Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung von Unfallfolgen.
Der am 1945 geborene Kläger war zuletzt als Schlosser und Kraftfahrer beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörten u.a. Lagerarbeiten,
wobei auch Lasten bis 30 kg anfielen sowie Überkopfarbeiten durchgeführt werden mussten. Während dieser Tätigkeit verfing
sich der Kläger am 24.03.2005 gegen 8:00 Uhr in einer Seilschlaufe, stolperte, verlor das Gleichgewicht und fiel auf seine
rechte Schulter, wobei er versuchte, sich mit dem rechten Arm abzufangen. Gegen 9:00 Uhr suchte er Dr. P., Chefarzt der Chirurgischen
Abteilung des Krankenhauses B. auf, der eine erhebliche Einschränkung der aktiven Bewegungsfähigkeit feststellte und von einer
Schulterprellung sowie einer Zerrung der Rotatorenmanschette rechts ausging. Die am 01.04.2005 angefertigte Magnetresonanztomografie
(MRT) ergab degenerative Veränderungen im Acromioclavicular (AC)-Gelenk, einen Hochstand des Humeruskopfes und eine Verschmälerung
des subacromialen Raumes, kleine knöcherne konsolenartige Anbauten an der Unterfläche des Schulterdaches, eine Ruptur der
Supraspinatussehne sowie eine Ergussbildung in der Bursa subacromialis subdeltoidea. Wegen persistierender Beschwerden erfolgte
am 14.04.2005 eine Arthroskopie des rechten Schultergelenkes in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum
am G. H., bei der sich eine breite, vollständige Ruptur der Supraspinatussehne zeigte (über der Bizepssehne in Form eines
retrahierten abgerundeten stumpfen Randes entsprechend einer älteren Ruptur, lateral zur Infraspinatussehne hin in Form einer
frischen Sehnenruptur mit fransigen Stumpfenden, so der Operationsbericht des Oberarztes Dr. S. vom 14.04.2005) und es erfolgte
eine Manschettenrekonstruktion. Prof. Dr. R., Direktor des Instituts für Pathologie im Klinikum am G., fand in seiner histopathologischen
Begutachtung des während der Arthroskopie entnommenen Sehnengewebes keine Hinweise auf eine degenerative Schädigung, wohl
aber geringe Fibrinauflagerungen und eine diskrete Hämorrhagie, jedoch keine reparative Fibrozytenvermehrung. Er beurteilte
die Probe als frischen, wenige Tage alten Rupturanteil. In der Folgezeit kam es nach vorübergehender Besserung der Beschwerden
zu erneuten Verschlechterungen mit Verdacht auf eine Reruptur der Supraspinatussehne (MRT vom 06.09.2005) und nachfolgend
zu einer erneuten Arthroskopie am 22.09.2005, bei der sich die Supraspinatussehne in ihrer Hauptportion regelrecht darstellte
und arthroskopisch vital aussah. Lediglich im ventralen Anteil zeigte sich ein kleiner länglicher Defekt, auf dessen Naht
verzichtet wurde. Unter dem Schulterdach fand der Operateur Dr. S. eine ausgeprägte Narbenbildung, die während der Operation
gelöst wurde. Dennoch blieben Beschwerden bestehen, insbesondere in Form einer Bewegungseinschränkung und Schmerzzuständen.
Hinsichtlich des konkreten Verlaufs des Heilungsprozesses wird auf die Berichte von Prof. Dr. Su., Direktor der Klinik für
Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, an die Beklagte verwiesen.
In dem von der Beklagten eingeholten Gutachten gelangte Dr. P. zu dem Ergebnis, der Sturz am 24.03.2005 habe zu einer traumatischen
Ruptur der Supraspinatussehne geführt, die degenerativen Vorschäden seien klinisch nicht auffällig gewesen und die Funktionseinschränkungen
des rechten Schultergelenkes seien unfallbedingt. Nachdem der Arzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. K. in seiner beratungsärztlichen
Stellungnahme für die Beklagte unter anderem Zweifel an einer Fehlbelastung der Rotatorenmanschette durch das Unfallereignis
geäußert und darauf hingewiesen hatte, dass unmittelbar nach dem Unfall kein sogenannter "drop arm", wohl aber ein Humeruskopfhochstand
als Zeichen eines Vorschadens und keine verletzungsspezifischen Begleitschäden bestanden habe, stellte die Beklagte die Zahlung
des bisher geleisteten Verletztengeldes mit Ablauf des 20.09.2006 durch Bescheid vom 13.09.2006 ein. Mit weiterem Bescheid
vom 18.09.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit: "1. Das Ereignis vom 24.03.2005 wird als Arbeitsunfall anerkannt. 2. Als
Folge des Unfalls wird eine Prellung der rechten Schulter anerkannt. 3. Die Anerkennung des Risses der Rotatorenmanschette
als Folge des Unfalls vom 24.03.2005 wird abgelehnt. 4. Die Gewährung von Leistungen über den 31.03.2005 hinaus wird abgelehnt."
