Anspruch auf Zugang zur KVdR für nachversicherte Beamte
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten wegen der Aufnahme des Klägers in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Der 1941 geborene Kläger begann 1956 zunächst eine Ausbildung zum Maurer, die er 1959 mit Erfolg abschloss und war danach
noch 1 Jahr im erlernten Beruf tätig. Von 1960 bis 1975 war er Zeitsoldat bei der Bundeswehr und schied freiwillig mit dem
Dienstgrad eines Oberfeldwebels aus. Im gleichen Jahr trat er als Assistentenanwärter in den Vollzugsdienst bei der Justizvollzugsanstalt
R. ein und war zuletzt bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung am 28. April 1998 als Hauptsekretär u.a. in der Kantine beschäftigt.
Mit Wirkung zum 1. August 1999 wurde er wegen Dienstunfähigkeit (Stoffwechselerkrankung) in den Ruhestand versetzt. Sein Einkommen
als Ruhestandsbeamter betrug zuletzt 4.545,75 DM (= 2.324,20 EUR).
Mit Urteil vom 24. September 1998 wurde er vom Amtsgericht Bonn wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt,
die zur Bewährung ausgesetzt wurde, nachdem er eine von ihm organisierte Reise für Mitarbeiter aus dem Strafvollzug mit einem
nicht gedeckten Scheck über 55.621,22 DM bezahlt hatte, die Reise aber ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Mit Urteil des Amtsgerichts
Tübingen vom 24. August 1999 wurde er ferner wegen 22 Vergehen der Untreue sowie 3 Vergehen des Betruges unter Einbeziehung
des Urteils des Amtsgerichts Bonn zunächst zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt, der hauptsächlich hauptsächlich
zugrunde lag, dass er in 22 Fällen für in der Kantine angebotene Zusatzleistungen für nicht alkoholische Getränke und Brötchen
die von ihm eingenommenen Geldbeträge für eigene private Zwecke verbraucht hatte (Schaden in Höhe von insgesamt 12.737,52
DM) und bei einem Tabakwarenhändler Zigaretten im Wert von insgesamt 750,-- DM kaufte, die Waren aber nicht bezahlte. Auf
die gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegte Berufung änderte das Landgericht Tübingen mit Urteil vom 1. Dezember 1999
den Rechtsfolgenanspruch dahingehend ab, dass der Kläger unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts
Bonn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten zur Bewährung verurteilt wurde. Bei der Strafzumessung wurde u.a. berücksichtigt,
dass keine Wiederholungsgefahr bestand, der Kläger sich um Schadenswiedergutmachung bemüht habe und er aufgrund seines Alters
und seines angegriffenen Gesundheitszustands besonders strafempfindlich sei. Auch werde bereits sein Gehalt bzw. sein Ruhegehalt
gekürzt.
Wegen der den strafgerichtlichen Urteilen zugrundeliegenden Vorwürfen wurde ein förmliches Disziplinarverfahren gegen den
Kläger eingeleitet und ihm mit Urteil vom 25. April 2001 das Ruhegehalt aberkannt, da er ein einheitlich zu bewertendes Dienstvergehen
begangen habe, welches enge Bezüge zum Dienst aufweise und sich insgesamt um fast 69.000,-- DM bereichert habe. Die Berufung
dagegen blieb erfolglos (Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. September 2001).
Seine Rente beträgt nunmehr 1049,54 EUR (Altersrente für schwerbehinderte Menschen, Bescheid vom 5. Dezember 2001).
Spätestens seit 1995 ist der Kläger nicht mehr privat krankenversichert, die Versicherung hat der Versicherer wegen Beitragsrückständen
beendet.
Am 17. Oktober 2001 beantragte er bei der Beklagten die Aufnahme in die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2002 lehnte die Beklagte den
Antrag ab. Seine hiergegen eingelegte Klage wurde durch Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. November 2003
(Az. S 5 KR 3060/02) mit der Begründung abgewiesen, die Nachversicherung betreffe nur die gesetzliche Rentenversicherung, nicht aber den Status
in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Vorschrift begegne keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Nachteile, die
einem ehemaligen Beamten in hohem Lebensalter durch den Entzug der Beamtenrechte entstünden, nach den Vorschriften des Beamtenrechtes
ausgeglichen werden müssten. Die dagegen eingelegte Berufung (L 11 KR 5068/03) wurde zurückgenommen, wobei sich das Rücknahmeschreiben mit einer erfolgten PKH-Bewilligung kreuzte (L 11 KR 5104/03 PKH-A).
