Anspruch auf Verletztengeld in der gesetzlichen Unfallversicherung; Bestimmung der Dauer einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen sowie die Gewährung von Verletztengeld über den 15.07.2011
hinaus streitig.
Die am 1946 geborene Klägerin erlitt im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Inhaberin der Sportgaststätte L. - im Rahmen
derer sie als Unternehmerin bei der Beklagten freiwillig versichert ist - am 06.07.2011 gegen 22.15 Uhr einen Arbeitsunfall,
als sie beim Besteigen einer Trittleiter zum Einräumen von Glastellern in einen Hängeschrank plötzlich - (wohl) beim weiteren
Auseinanderrutschen der Trittleiter - einen Ruck verspürte und hierdurch einen sehr starken Schmerz im rechten Arm bis in
die Hand, wodurch sie die Teller fallen ließ, das Gleichgewicht verlor und mit dem rechten Oberarm gegen das seitlich rechts
stehende Regal prallte, wobei sie durch das Festhalten an der Leiter mit der linken Hand einen Sturz vermied. Die Klägerin
stellte sofort ihre Arbeit ein, stieg von der Leiter und rief ihren Lebensgefährten an, der sie nach Hause fuhr (vgl. Unfallanzeige
Bl. 5 VerwA).
Am 07.07.2011 stellte sich die Klägerin wegen starker Schmerzen in der Notaufnahme des Kreiskrankenhauses B. vor, wobei der
Durchgangsarzt E. eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Schulter (Abduktion bis 60° möglich) sowie einen
Druckschmerz über dem rechten Trapeziusrand bis in den rechten Oberarm ausstrahlend feststellte. Er ging von einer nichttraumatischen
Rotatorenmanschettenruptur im Bereich der rechten Schulter aus und veranlasste eine medikamentöse Behandlung (vgl. Durchgangsarztbericht
vom 07.07.2011). Am selben Tag suchte die Klägerin den Chirurgen Dr. H. auf, der wegen des geäußerten Verdachts auf eine Rotatorenmanschettenruptur
eine Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Schultergelenks veranlasste, die am 14.07.2011 durchgeführt wurde und u.a.
eine chronische Rotatorenmanschettenschädigung mit Tendinosen von Subscapularis-, Supraspinatus- und langer Bizepssehne sowie
eine partielle Rissbildung der Supraspinatussehne ohne Nachweis einer Komplettruptur zeigte (vgl. Befund vom 15.07.2011 Bl.
4 VerwA). Dr. H. verordnete Krankengymnastik und teilte der Beklagten im Zwischenbericht vom 19.08.2011 mit, dass sich unter
laufenden krankengymnastischen Übungsbehandlungen eine zunehmende Besserung zeige und Arbeitsunfähigkeit sicher noch für zwei
bis drei Wochen anzunehmen sei. In seinem weiteren Zwischenbericht vom 27.12.2011 beschrieb Dr. H. , dass sich die Beweglichkeit
unter der Krankengymnastik zwar gebessert habe, bei Bewegungen über die Horizontale jedoch stoppe. Arbeitsunfähigkeit bescheinigte
er bzw. sein Praxiskollege Dr. W. bis 28.11.2011 (vgl. Bl. 19 ff LSG-Akte).
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. H. ein (erster Teil des Geschehens: Zerrung,
zweiter Teil des Geschehens: Prellung der Schulter, vgl. Bl. 11 VA) und lehnte es mit Bescheid vom 12.01.2012 ab, der Klägerin
Entschädigungsleistungen für die festgestellte Rotatorenmanschettenruptur im rechten Schultergelenk zu gewähren. Zur Begründung
führte sie aus, bei dem als Arbeitsunfall anzusehenden Ereignis vom 06.07.2011 habe sich die Klägerin eine Prellung/Zerrung
der rechten Schulter zugezogen. Die durchgeführte Kernspintomographie des rechten Schultergelenks habe keine unfallspezifischen
Befunde, aber deutliche degenerative Verschleißerscheinungen gezeigt, weshalb ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis
und dem festgestellten Schaden der Rotatorenmanschette nicht gegeben sei. Mit Bescheid vom 13.01.2012 rechnete die Beklagte
ferner das der Klägerin vom 07.07. bis 15.07.2011 gewährte Verletztengeld ab und lehnte sinngemäß einen entsprechenden Anspruch
über den 15.07.2011 hinaus ab, da hiernach keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe.