Hiergegen legte der Kläger "mit dem Antrag, den Bescheid insoweit aufzuheben, als die Anerkennung des Risses der Rotatorenmanschette
als Folge des Unfalles vom 24.03.2005 abgelehnt wird" Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2007
zurückwies. In den Bescheiden vertrat die Beklagte vor allem die Auffassung, der Unfallhergang sei nicht geeignet gewesen,
einen Riss der Rotatorenmanschette herbeizuführen.
Mit seiner hiergegen am 15.02.2007 beim Sozialgericht Heilbronn erhobenen Klage hat der Kläger zunächst unter Anfechtung von
Nr. 3 und 4 des Bescheides vom 18.09.2006 die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung des Risses der Rotatorenmanschette
als Unfallfolge und zur Gewährung von Leistungen "über den 31.05.2005 hinaus" begehrt. In der mündlichen Verhandlung vor dem
SG hat er sein Leistungsbegehren auf Verletztenrente und Verletztengeld konkretisiert. Das Sozialgericht hat ein Gutachten bei
Prof. Dr. L., Leiter der Sektion für Schulter- und Ellenbogenchirurgie an der Orthopädischen Universitätsklinik H., eingeholt.
Prof. Dr. L. hat - ausgehend von einem Sturz des Klägers auf den nach hinten gebogenen Arm - und angesichts der aktenkundigen
Indizien für eine akute Schädigung der Rotatorenmanschette am Unfalltag (Operationsbericht vom 14.04.2005: ausgefranste Ränder
als frische Verletzungszeichen; MRT vom 01.04.2005: Erguss im Bereich des Schultergelenks, der umgebenden Schleimbeutel und
eine Signalanhebung im Bereich der Untergrätensehne und der Unterschulterblattsehne; histologischer Befund: frische, wenige
Tage alte Ruptur) zumindest eine Verschlimmerung eines möglicherweise vorbestehenden Schadens an der Supraspinatussehne durch
das Unfallereignis bejaht. Der Hochstand des Humeruskopfes spreche nicht dagegen, weil am linken, unverletzten Schultergelenk
eine identische anatomische Struktur bestehe, ohne dass hier Schäden an der Rotatorenmanschette vorlägen. Die von Dr. P. festgestellte
erhebliche Bewegungseinschränkung könne als Zeichen eines so genannten "drop arms" gewertet werden und spreche für eine akute
Insuffizienz der vorderen oberen Anteile der Rotatorenmanschette. Die am Unfalltag bereits vorhandenen degenerativen Schäden
seien klinisch unauffällig gewesen. Im Ergebnis ist Prof. Dr. L. zu der Einschätzung gelangt, dass dieser Sturz schlussendlich
die Operation ausgelöst habe und dass die dadurch im Bereich des rechten Schultergelenkes festzustellenden Störungen (Narbenbildung,
Muskelminderung, mittelgradige aktive Bewegungseinschränkung, Bewegungsschmerzen und Kraftminderung der rechten Schulter bei
Zustand nach chirurgisch versorgter Läsion der Rotatorenmanschette mit erneutem Sehnendefekt) ursächlich auf das in Rede stehende
Unfallereignis zurückzuführen seien.
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegeben hatte, er sei nicht nach hinten gestürzt
und sein rechter Arm habe sich auch nicht hinten befunden, Prof. Dr. L. müsse ihn falsch verstanden haben, hat das Sozialgericht
die Klage mit Urteil vom 09.07.2008 und der Begründung abgewiesen, das Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, eine Läsion
der Rotatorenmanschette herbeizuführen (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage,
Seite 507).
Gegen das ihm am 25.07.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.08.2008 Berufung eingelegt. Er sieht sich hinsichtlich
des Unfallherganges vom Sozialgericht missverstanden und trägt vor, in einer Drehbewegung gestürzt zu sein und mit seitlich
nach hinten angewinkeltem Arm auf Schulter und Rücken aufgeschlagen zu sein.
Er beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 09.07.2008 und den Bescheid vom 18.09.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 25.01.2007 abzuändern sowie festzustellen, das die Narbenbildung, die Muskelminderung, die mittelgradige aktive Bewegungseinschränkung
und die Bewegungsschmerzen und Kraftminderung an der rechten Schulter Folge des Arbeitsunfalles vom 24.03.2005 sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie verneint nach wie vor die Eignung des Unfallereignisses für eine Rotatorenmanschettenruptur.
Der Senat hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. T., Facharzt für Orthopädie, hat
- auch für seinen Praxisvorgänger, bei dem der Kläger erstmals im November 2004 in Behandlung war - mitgeteilt, der Kläger
sei nie wegen Erkrankungen an der Schulter behandelt worden. Dr. M., Facharzt für Allgemeinmedizin, hat angegeben, der Kläger
sei seit März 1995 in Behandlung, aber lediglich einmalig, am 27.06.1997, wegen Schmerzen und Beschwerden an der rechten Schulter
behandelt worden. Die vom Senat beigezogenen Auszüge aus der Leistungsdatei der Krankenkassen des Klägers haben keine Hinweise
auf frühere Schulterbeschwerden erbracht.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§
143,
144,
151 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Das Sozialgericht hätte die beim Kläger vorliegenden Funktionsstörungen
des rechten Schultergelenkes als Unfallfolgen feststellen und den angefochtenen Bescheid, soweit er dieser Feststellung entgegen
steht, aufheben, den Bescheid somit abändern müssen.
