Rente wegen voller Erwerbsminderung
Restleistungsvermögen
Schwere spezifische Leistungsbehinderung
Entbehrlichkeit der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der 1956 geborene Kläger erlernte den Beruf des Großhandelskaufmanns. Ab 1984 war er als Heizungsbauer und Rohrreiniger versicherungspflichtig
tätig. Seit dem 25. Oktober 2005 ist er arbeitsunfähig bzw. erwerbslos.
Das Landratsamt L. stellte bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 60 sowie das Merkzeichen "G" und ab 29. Januar
2013 einen GdB von 100 fest.
Am 8. November 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. In der Zeit vom 1. Dezember
2005 bis zum 22. Dezember 2005 absolvierte der Kläger eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, aus der er
arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ständig im Stehen, Gehen oder im
Sitzen, in Tages-, Früh- oder Spätschicht von sechs Stunden und mehr entlassen wurde (Entlassbericht der Ärzte der Reha-Klinik
Heidelberg-Königstuhl Prof. Dr. Buß/Wocheslander/Keilmann vom 30. Januar 2006; Diagnosen: Zustand nach Hinterwandinfarkt 25.
Oktober 2005 mit Laien-Reanimation und fünffacher Defibrillation durch Notarzt bei Kammerflimmern, koronarer Zwei-Gefäß-Erkrankung,
Akut-Rekanalisation der RCA durch PTCA und Stenting, Zustand nach ICD-Implantation bei rezidivierendem Kammerflimmern, Zustand
nach PTCA und Stenting einer LAD-Abgangsstenose und PTCA in Kissingtechnik LAD/D1 und PTCA D1, arterielle Hypertonie, Hyperlipoproteinämie,
Adipositas).
Die Beklagte bewilligte dem Kläger zunächst für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis zum 31. Oktober 2007 eine Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 9. Mai 2006).
In der Zeit vom 18. Oktober 2006 bis zum 15. November 2006 absolvierte der Kläger eine weitere stationäre Maßnahme der medizinischen
Rehabilitation in der Reha-Klinik Ü., aus der er arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten
überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen in Tagesschicht von sechs Stunden und mehr entlassen wurde (Entlassbericht Dr. H./Dr.
K.; Diagnosen: koronare Zwei-Gefäß-Erkrankung mit Zustand nach Hinterwandinfarkt, Zustand nach ICD-Implantation bei rezidivierendem
Kammerflimmern, Zustand nach wiederholter PTCA und Stenting, metabolisches Syndrom mit Adipositas, arterieller Hypertonie
und Hyperlipoproteinämie, psychovegetatives Syndrom).
Am 13. April 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Daraufhin veranlasste
die Beklagte eine internistische Begutachtung des Klägers. Der Internist und Sozialmediziner Dr. G. gelangte in seinem Gutachten
vom 23. Juli 2007 zu der Einschätzung, dass dem Kläger leichte Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr zumutbar
seien (Diagnose: koronare Herzkrankheit). Mit Bescheid vom 3. August 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen
voller Erwerbsminderung ab, wogegen der Kläger Widerspruch einlegte. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erstattete der Internist
und Sozialmediziner Dr. L. unter dem 8. Oktober 2007 ein Gutachten nach Aktenlage und gelangte darin zu der Einschätzung,
dass der Kläger nicht leistungsfähig sei und der weitere Behandlungsverlauf abgewartet werden solle. Daraufhin bewilligte
die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 eine Rente wegen
voller Erwerbsminderung. Auf den Weiterzahlungsantrag vom 12. Juli 2008 gewährte sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung
für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Oktober 2010.
