Elterngeld
Partnerschaftsbonus für den 9. bis 12. Lebensmonat
Tatsächliche Reduzierung der Erwerbstätigkeit
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über höheres Elterngeld (Partnerschaftsbonus für den 9. bis 12. Lebensmonat der gemeinsamen Tochter
der Kläger zu 1) und 2).
Die Kläger sind Eheleute und Eltern der 2016 geborenen S. C. Der Kläger zu 1) absolviert seit dem 01.09.2015 bis voraussichtlich
29.02.2019 ein Studium für den gehobenen Verwaltungsdienst an der Hochschule für öffentliche Verwaltung K. und wurde mWv 01.03.2016
unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Regierungsinspektoranwärter ernannt (Bl 26 Verwaltungsakte). Die
wöchentliche Arbeitszeit beträgt dabei 41 Wochenstunden (Arbeitgeberbescheinigung des Landesamts für Besoldung und Versorgung
Baden-Württemberg vom 10.03.2016, Bl 100 Verwaltungsakte). Ein Reduzierung des zeitlichen Umfangs fand in der Zeit von September
2016 bis Januar 2017 nicht statt, da der Kläger zu 1) keine Teilzeitausbildung absolvieren kann (vgl Bl 58 Senatsakte). Die
Klägerin zu 2) reduzierte hingegen ihre Erwerbstätigkeit im fraglichen Zeitraum von 40 auf 30h/Woche (Bl 101 Verwaltungsakte).
Die Kläger beantragten bei der Beklagten am 24.02.2016 Elterngeld ua in Form von Basiselterngeld vom 1. bis 8. Lebensmonat
(nur die Klägerin zu 2), Partnerschaftsbonus für den 9. bis 12. Lebensmonat (20.09.2016 bis 19.01.2017, beide Elternteile)
sowie Elterngeld Plus vom 13. bis 16. Lebensmonat (Kläger zu 1) bzw. 13. bis 20. Lebensmonat (Klägerin zu 2).
Mit Bescheid vom 22.03.2016 (Bl 132 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 2) Elterngeld vorläufig im Hinblick
auf das noch nicht abschließend ermittelbare Einkommen nach der Geburt sowie die Ungewissheit über die Voraussetzungen der
Partnerschaftsbonusmonate.
Mit Bescheid vom 04.04.2016 (Bl 140 Verwaltungsakte) bewillige die Beklagte dem Kläger zu 1) Elterngeld Plus für den 13. bis
16. Lebensmonat (20.01.2017 bis 19.05.2017), lehnte aber den Antrag hinsichtlich der Partnerschaftsbonusmonate 20.09.2016
bis 19.01.2017 ab und hob den vorläufig zugunsten der Klägerin zu 2) ergangenen Bewilligungsbescheid mit Änderungsbescheid
vom 06.04.2016 (Bl 158 Verwaltungsakte) für den 9. bis 12. Lebensmonat auf und berechnete deren Anspruch für den 13. bis 20.
Lebensmonat - weiterhin vorläufig - neu.
Hiergegen erhoben der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 13.04.2016 und die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 04.05.2016 jeweils
Widerspruch, die die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 25.04.2016 (Kläger zu 1, Bl 166 Verwaltungsakte) und 23.06.2016
(Klägerin zu 2, Bl 202 Verwaltungsakte) zurückwies. Der Kläger zu 1) erfülle nicht die gemäß § 4 Abs 4 S 3 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) bei beiden Elternteilen erforderliche Anspruchsvoraussetzung einer Erwerbstätigkeit zwischen 25 und 30 Wochenstunden. Die
Bestimmung der Arbeitszeit in den Partnerschaftsbonusmonaten erfolge nach allgemeinen Vorgaben. Danach dürfe während des Elterngeldbezugs
keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt werden (§ 1 Abs 1 Nr 4 BEEG). Nach § 1 Abs 6 BEEG sei eine Person ua nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteige
oder sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübe. Der zeitliche Umfang dieser Tätigkeiten bleibe bei der Ermittlung der
durchschnittlichen monatlichen Wochenarbeitszeit unberücksichtigt, wenn die Person eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübe.