Es bedarf keiner weiteren Ausführungen dazu, dass die ursprünglich vom Kläger erhobene Leistungsklage schon angesichts des
nur beschränkt, nämlich im Hinblick auf die Ablehnung des Risses der Rotatorenmanschette als Unfallfolge (Verfügungssatz Nr.
3) erhobenen Widerspruches - mit der Folge des Eintritts von Bestandskraft der nicht vom Widerspruch erfassten Verfügungssätze
im Bescheid vom 18.09.2006 - nicht zulässig gewesen ist. Denn der Kläger hat dieses Leistungsbegehren im Berufungsverfahren
zuletzt nicht weiter verfolgt. Er begehrt vielmehr ausschließlich die Feststellung der nach dem Unfall verbliebenen funktionellen
Einschränkungen gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG (Feststellungsklage). Soweit der Kläger (Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 16.10.2009) die Verurteilung der
Beklagten zur Feststellung von Unfallfolgen beantragt, hat er damit keine Verpflichtungsklage nach §
54 Abs.
4 SGG erhoben (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R); ihm geht es, wie im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 24.09.2009 deutlich geworden ist, gerade um die gerichtliche
Feststellung der Unfallfolgen.
In Kombination mit dieser zulässigen Feststellungsklage beantragt der Kläger auch zulässigerweise die Abänderung des angefochtenen
Bescheides (Anfechtungsklage). Denn der begehrten gerichtlichen Feststellung steht der Verfügungssatz Nr. 3 des Bescheides
vom 18.09.2006 entgegen, mit dem die Beklagte den Riss der Rotatorenmanschette als Unfallfolge ablehnte. Dabei bedarf es keiner
weiteren Darlegung, dass die Feststellung des durch einen Arbeitsunfall hervorgerufenen Gesundheitserstschadens - hier die
Läsion der Supraspinatussehne - dann nicht in Betracht kommt, wenn dieser Gesundheitserstschaden - wegen der durchgeführten
medizinischen Maßnahmen, hier die Rekonstruktion - nicht mehr vorliegt. Die Anfechtung dieses Verfügungssatzes Nr. 3 ist für
einen Erfolg der Feststellungsklage jedenfalls schon deshalb erforderlich, weil ansonsten die Beklagte der begehrten Feststellung
entgegenhalten könnte, dass nach dem Verfügungssatz Nr. 3 gerade nicht von einer unfallbedingten Schädigung der Rotatorenmanschette
überhaupt ausgegangen werden darf, mithin auch keine Folgen eines solchen Gesundheitserstschadens als Unfallfolgen festzustellen
wären. Im Grunde beinhaltet der Verfügungssatz Nr. 3 des Bescheides vom 18.09.2006 bei entsprechender Auslegung nicht, jedenfalls
nicht nur die Ablehnung des streitigen Gesundheitserstschadens, sondern zumindest auch die Ablehnung weiter bestehender Gesundheitsstörungen
im Gefolge der Rotatorenmanschettenruptur. Die Erwähnung der Risses der Rotatorenmanschette, also des ursprünglichen Gesundheitserstschadens,
in diesem Zusammenhang dient insoweit der Umschreibung der von der Beklagten beabsichtigten und vom Kläger so auch verstandenen
Ablehnung der Anerkennung der damals wie heute vorhandenen Folgen der Schädigung der Rotatorenmanschette als Folgen des Arbeitsunfalles.
Die somit statthafte und auch im Übrigen zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist begründet. Die zur
Feststellung begehrten Gesundheitsstörungen sind Folgen des Sturzes am 24.03.2005, der sich bei der versicherten Tätigkeit
ereignete und bei dem sich der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten eine Läsion der Rotatorenmanschette zuzog. Wegen
der durch diese Läsion der Rotatorenmanschette verursachten Beschwerden erfolgte die am 14.04.2005 durchgeführte Operation,
wodurch es zu einer (so Prof. Dr. L. in seinem Gutachten für das Sozialgericht) Narbenbildung und strukturellen Schädigung
des Schulterhaubenmuskels kam. Wegen der nachfolgend weiter bestehenden Beschwerden, u.a. durch die postoperative Narbenbildung
unter dem Schulterdach, war die weitere Operation am 22.09.2005 erforderlich, bei der diese subacromiale Narbenbildungen zwar
gelöst wurden (Operationsbericht vom 22.09.2005), eine völlige Beschwerdefreiheit aber nicht erreicht werden konnte. Damit
stehen die von Prof. Dr. L. in seinem Gutachten bezeichneten und vom Kläger zur Feststellung begehrten Veränderungen mit funktionellen
Einschränkungen an der rechten Schulter (Narbenbildung, Muskelminderung, mittelgradige aktive Bewegungseinschränkung, Bewegungsschmerzen
und Kraftminderung) in ursächlichem Zusammenhang mit der Läsion der Rotatorenmanschette. Dies ist zwischen den Beteiligten
auch nicht umstritten. Keiner der mit der Bewertung im vorliegenden Fall befassten Ärzte hat diesen Kausalzusammenhang zwischen
der nach dem Unfall festgestellten Läsion der Rotatorenmanschette mit den späteren funktionellen Einschränkungen in Zweifel
gezogen. Soweit es im Dezember 2005 zu Beschwerden wegen einer aktivierten AC-Gelenksarthrose der rechten Schulter kam, bedarf
es keiner Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und dieser "Aktivierung", weil die dadurch ausgelösten
Beschwerden nur vorübergehend bestanden und der Kläger nach entsprechender Infiltrationsbehandlung insoweit beschwerdefrei
war (Berichte des Prof. Dr. Su. vom 02.12.2005 und 28.12.2005). Streitig ist zwischen den Beteiligten im vorliegenden Verfahren
vielmehr ausschließlich die Frage, ob die zu den genannten Veränderungen und funktionellen Einschränkungen führende Läsion
der Rotatorenmanschette durch den Sturz hervorgerufen wurde. Dies bejaht der Senat. Damit handelt es sich bei den erwähnten
Veränderungen und funktionellen Einschränkungen an der rechten Schulter um Folgen des Arbeitsunfalles.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3,
6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder
zum Tod führen (§
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher
Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis
- geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht
hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens
(haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Hier ist zwischen den Beteiligten nicht nur unstreitig, sondern steht durch die bestandskräftig gewordene Feststellung im
Bescheid vom 18.09.2006 über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles (Verfügungssatz Nr. 1) verbindlich fest, dass der Kläger
einen Arbeitsunfall erlitt.
