Freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, Berücksichtigung von Einnahmen des Ehegatten, Zulässigkeit
einer endgültigen Beitragsfestsetzung nach vorläufiger Regelung
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 1. Januar 2002 bis 31. Dezember
2003, insbesondere unter Berücksichtigung des Einkommens des Ehemanns der Klägerin.
Die 1944 geborene Klägerin war bis 31. Dezember 2001 aufgrund einer Beschäftigung in der Arztpraxis ihres Ehemannes bei den
Beklagten pflichtversichert. Von 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 war sie bei der Beklagten zu 1 (Krankenkasse) freiwillig
versichert und deswegen auch bei der Beklagten zu 2 (Pflegekasse) versichert. In ihrem Antrag zur freiwilligen Versicherung
wies die Klägerin darauf hin, dass die Berufsunfähigkeit ihres Ehemannes von der Ärzteversorgung T. noch nicht anerkannt worden
sei und sie deswegen keine Angaben zu dessen Vorsorgungsbezügen machen könne. Die Einkünfte ihres Ehemanns gab sie mit jährlich
45.600,00 EUR aus Versorgungsbezügen, monatlich 1.100,00 EUR negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie jährlich
2.490,00 EUR aus Kapitalerträgen an.
Mit Bescheid vom 4. Februar 2002 setzte die Beklagte zu 1 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vorläufig auf insgesamt
203,74 EUR fest. Mit weiterem Bescheid vom 27. Februar 2002 setzte sie die Beiträge ab 1. April 2002 vorläufig auf 185,62
EUR für die Kranken- und 25,66 EUR für die Pflegeversicherung, damit insgesamt auf 211,28 EUR fest. Man habe die Beiträge
nach den vorliegenden Unterlagen vorläufig berechnet und benötige für die endgültige Festlegung des Beitrags amtliche Nachweise
in Form von Einkommensteuerbescheiden bzw. Einkommensteuervorauszahlungsbescheiden.
Nachdem die Klägerin in der Folgezeit die angeforderten Nachweise nicht vorgelegt hatte, holte die Beklagte zu 1 eine Bescheinigung
des Finanzamts N. über die Bruttoeinkünfte der Klägerin und ihres Ehemannes im Jahr 2002 ein. Die Bescheinigung nahm Bezug
auf den Einkommensteuerbescheid vom 24. November 2004 und wies Einkünfte der Ehegatten wie folgt aus:
Ehemann Ehefrau
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit/Gewerbetrieb 121.180 EUR
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - 614 EUR
Einkünfte aus Kapitalvermögen 7.844 EUR 1.304 EUR
Sonstige Einkünfte 4.110 EUR
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 nahm die Beklagte zu 1 eine endgültige Beitragseinstufung für die Zeit vom 1. Januar 2002
bis 31. Dezember 2003 vor. Entsprechend § 10 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe d ihrer Satzung (Stand Januar 2002, AS 9 ff. der Akte
des Sozialgerichts) ging die Beklagte zu 1 von jährlichen Einkünften des Ehemannes der Klägerin in Höhe von 133.134,00 EUR
(monatlich 11.094,50 EUR) aus und zog hiervon einen Kinderfreibetrag in Höhe von 1/3 der monatlichen Bezugsgröße (= 781,67
EUR im Jahr 2002) ab, was einen Betrag in Höhe von 10.312,83 EUR ergab. Die Hälfte hiervon (5.156,42 EUR) überschritt die
Beitragsbemessungsgrenze von 3.375,00 EUR, so dass diese maßgeblich war. Ab dem 1. Januar 2003 wurde aufgrund einer Satzungsänderung
(Satzung vom April 2003, AS 24 ff. der Akte des Sozialgerichts) das zu berücksichtigende Einkommen des Ehegatten auf die Beitragsbemessungsgrenze
(3.345,00 EUR) begrenzt. Somit ergab sich nach Abzug des Kinderfreibetrages (2003 = 793,33 EUR) ein Beitrag in Höhe von insgesamt
258,74 EUR und vom 1. April bis 31. Dezember 2003 in Höhe von insgesamt 274,28 EUR. Damit ergaben sich folgende Beiträge:
Zeit vom 1. Januar bis Zeit vom 1. April bis
31. März 2002: 31. August 2002:
Krankenversicherung: 398,26 EUR Krankenversicherung: 415,12 EUR
Pflegeversicherung 57,38 EUR Pflegeversicherung 57,38 EUR
Insgesamt 455,64 EUR Insgesamt 472,50 EUR
Zeit vom 1. September bis Zeit vom 1. Januar bis
31. Dezember 2002: 31. März 2002:
Krankenversicherung: 448,88 EUR Krankenversicherung: 229,42 EUR
Pflegeversicherung 57,38 EUR Pflegeversicherung 29,32 EUR
Insgesamt 506,26 EUR Insgesamt 258,74 EUR
Zeit vom 1. April bis
31. Dezember 2002:
Krankenversicherung: 244,96 EUR
Pflegeversicherung 29,32 EUR
Insgesamt 274,28 EUR
Der Nachzahlungsbetrag betrug insgesamt 3.587,28 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid (AS 27 der Verwaltungsakte
der Beklagten zu 1) Bezug genommen.
Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch und machte geltend, in den genannten Einkünften für 2002 sei der Veräußerungsgewinn
der Praxis des Ehemannes mit einer Summe von 87.976 EUR enthalten. Dieser sei eine außerordentliche, einmalige Einnahme. Als
Berechnungsgrundlage verbleibe somit ein Betrag von 45.158 EUR, nach Abzug des Kinderfreibetrages ergebe sich eine monatliche
Einnahme von 2.981,50 EUR, wovon die Hälfte 1.490,75 EUR betrage. Für das Jahr 2003 seien unrichtigerweise die Einnahmen von
2002 zugrunde gelegt worden.
Nach Einholung weiterer Auskünfte des Finanzamtes N. über die Bruttoeinkünfte der Klägerin und ihres Ehemannes in den Jahren
1995 bis 2001 wiesen die Beklagten - "Widerspruchsausschuss der Kranken- und Pflegekasse" - den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 1. September 2005 zurück. Die Festsetzung sei zu Recht nach der Satzung erfolgt. Maßgeblich sei der jeweils letzte Einkommenssteuerbescheid.
Der zuletzt vor dem fraglichen Zeitraum erlassene Einkommenssteuerbescheid sei der für das Jahr 1997 vom 21. November 2000
gewesen. Hiernach habe der Ehegatte der Klägerin Jahreseinkünfte in Höhe von 220.861,73 EUR erzielt und auch sonst habe er
regelmäßig Einkünfte zwischen rund 350.000 DM und 475.000 DM jährlich gehabt. Daher könne auch die Frage zur Berücksichtigung
des Veräußerungsgewinns unbeantwortet bleiben. Ein Abzug der Verluste aus Vermietung und Verpachtung und den Verlusten aus
Kapitalvermögen scheide aus, da ein Verlustausgleich verschiedener Einkunftsarten nicht zulässig sei. Mithin ergebe sich nach
Abzug des Kinderfreibetrages für ein Kind ein monatliches Einkommen in Höhe von 17.623,48 EUR, das hälftig in Höhe von 8.811,74
EUR der Beitragsberechnung zugrunde zu legen sei. Ab dem 1. Januar 2003 sei das durchschnittliche monatliche Einkommen des
Ehegatten der Klägerin auf die Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 3.450 EUR zu begrenzen, so dass nur noch ein (bereits
halbiertes) Einkommen in Höhe von 1.725 EUR bei der Beitragsermittlung zu berücksichtigen sei.
Die Klägerin hat hiergegen am 29. September 2005 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Heranziehung von Ehegatteneinkommen bei der Beitragsbemessung freiwilliger
Mitglieder als Ausnahme vom Grundsatz, dass nur eigene Einnahmen beitragspflichtig seien, bedürfe einer klaren satzungsrechtlichen
Grundlage, an der es hier fehle. Nach der Satzung der Beklagten werde das Einkommen des Ehegatten bei der Beitragsbemessung
nicht berücksichtigt, wenn dieser "bei einer Krankenkasse versichert" sei. Der Ehemann der Klägerin sei in einer privaten
Krankenkasse versichert. Eine Versicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse setze die Satzung nicht voraus. Für eine solche
Differenzierung gebe es auch keinen sachgerechten Gesichtspunkt. Das Einkommen des Ehemannes sei daher nicht zu berücksichtigen.
Die Beklagte zu 1 hat hingegen angegeben, es sei hinreichend deutlich, dass der Begriff "Krankenkasse" nur die gesetzliche
Krankenkasse meine, da anderenfalls der Begriff "Krankenversicherung" zur Verwendung gekommen wäre.