Dies gelte auch für die Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit im Rahmen des Partnerschaftsbonu Dies führe dazu,
dass der Kläger zu 1) mangels Wochenarbeitszeit zwischen 25 und 30 Wochenstunden in den vier Partnerschaftsbonusmonaten die
Anspruchsvoraussetzungen nicht erfülle. Denn die von ihm zur Berufsbildung aufgewendete Zeit bleibe bei der Ermittlung der
Wochenarbeitszeit gänzlich außer Betracht, ohne dass es auf die tatsächliche Wochenstundenanzahl überhaupt ankomme.
Hiergegen erhoben der Kläger zu 1) am 20.05.2016 (Az. S 9 EG 2130/16) und die Klägerin zu 2) am 18.07.2016 (Az. S 9 EG 2838/16) Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Mit Beschluss vom 23.05.2017 hat das SG die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az. S 9 EG 2130/17 verbunden.
Die Kläger haben zur Begründung der Klage vorgebracht, dass der Kläger zu 1) eine Berufsausbildung in Gestalt des Vorbereitungsdienstes
in einer Laufbahn des öffentlichen Dienstes ausübe. Eine Person, die eine solche Berufsausbildung ausübe, übe keine volle
Erwerbstätigkeit aus, wie sich aus § 1 Abs 6 BEEG ergebe. Sie übe aber auch nicht "keine Erwerbstätigkeit" im Sinne der Vorschrift au Folglich könne dem Kläger zu 1) eine
fiktive durchschnittliche monatliche Wochenarbeitszeit zwischen null und maximal 30 Stunden zugerechnet werden. Eine genauere
Aussage zu fiktiven durchschnittlichen monatlichen Wochenarbeitszeit lasse der Wortlaut des Gesetzes nicht zu. Die Formulierung
in den Richtlinien zum BEEG, wonach der zeitliche Umfang der Berufsausbildung bei der Ermittlung der durchschnittlichen monatlichen Wochenarbeitszeit
unberücksichtigt bleibe, lasse aber darauf schließen, dass sie in § 4 Abs 4 S 3 Nr 1 BEEG geforderte durchschnittliche monatliche Wochenarbeitszeit von mindestens 25 und maximal 30 Stunden ebenfalls außer Betracht
bleibe und somit ein Anspruch auf Partnerschaftsbonus für den beantragten Zeitraum bestehe. Nach der Begründung der Beklagten
wäre dem Kläger zu 1) eine fiktive durchschnittliche monatliche Wochenarbeitszeit von null Stunden zuzurechnen. Folglich müsste
der Kläger zu 1) zur Erlangung eines Anspruchs auf Partnerschaftsbonus entweder seine Berufsausbildung zu Gunsten einer Erwerbstätigkeit
mit einer durchschnittlichen monatlichen Wochenarbeitszeit von 25 bis 30 Stunden aufgeben oder unterbrechen oder einer solchen
Erwerbstätigkeit zusätzlich zu seiner Berufsausbildung nachgehen. Eine solche Konstellation bringe jedoch keinesfalls eine
gemeinsame Fürsorge beider Elternteile und eine zielgenauere Unterstützung der partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie
und Beruf, wie es mit dem Gesetz bezweckt sei. Schließlich sei für die Prüfung der Arbeitszeitgrenze nach den Richtlinien
zum BEEG die Zahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden maßgeblich. Für den Kläger zu 1) bestehe zwar eine beamtenrechtlich vorgegebene
Arbeitszeit von 41h/Woche wöchentlich, jedoch betrage seine aktuelle tatsächliche durchschnittliche monatliche Wochenarbeitszeit
an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in K. 26,25h/Woche. Darüber hinaus hätte der Kläger zu 1) nach der Rechtsauffassung
der Beklagten auch keinerlei Möglichkeit, durch Über- oder Unterstunden die Voraussetzungen für den Partnerschaftsbonus zu
schaffen, da die durchschnittliche monatliche Wochenarbeitszeit im Rahmen einer Berufsausbildung außer Betracht bliebe.
Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Der Kläger zu 1) übe zwar unstreitig keine volle Erwerbstätigkeit au Er übe
aber auch keine Erwerbstätigkeit mit einer durchschnittlichen monatlichen Wochenarbeitszeit von 25 bis 30 Stunden aus, wie
für den Anspruch auf den Partnerschaftsbonus erforderlich. Die Tätigkeit im Rahmen der Berufsausbildung stelle keine Erwerbstätigkeit
im arbeitsrechtlichen Sinne und damit keine Erwerbstätigkeit im Sinne der elterngeldrechtlichen Vorschriften dar. Jedenfalls
aber bleibe diese Tätigkeit bei der Ermittlung der durchschnittlichen monatlichen Wochenarbeitszeit nach § 1 Abs 6 Alt 1 BEEG unberücksichtigt. Diese Regelung ermögliche auch Auszubildenden, überhaupt Elterngeld beziehen zu können, ohne ihre Ausbildung
ab- oder unterbrechen zu müssen. Für Basiselterngeld und Elterngeld Plus sei die Nichtberücksichtigung der Wochenarbeitszeit
während der Ausbildung unschädlich, da das Elterngeld grundsätzlich auch an nicht erwerbstätige Berechtigte ausgezahlt werden
könne, jedenfalls in Höhe des Mindestbetrags von 300 EUR. Eine Teilerwerbstätigkeit sei somit hierfür nicht zwingend erforderlich.
Hiervon abweichend sei für den Partnerschaftsbonus erforderlich, dass beide Elternteile in vier aufeinanderfolgenden Lebensmonaten
gleichzeitig nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig seien (§ 4 S 3 Nr 1 BEEG). Anders als beim Basiselterngeld und beim Elterngeld Plus sei hier also eine Teilzeiterwerbstätigkeit im Umfang von zwischen
60% und 75% einer Vollzeitstelle Anspruchsvoraussetzung. Hierdurch werde der Kläger zu 1) auch nicht in seinen Rechten aus
Art
3 des
Grundgesetzes verletzt. Denn während andere Eltern, die zugunsten der Betreuung ihrer Kinder tatsächlich ihre Arbeitszeiten auf durchschnittlich
25 bis 30 Wochenstunden reduzierten und hierdurch entsprechende Gehaltseinbußen in Kauf nehmen müssten, könne der Kläger zu
1), da er sich noch in Ausbildung befinde, weiterhin in Vollzeit mit 41 Wochenstunden und unveränderten Vollzeitbezügen tätig
bleiben. Insoweit sei er bereits bei der Bewilligung des Basiselterngeldes und des Elterngeldes Plus privilegiert. Hieraus
leite sich jedoch kein Anspruch auf eine weitere Leistungsgewährung ab.
Mit Urteil vom 23.05.2017 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren
Rechten. Das SG hat zur Begründung gem §
136 Abs
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, verfassungsrechtliche Bedenken gegen
die Regelung in § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG bestünden nicht. Der Gleichheitssatz sei nicht verletzt, da der Kläger nicht zur Gruppe der anspruchsberechtigten Personen
gehöre, die ihre Erwerbstätigkeit nach der Geburt vorübergehend verringere.