Damit ist aber nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass der nach dem Arbeitsunfall festgestellte weitere Gesundheitsschaden,
hier vor allem die Läsion der Rotatorenmanschette, ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist.
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen
Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom
12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis
und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das
Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund
nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio
sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden
wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die
wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist
und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des
Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsprüfung hat somit nach dieser zweistufigen Prüfung zu erfolgen (siehe hierzu Hepp/Lambert,
Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren in MedSach 2009, 181 ff.).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge
geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens
muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil
vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit
und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, aaO. auch zum Nachfolgenden).
Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen
Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen
oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen
als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine
Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche
Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung
des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.
Hier ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Sturz am 24.03.2005 naturwissenschaftliche Ursache einer Ruptur der Supraspinatussehne,
lateral zur Infraspinatussehne gelegen, war. Hierfür sprechen vor allem jene Indizien, die auf eine Substanzschädigung der
Rotatorenmanschette in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinweisen.
Regelmäßig wird nach der Praxis der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte angesichts des üblichen Verlaufs der
- zunächst von der durch die Heilungsabsicht geprägten Diagnostik getragenen - medizinischen Maßnahmen nach einem Arbeitsunfall
für die Prüfung, ob Zeichen einer akuten Substanzschädigung vorliegen, maßgeblich auf die vom erstuntersuchenden Arzt erhobenen
Befunde mit Diagnose, die danach veranlasste bildgebende Diagnostik (insbesondere Röntgenaufnahmen, Sonografie, Kernspintomografie)
und eventuell durchgeführte invasive Diagnoseverfahren (insbesondere Arthroskopie) mit nachfolgender mikroskopischer Auswertung
(Histologie) abgestellt. Ergeben sich hieraus keine oder keine hinreichenden Hinweise auf akute traumatische Verletzungen
der in Rede stehenden Strukturen (hier: die Rotatorenmanschette) wie plötzliche Funktionseinschränkungen, Einblutungen, sonstige
Flüssigkeitsansammlungen und dergleichen, wird eine traumatische Schädigung eher unwahrscheinlich sein. Liegen dagegen derartige
Hinweise vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, wird ein naturwissenschaftlicher
Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzunehmen sein.
Im vorliegenden Fall deuten alle Indizien auf eine akute traumatische Schädigung der Rotatorenmanschette in Form einer Läsion
durch den Sturz hin. So stellte Dr. P. am Unfalltag u.a. und vor allem einen Bewegungsschmerz und eine erhebliche Bewegungseinschränkung
des rechten Schultergelenkes (Abduktion und Elevation aktiv nur bis 70 Grad möglich) fest, was - so Prof. Dr. L. - für eine
akute Insuffizienz der vorderen oberen Anteile der Rotatorenmanschette und damit einen akut aufgetretenen Schaden spricht;
auf das Ausmaß dieser Bewegungseinschränkung und damit die Qualifizierung dieser funktionellen Störung als "drop arm" kommt
es deshalb nicht an (zur erheblich eingeschränkte Relevanz dieses Zeichens siehe Hepp/Lambert, aaO. S. 186). Dr. P. diagnostizierte
auch eine Zerrung der Rotatorenmanschette rechts, was zeigt, dass Dr. P. bereits auf Grund seiner Untersuchung von einer Beteiligung
der Rotatorenmanschette rechts beim Sturz ausging. Nur rund eine Woche nach dem Sturz, am 01.04.2005, erbrachte das MRT neben
einem strukturellen Defekt der Supraspinatussehne den Nachweis einer Ergussbildung in der Bursa subacromialis subdeltoida,
was ebenfalls auf eine traumatische substanzielle Schädigung hindeutet sowie - nach der Auswertung durch Prof. Dr. L. - neben
dem Erguss Signalanhebungen in anderen Sehnenbereichen als weitere Zeichen einer durch Gewalteinwirkung entstandenen Schädigung
der Rotatorenmanschette. Makroskopisch stellte der Operateur Dr. S. im Rahmen der am 14.04.2005 durchgeführten Arthroskopie
an der Supraspinatussehne über der Bizepssehne eine Läsion mit retrahiertem abgerundetem stumpfem Rand fest, von ihm als Zeichen
einer älteren Ruptur gewertet, während er lateral zur Infraspinatussehne hin eine Läsion mit fransigen Stumpfenden fand und
als frische Ruptur wertete. Diese Beurteilung (insbesondere stumpfe Ränder als Zeichen älterer Schädigung, ausgefranste Ränder
als Zeichen frischer Schädigung) hat Prof. Dr. L. in seinem Gutachten ausdrücklich bestätigt (ebenso Hepp/Lambert, aaO. S.