Am 23. April 2010 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte veranlasste erneut eine
Begutachtung des Klägers. Der Internist und Sozialmediziner Dr. G. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 5. Juli 2010 einen
Zustand nach Hinterwandinfarkt sowie eine spastische Angina pectoris. Er gelangte zu der Einschätzung, dass dem Kläger leichte
bis mittelschwere Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen, ständig im Sitzen sechs Stunden und mehr möglich
seien. Ausgeschlossen seien das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm ohne technische Hilfsmittel, häufiges
Bücken, das Steigen und Klettern, Akkordarbeit, Tätigkeiten unter Zeitdruck oder emotionalem Stress sowie unter großen Temperaturschwankungen;
Magnetfelder seien zu meiden.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 9. September 2010 ab 1. November 2010 bis zum 31. Juli 2022
(Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Rente
beginne im Anschluss an die bisher geleistete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2011 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 17. März 2011 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) (S 5 R 1019/11). Das SG holte ein fachinternistisches und ein orthopädisches Sachverständigengutachten ein. Der Internist Dr. S. beschrieb in seinem
Gutachten vom 22. September 2011 (Bl. 32/57 der SG-Akten S 5 R 1019/11) eine koronare Drei-Gefäß-Erkrankung, einen Zustand nach Implantation eines ICD mit aktuell normaler linksventrikulärer Pumpfunktion,
eine Hypertonie, eine Hyperlipidämie sowie eine ausgeprägte Adipositas. Eine Einschränkung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit
im Bereich leichter, teilweise auch mittelschwerer körperlicher Arbeiten könne nicht dokumentiert werden. Dem Kläger sei es
möglich, leichte körperliche Arbeiten, in Belastungsspitzen auch mittelschwere körperliche Arbeiten, im Gehen oder im Stehen
oder im Sitzen, in geschlossenen Räumen, bei Anwendung entsprechender Kleidung auch im Freien auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.
Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Notfallmedizin und Sozialmedizin Dr. T. diagnostizierte in seinem Gutachten
vom 14. März 2012 (Bl. 92/114 der SG-Akten S 5 R 1019/11) eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der Halswirbelsäule mit endgradiger Funktionseinschränkung ohne radikuläre
Ausfallsymptomatik, eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule mit endgradiger Funktionseinschränkung
ohne radikuläre Ausfallsymptomatik, eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung beider Kniegelenke mit Betonung der
retropatellaren Gelenkkompartimente ohne Funktionsbeeinträchtigung und ohne aktuelle Reizsymptomatik und eine beginnende degenerative
Verschleißerkrankung beider Schultereckgelenke ohne Funktionsbeeinträchtigung. Aufgrund der beginnenden Verschleißerkrankung
der Hals- und Lendenwirbelsäule, der retropatellaren Arthrose an beiden Kniegelenken sowie der Verschleißerkrankung im Bereich
beider Schultereckgelenke seien dem Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr zumutbar. Ausgeschlossen
seien Zwangshaltungen wie ständiges Bücken oder Knien, das Tragen und Heben von Lasten über 20 Kilogramm ohne technische Hilfsmittel,
permanente Überkopfarbeiten, permanente Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in ständigem Gehen und Stehen, mit ständigem Treppensteigen,
im Freien, unter ständiger Exposition von Hitze, Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen sowie mit Nachtschicht.
Betriebsunübliche Pausen seien nicht notwendig. Die Wegefähigkeit des Klägers sei nicht derart eingeschränkt, dass er nicht
in der Lage wäre, viermal täglich eine Fußstrecke von 500 Metern innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen. Dem Kläger sei das
Benutzen von öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln zum Aufsuchen des Arbeitsplatzes zweimal täglich zur Hauptverkehrszeit
zumutbar.
Am 26. Juni 2012 schlossen die Beteiligten zur Erledigung des Klageverfahrens S 5 R 1019/11 einen gerichtlichen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte dem Kläger eine stationäre Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation
gewährt (Bl. 145/147 der SG-Akten S 5 R 1019/11).