Mit den gegen diese Bescheide erhobenen Widersprüchen machte die Klägerin geltend, das Unfallereignis sei wesentlich für die
Rotatorenmanschettenruptur gewesen. Die angeblichen degenerativen Veränderungen hätten ohne das Ereignis nicht zu einer Rotatorenmanschettenruptur
geführt. Im Übrigen habe unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit entsprechend den vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
bis 28.11.2011 bestanden. Die Widersprüche wurden mit getrennten Widerspruchsbescheiden vom 29.03.2012 zurückgewiesen.
Am 30.04.2012 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und zuletzt beantragt, eine Ruptur der Supraspinatussehne rechts als Unfallfolge festzustellen sowie die Beklagte
zu verurteilen, ihr Verletztengeld über den 15.07.2011 hinaus bis 28.11.2011 zu gewähren.
Das SG hat die Klägerin persönlich zum Unfallhergang befragt und sodann das Gutachten des Prof. Dr. Z. , Klinik für Orthopädie und
Unfallchirurgie im Universitätsklinikum H. , eingeholt, der die Klägerin am 22.05.2013 untersucht hat. Der Sachverständige
hat einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Rotatorenmanschettenschaden unter Abwägung der dafür und dagegen sprechenden
Gesichtspunkte (Beschwerdefreiheit vor dem Unfallereignis, Primärbefund mit massiver Bewegungseinschränkung und Schmerzen,
Ereignisablauf, MRT-Befund, Alter der Klägerin) verneint und ist auf Grund der Vorschädigungen von einer verzögerten Ausheilung
der Unfallfolgen ausgegangen, weshalb von Arbeitsunfähigkeit bis 05.08.2012 ausgegangen werden könne.
Mit Urteil vom 09.12.2013 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 12.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 verurteilt,
der Klägerin Verletztengeld über den 15.07.2011 hinaus bis 05.08.2011 zu gewähren und die Klage im Übrigen, hinsichtlich der
vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragten Anerkennung der Ruptur der Supraspinatussehne als Unfallfolge, abgewiesen.
Dabei hat es sich auf das Gutachten des Prof. Dr. Z. gestützt, der insbesondere auf Grund des kernspintomografischen Befundes
einen Zusammenhang mit den festgestellten Rotatorenmanschettenläsionen verneint hat. Denn damit seien nur sieben Tage nach
dem angeschuldigten Ereignis Rupturen der Supraspinatussehne und der oberen Anteile der Infraspinatussehne mit weit zurückgezogenen
Rändern und ausgeprägter Teilverfettung des betroffenen Muskelbauches objektiviert worden. Da derartige Veränderungen nach
medizinischen Erkenntnissen erst Monate bis Jahre nach einem Riss aufträten, müssten diese bereits vor dem Unfall bestanden
haben. Wegen der durch die Vorschädigung bedingten verzögerten Ausheilung der Prellung sei von einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit
bis 05.08.2012 auszugehen.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 30.12.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.01.2014 beim Landessozialgericht
(LSG) Berufung eingelegt. Sie verfolgt - so ausdrücklich die Berufungsbegründung - ihre erstinstanzlich gestellten Anträge
weiter und macht im Wesentlichen geltend, sie habe vor dem Unfall beschwerdefrei ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen können,
während sie nunmehr unter Bewegungseinschränkungen und Kraftverlust leide. Selbst wenn die Rotatorenmanschette Vorschäden
aufgewiesen habe, schließe dies nicht aus, dass der Unfall die Hauptursache ihrer Beschwerden darstelle, zumal das Unfallgeschehen
zu einer verstärkten Zugbelastung auf die Supraspinatussehne geführt habe, nachdem sie mit dem rechten Oberarm auf das seitlich
stehende Regal gefallen sei. Wissenschaftlich anerkannt sei nämlich, dass eine Ruptur der Supraspinatussehne durch einen Aufprall
auf den nach hinten ausgestreckten Arm ausgelöst werden könne. Von einem ungeeigneten Verletzungsgeschehen könne daher nicht
ausgegangen werden. Da die Beschwerden auch über den 05.08.2011 hinaus angedauert hätten, sei auch das Verletztengeld weiter
zu gewähren.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 09.12.2013 und Aufhebung des Bescheids vom 12.01.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012 zu verurteilen, als Unfallfolge eine Ruptur der Supraspinatussehne
festzustellen sowie ihr unter weiterer Abänderung des Bescheids 13.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2012
Verletztengeld über den 05.08.2011 hinaus bis 28.11.2011 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und hat die Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. T. vorgelegt.