185 f.). Schließlich ergab die histologische Untersuchung des Sehnengewebes eine geringe Fibrinauflagerung mit diskreter Hämorrhagie
ohne reparative Fibrozytenvermehrung, woraus der Pathologe Prof. Dr. R. auf eine frische, wenige Tage alte Rupturfläche schloss.
Alle vier, oben aufgeführten üblicherweise zur Beurteilung heranzuziehenden medizinischen Untersuchungen belegen somit eine
akute Substanzschädigung der Rotatorenmanschette in zeitlichem (weil kurz nach dem Sturz festgestellt) und örtlichem (weil
im Bereich des vom Sturz betroffenen Körperteils festgestellt) Zusammenhang mit dem Sturz. Angesichts des Umstandes, dass
der Kläger vor dem Sturz am 24.03.2005 in vollem Umfang beruflich tätig war und nach dem Sturz am 24.03.2005 bis zu den erwähnten
medizinischen Maßnahmen keine weitere Schädigung erlitt, besteht kein Zweifel, dass es durch den Sturz am 24.03.2005 zu einer
Schädigung der Rotatorenmanschette kam und zwar an jener Stelle, wo im Rahmen der Arthroskopie die Läsion mit ausgefransten
Rändern festgestellt wurde. Der Senat schließt sich der Beurteilung von Prof. Dr. L. und Dr. P. an.
Umständen, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprechen, kommt im vorliegenden Fall keine durchgreifende
Bedeutung zu. Zwar wurden im Rahmen der beschriebenen Diagnostik auch eine ältere Läsion der Supraspinatussehne, allerdings
an gänzlich anderer Stelle (Operationsbericht vom 01.04.2005: "über der Bizepssehne") als die frische Läsion (Operationsbericht
vom 01.04.2005: lateral zur Infraspinatussehne hin") und sonstige degenerative Veränderungen im Bereich der rechten Schulter,
insbesondere im AC-Gelenk, festgestellt. Degenerative Veränderungen relativieren aber grundsätzlich nicht das Vorliegen und
die Bedeutung der aufgeführten Zeichen einer akuten traumatischen Schädigung. Sie spielen allenfalls auf der zweiten Stufe
der Kausalitätsbeurteilung eine Rolle. Nichts grundsätzlich anderes gilt für die Veränderungen im Bereich des rechten Schulterdaches
mit Engpass unter dem Schulterdach. Keiner der mit der Beurteilung im vorliegenden Fall befassten Mediziner hat insoweit auch
nur in Erwägung gezogen, dass die beschriebene akute Schädigung im (naturwissenschaftlichen) Zusammenhang mit einem solchen
Impingement stand. Fakt ist vielmehr - so Prof. Dr. L. - dass beim Kläger auch an der nicht geschädigten linken Schulter identische
Veränderungen vorliegen, ohne dass die linke Rotatorenmanschette eine auch nur annähernd vergleichbare Defektbildung aufweisen
würde.
Das Fehlen von äußeren Verletzungszeichen bei der Untersuchung durch Dr. P. am Unfalltag spricht nicht gegen eine erhebliche
Einwirkung. Prof. Dr. L. hat insoweit darauf hingewiesen, dass eine Schwellung insbesondere der Schulterweichteile erst mit
einer Verzögerung von Stunden erkennbar wird. Dr. P. wurde vom Kläger aber bereits eine Stunde nach dem Unfallereignis aufgesucht.
Keine ausschlaggebende Rolle spielt auf dieser Ebene der Kausalitätsprüfung die von Prof. Dr. L. erörterte Frage, ob an der
Stelle der akuten traumatischen Schädigung bereits eine Läsion vorbestehend war. Denn dann müsste angesichts der Indizien
für eine akute traumatische Schädigung davon ausgegangen werden, dass diese Läsion - so auch Prof. Dr. L. - durch den Sturz
vergrößert wurde.
Zu Unrecht stellen die Beklagte und das Sozialgericht unter Bezugnahme auf ältere unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Seite 506 ff.) den Aspekt der Eignung des Unfallereignisses in den Vordergrund
der Beurteilung.
