Rentenbeginn einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung; Anwendbarkeit von § 72 Abs. 1 SGB VII bei einer Verschlechterung der zunächst nicht mehr rentenberechtigenden Unfallfolgen eine MdE in rentenberechtigendem Umfang
jenseits der 26. Woche nach dem Versicherungsfall bei gleichzeitiger unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Verletztengeld
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.06.1997 Verletztenrente schon
ab 01.03.2003 oder erst ab 21.03.2005 zusteht.
Der am 1967 geborene Kläger bezieht wegen eines Arbeitsunfalls vom 08.11.1993 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) um 20 vom Hundert (v.H.) und - seit 06.11.2000 - wegen eines Arbeitsunfalls vom 29.09.1999 nach einer MdE um 10 v.H.
Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits ist der weitere Arbeitsunfall des Klägers vom 09.06.1997, bei dem der Kläger
im Rahmen seiner Tätigkeit als Monteur beim seitlichen Aufsteigen auf einen LKW abstürzte und sich einen Schienbeinbruch im
Bereich des rechten Unterschenkels zuzog. Mit Bescheid vom 26.08.1998 und Widerspruchsbescheid vom 19.03.1999 anerkannte die
Beklagte als Unfallfolge rechtsseitig eine geringgradige röntgenologisch feststellbare Achsenabweichung nach vorne und Aufhellungsstruktur
im Bereich des stattgehabten Bruchs nach knöchern fest verheiltem körperfernen Unterschenkelbruch, lehnte die Gewährung von
Verletztenrente jedoch mit der Begründung ab, der Unfall habe eine MdE in einem rentenberechtigenden Grade nicht hinterlassen.
In dem sich anschließenden Klageverfahren S 9 U 768/99 vor dem Sozialgericht Ulm (SG) schlossen die Beteiligten im November 2000 einen Vergleich, nach dem die Beklagte dem Kläger Verletztenrente nach einer
MdE um 10 v.H. vom 12.02.1998 bis 11.02.1999 gewährte. Diesem Vergleich lag u.a. das Gutachten des Dr. B., Bundeswehrkrankenhaus
U., aufgrund Untersuchung des Klägers vom 23.03.2000 zu Grunde, der die MdE nach Eintritt von Arbeitsfähigkeit im Hinblick
auf die noch nicht ganz vollständige knöcherne Konsolidierung der Fraktur für die Dauer von einem Jahr mit einer MdE um 10
v.H. bewertete.
Mit Durchgangsarztbericht vom 19.02.2003 berichtete der Facharzt für Chirurgie Dr. P. von der Vorstellung des Klägers am Vortag,
bei der dieser über zunehmende Belastungsbeschwerden am rechten Unterschenkel und im Sprunggelenk geklagt habe. Die klinische
Untersuchung habe eine druckschmerzhafte Kapselschwellung am rechten Sprunggelenk mit Betonung des Außenknöchelbereichs gezeigt;
die Bewegungen im oberen Sprunggelenk seien schmerzhaft eingeschränkt gewesen. Dr. P. verordnete bei fortbestehender Arbeitsfähigkeit
Physiotherapie. In seinem Durchgangsarztbericht vom 26.03.2003 berichtete Dr. P. von der Wiedervorstellung des Klägers am
24.03.2003, bei der dieser über fortbestehende Beschwerden am rechten Sprunggelenk geklagt habe. Die klinische Untersuchung
habe eine Kapselschwellung und isolierte Druckempfindlichkeit vor der Außenknöchelspitze und der angrenzenden Fußwurzel gezeigt;
die Bewegungen im oberen Sprunggelenk seien mäßiggradig schmerzhaft eingeschränkt gewesen. Röntgenologisch habe sich im rechten
oberen Sprunggelenk eine regelrechte Radioanatomie mit erstgradiger Arthrose des oberen Sprunggelenks im Sinne einer posttraumatischen
Arthrose gezeigt. Dr. P. behandelte den Kläger mit einer Injektion Ostenil mini; bedarfsweise sah er weitere Injektionen vor.