Mit Urteil vom 24. Juli 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beitragsbemessung entspreche der Satzung, die auch rechtmäßig sei. Insbesondere sei die fragliche
Satzungsregelung hinreichend klar und meine nur eine Versicherung des Ehegatten bei einer gesetzlichen Krankenkasse. Maßgeblich
seien die zeitnah zu den Beitragsjahren 2002 und 2003 vorliegenden Einkommensteuerbescheide, damit der Steuerbescheid für
das Jahr 1997 vom 21. November 2000. Die mit Bescheiden vom 4. und 27. Februar 2002 getroffenen Regelungen stünden der rückwirkenden
Festsetzung in den angefochtenen Bescheiden nicht entgegen, da es sich nur um vorläufige Regelungen handle. Ob diese rechtmäßig
erlassen worden seien, sei unerheblich, denn die Bescheide seien bestandskräftig geworden.
Die Klägerin hat gegen das Urteil am 8. August 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Beklagte zu 1 hätte
den Beitrag nicht vorläufig regeln dürfen, der Vorbehalt sei rechtswidrig und die Beiträge seien daher bereits mit den Bescheiden
vom 4. und vom 27. Februar 2002 "rechtskräftig" (gemeint: bestandskräftig) festgestellt worden. Außerdem sei die Satzungsbestimmung
im Hinblick auf die Heranziehung von Ehegatteneinkommen nicht ausreichend klar.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2008 und den Bescheid der Beklagten zu 1 vom 15. Dezember 2004 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2005 sowie den Bescheid vom 9. Dezember 2008 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 9. Dezember 2008 zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Oktober 2008 die Pflegekasse zum Verfahren beigeladen.
Auf Aufforderung des Senats hat die Klägerin den Einkommensteuerbescheid für 2003, erlassen am 18. April 2007, vorgelegt.
Dieser weist für den Ehemann der Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 3.405,00 EUR, aus Vermietung und Verpachtung
in Höhe von - 11.881,00 EUR sowie aus Leibrenten in Höhe von 4.330,00 EUR (Ertragsanteile aus 48.146,00 EUR bzw. 4.963,00
EUR) aus. Wegen der Einzelheiten wird auf AS 19 der Senatsakten Bezug genommen.
Die Beklage zu 2 hat in der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2008 mit mündlichem Bescheid den Beitrag zur Pflegeversicherung
vom 1. Januar bis 31. Dezember 2002 auf 57,38 EUR und vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 auf 29,32 EUR festgesetzt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter
Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten zu 1 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist begründet, soweit die Beklagte zu 1 im Bescheid vom 15. Dezember 2004 auch die Beiträge
für die Pflegeversicherung festgesetzt hat, im Übrigen ist sie unbegründet. Das SG hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 15. Dezember 2004 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten. Der Bescheid vom 9. Dezember 2008 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren
Rechten.
Die Klage gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2004 ist in der Fassung, wie sie in der Berufung erhoben worden ist, zulässigerweise
als Anfechtungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1
SGG) erhoben worden. Denn mit der Aufhebung des Bescheides der Beklagten zu 1 vom 15. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 1. September 2005 würde der streitige Beitrag allein und - da nach der Rechtsansicht der Klägerin der Vorbehalt rechtswidrig
und unbeachtlich ist - auch endgültig durch den Bescheid vom 27. Februar 2002 geregelt werden. Gleiches gilt für die Klage
gegen den Bescheid der Beklagten zu 2 vom 9. Dezember 2008.
Der Bescheid vom 9. Dezember 2008 ist nach §
96 Abs.
1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Klägerin wendet sich hiergegen mit Klage. Passivlegitimiert ist damit auch die im
Berufungsverfahren beigeladene Pflegekasse (Beklagte zu 2). Insoweit ist das Rubrum, nach einem entsprechenden Hinweis an
die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, von Amts wegen berichtigt worden.
Der Bescheid vom 9. Dezember 2008 trägt dem Umstand Rechnung, dass die Krankenkasse nach der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(s. das Urteil vom 12. November 2008, B 12 P 1/08 R; bisher nur im Terminsbericht vom 13. November 2008 vorliegend) nicht berechtigt ist, auch den Beitrag zur Pflegeversicherung
festzusetzen. In der Tat fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage. Für die Durchführung der Pflegeversicherung ist die Pflegekasse
zuständig, die bei der Krankenkasse errichtet ist, bei der eine Pflicht- oder freiwillige Mitgliedschaft besteht (§
48 Abs.
1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB XI). Dies gilt auch für die Beitragsfestsetzung. Denkbar wäre zwar ein Auftragsverhältnis nach § 88 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Unabhängig davon, dass fraglich ist, ob die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGB X überhaupt vorliegen, fehlt es am Nachweis eines Auftrages, der als öffentlich-rechtlicher Vertrag nach § 56 SGB X der Schriftform bedarf (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 88 RdNr. 5). Der Bescheid vom 15. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2005 war daher insoweit
aufzuheben, als darin Beiträge zur Pflegeversicherung festgesetzt worden sind.