Daraufhin absolvierte der Kläger auf Kosten der Beklagten in der Zeit vom 27. September 2012 bis zum 18. Oktober 2012 erneut
eine stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Rehaklinik H.-K ... Ausweislich des Entlassberichtes der
Ärzte Dr. N./Dr. U./Dr. N.-B. wurde der Kläger arbeitsunfähig und mit einem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten überwiegend
im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen in Tages-, Früh- und Spätschicht sechs Stunden und mehr entlassen
(Diagnosen: Ausschlussprogress der KHK, RCA-Instant-Stenose mit DE-Implantation, Zustand nach Hinterwandinfarkt 2005 mit Reanimation
bei Kammerflimmern, CD-Implantation, arterielle Hypertonie, Adipositas permagna). Aus kardiologischer Sicht könnten leichte
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Vermeidung von schweren Anteilen und unter Berücksichtigung des ICD des Klägers
(Vermeidung elektromagnetischer Felder) weiter vollschichtig ausgeübt werden.
Den Antrag des Klägers vom 5. Dezember 2012 auf Überprüfung des Bescheids vom 9. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 8. März 2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Januar 2013 ab, da weiterhin keine volle Erwerbsminderung vorliege.
Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 21. März 2013).
Dagegen hat der Kläger am 16. April 2013 Klage zum SG erhoben (S 3 R 1244/13). Er hat vorgetragen, er - der Kläger - sei voll erwerbsgemindert. Er leide unter einer schweren koronaren Herzerkrankung
mit deutlich eingeschränkter Herzleistung. Außerdem bestünden erhebliche orthopädische Beschwerden, ein Asthma bronchiale
sowie ein hochgradiges komplexes Schlafapnoe-Syndrom.
Das SG hat bei den behandelnden Ärzten des Klägers Befundberichte eingeholt; insofern wird auf die Schreiben des Klinikums L. vom
27. Mai 2013 (Bl. 29/33 der SG-Akten) und vom 20. Juli 2013 (Bl. 47/51 der SG-Akten), auf die Schreiben des Arztes für Innere Medizin Dr. S. vom 28. Mai 2013 (Bl. 52/90 der SG-Akten) sowie des Facharztes für Unfallchirurgie und Orthopädie F. vom 16. November 2013 (Bl. 105/108 der SG-Akten) verwiesen. Die Beklagte hat dazu sozialmedizinische Stellungnahmen der Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. vom 16.
Juli 2013 und 18. Dezember 2013 (Bl. 93, 111 der SG-Akten) vorgelegt.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 2. April 2014 - gestützt auf die Gutachten des Dr. S. und des Dr. T. sowie die eingeholten
Befundberichte - abgewiesen.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 10. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 12.
Mai 2014 (Montag) beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Begehren auf Gewährung
einer Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgt. Er - der Kläger - sei multimorbid erkrankt und voll erwerbsgemindert.
Im Übrigen sei er wegeunfähig. Weiterhin leide er mittlerweile auch an Depressionen.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. April 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids
vom 7. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2013 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme des Bescheids
vom 9. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.
November 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses
wird auf die Stellungnahmen des Ärztlichen Direktors der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Krankenhauses
B. Dr. K. vom 3. Juni 2015 (Bl. 75/82 der Senatsakten), des Oberarztes der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Nephrologie
und Internistische Intensivmedizin des Klinikums L. Dr. R. vom 3. November 2015 (Bl. 96/97 der Senatsakten), der Fachärztin
für Psychiatrie und Psychotherapie L. vom 4. November 2015 (Bl. 98 der Senatsakten) sowie des Chefarztes der Klinik S. Prof.
Dr. K. vom 30. November 2015 (Bl. 105/112 der Senatsakten) verwiesen. Die Beklagte hat dazu sozialmedizinische Stellungnahmen
der Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. vom 2. Juli 2015 und 10. Dezember 2015 (Bl. 85, 114 der Senats-Akten) vorgelegt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-kardiologischen sowie eines nervenärztlichen Gutachtens.
Der Internist und Kardiologe, Chefarzt am Zentrum für Innere Medizin, Kardiologie und Pulmologie des R.-B.-Krankenhauses Prof.
Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 14. März 2016 (Bl. 120/143 der Senatsakten) ausgeführt, dass bei dem Kläger eine koronare
Herzkrankheit, ein Zustand nach Implantation eines internen Cardioverter-Defibrillators (ICD) im Oktober 2005 (Aggregat- und
Sondenwechsel im November 2015), ein komplexes Schlafapnoe-Syndrom mit nächtlicher CPAP-Therapie, eine Adipositas, eine arterielle
Hypertonie, ein Asthma bronchiale Stufe 1, ein Diabetes mellitus Typ II, ein Zustand nach Bandscheibenvorfällen, eine chronische
Schmerzstörung sowie Beschwerden im LWS-Bereich, eine depressive Episode, eine Hypothyreose mit Substitutions-Therapie sowie
eine erosive Antrumgastritis vorliege. Durch die Gesundheitsstörungen sei die Leistungsfähigkeit des Klägers sowohl entsprechend
der klinischen Einschätzung als auch anhand der apparativen Belastungsuntersuchungen leicht- bis mittelgradig eingeschränkt.
Das Verrichten von leichten bis mittelschweren körperlichen Arbeiten und das Heben und Tragen bis zehn Kilogramm sei ohne
Gefährdung der Gesundheit möglich. Unzumutbar seien dem Kläger Tätigkeiten, die mit einer erhöhten Stress-Belastung oder erhöhten
körperlichen Anforderungen einhergehen wie Akkord- und Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit sowie dauerndes Treppensteigen,
häufiges Bücken, Überkopfarbeiten und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Besondere Arbeitsbedingungen oder betriebsunübliche
Pausen seien nicht notwendig. Unter den genannten Umfeldbedingungen sei eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens
sechs Stunden pro Tag möglich. Es bestünden keine besonderen Einschränkungen hinsichtlich des Arbeitsweges. Der Kläger könne
vielmehr täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern innerhalb von 20 Minuten zurücklegen. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen
stünden der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht entgegen. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe von kardialer
Seite seit der letzten Koronarintervention 2008. Seitdem hätten vier weitere Koronarangiographien jeweils den Nachweis von
offenen Koronargefäßen erbracht. Das festgestellte Asthma bronchiale mit Anteilen einer COPD führe zu keinen Auffälligkeiten
in der Lungenfunktion und rechtfertige keine Minderung der Leistungsfähigkeit. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen und
die im Rahmen der Begutachtung erhobenen Befunde ergäben keine funktionsrelevante Veränderung seit der internistischen Begutachtung
durch Dr. S ... Der zwischenzeitlich festgestellte Diabetes mellitus und die Schlafapnoe seien gut eingestellt und führten
nicht zu einer Reduktion des körperlichen Leistungsvermögens. Ebenso führe der komplikationslos verlaufene Aggregatwechsel
des ICD-Systems nicht zu einer Leistungsminderung. Hinsichtlich der Rückenschmerzen habe der Kläger eine deutliche Besserung
seit 2012 angegeben, sodass gegenüber der Leistungsbeurteilung des Dr. T. keine Verschlechterung der Leistungsfähigkeit eingetreten
sei.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und forensische Psychiatrie Dr. H. hat in seinem Gutachten vom
2. Juni 2016 (Bl. 152/175 der Senatsakten) eine depressive Erkrankung, aktuell eine leicht depressive Episode im Grenzbereich
zu einer mittelgradigen depressiven Episode, und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung beschrieben. Aufgrund der vorliegenden
Erkrankungen müsse eine Überforderung durch Akkordarbeit, Nachtarbeit, durch Arbeit unter besonderem Zeitdruck sowie mit besonders
hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration, mit besonders hoher Verantwortung und einer besonders hohen geistigen Beanspruchung
vermieden werden. Besondere Arbeitsbedingungen, wie etwa betriebsunübliche Pausen, seien nicht erforderlich. Bei Berücksichtigung
der qualitativen Leistungseinschränkungen sei ohne eine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit eine tägliche Tätigkeit von
mindestens sechs Stunden möglich. Bezüglich des Arbeitsweges bestünden keine besonderen Einschränkungen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten
der Beklagten, auf die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die beigezogenen Akten des SG (S 5 R 1019/11) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist zulässig, sie ist gemäß §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§143
SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG).
2. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 7. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2013 (§
95 SGG), mit dem die Beklagte die Korrektur des Bescheids vom 9. September 2010 (Widerspruchsbescheid vom 8. März 2011) sowie die
Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab 1. November 2010 abgelehnt hat. Da im Zweifel davon auszugehen
ist, dass ein Antragsteller alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (vgl. Bundessozialgericht
(BSG), Urteil vom 17. Februar 2005 - B 13 RJ 1/04 R - [...] Rdnr. 15; Urteil vom 11. November 1987 - 9 a RV 22/85 - [...] Rdnr. 11), ist die gerichtliche Entscheidung vorliegend
nicht nur auf die Prüfung begrenzt, ob der im Zugunstenverfahren angegriffene Bescheid vom 9. September 2010 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 8. März 2011 fehlerhaft war, sondern hat sich auch darauf zu erstrecken, ob die Beklagte die Gewährung
einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im vorliegend angefochtenen Bescheid vom 7. Januar 2013 auch für die nachfolgende
Zeit zu Recht abgelehnt hat. Nachdem die Beklagte dem Kläger ab 1. November 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
(bei Berufsunfähigkeit) gewährt, macht er der Sache nach zutreffend lediglich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung geltend.
Dieses Begehren verfolgt der Kläger zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage
(§
54 Abs.
1 Satz 1 i. V. m. Abs.
4,
56 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2013 - B 8 SO 4/12 R - [...] Rdnr. 9).
3. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Bescheid vom 7. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.
März 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch
auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. November 2010.
a. Verfahrensrechtliche Grundlage für das Überprüfungsbegehren des Klägers ist die Bestimmung des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Hiernach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder
von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht
nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückzunehmen. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheids vom 9. September 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 8. März 2011 liegen nicht vor. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids vom 9. September 2010 und darüber
hinaus auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. November 2010.
b. Nach §
43 Abs.
2 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (
SGB VI) in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung (Gesetz vom 19. Februar 2002, BGBl. I, S. 754) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20.
April 2007 [BGBl. I, S. 554] bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn
sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge
für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit
erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit
außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig
zu sein (§
43 Abs.
2 Satz 2
SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach §
1 Satz 1 Nr. 2
SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die
bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit eine nicht erfolgreichen Eingliederung
in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§
43 Abs.
2 Satz 3
SGB VI). Versicherte haben nach §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
1 Satz 2
SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden
täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§
43 Abs.
3 SGB VI).
c. Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bezogen
auf den hier streitigen Zeitraum erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon
überzeugt, dass der Kläger erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung seiner beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund
seine Gesundheitsstörungen auf internistischem, orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet, mit denen er sein Klage- und
Berufungsbegehren auch vorrangig begründet hat. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen
des Klägers in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um dessen Leiden gerecht zu
werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die von Amts wegen bei Dr. S. und Dr. Thon (jeweils vom SG im Verfahren S 5 R 1019/11) sowie bei Prof. Dr. S. und Dr. H. (jeweils vom Senat) eingeholten Gutachten sowie das im Verwaltungsverfahren erstattete
Gutachten des Dr. G. und den Entlassbericht der Ärzte der Rehaklinik H.-K. Dr. N./Dr. U. Dr. N.-B.; Letztere hat der Senat
im Rahmen des Urkundenbeweises zu verwerten (BSG, Beschluss vom 29. Juni 2015 - B 9 V 45/14 B - [...] Rdnr. 6; Beschluss vom 26. Mai 2000 - B 2 U 90/00 B - [...] Rdnr. 4). Alle mit der Begutachtung des Klägers befassten Ärzte sind nachvollziehbar und plausibel - jeweils auf
Grundlage der erhobenen Untersuchungsbefunde und einer ausführlichen Exploration - zu der Auffassung gelangt, dass das berufliche
Leistungsvermögen des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist.