Gegen das ihnen am 16.06.2017 mit Postzustellungsurkunde zugestellte Urteil des SG haben die Kläger am 10.07.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Sie haben ihr bisheriges Vorbringen
voll umfänglich aufrecht erhalten. Die Berufsausbildung des Klägers zu 1) in Form eines Vorbereitungsdienstes in der Beamtenlaufbahn
des gehobenen nicht-technischen Verwaltungsdienstes sei eine Erwerbstätigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne und damit auch im
Sinne der elterngeldrechtlichen Vorschriften. Aus der Gesetzessystematik des § 4 Abs 4 Satz 3 BEEG i.V.m. § 1 Abs 6 BEEG sei schlusszufolgern, dass es um die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden gehe. Zum Nachweis der tatsächlichen durchschnittlichen
monatlichen Wochenarbeitszeit des Klägers zu 1) haben die Kläger eine Kopie des Stundenplans der Hochschule K. sowie eine
Aufstellung als Anlage (Bl 6 Senatsakte) vorgelegt.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23.05.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 25.04.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 06.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.06.2016 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, ihnen jeweils Elterngeld in Form des beantragten Partnerschaftsbonus für die Zeit vom 20.09.2016
bis zum 19.01.2017 (9. bis 12. Lebensmonat der Tochter S.) vorläufig zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die Beklagte hat auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2016 und die Ausführungen des SG Bezug genommen. Ergänzend hat sie mitgeteilt, dass sie davon ausgehe, dass auch Auszubildende eine Erwerbstätigkeit ausübten.
Es sei aber nicht auf die tatsächliche Wochenstundenanzahl abzustellen. Aus der Begrenzung der Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden
bei erwerbstätigen Elterngeldberechtigten einerseits und dem Fehlen jeglicher Begrenzung der Wochenstundenanzahl bei den in
Ausbildung befindlichen Elterngeldberechtigten andererseits ergebe sich, dass bei den zur Ausbildung Beschäftigten die tatsächlich
geleistete Wochenstundenanzahl ohne Bedeutung sei. Zweck der Regelung des § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG sei es, über die Partnerschaftsbonusmonate den elterngeldberechtigten Partnern durch Ausübung einer Teilzeittätigkeit im
Umfang von jeweils 60 bis 75 % einer Vollzeitstelle die wirtschaftliche Absicherung der Familie zu ermöglichen, ohne auf die
persönliche Betreuung des Kindes verzichten zu müssen. Die Vorschrift setze voraus, dass beide Elternteile in vier aufeinander
folgenden Lebensmonaten gleichzeitig nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig
seien und die Voraussetzungen des § 1 erfüllten. Beschäftigte in Berufsausbildung würden als nicht voll erwerbstätig gelten,
aufgrund der vom Gesetzgeber in § 1 Abs 6 Satz 1 2. Alternative BEEG aufgestellten Fiktion, und zwar unabhängig davon, ob sie ihre Ausbildung in Voll- oder in Teilzeit absolvierten und wie hoch
ihre Wochenstundenanzahl tatsächlich sei. Da dem Kläger zu 1) kein Anspruch auf die Partnerschaftsbonusmonate zustehe, könne
sie die Klägerin zu 2) auch nicht beanspruchen.
In einem Erörterungstermin am 13.09.2017 ist die Sach- und Rechtslage vom Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert worden,
wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Bl 57 Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die
beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger sind statthaft, zulässig aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 04.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 25.04.2016 und der Bescheid der Beklagten vom 06.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.06.2016 jeweils
rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Gewährung eines Partnerschaftsbonus
für den 9. bis 12. Lebensmonat der gemeinsamen Tochter.
Die Klage ist zulässig. Auch die vorläufige Leistungsbewilligung kann im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage
überprüft werden; sie muss nicht auf endgültige Leistungsbewilligung gerichtet sein, sondern kann auch auf die Erbringung
höherer vorläufiger Leistungen gerichtet sein (vgl BSG 06.04.2011, B 4 AS 119/10 R, BSGE 108, 86, SozR 4-1500 § 54 Nr 21).