Am 04.02.2005 berichtete der H-Arzt Dr. T. von der Wiedervorstellung des Klägers am selben Tag, wobei dieser über starke Beschwerden
im Bereich des rechten oberen Sprunggelenks geklagt habe; es bestehe Arbeitsunfähigkeit. Bei der Untersuchung fand er eine
deutliche Einschränkung der Beweglichkeit, eine Schmerzbelastungsreaktion sowie eine mäßige Schwellneigung im Bereich des
oberen Sprunggelenks bis handbreit über dem Gelenkspalt. Nachdem die von ihm gefertigten Röntgenaufnahmen des rechten oberen
Sprunggelenks eine auffallende Stufenbildung im vorderen distalen Tibiapilon zeigten, vermutete Dr. T., dass bei der Erstfraktur
das obere Sprunggelenk mitbeteiligt war, obwohl die ursprünglichen Bilder keine sichere Verletzung des oberen Sprunggelenks
gezeigt hatten. Wegen der Beschwerdesituation bescheinigte er für voraussichtlich zehn Tage Arbeitsunfähigkeit und veranlasste
zur Abklärung der Mitbeteiligung des oberen Sprunggelenks an dem Unfallgeschehen eine MRT, die am 17.02.2005 durchgeführt
wurde. Da sich der geäußerte Verdacht bestätigte, veranlasste Dr. T. eine Vorstellung des Klägers in der Berufsgenossenschaftlichen
Unfallklinik Murnau. Die von dortiger Seite vorgeschlagene Arthroskopie am rechten Sprunggelenk lehnte der Kläger im Hinblick
auf die zwischenzeitlich eingetretene Besserung der Beschwerdesituation ab. Dr. T. entließ den Kläger am 18.03.2005 aus der
ambulanten Behandlung und bestätigte Arbeitsfähigkeit ab 21.03.2005.
Zur Überprüfung der MdE veranlasste die Beklagte das Gutachten des Prof. Dr. M.-F., Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
im Klinikum H., aufgrund Untersuchung des Klägers vom 02.06.2005. Dieser schätzte die MdE ab 21.03.2005, dem erfragten Zeitpunkt,
auf 15 v.H. Mit Bescheid vom 25.08.2005 anerkannte die Beklagte als Unfallfolgen sodann eine Bewegungseinschränkung im Sprunggelenk
nach in achsengerechter Stellung verheiltem Schienbeinschaftbruch, beginnende arthrotische Veränderungen im vorderen oberen
Sprunggelenk sowie Schwellneigung und belastungsabhängige Schmerzen und gewährte dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE
um 15 v.H. ab 21.03.2005. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25.11.2005).
Am 13.12.2005 hat der Kläger dagegen beim SG Klage erhoben und die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 15 v.H. bereits ab 01.01.2000 begehrt. In Kenntnis
des tatsächlichen Schadensausmaßes sei die MdE bereits ab diesem Zeitpunkt höher einzuschätzen gewesen.
Das SG hat das Gutachten nach Aktenlage des Prof. Dr. M.-F. eingeholt, der die Auffassung vertreten hat, dass die vom Kläger gegenüber
Dr. B. beklagten Beschwerden bis März 2005 fortbestanden, jedoch nicht zu einer MdE in einem rentenrelevanten Ausmaß geführt
hätten. Zwar sei aus medizinischer Sicht davon auszugehen, dass es zu einer allmählichen Verschlechterung der Beschwerden
gekommen sei, jedoch sei nicht mehr festzustellen, ab welchem Zeitpunkt wieder eine Gesundheitsstörung in einem rentenberechtigenden
Ausmaß vorgelegen habe. Erst mit der Begutachtung habe dann wieder eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß festgestellt werden
können. Eine Aussage sei rückwirkend für den davor liegenden Zeitraum nicht möglich. Das SG hat ferner Dr. T. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der über Vorstellungen des Klägers wegen des Unfalls
vom 09.06.1997 ab 04.02.2005 berichtet hat. Mit Urteil vom 11.12.2007 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2005 und Abweisung
der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 15 v.H. ab 01.03.2003 zu gewähren. Dabei hat
es sich auf die Gutachten des Prof. Dr. M.-F. und die Durchgangsarztberichte des Dr. P. vom 19.02. und 26.03.2003 gestützt
und ausgeführt, dieser habe bereits am 18.02.2003 im Wesentlichen die Befunde beschrieben, wie sie auch Prof. Dr. M.-F. anlässlich
seiner Untersuchung am 02.06.2005 erhoben habe. Dies rechtfertige es, die MdE bereits ab 01.03.2003 mit 15 v.H. zu bemessen.