Die Eignung des Unfallereignisses ist eine Frage nach dem naturwissenschaftlichen Zusammenhang. Denn wenn das Unfallereignis
tatsächlich nicht geeignet war, die fragliche Schädigung hervorzurufen, kann es hinweggedacht werden und die Schädigung wäre
trotzdem vorhanden. Dem entsprechend können Unfallereignisse regelmäßig nur dann als "nicht geeignet" bewertet werden, wenn
der als geschädigt in Rede stehende Körperteil durch den Unfall überhaupt nicht betroffen war. Auch lediglich geringfügige
Einwirkungen durch den Unfall lassen dagegen die naturwissenschaftliche Eignung nicht entfallen; die Frage nach dem Ausmaß
der Einwirkung ist erst auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung, bei der Frage der "Wesentlichkeit", von Bedeutung. Dem
gegenüber vermischt die vor allem vom Sozialgericht herangezogene medizinische Literatur - unzulässigerweise - die beiden
Prüfungsstufen mit der Folge, dass die Beurteilung auf der zweiten Stufe, also die Frage nach der Wesentlichkeit - wie die
naturwissenschaftliche Kausalitätsprüfung - in erster Linie als medizinische Fragestellung erscheint. Dabei handelt es sich
bei der Prüfung der Wesentlichkeit um eine wertende Entscheidung (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 31.07.1985, 2 RU 74/84 in SozR 2200 § 548 Nr. 75), die - weil mit der Wertung zugleich die Reichweite des Unfallversicherungsschutzes bestimmt wird
(BSG, aaO.) - dem juristischen Betrachter vorbehalten ist. Die Vermengung von naturwissenschaftlicher Prüfung auf der ersten
Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung durch die genannte unfallmedizinische Literatur
mit der verkürzten Darstellung des Ergebnisses in Form geeigneter oder ungeeigneter Unfallvorgänge lässt im Übrigen die der
Wertung zu Grunde liegenden Kriterien (hierzu später) nicht erkennen und ist damit insoweit für eine Kausalitätsbeurteilung
ungeeignet. Aus gleichem Grund kann auch Dr. K. nicht gefolgt werden, der für die Eignung des Unfallereignisses auf eine -
von ihm ohnehin nicht näher spezifizierte - "Fehlbelastung" der Sehne abstellt.
Der Unfallhergang im vorliegenden Fall führte zu einer Einwirkung auf die Rotatorenmanschette. Denn tatsächlich kam es im
Rahmen des Sturzes zu einer Beteiligung des rechten Armes beim Aufprall, und zwar unabhängig davon, ob der Kläger eher nach
vorne oder eher nach hinten fiel, ob also Prof. Dr. L. - so die Angaben des Klägers gegenüber dem Sozialgericht - oder das
Sozialgericht - so die Ausführungen des Klägers in der Berufung - die Darstellung und die Antworten des Klägers auf die gestellten
Fragen missverstanden hat. Schon in seinen ersten Angaben gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, auf die rechte Schulter
und den leicht angewinkelten rechten Arm gefallen zu sein. Hiervon geht der Senat aus, wobei die Annahme, der Kläger habe
- so seine Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht - mit seinem Arm eine Abfangbewegung versucht, naheliegt.
Inwieweit, also in welchem Ausmaß durch den Aufprall (Verschieben des Armes, Stauchungen bis in das Schultergelenk) und die
dann erfolgte Veränderung der Körperlage (Rutschen, Anstoß an Gegenstände) bzw. durch eine unwillkürliche Anspannung der Muskulatur
mit den dann auf diese angespannten Muskeln wirkenden Kräften durch den Aufprall (siehe hierzu die Überlegungen von Dr. P.
in seiner ergänzenden Stellungnahme gegenüber der Beklagten) im Einzelnen Kräfte auf Arm, Muskulatur und damit auch die Sehnen
der Rotatorenmanschette wirkten, lässt sich angesichts der Schnelligkeit des Ablaufs, der psychischen Situation des Klägers
(Schreck, Angst) und der beschränkten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit naturgemäß nicht weiter klären. Dies ist für die
Bejahung des naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhangs - wie dargelegt - auch nicht erforderlich. Prof. Dr. L. hat im Übrigen
in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es nicht möglich ist, die genaue Einwirkungen der Kräfte bei einem Sturz auf
die Rotatorenmanschette zu bestimmen, dass insbesondere keine experimentellen Untersuchungen hierzu vorliegen, und es sich
bei derartigen Überlegungen um reine Hypothesen handelt. Dem entsprechend haben Prof. Dr. L. und Dr. K. ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass das Kriterium der (vermeintlich) fehlenden Eignung gerade kein Ausschlusskriterium darstellt.
Angesichts der vorliegend durch alle verfügbaren konkreten medizinischen Indizien nachgewiesenen traumatischen Schädigung
der Supraspinatussehne erscheint es geradezu absurd, die Eignung des Unfallereignisses für eine traumatische Schädigung der
Rotatorenmanschette in Zweifel zu ziehen. Denn wenn ein (meist im Einzelnen ohnehin nicht rekonstruierbarer) Unfallhergang
- wie hier - nachgewiesenermaßen eine Schädigung verursachte, war er auch hierzu geeignet (banal ausgedrückt: wenn das Blut
unmittelbar nach einem Sturz fließt, war der Sturz auch im naturwissenschaftlichen Sinn geeignet, diese Wunde hervorzurufen).
Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt dies keine vom Ergebnis geleitete Argumentation dar, sondern gibt das Ergebnis
einer anhand aller verfügbarer Indizien vorgenommenen objektiven Bewertung wieder.