Die Kläger haben zwar einen Anspruch auf Elterngeld, da die in § 1 Abs 1 S 1 BEEG genannten Voraussetzungen vorliegen. Sie haben ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, leben mit der Tochter
im gemeinsamen Haushalt, betreuen und erziehen ihre Tochter und üben keine volle Erwerbstätigkeit au Insbesondere der Kläger
zu 1), der sich in Ausbildung befindet, gilt nach § 1 Abs 6 i.V.m. § 1 Abs 1 S 1 Nr 4 BEEG als nicht voll erwerbstätig.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf die Partnerschaftsbonusmonate ist § 4 Abs 4 S 3 BEEG in der Fassung für die ab dem 01.07.2015 geborenen Kinder. Diese Norm lautet:
Wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig 1. nicht weniger als 25 und nicht mehr als
30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und 2. die Voraussetzungen des § 1 erfüllen, hat jeder Elternteil
für diese Monate Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonusmonate).
Vorliegend erfüllt nur die Klägerin zu 2), nicht aber der Kläger zu 1) und damit nicht beide Elternteile, die Voraussetzungen
des § 4 Abs 3 S 4 BEEG. Die Klägerin zu 2) ist im streitgegenständlichen Zeitraum mehr als 25 aber nicht mehr als 30h/Woche erwerbstätig gewesen.
Der Kläger zu 1) ist zwar erwerbstätig gewesen, jedoch mit 41h/Woche außerhalb des zeitlichen Rahmens des § 4 Abs 4 S 3 BEEG.
Erwerbstätigkeit iS der §§ 1 Abs 1 S 1 Nr 4, 4 Abs 4 S 3 BEEG ist die unselbständige Beschäftigung gegen Entgelt oder die selbständige Tätigkeit zur Erzielung eines wirtschaftlichen Erfolges
(vgl zu § 2 Abs 1 BErzGG BSG 13.05.1998, B 14 EG 2/97 R, SozR 3-7833 § 2 Nr 6 Rn 11). Auch die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten gelten als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen iS des BEEG (vgl § 20 Abs 1 S 1 BEEG) und als erwerbstätig iSv § 1 Abs 1 S 1 Nr 4 BEEG, soweit - wie dies beim Kläger zu 1) der Fall ist - ein Vergütungsanspruch besteht (vgl Othmer in Roos/Bieresborn,
MuSchG, BEEG, 2014, § 1 BEEG Rn 26).
Die Vorschrift des § 4 Abs 4 S 3 BEEG verlangt eine tatsächliche Reduzierung der Erwerbstätigkeit, die überdies in rechtlich zulässiger Weise vorgenommen wird.
Dies ergibt sich aus der Gesetzessystematik und der Entstehungsgeschichte der Norm. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger
zu 1) nicht.
Sämtliche Regelungen zum Elterngeld Plus sollen die Förderung von Eltern verbessern, die nach der Geburt eines Kindes gemeinsam
in Teilzeit erwerbstätig sein wollen (BT-Drs 18/2583, 26, zu § 4 Abs 3-6 BEEG). Zur Begründung hat der Gesetzgeber ua ausgeführt: "Ein Partnerschaftsbonus ergänzt das Elterngeld Plus Er besteht aus vier
zusätzlichen Elterngeld Plus-Monaten je Elternteil und kann während oder im Anschluss an den Elterngeldbezug eines Elternteils
bezogen werden. Elternpaare, die sich gemeinsam um das Kind kümmern und beide zwischen 25 und 30 Stunden erwerbstätig sind,
werden hierdurch länger unterstützt. Dadurch wird es Eltern erleichtert, in einer frühen Phase der Elternschaft in die partnerschaftliche
Arbeitsteilung hineinzufinden. Alleinerziehende haben einen eigenen Anspruch auf einen entsprechenden Bonus, wenn sie in dem
festgelegten Umfang erwerbstätig sind." (BT-Drs 18/2583, 17 f).
Die Bonusregelung des § 4 Abs 3 S 4 BEEG verlangt nach der Gesetzesbegründung mit der Anknüpfung an 25 bzw 30 Wochenstunden - unter Zugrundelegung einer Wochenarbeitszeit
von 40 Stunden - eine Erwerbstätigkeit im Umfang von etwa 60 bis 75 vH (BT-Drs 18/2583, 28: "Eltern, die sich gemeinsam um
das Kind kümmern und beide zwischen 25 und 30 Stunden erwerbstätig sind, werden durch den Partnerschaftsbonus länger gefördert.