An die Stelle des aufgehobenen Teils des Bescheides vom 15. Dezember 2004 ist der Bescheid vom 9. Dezember 2008 getreten.
Damit ist die Festsetzung von Beiträgen zur Kranken- und zur Pflegeversicherung wieder vollständig vorgenommen worden. Da
sie damit auch durch den zuständigen Sozialversicherungsträger erfolgt ist, ist sie formell rechtmäßig. Der nachträglichen
Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung steht auch nicht entgegen, dass diese zwischenzeitlich verjährt sind. Denn
der - insoweit erst durch das Urteil des Senats aufgehobene - Bescheid vom 15. Dezember 2004 hemmt die Verjährung weiterhin
(§ 52 Abs. 1 SGB X).
Rechtsgrundlage für die hier streitige Beitragsfestsetzung sind §
240 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), §
57 Abs.
4 Satz 1
SGB XI in Verbindung mit der Satzung der Beklagten zu 1 sowie der hierauf Bezug nehmenden Satzung der Beklagten zu 2.
Maßgeblich für das Beitragsjahr 2002 ist der Passus in § 10 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d der Satzung der Beklagten zu 1, der bestimmt:
"Bei freiwillig versicherten Ehegatten ... ohne eigene Einnahmen ist für die Ermittlung der beitragspflichtigen Einnahmen
von den Bruttoeinnahmen des anderen Ehegatten ... auszugehen. Soweit keine Kinder im Sinne von Satz 5 vorhanden sind, gilt
als beitragspflichtige Einnahme der kalendertägliche Teil der Hälfte der Bruttoeinnahmen des Ehegatten ... Verfügt der freiwillig
versicherte Ehegatte ... über eigene Einnahmen, werden diese, mindestens aber die Hälfte der Bruttoeinnahmen des Ehegatten
... als beitragspflichtige Einnahmen festgesetzt. Ist der Ehegatte ... des freiwilligen Mitglieds bei einer Krankenkasse versichert,
bleiben dessen Einnahmen unberücksichtigt. Bei gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindern ohne eigene Einnahmen, die in der
gesetzlichen Krankenversicherung nicht familienversichert sind, ist von den monatlichen Bruttoeinnahmen des Ehegatten oder
Lebenspartners je Kind ein Betrag in Höhe von 1/3 der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen."
Für das Jahr 2003 unterscheidet sich die neu gefasste Satzungsbestimmung allein dadurch, dass die Einkünfte des Ehegatten,
die hälftig berücksichtigt werden, nur bis zur Höhe der Beitragsberechnungsgrenze Berücksichtigung finden.
Der Beitrag zur Pflegekasse bestimmt sich nach § 8 Abs. 1 der Satzung der Beklagten zu 2. Danach gilt für die Bemessung der
Beiträge freiwilliger Mitglieder § 10 der Satzung der Krankenkasse.
Die Satzungsbestimmung der Beklagten zu 1 ist rechtmäßig. Sie entspricht §
240 Abs.
1 SGB V, wonach bei der der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder in der Satzung sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung
die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt. Dabei ist es zulässig, bei freiwilligen Mitgliedern
auch die höheren Einnahmen des nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Ehegatten heranzuziehen und zwar
auch dann, wenn der freiwillig Versicherte eigene Einnahmen hat (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 1990, 12 RK 11/89, SozR 3-2200 § 180 Nr. 2; BSG, Urteil vom 29. Juni 1993, 12 RK 92/92, BSG SozR 3-2500 § 240 Nr. 15; BSG, Urteil vom 26. März 1996 - 12 RK 5/95, SozR 3-2500 § 5 Nr. 26; BSG, Urteil vom 24. April 2002, B 7/1 A 1/00 R, SozR 3-2500 § 240 Nr. 42).