Ist somit der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stellt sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung),
ob das Unfallereignis auch wesentlich war.
Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis
wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig
oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende
Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch
eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit
Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt)
nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts
ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass
die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang
stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen,
ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer)
akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte,
sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt
selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil
vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von
Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.
Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit
einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis
etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier
nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des
Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen.
Im vorliegenden Verfahren steht zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits
ein - allerdings nicht erheblicher - struktureller Vorschaden an der rechten Supraspinatussehne bestand. Der Nachweis einer
Vorschädigung der Rotatorenmanschette ist im Bereich der Supraspinatusssehne - so zutreffend Prof. Dr. L. - durch das MRT
vom 01.04.2005 und den Arthroskopiebericht vom 14.04.2005 erbracht, allerdings für einen gänzlich anderen Sehnenabschnitt,
nämlich über der Bizepssehne, während die hier in Rede stehende unfallbedingte Schädigung lateral zur Infraspinatussehne hin
lokalisiert war (Operationsbericht vom 14.04.2005). Eine weitere, über den festgestellten Defekt "über der Bizepssehne" hinausgehende
Schädigung der Supraspinatussehne ist nicht feststellbar; dies gilt insbesondere für den Bereich, wo durch den Sturz die akute
Schädigung eintrat ("lateral zur Infraspinatussehne hin").
Die Annahme einer vorbestehenden Läsion lässt sich nicht mit den im MRT vom 01.04.2005 nachgewiesenen degenerativen Veränderungen
in Form einer Arthrose des AC-Gelenkes oder der knöchernen Anbauten an der Unterseite des Schulterdaches begründen. Diese
Veränderungen sagen nichts über den Zustand der Rotatorenmanschette aus (so ausdrücklich Prof. Dr. L. in seiner ergänzenden
Stellungnahme; ebenso Hepp/Lambert, aaO. S. 185), sie deuten lediglich darauf hin, dass auch degenerative Veränderungen der
Rotatorenmanschette möglich sind. Prof. Dr. L. hat insoweit, in Bezug auf den knöchernen Engpass unter dem Schulterdach, auch
nur von einer Schadensanlage gesprochen, und deshalb eine Vorschädigung der Rotatorenmanschette nicht ausschließen können
bzw. allenfalls für wahrscheinlich gehalten. Dies genügt indessen nicht für die Annahme eines solchen Vorschadens an der vom
Unfall betroffenen Stelle. Denn der Vorschaden muss - wie dargelegt - nachgewiesen sein.
Nichts anderes gilt für den durch das MRT vom 01.04.2005 belegten Humeruskopfhochstand. Ein solches Zeichen wird üblicherweise
- so Prof. Dr. L. (zur Aussagekraft generell vgl. Hepp/Lambert, aaO. S. 183) - als Zeichen einer strukturellen Veränderung
der Supraspinatussehne gedeutet. Im vorliegenden Fall jedoch findet sich an der unverletzten linken Schulter ein identischer
Befund, ohne dass eine strukturelle Läsion der Rotatorenmanschette festzustellen wäre, sodass der Humeruskopfhochstand von
Prof. Dr. L. zu Recht nicht als Zeichen einer relevanten Vorschädigung gewertet worden ist.
Der Umstand, dass die Rotatorenmanschette wegen ihrer exponierten Lage und durch Besonderheiten ihrer Durchblutung bedingt
- so Prof. Dr. L. - besonders anfällig für eine frühzeitige Degeneration ist und - so Prof. Dr. L. weiter - man bei 10 bis
15 % der Normalbevölkerung im 6. Lebensjahrzehnt Defekte in der Supraspinatussehne, der Infraspinatus- und der Subscapularissehne
findet, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen lassen derartige allgemeine Erkenntnisse über anatomisch und physiologisch
bedingte Verschleißerscheinungen (vgl. hierzu Hepp/Lambert, aaO. S. 181 f.) und statistische Daten keinerlei Rückschluss auf
die tatsächlichen Umstände im Einzelfall zu, schon gar nicht im Hinblick auf die genaue Lokalisation möglicher Läsionen. Zum
anderen zeigen die erwähnten statistischen Daten, dass dann bei 85 bis 90 % der Normalbevölkerung im 6. Lebensjahrzehnt in
der von Prof. Dr. L. erwähnten Untersuchung (Radas et al., Die Inzidenz der Rotatorenmanschettenruptur, Traumatol. 1996, 51
ff.) keine Defekte im Bereich der Rotatorenmanschette gefunden wurden. Für den am Unfalltag fast 60jährigen Kläger bedeutet
dies - statistisch gesehen - eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass keine degenerativen Schäden an der Rotatorenmanschette bestanden.