Der Partnerschaftsbonus soll die partnerschaftliche Arbeitsteilung unterstützen. [ ] Nach § 4 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 müssen
beide Eltern gleichzeitig zwischen 25 und 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sein. Ausreichend ist damit
eine Erwerbstätigkeit im Umfang von nicht weniger als 25 Wochenstunden im Durchschnitt des Monat Eine Arbeitszeit von 30 Wochenstunden
darf hingegen - wie nach den allgemeinen Voraussetzungen für den Elterngeldbezug - nicht überschritten werden. Die Regelung
verlangt folglich - unter Zugrundelegung einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden - eine Erwerbstätigkeit im Umfang von etwa
60-75 %. Sie verlangt eine gegenüber der Vollzeitbeschäftigung merkliche Verringerung zugunsten der Betreuung des Kindes und
eine Erwerbstätigkeit in einem größeren Umfang als nur einer halben Stelle, um die dauerhafte wirtschaftliche Absicherung
in Familien zu gewährleisten.")
Maßgeblich ist danach die zeitliche Reduzierung der Tätigkeit, die vorliegend nur die Klägerin zu 2), nicht aber der Kläger
zu 1) vorgenommen hat. Der Kläger zu 1), dem nach eigenen Angaben keine Teilzeitausbildung möglich ist, hat ausweislich der
maßgeblichen Arbeitgeberbescheinigung des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 10.03.2016 durchgehend
in einem Umfang von 41h/Woche die Ausbildung absolviert und dafür eine entsprechende Vergütung erhalten. Maßgeblich ist die
gesetzlich vorgegebene Arbeitszeit von 41h/Woche (§ 4 der Verordnung der Landesregierung Baden-Württembergs über die Arbeitszeit,
den Urlaub, den Mutterschutz, die Elternzeit, die Pflegezeiten und den Arbeitsschutz der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen
und Richter - Arbeitszeit- und Urlaubsverordnung - AzUVO vom 29.11.2005, Gbl 2005, 716). Weder ist auf den Stundenplan noch auf sonstige Unterrichtseinheiten des Klägers
zu 1) abzustellen, zumal auch Vor- und Nachbereitung zur Ausbildung dazu gehören und zeitlich vergütet werden.
Aus § 1 Abs 6 BEEG ergibt sich nichts andere Die Vorschrift regelt bzw fingiert nicht, dass Auszubildende nicht weniger als 25 und nicht mehr
als 30 Wochenstunden iSv § 4 Abs 3 BEEG erwerbstätig sind, sondern muss in Zusammenhang mit § 1 Abs 1 S 1 Nr 4 BEEG gelesen werden. Die Vorschrift des § 1 Abs 6 BEEG konkretisiert, wann das in § 1 Abs 1 S 1 Nr 4 BEEG Erfordernis einer reduzierten Erwerbstätigkeit erfüllt ist und stellt damit sicher, dass auch Auszubildende dem Grunde nach
einen Anspruch auf Elterngeld haben und als "nicht voll erwerbstätig" gelten (sog Ausbildungsprivileg, vgl zu § 2 Abs 1 BErzGG BSG 13.05.1998, B 14 EG 2/97 R, SozR 3-7833 § 2 Nr 6 Rn 13). Mehr kann hieraus nicht, insbesondere nicht auf das Erfordernis einer auf nicht weniger als 25 und nicht mehr
als 30 Wochenstunden reduzierten Erwerbstätigkeit gem § 4 Abs 4 S 3 Nr 1 BEEG hergeleitet werden. § 1 Abs 6 BEEG enthält keine Fiktion dahingehend, dass Auszubildende für die bis zu 4 Partnerschaftsmonate nach § 4 Abs 3 S 4 BEEG als unter 30h/Woche erwerbstätig gelten (vgl BT-Drs 16/1889, 19 zu § 1 Abs 6 BEEG: "Absatz 6 bestimmt näher, wann das in § 1 Nr. 4 genannte Erfordernis einer reduzierten Erwerbstätigkeit erfüllt ist. Das Gesetz bezweckt, Eltern den Einkommensausfall weitgehend
auszugleichen, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit einschränken oder ganz aufgeben, um sich vorrangig der Betreuung ihres Kindes
zu widmen. Voraussetzung ist deshalb, dass die betreffenden Eltern im Bezugszeitraum keine oder keine volle Erwerbstätigkeit
ausüben. Das setzt voraus, dass die wöchentliche Arbeitszeit 30 Stunden nicht übersteigt. Wenn der leistungsberechtigte Elternteil
als Tagespflegeperson tätig ist, soll diese Tätigkeit dann nicht als volle Erwerbstätigkeit gewertet werden, wenn nicht mehr
als fünf Kinder in Tagespflege betreut werden. Gleiches gilt im Falle einer Beschäftigung zur Berufsbildung.").