Gegen das ihr am 17.01.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.02.2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt
und geltend gemacht, eine unfallbedingte MdE um 15 v.H. bereits ab 18.02.2003 sei nicht nachgewiesen. Die Arztbesuche des
Klägers vom 18.02. und 24.03.2003 bei Dr. P. rechtfertigten es nicht, die MdE bereits ab 01.03.2003 mit 15 v.H. zu bewerten.
Der Kläger habe diesen Arzt wegen zunehmender Belastungsbeschwerden im rechten Sprunggelenk aufgesucht, worauf er Physiotherapie
verordnet und eine Injektion verabreicht habe. Danach sei der Kläger offensichtlich wieder beschwerdefrei gewesen. Denn er
habe wegen der Unfallfolgen jedenfalls bis zum 04.02.2005 keine ärztliche Hilfe mehr in Anspruch nehmen müssen. Erst ab diesem
Zeitpunkt habe eine unfallbedingte Verschlimmerung vorgelegen, die Arbeitsunfähigkeit begründet und nach Wiedereintritt von
Arbeitsfähigkeit ab 21.03.2005 eine MdE um 15 v.H. bedingt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.12.2007 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und verweist darauf, dass die Beklagte unberücksichtigt lasse, dass der
ihn langjährig behandelnde Arzt Dr. T. der Auffassung sei, dass der im März 2005 erhobene Befund im Bereich des rechten Beines
durchgehend schon seit Dezember 2000 vorhanden gewesen sei.
Der Senat hat Dr. T. und Dr. P. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. T. hat von Behandlungen wegen des in
Rede stehenden Unfalls vom 04.02. bis 23.05.2005 berichtet, wobei seines Erachtens die am letzten Behandlungstag erhobenen
Befunde mit den Befunden übereinstimmten, die Prof. Dr. M.-F. am 02.06.2005 erhoben habe. Die von diesem angenommene MdE habe
nachvollziehbar auch schon am 04.02.2005 bestanden; davor habe er den Kläger nicht behandelt. Dr. P. hat von den bereits bekannten
Vorstellungen des Klägers am 18.02. und 24.03.2003 berichtet; danach sei der Kläger nicht mehr erschienen. Seine Befunde stimmten
im Wesentlichen mit den auch von Prof. Dr. M.-F. erhobenen Befunden überein.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der
Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §
153 Abs.
1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§
143,
144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §
124 Abs.2
SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist auch begründet.
Das SG hätte die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2005
nicht verurteilen dürfen, dem Kläger Verletztenrente bereits ab 01.03.2003 zu gewähren.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Frage, ob dem Kläger wegen der Verschlimmerung der Folgen des am 09.06.1997
erlittenen Arbeitsunfalls Verletztenrente bereits ab 01.03.2003 zusteht oder ob er diese - wovon die Beklagte ausgeht - erst
ab dem 21.03.2005 beanspruchen kann. Dabei steht aufgrund der vom Kläger insoweit nicht angefochtenen und damit bestandskräftig
gewordenen Rentenbewilligung im Bescheid vom 25.08.2005 zwischen den Beteiligten und damit auch für den Senat verbindlich
fest, dass die Folgen des Unfalles vom 09.06.1997, die vom 12.02.1998 bis 11.02.1999 eine MdE um 10 v.H. und danach von weniger
als 10 v.H. bedingt hatten, jedenfalls ab 21.03.2005 zu einer MdE um 15 v.H. führten und dem Kläger ein entsprechender Anspruch
auf Verletztenrente zusteht. Für die Zeit davor - nach dem vom Kläger nicht angefochtenen Urteil des SG somit frühestens ab dem 01.03.2003 - besteht dagegen kein Rentenanspruch. Für die Zeit vom 25.03.2003 (Tag nach Behandlungsende
bei Dr. P.) bis 03.02.2005 (Tag vor der Behandlung bei Dr. T. und erstmalige Behandlung nach Behandlungsende bei Dr. P.) fehlt
es am Nachweis rentenberechtigender funktioneller Einschränkungen (nachfolgend 1.), für die Zeit vom 04.02. bis 20.03.2005
scheidet ein Rentenanspruch aus Rechtsgründen aus (nachfolgend 2.), weil der Kläger Anspruch auf Verletztengeld hatte und
für die Zeit vom 18.02.2003 bis 24.03.2003 erreichte die rentenberechtigende MdE nicht die für einen Rentenanspruch erforderliche
Mindestdauer (nachfolgend 3.).
Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens ist §
56 Abs.
1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der
Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten
Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1
SGB VII).
Ist die Erwerbsfähigkeit - wie hier durch die Versicherungsfälle vom 08.11.1993 und 29.09.1999 - infolge mehrerer Versicherungsfälle
gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall,
Anspruch auf Rente (§
56 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). So liegt der Fall des Klägers. Mit den Arbeitsunfällen vom 08.11.1993 und 29.09.1999 erreicht bzw. überschreitet der Kläger
bei der MdE die Zahl 20. Allerdings sind die Folgen eines Versicherungsfalls nach §
56 Abs.
1 Satz 3
SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern; dem entsprechend hat der Kläger grundsätzlich
Anspruch auf Verletztenrente infolge des hier in Rede stehenden Arbeitsunfalles vom 09.06.1997, sobald die Folgen diese Arbeitsunfalles
eine MdE um 10 v.H. erreichten.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte
Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung
erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen
der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit
und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende
Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, aaO.); das bedeutet, dass bei vernünftiger
Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei
dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999,
B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht
wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast
zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten
des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
1. Davon, dass die als Folgen des in Rede stehenden Arbeitsunfalls aufgetretenen Funktionsbeeinträchtigungen - wozu nach der
ausdrücklichen und insoweit ebenfalls bestandskräftigen Feststellung im angefochtenen Bescheid auch die funktionellen Einschränkungen
im rechten Sprunggelenk gehören - beim Kläger schon seit Februar 2003 und dauerhaft ein Ausmaß erreicht hatten, das die Bemessung
mit einer MdE um 15 v.H. und damit die vom SG ab 01.03.2003 zugesprochene Verletztenrente rechtfertigt, vermag sich der Senat nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen
in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten nicht zu überzeugen. Zwar suchte der Kläger wegen zunehmender Beschwerden
im Bereich des Unterschenkels und des Sprunggelenks bereits am 18.02.2003 und dann erneut am 24.03.2003 Dr. P. auf, der eine
Kapselschwellung am rechten Sprunggelenk sowie eine Druckschmerzhaftigkeit im Außenknöchelbereich mit schmerzhaft eingeschränkter
Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk feststellte, also Befunde erhob, wie sie in ähnlicher Weise auch von Prof. Dr. M.-F.
anlässlich seiner Untersuchung des Klägers am 02.06.2005 beschrieb. Allerdings rechtfertigt dieser Umstand - worauf die Beklagte
zutreffend hingewiesen hat - nicht ohne Weiteres die Annahme, dass die hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen
durchgehend von Mitte Februar 2003 bis zur Vorstellung bei Dr. T. am 04.02.2005, also über einen Zeitraum von nahezu zwei
Jahren vorgelegen haben. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass wegen Beschwerden von Seiten des rechten Unterschenkels
und des Sprunggelenks zwischen dem 24.03.2003 und dem 04.02.2005 keine ärztlichen Vorstellungen des Klägers dokumentiert sind;
Untersuchungen bzw. Behandlungen des rechten Beines hat der Kläger für diesen Zeitraum auch nicht behauptet. Wegen entsprechenden
Beschwerden suchte der Kläger zunächst am 18.02.2003 zwar Dr. P. auf, der physiotherapeutische Behandlungen einleitete, und
dem Kläger anlässlich der Wiedervorstellung am 24.03.2003 eine Injektion verabreichte. Jedoch stellte sich der Kläger bei
diesem im Anschluss hieran nicht wieder vor. Da Dr. P. - wie in seinem Durchgangsarztbericht vom 26.03.2003 dokumentiert -
seinerzeit vorsah, den Kläger im Bedarfsfalle mit weiteren Injektionen zu behandeln, der Kläger sich zur Fortsetzung der Therapie
jedoch nicht mehr bei ihm vorstellte und auch bei keinem anderen Arzt vorstellig wurde, ist zu vermuten, dass die Behandlung
erfolgreich war und kein Bedarf für die Fortsetzung der von Dr. P. begonnen Injektionsbehandlung bestand. Der Senat hält es
demgegenüber für wenig wahrscheinlich, dass der Kläger bei unverändert fortbestehendem Beschwerdezustand lediglich auf die
weitere Behandlung verzichtete, seiner belastenden beruflichen Tätigkeit weiterhin unverändert nachging und erst nach Ablauf
von nahezu zwei Jahren wieder ärztliche Hilfe suchte, indem er nunmehr Dr. T. aufsuchte. Dass beim Kläger im Bereich des rechten
Unterschenkels und Sprunggelenks durchgehend seit Mitte Februar 2003 Funktionsbeeinträchtigungen vorlagen, wie sie von Prof.