Der Senat hat bei der A. - Die Gesundheitskasse S. O. ein Vorerkrankungsverzeichnis beigezogen und den Arzt für Chirurgie
Dr. W. (Praxiskollege des früher dort tätigen Dr. H. ) schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat über die
Vorstellungen der Klägerin zwischen Juli 2011 und November 2011 berichtet.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der
Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §
151 Abs.
1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§
143,
144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 12.01.2012 und 13.01.2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide
vom 29.03.2012. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG zuletzt nur noch die Aufhebung des Bescheids vom 12.01.2012 beantragt, nicht aber auch des am Folgetag ergangenen Bescheids.
Jedoch ist ihrem weiteren Antrag, wonach sie Verletztengeld auch über den 15.07.2011 hinaus begehrt, zu entnehmen, dass sie
sich der Sache nach auch gegen die Begrenzung des Verletztengeldes wendet, über die die Beklagte mit Bescheid vom 13.01.2012
entschied. Damit ist auch dieser Bescheid Gegenstand des Klageverfahrens gewesen und damit zulässiger Streitgegenstand des
Berufungsverfahrens geworden.
Die Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet.
Soweit das SG die Ruptur der Supraspinatussehne als unfallunabhängig angesehen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Entsprechend hat die
Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung dieser Gesundheitsstörung als Unfallfolge.
Die insoweit vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist allerdings zulässig. Mit der Anfechtungsklage
nach §
54 Abs.
1 SGG begehrt die Klägerin die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidungen, weil
diese im Grunde die Anerkennung der Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge abgelehnt und bei Vorliegen solcher Unfallfolgen
einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung gemäß §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung von Unfallfolgen als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege
der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage). Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine
Gründe, die dem Übergang der Klägerin von der noch im Klageverfahren erhobenen Feststellungsklage zur Verpflichtungsklage
entgegen stehen könnten.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Ruptur der Supraspinatussehne ist nicht Folge eines Arbeitsunfalles.
Die Klägerin erlitt am 06.07.2011 allerdings einen Arbeitsunfall.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3,
6 des
Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des §
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt)
ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr.14), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen
ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zum Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden
oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen
aufgrund des Gesundheits(-erst)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines
Arbeitsunfalls.
Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin am 06.07.2011 einen Arbeitsunfall erlitt. Dabei legt
der Senat seiner Beurteilung den Unfallhergang zu Grunde, wie die Klägerin ihn der Beklagten zeitnah zu dem Ereignis mit ihrer
Unfallanzeige vom 24.07.2011 beschrieb. Nicht zu folgen vermag der Senat der abweichend von dieser Schilderung, wonach der
Ruck zu dem Schmerz führte, erfolgten Darstellung in ihrer am 26.02.2013 erfolgten Anhörung vor dem SG, im Rahmen derer sie den aufgetretenen Schmerz mit dem Anprall gegen das Regal in Zusammenhang gebracht hat ("Der Ruck und
der Sturz gegen das Regal, das war eins. In diesem Augenblick kam der Schmerz"). Denn abgesehen davon, dass das Ereignis zu
diesem Zeitpunkt bereits mehr als eineinhalb Jahre zurücklag, hat die Bevollmächtigte ausweislich der entsprechenden Niederschrift
zu Beginn der Anhörung auch darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen Gehirnschlag erlittenen habe und Medikamente einnehmen
müsse, weshalb sie in ihrer Konzentrationsfähigkeit und ihrem Erinnerungsvermögen eingeschränkt sei, was in den dokumentierten
Aussagen der Klägerin teilweise auch zum Ausdruck kommt. Entsprechend vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass
sich das Ereignis anders zutrug, als es von der Klägerin zeitnah beschrieben wurde und oben im Tatbestand dargelegt ist. Auf
dieser Grundlage geht der Senat mit Dr. H. in der beratungsärztlichen Stellungnahme davon aus, dass es jedenfalls beim ersten
Teil des Geschehens, also beim Auseinanderrutschen der Trittleiter und dem dabei von der Klägerin verspürten Schmerz im rechten
Arm, zu einer Zerrung kam. Auch Prof. Dr. Z. hat eine Zerrung der rechten Schulter in seinem Gutachten bestätigt. Dies genügt
für die Bejahung eines Gesundheitserstschadens und damit eines Unfalles. Da dieser Unfall bei der versicherten Tätigkeit passierte,
liegt ein Arbeitsunfall vor. Auch die Beklagte - so die Ausführungen im Bescheid vom 12.01.2012 - ging von einer solchen Zerrung
und damit von einem Arbeitsunfall aus. Auf die Frage, ob es beim Anschlagen des rechten Armes am Regal (zweiter Teil des Geschehens)
tatsächlich zu einer Prellung kam (so Dr. H. und die Beklagte im Bescheid vom 12.01.2012, ebenso Prof. Dr. Z. ), kommt es
in diesem Zusammenhang nicht mehr an.
Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass es bei diesem Ereignis zu den im MRT dokumentierten strukturellen Schäden und
insbesondere einem Riss im Bereich der Supraspinatussehne kam, den die Klägerin ausweislich des gestellten Antrages zur Anerkennung
als Unfallfolgen begehrt.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte
Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung
erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen
der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl.u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden
Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität)
eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls
mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht
auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen
als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben
(vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht
werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des
Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen
Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen
Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis
und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das
Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund
nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den
Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen
angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der
versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war
die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende
oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des
ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.
Nach diesen Grundsätzen erachtet es der Senat ebenso wie das SG nicht für wahrscheinlich, dass das Ereignis vom 06.07.2011 bei der Klägerin zu einem Riss im Bereich der Rotatorenmanschette
der rechten Schulter, insbesondere der Supraspinatussehne, führte. Vielmehr schließt sich der Senat der entsprechenden Auffassung
des SG an, das gestützt auf das schlüssige und überzeugende Gutachten des Prof. Dr. Z. , der die für und gegen einen Unfallzusammenhang
sprechenden Gründe dargelegt (Beschwerdefreiheit vor dem Unfallereignis, Primärbefund mit massiver Bewegungseinschränkung
und Schmerzen, Ereignisablauf, MRT-Befund, Alter der Klägerin), gewichtet und gegeneinander abgewogen hat, zu der Einschätzung
gelangt ist, dass gewichtigere Gründe gegen einen Unfallzusammenhangs sprechen und damit nicht wahrscheinlich gemacht werden
kann, dass das angeschuldigte Ereignis zu den in Rede stehenden Schädigungen im Bereich der Rotatorenmanschette führte. Der
Senat sieht deshalb gemäß §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung
zurück.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vor dem Hintergrund des Ereignisablaufs, der nach Darlegung des Sachverständigen
gerade nicht zu einer Überdehnung einer Sehne der Rotatorenmanschette führte und damit eher dagegen spricht, dass durch dieses
Ereignis ein struktureller Schaden im Bereich der Rotatorenmanschette, insbesondere der Supraspinatussehne, verursacht wurde,
geltend gemacht hat, es sei wissenschaftlich anerkannt, dass eine Ruptur der Supraspinatussehne durch einen Aufprall auf den
nach hinten ausgestreckten Arm ausgelöst werden könne, ist darauf hinzuweisen, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich
sind, dass vorliegend ein derartiger Unfallmechanismus vorlag. Denn von einem Sturz auf den nach hinten ausgestreckten Arm
hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt berichtet, weder im Rahmen ihrer Unfallanzeige noch anlässlich ihrer persönlichen Anhörung
durch das SG. Damit lässt sich auch aus der allgemeinen Lebenserfahrung, aus der die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren versucht
hat, auf Grund eines reflexartiges Ruderns mit gestrecktem Arm ein Auftreffen des nach seitlich oder seitlich hinten ausgestreckten
Arms auf das Regal zu konstruieren, kein Unfallmechanismus herleiten, der zu einer der Klägerin günstigeren Beurteilung führen
könnte. Soweit der Senat - wie dargelegt - von einer Zerrung als Gesundheitserstschaden ausgeht, folgt hieraus nichts anderes.
Denn eine derartige Zerrung ist - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beurteilung von Dr. H. und von Prof. Dr. Z. , der
ausweislich des im Gutachten dokumentierten Geschehensablaufs ebenfalls von einem zweiteiligen Geschehen ausgeht, ergibt -
nicht mit einer strukturellen Schädigung i.S. einer von der Klägerin zur Anerkennung begehrten Ruptur der Supraspinatussehne,
wie sie durch das MRT dokumentiert ist, gleichzusetzen. Gleiches gilt für die von Prof. Dr. Z. und Dr. H. angenommene Prellung.
Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung ausführt, die "vorhandene degenerative Veränderung der Schulter" sei "durch
das Unfallereignis erheblich beschleunigt worden", finden sich für diese Behauptung keine belastbaren medizinischen Tatsachen.
Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend gemacht hat, vor dem angeschuldigten Unfall beschwerdefrei gewesen zu sein, lässt
sich auch hieraus keine abweichende Beurteilung herleiten. Denn abgesehen davon, dass der Sachverständige diesen Gesichtspunkt
im Rahmen seiner Abwägung berücksichtigt hat, belegt eine bis zu dem Unfall vorhanden gewesene Beschwerdefreiheit nicht, dass
die Rotatorenmanschette der Klägerin zum Unfallzeitpunkt keine Defekte bzw. gerade nicht schon die später im MRT objektivierten
Risse aufwies. Denn es ist wissenschaftlich anerkannt, dass Verschleißveränderungen der Rotatorenmanschette und mithin Sehnenläsionen
nicht regelmäßig mit Schmerzzuständen verbunden sind. Diese entwickeln sich - wie der Sachverständige ausgeführt hat - vielmehr
häufig ohne wesentliche Beschwerden zu verursachen. Entsprechend hat der Sachverständige auf verschiedene Studien verwiesen,
die aufgezeigt haben, dass die Abwesenheit von Symptomen nicht als sicherer Hinweis auf eine intakte Rotatorenmanschette gewertet
werden kann. Relevante Veränderungen wurden bei der Klägerin aber gerade durch das am 14.07.2011 gefertigte MRT objektiviert,
und zwar - wie Prof. Dr. Z. ausgeführt hat - erhebliche degenerative Veränderungen, wie eine Ruptur im Bereich der Supraspinatussehne
und der oberen Anteile der Infraspinatussehne mit weit zurückgezogenen Innenrändern und Teilverfettung des betroffenen Muskelbauches,
was nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen aber gerade darauf hinweist, dass es sich um vorbestehenden Schäden
handelt, weil sich derartige Veränderungen nicht innerhalb von wenigen Wochen und damit auch nicht innerhalb von sieben Tagen
ausbilden können. Ein Zusammenhang der im MRT objektivierten Schäden im Bereich der Rotatorenmanschette mit dem Unfallereignis
ist damit eher unwahrscheinlich.
Die Berufung der Klägerin erweist sich hingegen insoweit als erfolgreich, als die Gewährung von Verletztengeld über den 05.08.2011
bis zum 28.11.2011 im Streit steht.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Verletztengeld ist §
45 Abs.
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Danach wird - soweit hier von Interesse - Verletztengeld erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls
arbeitsunfähig ist (unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit) und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt
bzw. Arbeitseinkommen hatte.
Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit erfordert zum einen das Vorliegen eines Gesundheitsschadens sowie eines hierfür ursächlichen
Unfallereignisses und zum anderen einen Kausalzusammenhanges zwischen der durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörung
und einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit
Dabei gilt auch für diesen ursächlichen Zusammenhang die bereits oben dargestellte Theorie der wesentlichen Bedingung mit
der Prüfung des naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhangs im ersten Schritt und der Prüfung in einem zweiten, wertenden
Schritt, ob das versicherte Unfallereignis für die Arbeitsunfähigkeiten wesentlich war.
