Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens
Gründe
I.
Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist die Höhe zu gewährender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.
Die 2010 geborene Antragstellerin lebt zusammen mit ihrer 1980 geborenen Mutter und ihrer 2008 geborenen Schwester in einer
Bedarfsgemeinschaft. Sie beziehen vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Zuletzt wurden der Bedarfsgemeinschaft
mit Änderungsbescheid vom 09.05.2012 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.07.2011 bis 31.05.2012 unter Berücksichtigung einer Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung für die von
der Mutter der Antragstellerin angemieteten Wohnung bewilligt. Für diesen Zeitraum und für die auf den Fortzahlungsantrag
vom 07.05.2012 mit Bescheid vom 10.05.2012 für den Zeitraum 01.06.2012 bis 30.11.2012 bewilligten Leistungen berücksichtigte
der Antragsgegner bei einem in Höhe von 384 € festgestellten Bedarf der Antragstellerin (abgeändert mit Bescheid vom 25.05.2012:
Bedarf: 392 €: Sozialgeld 219 €, Mietanteil 111,67 €, Nebenkostenanteil 41,33 € und Heizkostenanteil 20 €) ein "einsetzbares
Einkommen" in Höhe von insgesamt 317 € (133 € Unterhaltsvorschuss Kinder 0-5 Jahre und 184 € Kindergeld).
Gegen diese Bescheide erhob die Mutter der Antragstellerin am 14.05.2012 Widerspruch und machte geltend, es sei kein Unterhaltsvorschuss
bewilligt worden. Die Anrechnung fiktiven Einkommens sei nicht zulässig. Gegen die Ablehnung des Unterhaltsvorschusses habe
sie Widerspruch eingelegt, welcher mit Bescheid vom 30.01.2012 abgelehnt worden sei.
Mit Bescheid vom 15.05.2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides (Bewilligungsbescheide
vom 18.05.2011 und 18.11.2011) ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2012 wies er den Widerspruch gegen die Bescheide vom
09.05.2012 und 10.12.2012 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Leistungen seien in Höhe des Unterhaltsvorschusses zu
versagen gewesen, weil die Mutter ihren Mitwirkungspflichten gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse nicht nachgekommen sei.
Insoweit liege eine vermeidbare Hilfebedürftigkeit vor. Nach § 3 Abs. 3 SGB II dürften Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig
beseitigt werden könne. Eine Verpflichtung, andere Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge
zu stellen, ergebe sich aus § 12a SGB II.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 12.06.2012 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und am selben Tag den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, fiktive
Einnahmen dürften nicht angerechnet werden.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, die Leistungen seien wegen einer um 133
€ vermeidbaren Hilfebedürftigkeit versagt worden. Es handele sich nicht um eine fiktive Anrechnung. Mit der Mitwirkung am
Verwaltungsverfahren nach dem Unterhaltsvorschussgesetz stünde ihr ein einfacherer Weg als das Gerichtsverfahren zur Verfügung, um die Gewährung der begehrten Leistung zu erreichen.
Mit Beschluss vom 26.06.2012 hat das SG den Antrag abgewiesen und zur Begründung unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 3 und § 12a S. 1 SGB II ausgeführt, die Antragstellerin könne ihre Hilfebedürftigkeit in Höhe von 133 € anderweitig beseitigen. Das Verhalten der
Mutter müsse sich die Antragstellerin zurechnen lassen.
Gegen den am 28.06.2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 26.07.2012 Beschwerde eingelegt.