Dr. M.-F. im Juni 2005 dokumentiert und bewertete wurden, vermag der Senat daher mangels dokumentierter Untersuchungsbefunde
einerseits und den dargelegten Umständen, die für eine Besserung des Gesundheitszustandes nach dem 24.03.2003 sprechen andererseits
nicht festzustellen.
Im Hinblick auf die übliche Entwicklung derartiger Beschwerdebilder teilt der Senat die von Prof. Dr. M.-F. in seinem für
das SG erstellten Gutachten nach Aktenlage vertretene Auffassung, dass von einer allmählichen Verschlimmerung des Beschwerdezustandes
auszugehen ist und dann im Jahr 2005 ein Zustand erreicht war, der es rechtfertigte, die nun vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen
mit einer MdE um 15 v.H. zu bewerten. Vor dem Hintergrund dieser Annahme ist zwar einzuräumen, dass ausgehend von Funktionsbeeinträchtigungen,
die zunächst mit einer MdE um weniger als 10 v.H. zu bewerten sind, diese im Laufe der Entwicklung eine MdE um 10 v.H. rechtfertigen,
bevor sie das Ausmaß erreichen, das Prof. Dr. M.-F. mit 15 v.H. bewertete. Allerdings vermag der Senat vor dem Hintergrund
des Umstandes, dass für einen Zeitraum von nahezu zwei Jahren nach der Behandlung durch Dr. P. keinerlei Behandlungen des
Klägers dokumentiert sind, keinen Zeitpunkt festzustellen, zu dem wegen Fortschreitens der Beschwerden und der damit einhergehenden
zunehmenden Funktionsbeeinträchtigungen die Bewertung mit einer MdE um 10 v.H. bzw. sodann 15 v.H. gerechtfertigt wäre.
Soweit der Kläger sich zur Begründung des begehrten früheren Rentenbeginns auf die Auskunft des Dr. T. als sachverständiger
Zeuge gegenüber dem SG gestützt hat, im Rahmen derer er die Befundsituation im Bereich des rechten Beines von Dezember 2000 bis März 2005 als unverändert
beurteilt hat, ist darauf hinzuweisen, dass Dr. T. den Kläger wegen der Unfallfolgen erstmals am 04.02.2005 behandelte, so
dass er zu dem Unfallfolgezustand in dem davor liegenden Zeitraum seit dem Jahr 2000 keine Angaben machen konnte. In diesem
Sinne hat sich Dr. T. auch im Berufungsverfahren gegenüber dem Senat geäußert.
Im Ergebnis ist somit eine rentenberechtigende MdE über den 24.03.2003 hinaus und bis zur erstmaligen erneuten Dokumentation
funktioneller Einschränkungen durch Dr. T. im Jahre 2005 nicht nachgewiesen. Dies geht nach dem dargelegten Grundsatz der
objektiven Beweislast zulasten des Klägers.
2. Allerdings lag ausweislich der von Dr. T. erhobenen Befunde bereits ab dem 04.02.2005 ebenfalls eine rentenberechtigende
MdE vor. Der gegenteiligen Auffassung von Prof. Dr. M.-F. in seinem für das SG erstatteten Gutachten (bis zum 20.03.2005 könne keine MdE in rentenrelevantem Maß festgestellt werden) folgt der Senat nicht.
Der Sachverständige hat erkennbar die in den Verwaltungsakten enthaltenen Berichte von Dr. T. über die Untersuchungen ab dem
04.02.2005 nicht berücksichtigt, die vom SG eingeholte sachverständige Zeugenaussage des Dr. T. hat ihm ohnehin nicht vorgelegen. Angesichts des Umstandes, dass es nach
dem ersten Kontakt des Klägers mit Dr. T. am 04.02.2005 zu einer Besserung der Beschwerdesituation mit Wiedereintritt der
Arbeitsfähigkeit kam und trotz dieser Besserung ab dem 21.03.2005 eine MdE um 15 v.H. bestand, gelangt der Senat zu der Überzeugung,
dass auch in der Zeit vom 04.02.2005 bis 20.03.2005 eine MdE von zumindest 15 v.H. und damit in rentenberechtigender Höhe
vorlag. Einer weitergehenden Prüfung der Höhe der MdE bedarf es nicht. Einen höheren Rentenanspruch als nach einer MdE um
15 v.H. hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht und das SG hat - auch für diesen Zeitraum - die Beklagte dem Antrag des Klägers entsprechend zur Gewährung von Verletztenrente nach
einer MdE um 15 v.H. verurteilt. Dem entsprechend beschränkt sich der Prüfungsumfang im Berufungsverfahren allein auf die
Frage, ob dem Kläger in dieser Höhe Verletztenrente zusteht.
