Rechtmäßigkeit der Beendigung seines Krankengeld-Wahltarifs in der gesetzlichen Krankenversicherung
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung seines Krankengeld-Wahltarifs bei der Beklagten.
Der 1966 geborene Kläger ist bei der Beklagten als hauptberuflich Selbständiger freiwillig krankenversichert. Zum 01.01.2010
wählte er den Tarif KGPlus mit ergänzendem Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit iHv zunächst 10 € kalendertäglich
und zuletzt 50 € kalendertäglich.
§ 17m der Satzung der Beklagten sah für den Wahltarif KGPlus folgende Regelungen vor:
(7) folgende Krankengeldtarife können gewählt werden:
1. ...
2. Mitglieder nach Abs 1 Satz 1 Nr 1 (Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres, sofern diese ein Krankengeld
nach §
44 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB V gewählt haben), deren beitragspflichtiges Einkommen die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigt, können einen ergänzenden Krankengeldtarif
zur Absicherung eines höheren Krankengeldes ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit wählen (Tarif KGPlus).
In Abs 8 war im Tarif KGPlus eine gestaffelte Prämie für kalendertägliches Krankengeld zwischen 10 und maximal 150 € vorgesehen,
gestaffelt in 10-€-Schritten. Für das vom Kläger zuletzt gewählte tägliche Krankengeld von 50 € war eine monatliche Prämie
von 27 € zu zahlen.
§ 17m Abs 3 der Satzung sah eine Mindestbindung an den gewählten Krankengeldtarif von 3 Jahren vor, § 17m Abs 4 der Satzung
enthielt Kündigungsmöglichkeiten des Mitglieds. Die Beklagten konnte den Krankengeldtarif beenden, wenn das Mitglied seiner
Verpflichtung zur Prämienzahlung trotz Mahnung nicht nachkam (§ 17m Abs 6 der Satzung). Im Tarif KGPlus durfte das Wahltarif-Krankengeld
zusammen mit dem Höchstkrankengeld nach §
47 SGB V 70 vH des Arbeitseinkommens nicht übersteigen (§ 17m Abs 11 Satz 1 Nr 3 der Satzung).
Der Verwaltungsrat der Beklagten entschied mit Beschluss vom 01.04.2014, § 17m der Satzung zu ändern und die Tarifoption Krankengeld-Wahltarif
KGPlus zum 30.06.2014 zu beenden. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Senioren Baden-Württemberg genehmigt
die Satzungsänderung mit Bescheid vom 07.04.2014 (veröffentlicht im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr 14/14 vom 11.04.2014).
§ 17m Abs 14 der Satzung in der neuen Fassung (nF) enthielt folgende Regelung:
Für Mitglieder, die am 30.06.2014 Krankengeld aus der Tarifausprägung KGPlus (§ 17m Abs 7 Nr 2 in der bis 30.06.2014 geltenden
Fassung) beziehen, besteht der Anspruch auf dieses Krankengeld unter den bisherigen Voraussetzungen weiter, der Anspruch besteht
maximal bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit, die den Leistungsanspruch ausgelöst hat bzw bis zu der nach §
48 SGB V festgestellten Höchstanspruchsdauer.
Mit Bescheid vom 30.05.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie den Tarif KGPlus wegen der damit verbundenen Kostenentwicklung
zum 30.06.2014 einstelle. Mit dem Stichtag 30.06.2014 ende auch die Pflicht zur Prämienzahlung.
Am 06.06.2014 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er sich gegen die kurzfristige Schließung des Krankengeld-Wahltarifs KGPlus
wandte. Er sei bei Abschluss dieses Wahltarifs nicht über die Möglichkeit der Auflösung/Kündigung durch die Krankenkasse informiert
worden. Er sei daher von einer dauerhaften Absicherung für die Zukunft ausgegangen. Der Wahltarif KG22 sichere ihn als Selbständigen
nicht in der Form ab wie der Tarif KGPlus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Tarifausprägung KGPlus habe es hauptberuflich
Selbständigen ermöglicht, Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung abzusichern. Die Leistungsausgaben
hätten die Prämieneinnahmen für die 266 Tarifwähler erheblich überschritten, weshalb sich eine ökonomische Aufstellung der
Tarifausprägung KGPlus nicht darstellen lasse. Um die Wirtschaftlichkeit des gesamten Krankengeld-Wahltarifs nicht zu gefährden,
sei deshalb die Schließung der Tarifausprägung KGPlus erforderlich geworden. Hierdurch werde der Kläger nicht schlechter gestellt
als andere Mitglieder mit Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche, da er weiterhin das gesetzlich maximal mögliche Krankengeld
aus der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze erhalte. Mit der Satzungsänderung für die freiwilligen Mitglieder werde auch
nicht in verfassungswidriger Weise in die Rechtsposition des Versicherten eingegriffen. In sozialversicherungsrechtlichen
Positionen sei von vornherein in gewissen Grenzen die Möglichkeit von Änderungen angelegt. Die Satzungsänderung verstoße auch
nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip, sie wirke allein für die Zukunft. Ein schützenswertes Vertrauen in die dauerhafte Aufrechterhaltung
der Satzungsregelung habe nicht entstehen können.
Dagegen richtet sich die am 07.10.2014 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Der Beklagten sei es verwehrt, einen rechtskräftig abgeschlossenen Vertrag aus lediglich wirtschaftlichen
Interessen zu beenden oder zu kündigen. Der Kläger habe auf den Fortbestand des Wahltarifs KGPlus vertraut und erfahre durch
dessen Einstellung eine Benachteiligung.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat das Ergebnis des Tarifcontrollings mit Stichtag 01.01.2014 über die angebotenen
Krankengeld-Wahltarife vorgelegt. Im Zeitraum 01.01. bis 31.12.2013 beliefen sich im Tarif KGPlus die Prämieneinnahmen auf
105.483,42 €, denen im gleichen Zeitraum Ausgaben für Krankengeld iHv 202.971,18 € gegenüber standen bei 266 Tarifteilnehmern
zum Stichtag.
Mit Urteil vom 23.06.2015 hat das SG die auf Weiterführung des Tarifs über den 30.06.2014 hinaus gerichtete Klage abgewiesen. Unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid
hat das SG ergänzend ausgeführt, §
44 Abs
2 Satz 1 Nr
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) schließe den Anspruch auf Krankengeld für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige grundsätzlich aus, ihnen müsse aber über
§
53 Abs
6 SGB V ein Wahltarif angeboten werden, aufgrund dessen sie einen Anspruch auf Krankengeld entsprechend §
46 Satz 1
SGB V oder zu einem späteren Zeitpunkt erlangen könnten. Die Verpflichtung zum Angebot eines Wahltarifs gelte neben der Option,
durch Wahlerklärung einen Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit zu erlangen (§§
44 Abs
2 Nr
2,
46 Satz 2
SGB V). Der Beitritt zu einem Wahltarif erfolge durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, ein Vertrag komme zwischen
dem Versicherten und der Krankenkasse nicht zustande. Der Wahltarif könne nur so lange beansprucht werden, wie hierfür eine
entsprechende Grundlage in der Satzung der Krankenkasse geschaffen worden sei. Durch die mit Wirkung vom 01.07.2014 beschlossene
Satzungsänderung sei die tatsächliche Grundlage für das Angebot des Wahltarifs KGPlus entfallen. Für die Einführung eines
Wahltarifs, der hauptberuflich Selbständigen bei Krankheit ermögliche, Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in
der Krankenversicherung abzusichern, habe keine gesetzliche Verpflichtung bestanden, es habe sich um eine freiwillig angebotene
Tarifoption gehandelt. Nach §
53 Abs
9 Satz 1
SGB V müssten die Aufwendungen für jeden Wahltarif jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen
auf Dauer finanziert werden. Ziel der Regelung sei, Quersubventionierungen auszuschließen, sowohl der Wahltarife untereinander
als auch der Wahltarife durch sonstige Einnahmen der Krankenkassen (unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs 16/3100
S 109). Vor dem Hintergrund, dass die Leistungsausgaben die Prämieneinnahmen weit überstiegen hätten, sei zur Vermeidung von
weiteren Quersubventionierungen zu Lasten der übrigen Versichertengemeinschaft die Einstellung der Tarifoption KGPlus geboten
gewesen. Aufgrund der anzustellenden Prognose und des der Beklagten eingeräumten Satzungsermessens sei die Einstellung des
optional angebotenen Wahltarifs mit Wirkung zum 01.07.2014 nicht zu beanstanden. Durch eine Bestandsschutzregelung sei ausreichend
sichergestellt, dass die zu diesem Zeitpunkt laufenden Leistungsfälle ausgeleistet würden.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 02.07.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.07.2015 eingelegte Berufung. Hinsichtlich
der Frage Vertrauensschutz und Willkürverbot sei von Bedeutung, dass die Beklagte ständig mit dem genannten Wahltarif geworben
habe, auch mit einem Flyer. Es habe keinerlei Einschränkungen gegeben. Dann sei es aber willkürlich, wenn wegen angeblicher
Nichtrentabilität der vorbehaltlos angepriesene Wahltarif quasi von einer Stunde auf die andere zurückgenommen werde. Die
Beklagte hätte dann darauf hinweisen müssen, dass ihr jederzeit bei Nichtrentabilität das Recht zustehe, den Wahltarif aufzukündigen.
Das Mitglied sei bei Einschreibung in den Krankengeld-Wahltarif 3 Jahre an die Mitgliedschaft bei der Beklagten gebunden.
Es widerspreche also zumindest Treu und Glauben, wenn man sich so verhalte wie die Beklagte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.06.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 30.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 18.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Krankengeldabsicherung des Kläger im Krankengeld-Wahltarif
KGPlus über den 30.06.2014 weiterzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes sei bei Wegfall der Satzungsregelung beachtet worden, da kein entwertender Eingriff in
die Rechte des Klägers erfolgt sei. Auch weiterhin könne der Kläger das gesetzlich maximal mögliche Krankengeld aus der monatlichen
Beitragsbemessungsgrenze erhalten. Zudem sei der Wahltarif nicht von einer Stunde auf die andere geschlossen worden. Es habe
einen Stichtag gegeben, an dem sich die Unrentabilität des Wahltarifs herausgestellt habe. Der Kläger habe zudem von dem Wahltarif
4 Jahre lang profitiert. Eine Beendigung des Tarifs kurz nach Tarifabschluss sei daher gerade nicht erfolgt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet über die Berufung nach §
153 Abs
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für
unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind im Erörterungstermin am 13.10.2015
auf die beabsichtigte Vorgehensweise hingewiesen worden.
Die form- und fristgerecht (§
151 Abs
1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§
143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 30.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 18.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass
der Wahltarif KGPlus zum 30.06.2014 geendet hat. Ein Anspruch des Klägers auf Fortführung dieses Tarifs besteht nicht.
Der vom Kläger ab 01.01.2010 gewählte Wahltarif ist wirksam zum 30.06.2014 beendet worden. Durch Entfall der Satzungsregelung
mit Wirkung zum 30.06.2014 endete der Wahltarif KGPlus ersatzlos. Die Satzungsänderung ist von der Aufsichtsbehörde genehmigt
und ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Eine vertragliche Bindung, die dem entgegenstehen könnte, liegt nicht vor. Der Beitritt
zu einem Wahltarif erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Krauskopf in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung
SGB V, §
53 RdNr 4; Dreher in [...]PK
SGB V, 2. Aufl 2012, §
53 RdNr 25; Nolte in Kasseler Kommentar,
SGB V, §
53 RdNr 4c). Ein Vertrag kommt zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse nicht zustande, der Versicherte kann vielmehr
durch Ausübung eines Gestaltungsrechts die Teilnahme am Wahltarif unmittelbar herbeiführen. Versicherten kann nur dann ein
Wahltarif nach §
53 SGB V angeboten werden, wenn eine entsprechende Grundlage in der Satzung der Krankenkasse geschaffen wurde (Krauskopf aaO, § 53
RdNr 5). Da die Grundlage des Wahltarifs KGPlus in der Satzung zum 01.07.2014 nicht mehr gegeben war, durfte die Beklagte
die Beendigung des Tarifs gegenüber dem Kläger feststellen. Für die vom Kläger beanspruchte Weiterführung des Tarifs KGPlus
gibt es für die Zeit ab 01.07.2014 aufgrund der Änderung der Satzung keinerlei rechtliche Grundlage mehr.
Die Krankenkassen sind als Versicherungsträger nach §
34 Abs
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) verpflichtet, sich eine Satzung zu geben. Die Satzung hat als autonomes Recht Bindungswirkung für die Versicherten. Die
Rechtsgültigkeit der Satzungsänderung in § 17m mit Wirkung zum 01.07.2014 ist im vorliegenden Verfahren inzident zu prüfen.
Insoweit hat der erkennende Senat keine Zweifel, dass die Beklagte berechtigt war, den Wahltarif KGPlus zum 01.07.2014 zu
beenden.
