgeber als Verleiher Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer
"im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit" zur Arbeitsleistung überlassen. Das Zurverfügungstellen von Notärzten ist für
die Krankenhäuser keine wirtschaftliche Tätigkeit; das Krankenhaus bietet damit keine Dienstleistungen auf einem bestimmten
Markt an (zum Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit s. Rosenau, Mosch, NJW-Spezial 2011, 242). Stellen Krankenhäuser Ärzte für den Notarztdienst zur Verfügung, handeln sie nicht im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit,
sondern aufgrund gesetzlicher Verpflichtung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 RDG und betreiben deshalb keine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG. Da die Klägerin diese Verpflichtung von dem jeweiligen Krankenhaus vertraglich übernommen hat, handelte es sich auch für
sie nicht um Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG. Es ist deshalb unschädlich, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung
war.
Der Beigeladene zu 1) trug auch kein maßgebliches, für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium
für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des
Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, in juris, Rn. 29). Hierbei ist bezüglich der von dem Beigeladenen zu 1) verrichteten Tätigkeit das Unternehmerrisiko allerdings
nicht (nur) mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen, da dies vielen Tätigkeiten in der Dienstleistungsbranche nicht gerecht
wird, die von Selbstständigen ausgeübt werden, deren Leistungen nicht oder nicht wesentlich im Einsatz von Geldkapital, sondern
von Wissen, Fertigkeiten oder geistigem Können besteht. Das BSG hat dies berücksichtigt und ein dahingehendes Verständnis des Unternehmensrisikos entwickelt, dass ein Unternehmerrisiko
schon dann getragen wird, wenn der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft ungewiss ist, namentlich, wenn kein Mindesteinkommen
garantiert ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, in juris, Rn. 29). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beigeladene zu 1) war nicht dem Risiko ausgesetzt, dass der
Einsatz seiner Arbeitskraft nicht mit einem Entgelt entlohnt werden wird, da eine Vergütung mit einer Pauschale nach geleisteten
Arbeitsstunden (12 oder 24 Stunden) vereinbart war. Auch aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner
Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, weil die Klägerin die Dienste anderweitig
vergibt, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, in juris, Rn. 36), wenn wie hier keine laufenden Kosten etwa für eine Betriebsstätte oder eigene Mitarbeiter getragen
werden müssen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) erforderte keinen Einsatz aufwändiger Betriebsmittel. Er verfügte lediglich
über eigene Kleidung (Einsatzhose, -jacke und -hemd), ein Stethoskop und Literatur. Ein solches Unternehmensrisiko lässt sich
schließlich auch nicht aus der vom Beigeladenen zu 1) abgeschlossenen Berufshaftpflicht- und Unfallversicherung herleiten.
Denn solcher Versicherungen bedienen sich zur Absicherung der mit der ärztlichen Tätigkeit verbundenen Risiken gleichermaßen
auch Ärzte in einem Beschäftigungsverhältnis (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.05.2020 - L 4 BA 2288/18 -, in juris). Ebenso wenig besteht ein Risiko nicht kostendeckend arbeiten zu können. Zwar bildete die vereinbarte Pauschalvergütung
nur die geleisteten Stunden unabhängig von der Anzahl der Notfalleinsätze ab. Mangels relevantem Einsatz von Betriebsmitteln
bestand aber keine Gefahr des Verlustes.