Diese Frage verneint der Senat. Allein das Vorliegen einer MdE in rentenberechtigendem Umfang begründet für die Zeit vom 04.02.2005
bis 20.03.2005 keinen entsprechenden Anspruch auf Verletztenrente. Vielmehr entstand dieser Anspruch erst am Tag nach dem
Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (am 20.03.2005) und damit am 21.03.2005.
Für den Beginn von Renten bestimmt §
72 Abs.
1 SGB VII, dass Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt werden, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld
endet (Nr. 1) bzw. der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist (Nr. 2). Hier
bestand - wie von Dr. T. bescheinigt - ab dem 04.02.2005 wegen der Beschwerdesituation am rechten Sprunggelenk, die auf die
Folgen des Unfalls vom 09.06.1997 zurückzuführen ist, Arbeitsunfähigkeit mit der Folge, dass dem Kläger für die Dauer dieser
Arbeitsunfähigkeit gemäß §
45 SGB VII ein Anspruch auf Verletztengeld zustand. Dieser Anspruch auf Verletztengeld endete mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit,
also - so die Bescheinigung von Dr. T. - am 20.03.2005, sodass - §
72 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII zugrunde gelegt - der Anspruch auf Verletztenrente am 21.03.2005 begann, wovon die Beklagte ausgeht.
Allerdings kommt eine unmittelbare Anwendung des §
72 Abs.
1 SGB VII nicht in Betracht, weil diese Vorschrift - wie die Anknüpfung an den Tag des Versicherungsfalls in Nr. 2 zeigt - nur den
Fall der erstmaligen Bewilligung von Renten nach dem Versicherungsfall regelt, also nicht deren Wiedergewährung oder deren
erstmalige Gewährung aufgrund einer Verschlechterung der Unfallfolgen nach Ablauf der 26. Woche nach dem Versicherungsfall.
Auch §
73 Abs.
1 SGB VII, wonach die Rente, wenn sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen deren Anspruchsvoraussetzungen nach ihrer Feststellung
ändern, in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet wird, in dem die Änderung wirksam geworden ist, erfasst Sachverhalte
der vorliegenden Art nicht. Denn diese Vorschrift, die an die "Höhe einer Rente" anknüpft, setzt voraus, dass der Versicherte
aufgrund eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bereits tatsächlich eine Rente bezieht, die wegen einer Änderung in ihren
Voraussetzungen lediglich höher oder niedriger zu bemessen ist bzw. gänzlich entfällt. Vergleichbares gilt für §
74 Abs.
2 SGB VII, der eine Neufeststellung von Renten i.S. einer Änderung der bestehenden Rente für die Zeit des Bezuges von Verletztengeld
ausschließt. Vielmehr enthält das Gesetz für die vorliegende Fallgestaltungen der (Wieder)Gewährung einer Rente nach einem
- nach Ablauf der 26. Woche nach dem Versicherungsfall liegenden - Zeitintervall ohne Rentenbezug keine ausdrückliche Regelung.
Angesichts der Vergleichbarkeit der in §
72 Abs.
1 SGB VII normierten Fallgestaltungen des erstmaligen Beginns einer Rente mit jenen, in denen eine Rente aufgrund einer tatsächlichen
Verschlechterung der nicht (mehr) rentenberechtigenden Unfallfolgen und damit erstmals oder - wie hier - erneut beginnt, weil
eine solche in der Vergangenheit bereits gewährt worden war, hält es der Senat für sachgerecht, die für diese Fälle bestehende
gesetzliche Lücke durch eine analoge Anwendung dieser Regelung zu schließen. Gestützt wird dieses Ergebnis - Rentenbeginn
erst mit Ende des Verletztengeldanspruches - durch die Regelung des §
74 Abs.
2 SGB VII, wonach Renten nicht für die Zeit neu festgestellt werden dürfen, in der Verletztengeld zu zahlen ist. Dies zeigt, dass der
Gesetzgeber dem Anspruch auf Verletztengeld im Falle einer Entstehung des (im Falle des §
74 Abs.
2 SGB VII: höheren) Verletztenrentenanspruches während der Dauer des Verletztengeldbezuges eine anspruchshindernde Wirkung in Bezug
auf die Verletztenrente beimisst.