Nach diesen Grundsätzen lag bei der Klägerin unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht nur bis zum 05.08.2011 vor, sondern entsprechend
den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der die Klägerin im Zeitraum von Juli bis November 2011 behandelnden Fachärzte für
Chirurgie und Orthopädie Dr. H. und Dr. W. darüber hinaus bis zum 28.11.2011. Für den Senat sind keine Gründe ersichtlich,
auf Grund derer die über den 05.08.2011 hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht mehr in einem rechtlich wesentlichen
Zusammenhang mit dem Unfall gestanden haben soll. So hat Dr. W. in seiner dem Senat erteilten Auskunft als sachverständiger
Zeuge ausgehend von den regelmäßigen, überwiegend im Abstand von zwei Wochen erfolgten Vorstellungen der Klägerin (jeweils
am 07.07., 15.07., 20.07., 05.07., 03.08., 15.08., 29.08., 16.09., 28.09., 17.10., 24.10, 31.10. und 14.11.2011) dargelegt,
dass trotz der regelmäßig verordneten Krankengymnastik (jeweils am 20.07., 03.08., 29.08., 28.09., 17.10. und 14.11.2011)
lediglich eine leichte Besserung der Beschwerden erreicht werden konnte, und zwar ausgehend von einer Mitte Juli 2011 möglichen
Abduktion bis 60° hin zu einer bei der letzten Vorstellung möglichen Abduktion bis 90°, dies allerdings bei auch weiterhin
bestehender endgradiger Schmerzhaftigkeit. Bei diesem Befund ist nicht zu beanstanden, dass zunächst Dr. Heckel und anschließend
Dr. W. weiterhin Arbeitsunfähigkeit bescheinigten. Denn mit einer Tätigkeit als Gastwirtin ist nicht zu vereinbaren, dass
der rechte Arm lediglich bis 90° abduziert werden kann. Dies hat die Beklagte als solches auch nicht angezweifelt.
Allerdings hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass die über den 15.08.2011 hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit nicht
mehr auf die unfallbedingte Prellung bzw. Stauchung zurückzuführen sei und ausgeführt, die aus einer vorübergehenden Verschlimmerung
eines degenerativen Schulterschadens resultierende Dauer der Arbeitsunfähigkeit dürfe nicht der vollen Zeitdauer einer Arbeitsunfähigkeit
entsprechen, die im Falle eines traumatisch entstandenen Schulterschadens anzuerkennen sei. Dies ist für den Senat nicht nachvollziehbar.
Denn die Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer richtet sich ganz individuell nach den persönlichen Verhältnissen beim Versicherten,
und zwar einerseits danach, welche Anforderungen in der konkreten zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit ausgeübten beruflichen
Tätigkeit gestellt werden und zum anderen nach den konkret im Einzelfall bestehenden Beeinträchtigungen und funktionellen
Einschränkungen, wobei zu prüfen ist, ob dem Versicherten ausgehend von den konkret vorhandenen Beeinträchtigungen die Ausübung
der in Rede stehenden Tätigkeit zugemutet werden kann. Dies schließt aus, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ganz abstrakt,
ausgehend von der Art der eingetretenen Schädigung - vorliegend nach Auffassung der Beklagten eine Prellung bzw. Stauchung
- zu bestimmen.
Soweit die Beklagte im Sinne der Darlegungen ihres Beratungsarztes Dr. T. die Auffassung vertritt, dass vorliegend nicht die
Gesamtdauer der Arbeitsunfähigkeit wesentlich durch den Unfall begründet ist und die bei der Klägerin bestehenden unfallunabhängigen
Schäden derart ausgeprägt gewesen seien, dass von einer Änderung der Wesensgrundlage auszugehen sei, überzeugt dies vor dem
Hintergrund des bei der Klägerin im Wesentlichen gleich gebliebenen mit einer nur geringen Besserung verbundenen Beschwerdebildes
nicht. Auch Dr. T. hat nicht begründet, aus welchen Gründen bei im Wesentlichen gleich gebliebenen, sich nur langsam bessernden
Beschwerdebild gerade zu dem vorliegend im Streit stehenden Zeitpunkt die Arbeitsunfähigkeit nicht mehr rechtlich wesentlich
dem erlittenen Arbeitsunfall zuzuordnen sein soll, dieses Ereignis demgegenüber Mitte August vielmehr so sehr in den Hintergrund
getreten sein soll, dass ihm für das Fortbestehen der Beschwerdesituation keine rechtlich relevante Bedeutung mehr zukommt.
Nichts anderes gilt in Bezug auf die von Prof. Dr. Z. vorgenommene Begrenzung unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit auf den 05.08.2012.
Er geht zwar in seinem Gutachten von einem wegen der vorbestehenden degenerativen Veränderungen verzögerten Heilungsverlauf
der stattgefundenen Zerrung (Prellung) aus. Aus welchen Gründen dann aber bei unverändert weiter bestehendem Beschwerdebild
der Kausalzusammenhang am 05.08.2012 enden soll, erschließt sich nicht.
Der Senat geht nach alledem davon aus, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin über den 15.08.2011 hinaus bis 28.11.2011
rechtlich wesentlich auf den Arbeitsunfall vom 06.07.2011 zurückzuführen war, weshalb die Berufung der Klägerin insoweit erfolgreich
ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.