Vorläufiger Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren, Befreiung von der Versicherungspflicht, Nachweis der Voraussetzungen
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die Aufhebung der Befreiung
von der Versicherungspflicht und gegen die Festsetzung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Alterssicherung nach dem Gesetz
über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Der Antragsteller ist selbstständiger Rechtsanwalt und Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B.(Versorgungswerk),
zu dem er Beiträge entrichtet. Er bezog nach eigenen Angaben vor ungefähr zehn Jahren zusammen mit seiner Ehefrau, der Beigeladenen,
ein landwirtschaftliches Anwesen. Neben der Beigeladenen, die - so die Angaben - als Gesellschafterin und Geschäftsführerin
ein Unternehmen und als Hobby die Dressurreiterei betreibt, haben dort auch Freunde und Bekannte Pferde untergestellt.
Bereits mit Bescheid vom 11.12.2000 hatte die Antragsgegnerin die Versicherungspflicht des Antragstellers als Ehegatte eines
Landwirts zur landwirtschaftlichen Alterskasse mit Wirkung ab dem 1.2.1997 festgestellt. Kurz darauf befreite die Antragsgegnerin
den Antragsteller mit Wirkung ab 1.11.1999 wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen von der Versicherungspflicht, zeitgleich
hob sie den Bescheid vom 11.12.2000 über die Versicherungspflicht auf (Bescheide vom 15.1.2001).
Nachdem der Antragsteller von der Antragsgegnerin geforderte Nachweise über die Überschreitung der für die Befreiung maßgebenden
Einkommensgrenzen nicht vorgelegt hatte, stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21.2.2005 erneut und mit Wirkung ab
dem 1.11.1999 Versicherungspflicht fest und hob zugleich den Bescheid vom 15.1.2001 über die Befreiung von der Versicherungspflicht
ab diesem Zeitpunkt wegen nicht nachgewiesener Voraussetzungen auf. Während des Widerspruchsverfahrens legte der Antragsteller
- wie von der Antragsgegnerin gewünscht - eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Überschreitung der Einkommensgrenzen
vor, worauf die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.4.2005 einerseits Versicherungspflicht feststellte und ihn andererseits
- unter Aufhebung des Bescheides vom 21.2.2005 insoweit - von der Versicherungspflicht ab dem 1.11.1999 befreite.
Weil sich der Antragsteller im Rahmen der Überprüfung der Befreiungsvoraussetzungen durch die Antragsgegnerin erneut geweigert
hatte, entsprechende Unterlagen über sein Einkommen vorzulegen, stellte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.3.2006 erneut
Versicherungspflicht fest und hob den Bescheid vom 14.4.2005 über die Befreiung von der Versicherungspflicht mit Ablauf des
31.12.2001 auf. Nachdem der Antragsteller entsprechende Bestätigungen des Finanzamtes über seine Einkünfte vorgelegt hatte,
erging der Bescheid vom 15.5.2006, mit dem die Antragsgegnerin unter gleichzeitiger Feststellung von Versicherungspflicht
den Antragsteller für die Zeit ab 1.1.2002 von der Versicherungspflicht befreite und den Bescheid vom 14.3.2006 insoweit aufhob.
Unter der Überschrift Hinweise und Meldepflichten führte die Antragsgegnerin aus, die Befreiung gelte nur, solange eine oder
mehrere Befreiungsvoraussetzungen erfüllt seien und der Antragsteller sei verpflichtet jede Änderung der Verhältnisse unverzüglich
zu melden. Der Bescheid über die Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht endgültig. Die Versicherungspflicht trete
wieder ein, wenn die Befreiungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen.