Bei der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers sind zunächst dessen Gesundheitsstörungen auf internistischem
Fachgebiet zu beachten. Hier liegen insbesondere im Hinblick auf die koronare Herzkrankheit durchaus Funktionsstörungen vor,
diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Tätigkeiten
in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Leistungseinschränkungen, um seinen Leiden auf internistischem
Gebiet Rechnung zu tragen. Der Sachverständige Prof. Dr. S. hat in seinem aktuellen Gutachten vom 14. März 2016 - in Einklang
mit den Vorbefunden (Rentengutachten des Dr. G. vom 5. Juli 2010, Gutachten des Dr. S. vom 22. September 2011, Entlassbericht
der Klinikärzte Dr. N./Dr. U./Dr. N.-B. vom 25. Oktober 2012, Entlassberichte der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie,
Nephrologie und internistische Intensivmedizin des Klinikums L. vom 27. Dezember 2012, 5. April 2013 und 9. April 2013, Entlassbrief
des Zentrums für Operative Medizin, Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie des R.-B.-Krankenhauses Prof. Dr. F./Dr. N./G.
vom 6. November 2015, Stellungnahme des Prof. Dr. K. vom 30. November 2015) auf internistischem Fachgebiet eine stabile koronare
Herzkrankheit mit normaler linksventrikulärer Funktion sowie ein Asthma bronchiale als Mischform mit Anteilen einer chronisch-obstruktiven
Lungenerkrankung, eine ventrikuläre Herzrhythmusstörung, versorgt mit einem ICD-Implantat, eine Schlafapnoe, gut behandelt
mit CPAP-Therapie, einen Diabetes mellitus Typ II, medikamentös gut eingestellt, und eine medikamentös behandelte arterielle
Hypertonie beschrieben und im Vergleich zum Vorgutachten des Dr. S. keine richtungsweisende Verschlechterung gesehen. Prof.
Dr. S. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass die echokardiographisch normale linksventrikuläre Funktion und der nicht erhöhte
NTproBNP-Wert (diagnostischer Marker einer Herzinsuffizienz) das Vorliegen einer Herzinsuffizienz als morphologisches Korrelat
der vom Kläger beklagten Beschwerden ausschließt. Der 2005 stattgehabte Myokardinfarkt hat nicht zu einer ausgedehnten Myokardnarbe
geführt. Die damals notwendige Reanimation im Rahmen einer infarktbedingten Rhythmusstörung ist ohne Residuen geblieben. Prof.
Dr. S. hat - in Übereinstimmung mit Dr. G., Dr. S., den Klinik-Ärzten Dr. N./Dr. U./Dr. N.-B. und der Beratungsärztin Dr.
J. - den Kläger überzeugend für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden werktäglich leistungsfähig
erachtet. Diese Beurteilung macht sich der Senat zu eigen. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger leichte Tätigkeiten
werktäglich mindestens sechs Stunden verrichten kann. Ausgeschlossen sind das Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm,
Tätigkeiten mit einer erhöhten Stressbelastung, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit sowie dauerndes Treppensteigen,
häufiges Bücken, Überkopfarbeiten und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten.
Auch die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet begründen keine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht.
Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die vom Senat bei Prof. Dr. S. und Dr. H. eingeholten Gutachten, das vom SG bei Dr. T. eingeholte Gutachten sowie die sachverständige Zeugenaussage des Orthopäden F. vom 16. November 2013, die nachvollziehbar
und plausibel auf Grundlage des jeweiligen Untersuchungsbefundes und einer Exploration dargestellt haben, dass das berufliche
Leistungsvermögen in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist. Prof. Dr. S. hat darauf hingewiesen, dass nach der eigenen
Beschwerdeschilderung des Klägers die chronischen Rückenbeschwerden seit Umstellung der Medikamente durch den Schmerztherapeuten
Dr. M. nicht mehr im Vordergrund stehen, da zwischenzeitlich eine deutliche Besserung eingetreten ist. Damit in Einklang hat
Prof. Dr. S. dokumentiert, dass im Rahmen der Untersuchung die Wirbelsäule sich nicht klopfschmerzhaft gezeigt hat und die
Extremitäten frei beweglich gewesen sind. Er hat sich der Leistungseinschätzung des behandelnden Orthopäden F. sowie des Sachverständigen
Dr. T., die beide von einem Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten von sechs Stunden ausgegangen sind, angeschlossen.