Die Begrenzung der (zur Hälfte) berücksichtigten Einkünfte des Ehegatten nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze, wie sie die
Satzung für 2003, aber noch nicht für 2002 vorsah, ist zwar möglich, aber rechtlich nicht geboten. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
im Sinne des §
240 Abs.
1 Satz 2
SGB V wird durch die gesamten Einkünfte ihres Ehegatten geprägt, die hier im Fall der Klägerin auch um ein Vielfaches höher sind,
als ihre eigenen. In einer solchen Konstellation haben freiwillig Versicherte ihre Beiträge aus dem ihr unterhaltsrechtlich
zustehenden, grundsätzlich hälftigen Anteil am Gesamteinkommen der Eheleute zu erbringen (so auch LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 16. Januar 2007, L 11 KR 64/06; Revision anhängig: B 12 KR 23/07 R). Das Gesamteinkommen steht den Ehegatten wirtschaftlich auch insoweit zur Verfügung, als es die Beitragsbemessungsgrenze
übersteigt. Daher kann die Klägerin für das Jahr 2002 zwar die Begrenzung durch die Beitragsbemessungsgrenze nach §
223 Abs.
3 Satz 1
SGB V für sich beanspruchen, nicht bereits eine vorherige Begrenzung des ihr zugerechneten Anteils am Einkommen ihres Ehegatten,
wie es erst die Satzung für 2003 vorsieht. Dass eine solche Begrenzung rechtlich nicht zwingend zu fordern ist, folgt auch
aus dem Urteil des BSG vom 24. April 2002, aaO., wo die Frage einer Begrenzung des zu berücksichtigenden Ehegatteneinkommens
auf die Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze aufsichtsrechtlich angegriffen, diese Möglichkeit vom BSG aber letztlich für zulässig
erachtet worden ist. Daraus folgt im Gegenschluss, dass eine Regelung, die eine solche Begrenzung nicht vorsieht, erst recht
möglich ist.
Nach der Rechtsprechung des BSG setzt die Berücksichtigung der Einnahmen des Ehegatten des Versicherten des Weiteren eine
konkretisierende Satzungsregelung voraus (BSG, Urteil vom 22. Mai 2003, B 12 KR 12/02 R, SozR 4-2500 § 240 Nr. 1). Diese Anforderungen erfüllt die Regelung in § 10 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe d der Satzung der Beklagten
zu 1. Die Regelung, wonach Einnahmen des Ehegatten unberücksichtigt bleiben, wenn dieser "bei einer Krankenkasse versichert"
ist, ist hinreichend klar. Der Begriff der "Krankenkasse" ist in §
4 Abs.
1 SGB V definiert und bezieht sich dort ausschließlich auf die Krankenkasse der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Allein in
diesem Sinne wird er auch im übrigen
SGB V verwendet. Die Satzungsbestimmung meint damit nur Krankenkasse der GKV. Dies ist auch das nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift
allein denkbare Verständnis. Denn hierdurch soll Einkommen des Ehegatten, das der Solidargemeinschaft der GKV bereits aufgrund
einer eigenen Beitragsleistung des Ehegatten zur Verfügung steht, kein zweites mal zur Beitragsbemessung herangezogen werden.
Bei einer "bloßen" privaten Krankenversicherung, deren Inhalt vollständig unbestimmt ist (etwa nur eine private "Zusatzversicherung")
und deren Beitraghöhe üblicherweise auch nicht vom Einkommen abhängt, liegt keine vergleichbare Interessenlage vor. Da der
Ehemann der Klägerin kein Mitglied einer Krankenkasse der GKV ist, durften die Beklagten sein Einkommen heranziehen.
Die Beklagten haben auf der Grundlage der Satzungsbestimmungen die Beiträge für 2002 und 2003 auch zutreffend berechnet.
Ob bei der hier vorliegenden Fallkonstellation eine Beitragsfestsetzung durch einstweiligen Verwaltungsakt zulässig war, ist
zwar zweifelhaft. Das BSG hat dies (vgl. Urteil vom 22. März 2006, aaO.; BSG, Beschluss vom 1. August 2007, B 12 KR 34/07 B, juris) bei hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwillig Versicherten bejaht, wenn diese mit Beginn der freiwilligen
Mitgliedschaft ihre selbstständige Tätigkeit aufgenommen haben und deshalb der Nachweis über die Einnahmen i. S. des §
240 Abs.
4 Satz 2
SGB V für die endgültige Beitragsfestsetzung noch nicht erbracht werden können. Dass dies auch für die Einkünfte des selbstständigen
Ehegatten des freiwillig Versicherten gelten soll, wenn der Ehegatte seine selbstständige Tätigkeit schon lange ausübt oder
- wie hier - sogar beendet, ist eher nicht anzunehmen. Die Frage kann letztlich aber offen gelassen werden. Denn die vorläufigen
Bescheide sind bestandskräftig (§
77 SGG) geworden. Sie gestalten damit die Rechtslage zwischen den Beteiligten verbindlich, so dass die Beklagten berechtigt waren,
die vorläufige Festsetzung durch eine endgültige Betragsfestsetzung zu ersetzen.