Darüber hinaus steht fest, dass die Rotatorenmanschette - trotz der substanziellen degenerativen Schädigung - bis zum Unfallereignis
keinerlei funktionelle Beeinträchtigungen oder Beschwerden verursachte. Dies hat der Kläger durchweg angegeben und der Senat
hat keinerlei Anlass, an seinen Angaben zu zweifeln. Im Übrigen hat die Sachaufklärung des Senats die Angaben des Klägers
bestätigt. In den - wenn auch unvollständigen - Leistungsdateien der Krankenkassen des Klägers sind keine Behandlungen wegen
Schulterbeschwerden vermerkt. Eine orthopädische Behandlung des Klägers ist seit erst seit November 2004 bekannt, allerdings
bis zum Unfall nicht wegen Schulterbeschwerden. Weiter zurückreichend, nämlich bis März 1995 sind die Dateien des Hausarztes
Dr. M ... Er hat eine einmalige Behandlung des Klägers wegen Beschwerden an der rechten Schulter für Juni 1997 angegeben.
Der Kläger hat diese Angabe - durchaus substanziiert - bestritten. Der Senat hält indessen eine weitere Aufklärung insoweit
nicht für erforderlich. Denn selbst wenn es damals zu einer einmaligen Behandlung gekommen war, sind diese Beschwerden bis
zum Unfallereignis ausgeheilt gewesen. Andernfalls wäre eine weitere Dokumentation in den Akten von Dr. M. zu erwarten, was
der Arzt ausdrücklich verneint hat.
Im Grunde ist in Ermangelung einer nachgewiesenen konkurrierenden Ursache, hier in Form degenerativer Veränderungen an dem
vom Sturz geschädigten Anteil der Supraspinatussehne, davon auszugehen, dass das als Ursache nunmehr allein nachgewiesene
Unfallereignis auch wesentlich war.
Aber selbst wenn im Hinblick auf die von Prof. Dr. L. dargestellte Anfälligkeit der Rotatorenmanschette für degenerative Prozesse
einerseits und die ebenfalls ein Risiko für eine erhebliche Belastung der Rotatorenmanschette darstellende, beim Kläger schon
im Zeitpunkt des Unfallereignisses vorliegende Enge unter dem Schulterdach andererseits eine degenerativ veränderten Sehnenstruktur
angenommen würde, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere könnte nicht davon ausgegangen werden, dass die hier
in Rede stehende Schädigung im Zeitpunkt des Unfallereignisses auch ohne konkreten Anlass, also ohne jede äußere Einwirkung
ohnehin eingetreten wäre oder dass ein alltägliches Ereignis damals ebenfalls zu der Läsion der Supraspinatussehne geführt
hätte. Zu berücksichtigen ist auch in diesem Zusammenhang, dass der Operationsbericht vom 01.04.2005 lediglich einen älteren
Sehnendefekt in einem anderen Bereich der Supraspinatussehne beschrieb. Weitere konkrete substanzielle Vorschäden der Rotatorenmanschette,
insbesondere auch der Supraspinatussehne sind nicht erkennbar. Der strukturelle Zustand der Rotatorenmanschette führte - wie
dargelegt - zu keinerlei Beschwerden. Vor allem aber war der Kläger bis zum Unfallereignis uneingeschränkt als Schlosser tätig.
Er hatte schwere Lasten zu bewegen und Arbeiten über Kopf zu verrichten. Als Rechtshänder war ihm dies nur mit einer voll
belastbaren Rotatorenmanschette der rechten Schulter möglich. Der Senat vermag daher - unabhängig vom konkreten Zustand der
Rotatorenmanschette - nicht anzunehmen, dass just im Zeitpunkt des Unfallereignis eine sonst alltägliche Belastung zu derselben
Schädigung geführt hätte, wenn der Kläger doch zuvor tagtäglich in seiner beruflichen Tätigkeit ganz erhebliche, das "alltägliche"
Maß (zum Begriff alltägliches Ereignis vgl. Urteil des Senats vom 15.10.2009, L 10 U 2011/09) überschreitende Anforderungen im Schulter-Arm-Bereich bewältigte und damit die Rotatorenmanschette entsprechenden Belastungen
aussetzte. Somit lag im Zeitpunkt des Unfallereignisses gerade keine erhebliche Vorschädigung der Supraspinatussehne vor,
die eine Schädigung durch ein alltägliches Ereignis ermöglicht hätte oder ohne äußere Einwirkung zu dem in Rede stehenden
Riss der Supraspinatussehne geführt hätte.
Damit sind die von Prof. Dr. L. beschriebenen Unfallfolgen, soweit vom Kläger beantragt, als Unfallfolgen festzustellen. Im
Hinblick auf den von Prof. Dr. L. ebenfalls als Unfallfolge aufgeführten "Zustand nach chirurgisch versorgter Läsion der Rotatorenmanschette"
bedarf es keiner Prüfung, ob die Feststellung eines derartigen Zustandes angesichts der fraglichen inhaltlichen Bestimmtheit
dieser Formulierung möglich ist. Denn der Kläger hat nach Erörterung dieser Problematik insoweit keinen Antrag gestellt. Gleiches
gilt im Hinblick auf den von Prof. Dr. L. im Zusammenhang mit dem "Zustand nach ..." als Unfallfolge aufgeführten erneuten
Sehnendefekt.
Angesichts dieses Ergebnisses bedarf die Frage, inwieweit die zur Feststellung begehrten Störungen unabhängig von den oben
dargelegten Erwägungen, weil im Zusammenhang mit der Durchführung einer Heilbehandlung verursacht, gemäß §
11 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII als mittelbare Unfallfolgen anzusehen sind, keiner Erörterung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.