Sie beantragt - sachdienlich gefasst,
den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Juni 2012 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten ihr vorläufig
weitere 133 € monatlich an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu bezahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist statthaft. Sie ist nicht nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 Halbsatz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ausgeschlossen. Danach ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache
die Berufung nicht zulässig wäre. Die Berufung ist dann nicht zulässig, sondern bedarf gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen
hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Vorliegend wendet sich die Antragstellerin gegen das
Vorenthalten von 133 € monatlich. Eine Klage, die u.a. den Bewilligungszeitraum 01.06.2012 bis 30.11.2012 betrifft, ist beim
SG anhängig. Damit ist die Berufungsgrenze überschritten. Die auch im Übrigen form- und fristgemäß eingelegte Beschwerde ist
zulässig und auch begründet. Die Antragstellerin hat Anspruch auf Zahlung von weiteren 133 € an Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts sowie für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, längstens bis zum Ende des derzeitigen
Bewilligungsabschnittes, also dem 30.11.2012.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht der Fall des Absatzes 1 des §
86b SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG in Betracht. Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung
der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz), ist von diesem Grundsatz eine Abweichung nur dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später
nicht mehr gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht
mehr in der Lage wäre. Eine solche Fallgestaltung ist anzunehmen, wenn es - wie hier - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
um die Sicherung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums während eines Verfahrens geht. Ist während des Hauptsacheverfahrens
das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn dem
Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.5.2005 - 1 BvR 569/05 -NVwZ 2005, 927, 928 und in [...]). Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich einen Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren
wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.7.2003 -
2 BvR 311/03 - NVw Z 2004, 95, 96 - und in [...]). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren
nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Antragsgegner zu verpflichten, vorläufig an die Erziehungsberechtige der
Antragstellerin weitere 133 € monatlich im tenorierten Umfang zu bezahlen. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig,
dass die Antragstellerin grundsätzlich einen Anspruch auf Sozialgeld nach den §§ 19, 23 und 22 SGB II als nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit ihrer erwerbsfähigen Mutter in Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) lebt, hat. Streitig ist insoweit allein, ob der Antragsgegner berechtigt ist, den (ab 01.06.2012) zutreffend berechneten
Bedarf der Antragstellerin in Höhe von 392 €: (Sozialgeld 219 €, Mietanteil 111,67 €, Nebenkostenanteil 41,33 € und Heizkostenanteil
20 €) neben der Anrechnung von Kindergeld in Höhe von monatlich 184 € um weitere 133 € nicht bewilligtem Unterhaltsvorschuss
nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) zu mindern.
Hierfür fehlt es jedoch nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung an einer tragfähigen Rechtsgrundlage.
Legt man die im Hauptsacheverfahren angefochtenen Bescheide zugrunde, so ergibt sich hieraus zunächst nicht, dass der Antragsgegner
Leistungen mangels Hilfebedürftigkeit "versagen" wollte. Es fehlt ein Hinweis darauf, dass Hilfebedürftigkeit in gewissem
Umfang verneint wird und auch ein Hinweis darauf, dass der Antragsgegner der Auffassung ist, die Antragstellerin bzw. deren
Erziehungsberechtigte könne die Hilfebedürftigkeit in Höhe des angesetzten Unterhaltsvorschusses anderweitig beseitigen. Es
fehlt auch an einer § 5 Abs. 3 SGB II entsprechenden Aufforderung, dies zu tun. Denn eine Begründung für die Berücksichtigung des Unterhaltsvorschusses - der unstreitig
weder der Antragstellerin noch deren Mutter zugeflossen ist und zufließt - findet sich weder im Bescheid vom 09.05.2012 noch
im Bescheid vom 10.05.2012. Legt man eine objektive Betrachtungsweise zugrunde, wird dieser Unterhaltsvorschuss mit monatlich
133 € als Einkommen angerechnet, wie sich der Überschrift der in den Bescheiden enthaltenen Tabelle unschwer entnehmen lässt
("Ermittlung des einsetzbaren Einkommens für jede Person"). Das "einsetzbare Einkommen" wird in diesen Bescheiden sodann bei