Damit gewährte die Beklagte dem Kläger zu Recht Verletztenrente erst ab 21.03.2005.
3. Auch für die Zeit der - vorübergehenden - Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Jahre 2003 steht dem Kläger kein
Anspruch auf Verletztenrente zu. Zwar geht der Senat aufgrund der von Dr. P. für den 18.02. und 24.03.2003 dokumentierten
und in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Senat mitgeteilten funktionellen Einschränkungen sowie seiner
Beurteilung in der Zeugenauskunft, seine Befunde würden im Wesentlichen mit jenen, die im Gutachten von Prof. Dr. M.-F. dokumentiert
sind, übereinstimmen, davon aus, dass im Zeitraum vom 18.02. bis 24.03.2003 - bei weiter bestehender Arbeitsfähigkeit, so
ausdrücklich Dr. P. in seinen Durchgangsarztberichten - eine rentenberechtigende MdE um 15 v.H. vorlag. Wie bereits aufgeführt,
kann dies aber für die Folgezeit, also ab dem 24.03.2003 nicht angenommen werden. Damit beschränkt sich der Nachweis einer
rentenberechtigenden MdE (15 v.H.) auf den Behandlungszeitraum bei Dr. P.. Gleichwohl verneint der Senat einen Anspruch auf
Verletztenrente vom 01.03.2003 (Beginn des noch streitigen Zeitraums nach dem angegriffenen Urteil) bis 23.03.2003.
Nach §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII setzt der Anspruch auf Verletztenrente voraus, dass die Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus
rentenberechtigt gemindert ist. Damit soll der Bezug kurzzeitiger Renten verhindert werden (so die amtliche Begründung zum
Gesetzentwurf, BTDrs. 13/2204, S. 90). Bei einer MdE bis zu 26 Wochen ist nicht davon auszugehen, dass der Unfall nennenswerte
wirtschaftliche Nachteile verursacht, die durch eine Rente ausgeglichen werden müssten (so BTDrs. aaO.). Der Gesetzgeber ging
somit bei dieser Regelung davon aus, dass Rente nur bei einer Mindestdauer der rentenberechtigenden MdE von mehr als 26 Wochen
zustehen soll (ebenso zur früheren vergleichbaren Regelung der
Reichsversicherungsordnung BSG, Urteil vom 27.01.1994, 2 RU 4/93 in SozR 3-2200 § 581 Nr. 4).
Allerdings betrifft diese Regelung des §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII nur die zeitnah nach dem Arbeitsunfall bestehende MdE ("... 26. Woche nach dem Versicherungsfall ..."), während hier eine
rentenberechtigende MdE Jahre nach dem Versicherungsfall, allerdings nur kurzzeitig, festzustellen ist. Angesichts des Anliegens
des Gesetzgebers, einerseits den Bezug kurzzeitiger Renten zu verhindern und andererseits dem Umstand Rechnung zu tragen,
dass - so die Begründung des Gesetzentwurfes (BTDrs. aaO.) - eine MdE von bis zu 26 Wochen ohnehin keiner Entschädigung bedarf,
kann für später - jenseits der 26. Woche nach dem Arbeitsunfall - eintretende rentenrelevante Leistungsminderungen nichts
anderes gelten. Damit setzt ein Anspruch auf Verletztenrente eine Mindestdauer der rentenrelevanten MdE von mehr als 26 Wochen
voraus. Mit dem hier in Rede stehenden Zeitraum vom 18.02. bis 24.03.2003 ist diese Mindestdauer nicht erreicht.
Nach alledem sind die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden, weshalb das Urteil des Sozialgerichts Ulm auf die Berufung
der Beklagten aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat lässt die Revision zu, weil er im Falle der Wiedergewährung von Verletztenrente der Beantwortung der Frage nach
dem hierbei anzuwendenden Recht sowie der Mindestdauer der MdE für die Entstehung eines Rentenanspruchs grundsätzliche Bedeutung
beimisst.