Weil der Antragsteller auf Aufforderungen der Antragsgegnerin im Jahr 2008, Einkommensteuerbescheide ab dem Jahr 2004 bzw.
entsprechende Bestätigungen des Finanzamtes vorzulegen, nicht reagiert hatte, hob die Antragsgegnerin nach Anhörung des Antragstellers
mit Bescheid vom 23.9.2008 den Bescheid vom 15.5.2006 über die Befreiung von der Versicherungspflicht mit Ablauf des 31.12.2003
auf und stellte fest, dass ab 1.1.2004 für ihn als Ehegatte eines Landwirts Beiträge zu entrichten seien. Die monatliche Beitragshöhe
stellte sie gestaffelt für die entsprechenden Jahre fest und bezifferte den Rückstand des Beitragskontos zum 23.9.2008 auf
11.544,00 EUR. Das Widerspruchsverfahren während dessen der Antragsteller Aufrechnungsbescheinigungen seines Versorgungswerkes
vorgelegt hatte, ist erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 28.11.2008), ebenso ein bei der Antragsgegnerin gestellter
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Bescheid vom 28.11.2008).
Das bereits am 27.10.2008 vom Antragsteller angerufene Sozialgericht Reutlingen hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 23.9.2008 abgelehnt und zu Begründung ausgeführt, die Nichtvorlage der von
der Antragsgegnerin geforderten Einkommensnachweise stelle eine wesentliche Änderung dar, die nach Erlass des Bescheides eingetreten
sei und die Antragsgegnerin gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zur Aufhebung der Befreiung berechtige. Der Nachweis der tatbestandlichen Voraussetzung der Befreiung obliege dem Antragsteller.
Angesichts der vollen Parallelität zwischen Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sei der Nachweis der Befreiungsvoraussetzungen
regelmäßig durch Vorlage des entsprechenden Einkommensteuerbescheides bzw. durch eine entsprechende Bescheinigung des Finanzamtes
möglich. Nicht ausreichend seien hingegen die vorgelegten Bescheinigungen über entrichtete Beiträge an das Versorgungswerk
für Rechtsanwälte.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 13.11.2008 eingegangenen Beschwerde. Er meint, er sei nicht zur Vorlage
von Einkommensteuerbescheiden verpflichtet, sondern müsse lediglich nachweisen, dass sein erzielter Gewinn über der Einkommensgrenze
liege. Dies könne auch durch die Vorlage der Aufrechnungsbescheinigungen geschehen. Diese Bescheinigungen würden beweisen,
dass er jährlich über 12.000 EUR an das Versorgungswerk bezahle, sodass auch bewiesen sei, dass er über ein entsprechendes
Arbeitseinkommen verfüge, weil er andernfalls zur Leistung entsprechender Beiträge nicht in der Lage wäre.
Die Antragsgegnerin verweist durch Bezugnahme auf erstinstanzliche Ausführungen darauf, dass alleine die Entscheidungen der
Finanzbehörden für die Frage des Arbeitseinkommens im Sinne des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) maßgebend seien. Insbesondere die vorgelegten Bescheinigungen reichten nicht aus, weil der Antragsteller wohl seit Jahren
freiwillig den Höchstbetrag bezahle. Der Beitragszahlung zum Versorgungswerk liege also kein nachprüfbares Arbeitseinkommen
zu Grunde.
Zu weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23.9.2008.
Die Beiladung der Ehefrau des Antragstellers beruht auf §
75 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) und dem Umstand, dass ihr gegenüber als (Mit)Schuldnerin der Beiträge (§ 70 Abs. 1 Satz 2 ALG) die Entscheidung nur einheitlich ergehen kann (BSG, Urteil vom 16.10.2002, B 10 LW 5/01 R in SozR 3-5868 § 3 Nr. 5). Eine Anhörung der Beigeladenen vor der Entscheidung in der Sache ist nicht erforderlich, weil
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für sie nur vorteilhafte Wirkung hat.
Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend die Rechtsgrundlage (§
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG) für die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung und die Maßstäbe hierfür entsprechend §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG dargestellt. Hierauf nimmt der Senat Bezug.