der Antragstellerin auch insgesamt mit 317 € angegeben. Dass Einkommen nicht angerechnet worden ist, sondern die Leistungen
"versagt" werden sollten, ergibt sich erst aus der Begründung des Widerspruchsbescheides, der dem Umstand Rechnung trägt,
dass § 9 Abs. 1 SGB II zusammen mit §§ 11 bis 12a SGB II den tatsächlichen Zufluss von die Hilfebedürftigkeit ausschließenden Mitteln voraussetzt. Einkommen kann in der jeweils zu
bestimmenden Höhe nach dem eindeutigen Wortlaut nur dann bedarfsmindernd berücksichtigt werden, wenn es dem Hilfebedürftigen
auch tatsächlich zur Verfügung steht (sog. bereite Mittel). Das wird vom Antragsgegner auch nicht bestritten. Auf das "Erhalten"
von Leistungen stellt § 9 Abs. 1 SGB II aber auch im Hinblick auf solche anderer Träger von Sozialleistungen ab. Hätte der Gesetzgeber hier anderes gewollt und etwa
schon eine Vorleistungspflicht des Trägers der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes insoweit ausschließen wollen,
hätte dies ausdrücklich etwa mit dem Zusatz "erhalten kann" zum Ausdruck gebracht werden müssen. Eine Rechtsgrundlage für
die Anrechnung fiktiven Einkommens enthalten die Vorschriften nicht; eine Rechtsgrundlage für die vom Antragsgegner bezeichnete
"Versagung" (der Begriff findet sich in den hier maßgeblichen Vorschriften des SGB II nicht, Mitwirkungspflichten nach den §§ 60ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] sind nicht verletzt und entsprechendes
wird vom Antragsgegner auch nicht behauptet) ebenfalls nicht. Eine solche Regelung sieht im Übrigen auch § 12a SGB II nicht vor, der die Verpflichtung des Leistungsberechtigten postuliert, Leistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und
die dafür erforderlichen Anträge zu stellen. Weder diese Vorschrift noch § 5 Abs. 3 SGB II sehen in diesem Zusammenhang die Möglichkeit einer "Versagung" oder Vorenthaltung von Leistungen - in fiktiver Höhe - vor.
Vielmehr hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, den Leistungsträgern des SGB II eine entsprechende Antragsbefugnis und die Möglichkeit Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einzulegen, einzuräumen. Darüber hinaus
ist schon nicht ersichtlich, weshalb die Anrechnung eines Unterhaltsvorschusses dann nicht Einkommen sein soll, wenn er nur
"fiktiv" in die Bedarfsprüfung eingestellt wird, wie es der Antragsgegner ohne Begründung bislang tut. Ist er bewilligt oder
wird Unterhalt durch den Vater gewährt, ist er ohne weiteres als Einkommen iSd. §§ 11 ff. SGB II anzurechnen. Den Unterhaltsvorschuss nicht an den Vorschriften der Einkommensanrechnung zu messen, wenn er nicht zufließt,
ist eine verdeckte Anrechnung von fiktivem Einkommen, ohne dies beim Namen zu nennen. Eine Rechtsgrundlage für die Anrechnung
von fiktivem Einkommen, die eine "Versagung" oder Vorenthaltung rechtfertigen könnte, besteht aber nicht. Sie stünde auch
im Widerspruch zum geltenden Bedarfsdeckungsgrundsatz. Ein Rechtsgrundlage ergibt sich daher auch nicht aus § 3 Abs. 3 SGB II. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 27.09.2011 (B 4 AS 202/10 R, in [...], dort Rz 22 m.w.N.) deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ein Leistungsausschluss in der Existenzsicherung im
Hinblick auf den Bedarfsdeckungsgrundsatz einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung bedarf. Dies folgt aus der verfassungsrechtlichen
Pflicht des Staates, ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten. Daher ist bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit
ausschließlich auf die gegenwärtige Lage und auf Umstände in der Vergangenheit nur insoweit abzustellen, als sie eindeutige
Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage ermöglichen. Ausdrücklich führt das BSG in der genannten Entscheidung aus, dass weder § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II ("Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten
zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen") noch § 3 Abs. 3 SGB II ("Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfen nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig
beseitigt werden kann;...") eigenständige Ausschlusstatbestände regeln sondern es sich um Grundsatznormen handelt, die durch
die Regelungen insbesondere über den Einsatz von Einkommen und Vermögen bzw. sonstigen leistungshindernden Normen konkretisiert
werden und regelmäßig nur im Zusammenhang mit ihnen Wirkung entfalten. Soweit der Antragsgegner den Aussagegehalt der Entscheidung
mit einem anderen Sachverhalt und einem obiter dictum relativieren will, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Die oben
wiedergegebene Systematik, der Standort der Normen im Ersten Kapitel des SGB II und der Umstand, dass das SGB II konkrete Ausschlussnormen kennt, die hier allerdings nicht greifen, belegt die vertretene Auffassung.