Gewichtige Indizien, die für eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen, liegen nicht vor. Die Honorarhöhe,
die hier mit 850,00 € pro 24-Stunden-Einsatz (später 1.000,00 €) im Vergleich zu monatlich 7.000,00 € als abhängig beschäftigter
Notarzt als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit herangezogen werden kann, ist nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung
zu berücksichtigenden Indizien (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R -, in juris zum Erziehungsbeistand; BSG, Urteil vom 04.09.2019 - B 12 KR 12/18 R -, in juris, Rn. 33 zum Honorararzt). Soweit die Klägerin anführt, der Beigeladene zu 1) sei dazu berechtigt gewesen, einen
Vertreter zu bestellen und dies sei als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werten, kann dem nur eingeschränkt gefolgt
werden. Zwar kann grundsätzlich die Berechtigung, nicht höchstpersönlich Arbeiten erbringen zu müssen, ein Indiz für eine
selbstständige Tätigkeit darstellen. Dies gilt aber nur dann, wenn hiervon auch Gebrauch gemacht wurde. Nach den Angaben des
Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung vom 25.11.2020 hat der Beigeladene zu 1) von dieser Möglichkeit tatsächlich
nie Gebrauch gemacht hat. Die bloße formale Berechtigung die tatsächlich nicht zum Tragen kommt, kann indes kein gewichtiges
Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sein (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 38/02 R -, in juris, Rn. 33; Urteil des Senats vom 27.08.2014 - L 5 R 4728/12, n.v.). Ein weiteres Indiz ist der in dem geschlossenen "Vertrag über freie Mitarbeit" zum Ausdruck kommende Wille der Beteiligten,
der für eine selbstständige Tätigkeit spricht. In der Gesamtabwägung überwiegen aber die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit in
der betrieblichen Organisation eines Dritten und das fehlende, relevante Unternehmerrisiko bei Weitem.
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1) im Fall einer Beschäftigung als Notarzt
die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes nicht einhalten könne, folge seine Selbstständigkeit, kann dem nicht gefolgt werden. Die Umgehung arbeitsschutzrechtlicher
Bestimmungen kann kein Argument für die Begründung von Selbstständigkeit sein.
d) Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte gelangt der Senat daher zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeiten
für die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum in einem sozial versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt
hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht mit Bescheid vom 11.12.2003 bezog sich nicht auf die vorliegend zu beurteilende
Tätigkeit als Notarzt und hat deshalb keine Relevanz. Über den Antrag des Beigeladenen zu 1) auf Befreiung hinsichtlich seiner
Tätigkeit als Notarzt bei der Klägerin ab dem 01.09.2014 hat die Beklagte noch nicht entschieden.
Eine geringfügige Beschäftigung, die nach §
27 Abs.
2 SGB III und §
5 Abs.
2 SGB VI zur Versicherungsfreiheit des Beschäftigten führen kann, liegt bei dem Beigeladenen zu 1) in der für die Klägerin ausgeübten
Tätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor. Nach §
8 Abs.
1 SGB IV in der bis 31.12.2018 geltenden Fassung des Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 05.12.2012
(BGBl. I, S. 2474) liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn (1.) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450,00
€ nicht übersteigt, (2.) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach
ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig
ausgeübt wird und ihr Entgelt 450,00 € im Monat übersteigt. Die Voraussetzungen des §
8 Abs.
1 Nr.
1 SGB IV sind nicht erfüllt. Das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) überstieg ausweislich der vorgelegten
Rechnungen regelmäßig 450,00 € im Monat. Auch die Voraussetzungen des §
8 Abs.
1 Nr.
2 SGB IV sind nicht erfüllt. Der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene Vertrag vom 15. bzw. 25.08.2014 enthält
keinerlei Regelung, die den Einsatz des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei
Monate oder 50 Arbeitstage begrenzte. Auch aus der Eigenart der Tätigkeit ergibt sich keine solche Begrenzung. Darauf dass
der Beigeladene zu 1) - wie von der Klägerin zuletzt geltend gemacht - tatsächlich an weniger Tagen tätig war, kommt es nicht
an. Eine unständige, in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfreie Tätigkeit nach §
27 Abs.
3 Nr.
1 SGB III lag ebenfalls nicht vor. Danach sind versicherungsfrei Personen in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben
(Satz 1). Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt
oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (Satz 2). Eine solche Beschränkung auf weniger als eine Woche ist nicht
vereinbart. Der zwischen den Beteiligten geschlossene Vertrag enthält keine entsprechende Regelung. Auch aus der Natur der
Sache ergab sich bei fehlender Absehbarkeit von Häufigkeit und Dauer der Einsätze eine zwingende Begrenzung auf unter eine
Woche nicht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beigeladene zu 1) tatsächlich nur ca. zwei bis drei Mal im Monat
einen Notarztdienst übernahm.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. §
154 Abs.
3 VwGO).
V. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. §
160 Abs.
2 SGG) nicht vorliegen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §
197a Abs.
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG endgültig festgesetzt. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Auffangstreitwert von 5.000,00 €, da bislang lediglich über
das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden
wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.