Auch Dr. H. hat im Rahmen seiner körperlich-neurologischen Untersuchung einen weitgehend unauffälligen Befund erhoben. So
hat er u.a. keinen axialen Stauchungsschmerz, keinen Druck- oder Klopfschmerz über der Wirbelsäule, einen unauffälligen Arm-
und Beinhalteversuch, keine Atrophien oder trophischen Störungen, keine Paresen, eine unauffällige Sensibilität, eine intakte
Koordination sowie ein sicheres und flüssiges Gangbild festgehalten.
Schließlich begründen auch die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet keine Leistungseinschränkung in quantitativer
Hinsicht. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf das bei Dr. H. eingeholte Gutachten. Dieser hat in seinem aktuellen
Gutachten vom 2. Juni 2016 nachvollziehbar und plausibel auf Grundlage des erhobenen Untersuchungsbefundes und einer ausführlichen
Exploration dargestellt, dass das berufliche Leistungsvermögens des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht eingeschränkt ist.
Er hat in seinem Gutachten eine depressive Erkrankung im Sinne einer leichten depressiven Episode im Grenzbereich zu einer
mittelgradigen depressiven Episode sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung beschrieben und eine schwerwiegende nervenärztliche
Erkrankung ausgeschlossen. Dem schließt sich der Senat an. Dr. H. hat einen weitgehend unauffälligen psychischen Befund erhoben
(bewusstseinsklar, allseits orientiert, Auffassung, Konzentration, Durchhaltevermögen ohne Einschränkung, keine mnestische
Störungen, konzentrierter und flüssiger Bericht der Lebensgeschichte, Intelligenz im Normbereich, geordneter, nicht verlangsamter
formaler Gedankengang, keine inhaltlichen Denkstörungen, keine Beeinträchtigungs- und Verfolgungsideen, keine Sinnestäuschungen
oder Ich-Störungen, leicht gedrückte, gelegentlich kurzfristig mäßig gedrückte Stimmungslage, leicht reduzierte affektive
Schwingungsfähigkeit, ausdrucksarme Psychomotorik, leicht reduzierter Antrieb, nicht gereizt oder gar aggressiv, nicht distanzlos,
keine Anhaltspunkte für Suizidalität). In Auseinandersetzung mit den medizinischen Vorbefunden und in Einklang mit den erhobenen
Befunden hat Dr. H. zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kriterien für das Vorliegen einer mittelgradigen depressiven Episode
nicht in vollem Umfang erfüllt sind und sich eine phasenhafter Krankheitsverlauf im Sinne einer rezidivierend-depressiven
Störung nicht habe herausarbeiten lassen. Gegenüber dem psychischen Zustandsbild im Rahmen des stationären Aufenthaltes in
der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie B. Ende 2014 ist eine deutliche Besserung eingetreten; die dort
diagnostizierte schwergradige depressive Episode hat im Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. H. nicht mehr vorgelegen. Auch
ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich nur unregelmäßig in fachärztlicher Behandlung befindet. Bei der Fachärztin für
Psychiatrie und Psychotherapie Lange hat er sich erstmalig im Oktober 2015 vorgestellt. Seinen Angaben gegenüber Dr. H. zufolge
sucht er sie alle sechs Wochen auf und es findet derzeit keine antidepressive Behandlung statt. Diese geringe Behandlungsfrequenz
und -intensität spricht gegen eine gravierende psychische Erkrankung. Zudem kommen in dem vom Kläger gegenüber Dr. H. geschilderten
Tagesablauf keine gravierenden Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens und der sozialen Partizipation zum
Ausdruck. So ist der Tagesablauf des Klägers durch eine ausreichende Selbstsorge (einschließlich An- und Ausziehen, Körperpflege,
Essenszubereitung und -zufuhr), eine Mithilfe bei der Familien- und Hausarbeit (Richten der Wohnung, Kochen, Gartenarbeit),
Medienkonsum (Fernsehen), soziale Kontakte (Ehefrau, Kinder, Enkelkinder, Kegelgruppe) und Hobbies (Kegelgruppe, Angeln) geprägt.
Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes werktäglich
sechs Stunden und mehr verrichten kann. Nicht mehr leidensgerecht sind berufliche Tätigkeiten mit erhöhter psychovegetativer
Belastung (Akkordarbeit, Fließbandarbeit) und psychischer Belastung (Nachtarbeit) sowie mit anhaltend hohen Anforderungen
an Auffassung, Konzentration, Verantwortung und einer besonders hohen geistigen Beanspruchung.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats - in Übereinstimmung mit der Einschätzung aller Gutachter
(Dr. G., Dr. S., Dr. T., Dr. N./Dr. U./Dr. N.-B., Prof. Dr. S., Dr. H.) - fest, dass der Kläger in der Lage ist, noch mindestens
sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit zu verrichten. Die gesundheitlichen Einschränkungen sind
weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen. Im Regelfall
kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch körperlich leichte
Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen; vorliegend: häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von
Lasten über zehn Kilogramm, Arbeiten in Kälte, Nässe und Zugluft, Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Schicht- und Nachtarbeit,
Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, dauerndes Treppensteigen, Tätigkeiten mit einer erhöhten Stressbelastung, mit anhaltend
hohen Anforderungen an Auffassung, Konzentration, Verantwortung und einer besonders hohen geistigen Beanspruchung) in wechselnder
Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen
erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen
auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen,
Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteile vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 79/09 R - BSGE 109, 189 - und 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - [...] Rdnr. 26 ff.). In der Rechtsprechung des BSG werden hierbei als Fallgruppen Einschränkungen genannt aufgrund schwerer spezifischer Leistungsbehinderung wie z. B. Einarmigkeit
bei gleichzeitiger Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), die Notwendigkeit von zwei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen
von je 15 Minuten (SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder von drei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von zehn Minuten je Arbeitstag (BSG, Urteil vom 20. August 1997 - 13 RJ 39/96 -), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Erforderlichkeit eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen (SozR
3-2200 § 1247 Nr. 8) oder Einschränkungen aufgrund regelmäßig einmal in der Woche auftretender Fieberschübe (SozR 3-2200 §
1247 Nr. 14). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dagegen insbesondere nicht erforderlich im Falle des
Ausschlusses von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem
Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, bei Ausschluss
von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen sowie bei Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen
an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen (vgl. zu allem BSG Großer Senat SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.; vgl. weiter Senatsurteil vom 23. April 2011 - L 7 R 5711/11 -). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen des Klägers es diesem erlaubt, die oben genannten Verrichtungen
oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich,
dass er über die für die Ausübung einer ungelernten Tätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen,
geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz nicht verfügt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - BSGE 109, 189 - [...] Rdnr. 29).
Der Senat ist mit dem Rentengutachter Dr. G. sowie den Sachverständigen Dr. S., Dr. T., Prof. Dr. S. und Dr. H. sowie den
Klinikärzten Dr. N./Dr. U./Dr. N.-B. weiter davon überzeugt, dass bei dem Kläger die erforderliche Wegefähigkeit (vgl. dazu
bspw. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - BSGE 110, 1) vorliegt und er keiner betriebsunüblichen Pausen bedarf. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist der Kläger weder voll
noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des §
43 SGB VI. Unbeachtlich ist, ob der Kläger noch einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten kann. Denn das
Risiko, keinen Arbeitsplatz erhalten, ist nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen und vermag einen Rentenanspruch
wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zu begründen.
Somit hat die Berufung keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) liegen nicht vor. Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung streitig.