Da die Voraussetzungen für die Partnerschaftsbonusmonate beim Kläger zu 1) nicht vorliegen, kann die Klägerin zu 2) sie auch
nicht beanspruchen. Die Beklagte war daher berechtigt, den vorläufig zugunsten der Klägerin zu 2) ergangenen Bewilligungsbescheid
vom 22.03.2016 mit Änderungsbescheid vom 06.04.2016 (Bl 158 Verwaltungsakte) für den 9. bis 12. Lebensmonat wieder aufzuheben.
Die Ungewissheit über die Voraussetzungen der Partnerschaftsbonusmonate war auch ein Grund für die vorläufige Bewilligung
(vgl dazu auch § 8 Abs 3 S 1 Nr 4 BEEG, soweit die Voraussetzungen für den Bonus nicht von beiden Elternteilen für die Dauer von vier Monaten eingehalten werden,
werden bereits ausgezahlte Bonusbeträge zurückgefordert, auch vorläufige Zahlungen begründen keinen Vertrauensschutz).
Die entscheidungserheblichen Vorschriften des BEEG verstoßen auch nicht gegen Verfassungsrecht.
Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art
3 Abs
1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt.
Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art
6 Abs
1 GG stehenden Familien kommt es darauf an, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen,
dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der
Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen
seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an
die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht
treffen. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig
einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl BSG 17.02.2011, B 10 EG 20/09 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 8 mwN). Vorliegend enthalten zwar die gesetzlichen Vorschriften über den Partnerschaftsbonus insoweit eine Ungleichbehandlung
verschiedener Gruppen von Normadressaten, als nur Erwerbstätige die Anspruchsvoraussetzung einer im bestimmten Umfang reduzierten
Erwerbstätigkeit überhaupt erfüllen können, nicht Erwerbstätige wie etwa Auszubildende, Rentner oder Erwerbslose jedoch nicht.
Es liegen aber sachliche, die Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigende Gründe vor, die aus dem vom Gesetzgeber
verfolgten Zweck resultieren, insbesondere Mütter zur früheren Wiederaufnahme zumindest einer Teilzeittätigkeit und insbesondere
Väter zur vorübergehenden Verringerung ihrer Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder zu motivieren.
Die neuen Gestaltungskomponenten des Elterngeldes sollen nach der Gesetzesbegründung "die Teilzeiterwerbstätigkeit für Mütter
und Väter im Elterngeldbezug als Individuen und als Paar lohnender machen" und dazu beitragen "die Chancengleichheit im Familien-
und Erwerbsleben für Männer und Frauen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen" (BT-Drs 18/2583, 1 f).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art
6 Abs
1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete
Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen,
in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG
07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art
6 Abs
1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).
Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art
20 Abs
1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit
dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren
(BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241, SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges
Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80, SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175, SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG).