Reformatio in peius bei Beschwerden im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist im Ergebnis unbegründet, da die Beklagte ihr überhaupt keine außergerichtlichen
Kosten zu erstatten hat.
Nach §
193 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in der Fassung von Art 6 Nr. 2 des Gesetzes vom 24.07.2003 (BGBl I S. 1526) entscheidet das Sozialgericht (SG), wenn das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil oder Gerichtsbescheid beendet worden ist, auf Antrag durch Beschluss,
ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten zu erstatten haben. Die Entscheidung über die Kostentragung
steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Wird gegen eine Kostenentscheidung des SG Beschwerde eingelegt, hat das Landessozialgericht (LSG) nicht nur die Kostenentscheidung des SG auf Ermessensfehler hin zu überprüfen, sondern eine eigene Entscheidung zu treffen (vgl HessLSG Breith 1993, 606, 607; aA LSG Niedersachsen SGb 1997, 642). Die Aussage, dass die Kostenentscheidung im Ermessen des Gerichts steht, soll nur verdeutlichen, dass die Entscheidung
nicht durch zwingende gesetzliche Bestimmungen vorgegeben ist. Damit soll aber nicht dem SG ein Entscheidungsspielraum eingeräumt werden, der durch das LSG nur eingeschränkt nachprüfbar ist. Das Gericht kann auch
bestimmen, dass nur ein Teil der Kosten z.B. die Kosten des Vorverfahrens, nicht aber die Kosten des Klageverfahrens zu erstatten
sind.
Das hat zur Folge, dass die Kostenentscheidung in der Rechtsmittelinstanz in vollem Umfang überprüfbar ist, der Grundsatz
der reformatio in peius gilt nicht (vgl. Meyer-Ladewig Kommentar zum
SGG, 7. Aufl. 2002, §
193 RdNr. 16 f.). Der Senat konnte daher die angefochtene Kostenentscheidung auch insoweit abändern, als der Beklagten Kosten
auferlegt worden sind.
Tritt, wie vorliegend, eine Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Klägers ein, ist das Veranlassungsprinzip heranzuziehen
(vgl. Meyer-Ladewig aaO. § 193 RdNr. 12 c). Wenn ein Verwaltungsträger der Veränderung unverzüglich Rechnung trägt, z.B. anerkennt,
ist eine Kostenerstattung i.d.R. nicht billig (Rechtsgedanke des §
93 ZPO).
Ausgehend davon ist es nicht billig, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Klägerin (auch zur Hälfte) zu erstatten
hat. Sie hat der Änderungen der Sachlage (jetzt Ptosis III. Grades), dokumentiert durch das Gutachten von Prof. Dr. Bernau,
sofort Rechnung getragen und ein Anerkenntnis abgegeben, dass die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Brustverkleinerung
jetzt vorlägen. Dieses führte zur Erledigung des Verfahrens S 4 KR 4425/03. Nach ständiger Rechtsprechung muss sie dann keine außergerichtlichen Kosten tragen (vgl. Meyer-Ladewig aaO. § 193 RdNr.
13a). Denn die Beklagte hat keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben, lediglich die Änderung der Sachlage hat dazu geführt,
dass die Klage im Ergebnis erfolgreich war.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 Abs.
1 SGG. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).