Der begehrten Anordnung steht nicht entgegen, dass der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch zwischenzeitlich beschieden
worden ist (Widerspruchsbescheid vom 28.11.2008). Denn die Klagefrist des §
87 SGG ist noch offen, der Bescheid vom 23.9.2008 somit noch nicht bestandskräftig. Unabhängig von der Frage, ob zwischenzeitlich
Klage erhoben ist, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, die auf den Erlass des Bescheides vom 23.9.2008
zurückwirkt und bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Klärung bestehen bleibt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.3.2006,
L 8 AS 369/06 ER-B).
Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass der hier vom Antragsteller eingelegte Widerspruch (ebenso
wie eine möglicherweise noch eingehende Klage) nach §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG keine aufschiebende Wirkung hat. Zwar handelt es sich bei der Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht nicht
um eine Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten, wie §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG dies vorsieht. Indessen ist diese Regelung hier entsprechend anzuwenden, weil auch die Aufhebung einer Befreiung von der
Versicherungspflicht keine andere Rechtswirkung hat als die Feststellung der Versicherungspflicht selbst, nämlich beitragsrechtliche
Wirkung, und §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG gerade im Hinblick auf Versicherungsbeiträge als Grundlage für die Tätigkeit der Versicherungsträger deren Funktionsfähigkeit
sichern soll (Keller in Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Auflage, §
86a Rdnr. 13). Dies verdeutlicht der streitbefangene Bescheid, wenn dort in einem weiteren Verfügungssatz die Beitragspflicht
und die Höhe der Beiträge einschließlich des Beitragsrückstandes festgestellt werden. Insoweit kommen die dargestellten Regelungen
dann unmittelbar zur Anwendung.
Anders als das Sozialgericht und die Antragsgegnerin gelangt der Senat im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung zu
dem Ergebnis, dass der Bescheid vom 23.9.2008 rechtswidrig ist. Mit diesem Bescheid hob die Beklagte in erster Linie den früheren
Bescheid vom 15.5.2006 hinsichtlich der dort erfolgten Befreiung von der Versicherungspflicht mit Wirkung ab dem 1.1.2004
auf. Der Vortrag des Antragstellers, er sei gar nicht versicherungspflichtig geht damit von vornherein ins Leere. Denn die
Versicherungspflicht steht auf Grund der Feststellung in den insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 15.5.2006,
14.3.2006, 14.4.2005 und 21.2.2005 fest, wobei offen bleiben kann, inwieweit den nach dem Bescheid vom 21.2.2005 erfolgten
"Feststellungen" Regelungsqualität zukommt und aus welchen Gründen sich die Antragsgegnerin veranlasst sah, inhaltsgleiche
Sätze in die jeweiligen Bescheide aufzunehmen.
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht lassen sich indessen nicht feststellen.
Die Beklagte beruft sich als Rechtsgrundlage für diesen Bescheid auf § 48 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - hierzu gehört auch eine Befreiung von der Versicherungspflicht (BSG, Urteil
vom 16.10.2002, aaO.) - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen,
die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 2). Nach Satz 2 der Regelung soll
der Verwaltungsakt unter anderem im Falle der Verletzung von Mitteilungspflichten (Nr. 2) vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse
an aufgehoben werden.
Voraussetzung dieser Vorschrift ist also, dass eine wesentliche Änderung eintrat. Dies trifft hier nicht zu. Grundlage der
ohne Befristung erfolgten Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid vom 15.5.2006 waren die damals, für die
Jahre 2002 und 2003, vom Antragsteller nachgewiesenen Einkommensverhältnisse und die damit nachgewiesene Überschreitung der
für die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgegebenen Einkommensgrenzen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG in Höhe von jährlich ein Siebtel der Bezugsgröße, seit 1.4.2003 jährlich 4.800,- EUR. Auf diesen Nachweisen und der darauf
aufbauenden Prognose (zur Zulässigkeit einer vorausschauenden Betrachtung nach den regelmäßigen Einkünften s. BSG, Urteil
vom 16.10.2002, aaO.) beruhte die in die Zukunft gerichtete Befreiung des Antragstellers von der Versicherungspflicht.