Dem Wegfall des Wahltarifs KGPlus steht zunächst nicht entgegen, dass eine Kündigung durch die Beklagte (außer für den Fall
von Beitragsrückständen des Versicherten) weder im Gesetz noch in der Satzung vorgesehen war. Einer solchen Regelung bedarf
es nicht, denn die Möglichkeit der einseitigen Beendigung freiwilliger Krankengeld-Wahltarife ergibt sich bereits aus dem
Gesetz, insbesondere aus §§ 59 Abs 9, Abs 6 Satz 2,
194 ff
SGB V. Bei dem Wahltarif KGPlus handelte es sich nicht um einen verpflichtend vorgesehenen Krankengeldtarif nach §
53 Abs
6 SGB VI, der dem gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld entspricht, sondern es wurde hierdurch ein über den gesetzlichen Krankengeldanspruch
hinausgehender monatlicher Zahlungsanspruch abgesichert. Handelte es sich bei dem Wahltarif KGPlus um ein freiwilliges Angebot
der Beklagten und war sie nicht verpflichtet, diesen Wahltarif anzubieten, kann sie einen solchen Wahltarif auch wieder beenden.
Grenzen ergeben sich insoweit lediglich aus dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot, das aus dem Rechtsstaatsprinzip
nach Art
20 Abs
3 Grundgesetz (
GG) hergeleitet wird. Das Verbot rückwirkender Gesetze ist auch im Bereich des autonom gesetzten Rechts, namentlich Satzungen,
anwendbar (BSG 19.02.2014, B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 35 Nr 79 RdNr 44). Eine Regelung mit echter Rückwirkung, die in der Vergangenheit liegende, abgeschlossene Zeiträume betrifft,
ist grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (ständige Rechtsprechung, vgl BVerfG 23.11.1999, 1 BVF 1/94, BVerfGE
101, 239; zu Ausnahmen vgl BVerfG 02.05.2012, 2 BVL 5/10, BVerfGE 131, 20). Eine derartige echte Rückwirkung liegt nicht vor, denn die Satzungsänderung gilt mit Wirkung für die Zukunft und greift
nicht in abgeschlossene Sachverhalte ein. Für eine unechte Rückwirkung, dh ein in der Vergangenheit begonnener, aber noch
nicht abgeschlossener Sachverhalt (tatbestandliche Rückanknüpfung), gelten weniger strenge Beschränkungen (vgl BVerfG 05.20.2004,
2 BVR 2029/01, BVerfGE 109, 133). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht allerdings nicht soweit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner
Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der
Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (BVerfG 07.12.2010, 1 BvR 2628/07, BVerfGE 128, 90 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23).
Im konkreten Fall liegt noch nicht einmal eine unechte Rückwirkung vor. Krankengeld wird jeweils abschnittsweise bewilligt,
bei jeder Neubewilligung sind die Anspruchsvoraussetzungen erneut zu prüfen (ständige Rechtsprechung vgl BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12). Eine einmal erfolgte Bewilligung vermag weder in ihrem Verfügungssatz noch in den ihr zugrundeliegenden Feststellungen
eine über den im Bescheid geregelten Zeitraum hinausgehende Rechtsposition zu begründen. Ein Recht, das durch den Vertrauensschutzgrundsatz
gegen seine nachträgliche Entwertung hätte geschützt werden können, entstand daher frühestens mit der jeweiligen Neu- oder
Weiterbewilligung von Krankengeld. Dieses Vertrauen ist jedoch durch die Übergangsregelung in § 17m Abs 18 der Satzung geschützt.
Denn denjenigen Versicherten, die bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits Krankengeld nach dem Tarif KGPlus bezogen haben,
wird das erhöhte Krankengeld bis zum Ende der laufenden Arbeitsunfähigkeit (höchstens 78 Wochen) weitergezahlt. Eine unabhängig
vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt -
in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein geschütztes
Recht, denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (BVerfG 07.12.2010,
aaO zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe).
Im Übrigen hat der Gesetzgeber selbst mit §
319 SGB V (eingefügt mit Gesetz vom 17.07.2009, BGBl I 1990, in Kraft getreten mit Wirkung vom 01.08.2009) kurzfristig sämtliche Wahltarife
auf der Grundlage von §
53 Abs
6 SGB V aF zum 31.07.2009 enden lassen mit einer Übergangsregelung in Abs 2 nur für Versicherte, die bereits am 31.07.2009 Leistungen
aus dem Wahltarif bezogen haben.
Soweit der Kläger einwendet, er habe immer die Zusatzbeiträge entsprechend dem Wahltarif KGPlus gezahlt, erhalte hierfür nunmehr
jedoch keine Leistung, ist dies zutreffend. Es entspricht jedoch dem Wesen einer Versicherung, dass die Beiträge verloren
sind, wenn der versicherte Leistungsfall nicht eintritt. Der Beendigung des streitigen Wahltarifs - mit der Folge des Wegfalls
der Zusatzbeiträge - steht dieser Gesichtspunkt nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG) liegen nicht vor.