Maßgeblich für das Jahr 2002 ist der für dieses Jahr ergangene Einkommensteuerbescheid vom 24. November 2004, der immerhin
zum Zeitpunkt des Erlasses des hier angefochtenen Bescheides vorlag. Die dortigen positiven Einkünfte in Höhe von insgesamt
133.134,00 EUR sind zu berücksichtigendes Einkommen. Daran ändert sich auch nichts, weil es sich möglicherweise teilweise
um einmalige Einkünfte in Folge der Auflösung der Arztpraxis gehandelt hat, denn das Beitragsrecht der GKV knüpft an die Gewinnermittlungsvorschriften
des Steuerrechts an (§ 15 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch). Auch solche einmaligen Einkünfte, die bei gewerblich oder
selbstständig Tätigen nicht unüblich sind, unterliegen der Beitragserhebung. Sie haben auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
der Klägerin, die nach §
240 Abs.
1 Satz 2
SGB V vollständig erfasst werden muss, bestimmt. Geht man von diesem Einkommensteuerbescheid aus, läge die Klägerin ebenfalls über
der Beitragsbemessungsgrenze. Für die Einzelheiten Berechnung verweist der Senat auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid
(§
153 Abs.
1, §
126 Abs.
3 SGG).
Einkommensänderungen für das Jahr 2003, die zu einem niedrigeren Beitrag für dieses Jahr führen, liegen nicht vor. Nach dem
Einkommensteuerbescheid vom 18. April 2007 für das Jahr 2003 wären die dortigen Einkünfte des Ehegatten der Klägerin aus Leibrenten
mit dem Zahl- und nicht dem Ertragsanteil zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2001, B 12 KR 5/01 R, SozR 3-2500 § 240 Nr. 40; Urteil vom 21. September 2005, B 12 KR 12/04 R). Die in der Einkommenserklärung angegebenen Verluste aus der Einkommensart Vermietung und Verpachtung wären nicht beitragsmindernd
zu berücksichtigen, denn bei der Beitragsbemessung der freiwillig Versicherten der GKV ist ein vertikaler Verlustausgleich
zwischen den verschiedenen Einkommensarten und damit hier die Saldierung von Kapitaleinkünften mit negativen Einkünften aus
Vermietung ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 9. August 2006, B 12 KR 8/06 R, SozR 4-2500 § 240 Nr. 8). Allein die Einkünfte aus den Leibrenten in Höhe von 53.109,00 EUR (48.146,00 EUR + 4.963,00 EUR)
ergeben monatlich 4.425,75 EUR, nach Abzug des Kinderfreibetrags von 793,33 EUR verbleiben 3.632,42 EUR, die der Klägerin
in Höhe der Hälfte, also von 1.816,21 EUR anzurechnen sind, was ebenfalls noch über der Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze
für 2003 (1.725,00 EUR) liegt.
Im Übrigen ist die Beitragsberechnung, die - wie dargelegt - jeweils dazu führt, dass die Beitragsbemessungsgrenze erreicht
wird, im Einzelnen nicht angegriffen worden. Fehler sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Die Bescheide vom 4. und 27. Februar 2002 stehen der endgültigen Festsetzung im angefochtenen Bescheid nicht entgegen. Sie
enthalten keine endgültige Regelung, die nur nach den §§ 44 ff. SGB X abgeändert werden dürfte. Vielmehr regelten die genannten Bescheide die Beitragshöhe ausdrücklich nur vorläufig durch einstweiligen
Verwaltungsakt und entfalteten keine Bindungswirkung in Bezug auf die mit den hier angefochtenen Bescheiden erfolgte endgültige
Regelung der Beitragshöhe. Mit ihrem Erlass erledigt sich die vorläufigen Regelung im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2006, B 12 KR 14/05 R, SozR 4-2500 § 240 Nr. 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin zwar formal, aber letztlich wirtschaftlich gesehen ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wird zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG erfüllt sind. Die Frage, ob eine Kranken- bzw. Pflegekasse auch bei unklaren Einkünften des Ehemannes der Versicherten den
Beitrag vorläufig festsetzen kann und allein wegen der Bestandskraft des vorläufigen Beitragsbescheides von dem Vorbehalt
Gebrauch machen kann, hat grundsätzliche Bedeutung.