Ob dies auch immer dann gelten kann und muss, wenn der Leistungsberechtigte tatsächlich die (im Hinblick auf den Bedarfsdeckungsgrundsatz
notwendige) sofortige und unmittelbare Möglichkeit hat, eine bestehende Hilfebedürftigkeit durch eine zumutbare Handlung zu
beseitigen, braucht der Senat hier nicht abschließend zu entscheiden. Denn ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor. Der
Antrag der Mutter der Antragstellerin auf Gewährung eines Unterhaltsvorschusses nach dem UhVorschG ist mit dem Widerspruchsbescheid
des Regierungspräsidiums vom 30.01.2012 bestandskräftig abgelehnt. Soweit ersichtlich handelte es sich bereits um den zweiten
Antrag, solche Leistungen zu erhalten. Bei der Ablehnung nach §
1 Abs.
3 UhVorschG handelt es sich auch nicht um eine dem §
66 SGB I nachgebildete Versagung der Leistung mit der grundsätzlichen Möglichkeit der Nachholung der versäumten Mitwirkungshandlung
sondern um ein Tatbestandsmerkmal, welches materiellrechtlich Grundlage für die Ablehnung der Leistung war und ist. Ob der
Mutter der Antragstellerin tatsächlich ein einfacherer Weg offen steht, die Hilfebedürftigkeit zu beseitigen, mag angesichts
des bisherigen Verfahrensverlaufes mehr als zweifelhaft erscheinen. Es bleibt dem Antragsgegner im Übrigen insoweit unbenommen,
den entsprechenden Rechtsbehelf gegen solche Entscheidungen einzulegen oder Anträge für die Antragstellerin zu stellen (§
5 Abs.
3 SGG).
Der Anordnungsgrund ergibt sich allein schon aus der Höhe der vorenthaltenen Leistung, die mit 133 € mehr als die Hälfte des
für die Antragstellerin geltenden Sozialgeldsatzes ausmacht und deshalb schon erheblich in das ihr zu gewährende Existenzminimum
eingreift.
Ausgehend vom Monat des Antragseingangs beim SG im Juni 2012 war daher der Antragsgegner zu verpflichten, der Erziehungsberechtigten der Antragstellerin vorläufig und bis
zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens sowie längstens bis zum Ablauf des im Streit stehenden Bewilligungsabschnitts
weitere 133 € monatlich ab 01.06.2012 zu bezahlen. Soweit mit dem Antrag keine zeitliche Einschränkung der Verpflichtung zur
Leistung verbunden wurde und zumindest Leistungen für die Vergangenheit nicht ausgeschlossen wurden, waren solche abzulehnen.
Dies beruht auf dem auch für das Recht des SGB II geltenden Grundsatz, dass Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen
Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht
ist. Solche Umstände sind hier weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Antragstellerin sich erfolgreich gegen die Vorenthaltung von Leistungen wegen eines
nicht gezahlten Unterhaltsvorschusses zur Wehr gesetzt hat. Nachdem ausdrücklich keine Leistungen für die Vergangenheit beantragt
waren, war es sachgerecht, dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in vollem Umfang aufzuerlegen.
Der bedürftigen Antragstellerin war darüber hinaus Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen und Rechtsanwältin
J. beizuordnen. Die hinreichende Erfolgsaussicht für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus den gemachten Ausführungen.
Diese Entscheidungen sind nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).