Aus den Akten ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass sich die Einkommensverhältnisse des Antragstellers wesentlich,
nämlich i.S. einer Unterschreitung des Jahresbetrages von 4.800 EUR geändert hätten. Der Antragsteller bestreitet eine solche
Änderung und die Antragsgegnerin führt keine Umstände an, die darauf hindeuten, dass die jährlichen Einkünfte des Antragstellers
diesen Grenzbetrag unterschritten hätten. Grundsätzlich aber obliegt die objektive Beweislast für den Nachweis einer wesentlichen
Änderung i. S. des § 48 SGB X der Behörde (BSG, Urteil vom 6.12.1989, 9 RVs 3/89 in SozR 3870 § 4 Nr. 3).
Der Auffassung des Sozialgerichts, eine wesentliche Änderung liege schon darin, dass der Antragsteller die erforderlichen
Nachweise für das weitere Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nicht vorgelegt habe, folgt der Senat nicht. Es trifft zwar
zu, dass die vom Antragsteller vorgelegten Aufrechnungsbescheinigungen des Versorgungswerkes nicht ausreichen, um das gemäß
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG i.V.m. §
15 SGB IV maßgebende Arbeitseinkommen nachzuweisen. Diese Aufrechnungsbescheinigungen des Versorgungswerkes enthalten weder konkrete
Hinweise auf die Höhe des vom Antragstellers erzielten Arbeitseinkommens noch darauf, ob und inwieweit solches Arbeitseinkommen
Grundlage der ausgewiesenen Beitragsschuld war. Die Behauptung des Antragstellers, die dort ausgewiesenen Zahlbeträge lägen
oberhalb des hier in Frage stehenden Grenzbetrages, trifft zwar zu, führt aber nicht weiter. Weder die mit den Aufrechnungsbescheinigungen
ausgewiesene Beitragsschuld für das jeweilige Jahr noch die dort bestätigten Zahlungen lassen zwingende Rückschlüsse darauf
zu, wie die Beiträge berechnet und vom Antragsteller finanziert wurden.
Angesichts des auch zwischen den Beteiligten unstreitigen Umstandes, dass sich die Beurteilung des Arbeitseinkommens nach
steuerrechtlichen Grundsätzen richtet (so genannte Parallelität zwischen Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht, vgl. §
15 Abs.
1 Satz 1
SGB IV: Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen
Tätigkeit) kommt den Feststellungen der Finanzverwaltung im Einzelfall maßgebende Bedeutung zu. Dem entsprechend können die
Sozialversicherungsträger, hier also die Antragsgegnerin, den Nachweis über die Höhe des Arbeitseinkommens von den Entscheidungen
der Finanzverwaltung abhängig machen. Dies zeigt sich für den Bereich der Alterssicherung der Landwirte unter anderem auch
an § 32 ALG, wo für die Feststellung des Einkommens ausdrücklich auf die Einkommenssteuerbescheide abgestellt wird. Im Ergebnis hat der
Antragsteller somit die Überschreitung der Befreiungsgrenzen des § 3 ALG durch Vorlage der entsprechenden einkommenssteuerrechtlichen Belege nachzuweisen. Dabei geht die Antragsgegnerin zutreffend
davon aus, dass für einen solchen Nachweis nicht zwingend die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides erforderlich ist, sondern
Bescheinigungen der Finanzverwaltung ausreichen, wie sie bisher schon den dem Antragssteller erteilten Befreiungen zu Grunde
lagen.
Dem Ansinnen des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe sich bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von
der Versicherungspflicht vorliegen, mit anderen, von ihm auszuwählenden Nachweisen zufrieden zu geben, erteilt der Senat eine
Absage. Grundsätzlich hat sich die Antragsgegnerin, im Klageverfahren das Gericht, von den maßgebenden Tatsachen - im Falle
der Befreiung also der Höhe des Einkommens - zu überzeugen. Im Rahmen dieses Erkenntnisprozesses bestimmt nicht der Antragsteller,
welche Angaben und Nachweise erforderlich sind, damit diese Überzeugung gebildet werden kann (BSG, Urteil vom 2.9.2004, B 7 AL 88/03 R in SozR 4-1500 § 128 Nr. 5). Andernfalls läge es in der Hand des Antragstellers, Verwaltung und Gericht zu zwingen, keine
Zweifel zu haben. Dementsprechend ist das Verlangen der Antragsgegnerin nach Vorlage finanzbehördlicher Bestätigung oder Festsetzung
sachgerecht und erforderlich. Gemäß § 73 Abs. 1 ALG i.V.m. §
196 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) ist der Antragsteller somit zur Vorlage derartiger Unterlagen verpflichtet.
Damit steht zwar fest, dass der Antragsteller diese Auskunfts- und Vorlagepflichten verletzt. Dies begründet aber nicht das
Vorliegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse i.S. des § 48 SGB X.
Nicht zu folgen vermag der Senat der Auslegung des Bescheides vom 15.5.2006 durch das Sozialgericht. Mit diesem Bescheid,
der sich in Verfügungssatz, Begründung, Hinweise und Meldepflichten sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung gliedert, wurde der
Antragsteller ohne wenn und aber für die Zeit ab 1.1.2002 von der Versicherungspflicht befreit. Weitere Zusätze enthält der
entsprechende Verfügungssatz nicht. Lediglich unter der Rubrik Hinweis und Meldepflichten führte die Antragsgegnerin aus,
dass das Bestehen der Befreiungsentscheidung von den zu Grunde liegenden Voraussetzungen abhängt. Dies stellt sich als - zutreffender
- Hinweis auf § 48
SGG X dar, schränkt jedoch - schon angesichts der räumlichen und thematischen Trennung - den Verfügungssatz selbst inhaltlich
nicht ein. Vielmehr befreite die Antragsgegnerin den Antragssteller mit diesem Bescheid mit Wirkung ab dem 1.1.2002 auf Dauer
und ohne weitere Nebenbestimmungen. Somit kann keine Rede davon sein, der Bescheid enthalte eine auflösende Bedingung für
den Fall der Nichtvorlage von Nachweisen über das Arbeitseinkommen oder gar eine vergleichbar wirkende Auflage.
Erweist sich damit die Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht als rechtswidrig, kann diese Aufhebung keinen
Bestand haben. Mit deren zu erwartender Kassation fehlt es auch an einer Grundlage für die mit dem Bescheid vom 23.9.2008
festgesetzten Beiträge, nämlich am Bestehen von Beitragspflicht. Damit erweist sich der Bescheid vom 23.9.2008 insgesamt als
rechtswidrig, sodass die beantragte Anordnung zu erlassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG. Im Rahmen der hier geforderten Ermessensentscheidung gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass es nicht sachgerecht ist, wenn
die Antragsgegnerin dem Antragssteller die außergerichtlichen Kosten erstattet. Zwar obsiegt der Antragssteller, was regelmäßig
mit einer Erstattungspflicht der unterliegenden Behörde einhergeht. Im vorliegenden Fall indessen trägt der Senat dem Umstand
Rechnung, dass der Antragsteller entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung (§ 73 Abs. 1 ALG i.V.m. 196 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und Satz 2
SGB VI) die Vorlage von Nachweisen über die Höhe seines einkommensteuerrechtlichen Arbeitseinkommens verweigert und damit Anlass
zum vorliegenden Verfahren gegeben. Der Beigeladenen sind keine Kosten entstanden.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).