Am 11. Mai 2004 beantragte der Kläger deswegen die Überprüfung der Entscheidung der Beklagten, da die Rechtsfrage bislang
höchstrichterlich nicht entschieden sei und er bei einer Gleichstellung der Beschäftigungszeiten als Beamter in die KVdR aufgenommen
werden müsste.
Den Antrag lehnte die Beklagte erneut mit Bescheid vom 22. Juni 2004 mit der Begründung ab, der nachträgliche Statusentzug
als Beamter/Pensionär ändere nichts am Fehlen der für die Aufnahme in die KVdR notwendigen Vorversicherungszeiten. Eine Regelung,
dass Zeiten der Beamteneigenschaft den Pflichtversicherungszeiten gleichzusetzen sei, gebe es nicht.
Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2004 mit der Begründung
zurück, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen zur Versicherungspflicht in der KVdR, da er in der zweiten Hälfte seines
Erwerbslebens ausschließlich privat krankenversichert bzw. seit 1995, nach Kündigung der Privatversicherung, nur noch beihilfeberechtigt
gewesen wäre. Die Nachversicherung betreffe nur die gesetzliche Rentenversicherung, nicht den Status in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der zu überprüfende Verwaltungsakt sei deswegen nicht rechtswidrig, so dass die Voraussetzungen für seine Rücknahme nicht
vorlägen.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass er schwer zuckerkrank sei und derzeit nicht krankenversichert wäre. Er habe
daher sämtliche Arztkosten in voller Höhe selbst zu tragen, die durchschnittlich 120,-- EUR im Monat betrügen.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegengetreten, es könne nicht Aufgabe der solidarischen Versichertengemeinschaft
sein, einen nachversicherten Beamten aufzunehmen, der ca. 40 Jahre der Privatversicherung angehört habe. Dies sei auch mit
der Nachversicherung in der Rentenversicherung nicht zu vergleichen, denn dort würden Beiträge entsprechend nachentrichtet;
eine solche Lösung sei in der Krankenversicherung nicht realisierbar. Denn eine Verrechnung mit dem Beihilfeanspruch und mit
Beiträgen der Privatkrankenversicherung sei nicht möglich. Eine Lösung könne daher nur ein öffentlich-rechtlicher Anspruch
mit Finanzierung über Steuergelder (z.B. im Beamtenrecht) sein. Auch begehre der Kläger 100%igen Krankenversicherungsschutz,
obwohl bis zum 30.09.2001 nur 70% seiner Krankheitskosten abgedeckt worden wären. Dies stelle eine Besserstellung gegenüber
der bisherigen Absicherung dar. Auch daran ließen sich die beiden unterschiedlichen Absicherungssysteme fest machen; sie seien
nicht kompatibel.
Mit Urteil vom 25. November 2004, der klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 15. Dezember 2004, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide, denn Beamte sei versicherungsfrei
und es wäre keine gesetzliche Regelung ersichtlich, nach der der in der Rentenversicherung nachversicherte Beamte in der Krankenversicherung
so zu stellen sei, als ob ein die Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Hierzu wäre eine
ausdrückliche gesetzliche Regelung notwendig gewesen. Das Fehlen einer solchen Regelung könne nicht durch eine Auslegung des
Rechts ersetzt werden, sondern müsse der Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten bleiben. Dies werfe auch keine verfassungsrechtlichen
Bedenken auf. Die unterschiedliche Handhabung bei einem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis in der Renten- und in der Krankenversicherung
sei systembedingt. Die Kernleistungen der Rentenversicherung und der Beamtenversorgung, d.h. Renten und Pensionen, seien von
den Beschäftigten bzw. von den Beamten im Laufe ihres Arbeitslebens erarbeitet worden. In der Kranken- und Pflegeversicherung
würden hingegen keine Anwartschaften erarbeitet. Der Versicherungsschutz sei im Wesentlichen unabhängig von den eingezahlten
Beiträgen bzw. von der Höhe des Arbeitsentgelts und auf den aktuellen Zeitpunkt bezogen. Er sei auch nicht von der Dauer der
Zugehörigkeit abhängig. Dass der Gesetzgeber nicht gehalten gewesen wäre, auch für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung
eine Beitrittsregelung für den Fall des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis zu schaffen, ergebe sich daraus, dass regelmäßig
Beamte die Möglichkeit jedenfalls zu Beginn ihrer Laufbahn hätten, sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung
zu versichern. In der Rentenversicherung nachversicherte Beamte seien auch nicht generell von der Krankenversicherung ausgeschlossen,
denn bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen komme z.B. eine Familienversicherung oder eine Versicherungspflicht
wegen Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses in Betracht. Bei dem Kläger schieden diese Optionen zwar aus, da er zu hohe
Einkünfte habe und eine Arbeitsaufnahme auch von seinem Lebensalter und wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht
in Betracht komme. Diese Sondersituation habe der Kläger jedoch im Wesentlichen selbst zu vertreten. Er habe seinen privaten
Krankenversicherungsschutz aus wirtschaftlichen Erwägungen aufgegeben und sei auch nicht völlig schutzlos gestellt. Bei Bestehen
einer entsprechenden Bedarfslage und Bedürftigkeit kämen Leistungen der Sozialhilfe in Betracht. Gegen eine rückwirkende Gleichstellung
eines nachversicherten Beamten mit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung spreche auch, dass damit die Zugangsvoraussetzungen
zur KVdR in zweckwidriger Weise unterlaufen würden. Denn privat Krankenversicherte hätten während ihrer Erwerbsphase die Kosten
für die Rentnerkrankenversicherung im Rahmen der solidarischen Umverteilung innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung
nicht mitgetragen. Deswegen müsste eigentlich an eine Nachentrichtung von Beiträgen gedacht werden, wenn ausgeschiedene Beamte
in die KVdR miteinbezogen würden. Dem stehe jedoch entgegen, dass die Beiträge in der Krankenversicherung hauptsächlich auf
den aktuellen Versicherungsschutz bezogen seien. Der Gesetzgeber sei auch berechtigt typisierend vorzugehen. Insofern müsse
davon ausgegangen werden, dass bei Ausscheiden aus einem Ruhestands-Beamtenverhältnis bei vollständigem Fehlen eines privaten
Krankenversicherungsschutzes ein nur ausnahmsweise auftretender Sachverhalt vorliege.
Mit seiner dagegen am 17. Januar 2005, einem Montag, beim SG eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das nachversicherte Beamtenverhältnis müsse sozialrechtlich wie ein versicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis behandelt und deswegen seine Beschäftigungszeiten als Beamter den Pflichtversicherungszeiten im Sinne
des Fünftes Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) gleichgestellt werden. Dieses sei verfassungsrechtlich geboten. Die Rentenversicherung beruhe auf dem Generationenvertrag.
Dem trage der Gesetzgeber durch die Nachentrichtung entsprechender Beiträge für die Vergangenheit Rechnung. In der gesetzlichen
Krankenversicherung werde demgegenüber Versicherungsschutz durch einen aktuellen Beitrag gewährleistet. Bei einem Zwangswechsel
von einem System (Beamtenversorgung) in das andere System (gesetzliche Rentenversicherung) müsse dies berücksichtigt werden
und daher ihm ebenfalls der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht werden, da er ansonsten durch die Nachversicherung
nicht mit den anderen Rentnern gleichgestellt werde. Gerade diese Gleichstellung habe der Gesetzgeber aber mit der Nachversicherung
bezweckt. Dies ergebe sich auch aus dem Sozialstaatsprinzip, denn der unfreiwillige Wechsel vom System der Beamtenversorgung
zur gesetzlichen Krankenversicherung führe ansonsten zu einer unbilligen Härte. Bei einem Zwangswechsel in ein anderes System
müsse auch im neuen System ein hinreichender Schutz gewährleistet sein. Gerade dies sei bei ihm aber nicht der Fall, da ihm
der Beitritt in die gesetzliche Krankenversicherung verwehrt werde, obwohl er durch die Nachversicherung rentenrechtlich wie
ein normal Versicherter in der Rentenversicherung behandelt werde. Dass er in der Rentenversicherung so gestellt werde, als
ob er während seines ganzen Arbeitslebens Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hätte, müsse sich auch fiktiv
auf die gesetzliche Krankenversicherung erstrecken. Aufgrund seines Alters und seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen
sei eine private Krankenversicherung zum einen für ihn zu teuer, zum anderen sei angesichts seiner Vorerkrankungen keine private
Krankenversicherung bereit, ihn aufzunehmen. Auch eine Familienversicherung über seine Ehefrau sei nicht möglich, da seine
Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu hoch sei. Über die Aufnahme einer Beschäftigung könne er ebenfalls keinen gesetzlichen
Krankenversicherungsschutz erlangen, da er die erforderlichen Zeiten faktisch nicht mehr erreichen könne. Dies führe dazu,
dass der Nichtversicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung für ihn im Ergebnis weitaus schlimmer sei als die
"Strafe" im Disziplinarverfahren. Im übrigen stehe er schlechter als ein Sozialhilfeempfänger, der nach Art. 28 des Gesundheitsstruktur-Gesetzes nach §
5 Abs. 1
SGB V versicherungspflichtig sei und staatlich einen umfassenden Gesundheitsschutz genieße. Er sei aber nicht sozialhilfeberechtigt,
da seine Ehefrau bis September 2004 berufstätig gewesen wäre. Das Einkommen seiner Ehefrau habe man in der Vergangenheit im
Wesentlichen dazu verwendet, ihn mit den notwendigen täglichen Medikamenten zu versorgen bzw. den Lebensunterhalt zu bestreiten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. November 2004 sowie den Bescheid vom 22. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 7. September 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 3. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 12. November 2002 zurückzunehmen und ihn in die Krankenversicherung der Rentner aufzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass es die Gesetzeslage verbiete, Zeiten einer privaten Krankenversicherung bzw. Zeiten einer zurückgelegten
und später rückwirkend aberkannten Beamteneigenschaft als Vorversicherungszeit im Sinne des §
5 Abs.
1 Ziff. 1
SGB V anzuerkennen. Dies wäre der Solidargemeinschaft auch nicht zuzumuten. Insofern gäbe es keinen gesetzgeberischen Ermessensspielraum.
Versicherungspflichtig nach dem
SGB V seien im übrigen Sozialhilfeempfänger nicht. Für Anspruchsberechtigte nach dem SGB XII würden im Auftrag und auf Rechnung
der Sozialämter Krankenbehandlungen nur nach §
264 Abs.
2 SGB V geleistet werden. Ein diesbezüglicher Auftrag für den Kläger läge jedoch nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz sowie die beigezogenen Akten L 11 KR 5068/03 und L 11 KR 5104/03 PKH-A verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§
143,
151 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht (§
64 Abs.
3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des §
144 Abs.
1 Satz 2
SGG, da der Kläger die dauerhafte Aufnahme in die KVdR erstrebt.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Reutlingen ist nicht rechtswidrig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Aufnahme in die KVdR, weswegen die Beklagte nicht
verpflichtet ist, die angefochtenen Bescheide zurückzunehmen.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), wonach ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise
mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig
angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Der Verwaltungsakt kann auch
mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der Bescheid vom 3. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2002 ist - was zwischen den Beteiligten
unstreitig ist - nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, das Recht wurde auch zutreffend angewandt.
Dies hat das SG zutreffend erkannt und begründet, weshalb auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zur Vermeidung unnötiger
Wiederholungen Bezug genommen wird. Ergänzend ist folgendes nochmals zu verdeutlichen:
Der Kläger erfüllt nach dem Wortlaut der insoweit maßgebenden Vorschriften weder die Voraussetzungen der Vorversicherungszeit
nach §
5 Abs.
1 Nr.
11 SGB V noch die nach Art. 56 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Gesundheitsreformgesetz - GRG - i.d.F. des Art. 25 Gesundheitsstrukturgesetz - GSG -.
Nach §
5 Abs.
1 Nr.
11 SGB V sind nämlich versicherungspflichtig nur solche Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und die Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens 9/10 der zweiten Hälfte des Zeitraumes aufgrund einer Pflichtversicherung Mitglied
oder aufgrund einer Pflichtversicherung nach § 10 versichert waren.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger, der in der zweiten Hälfte seines Erwerbslebens durchgehend als Beamter und damit
versicherungsfrei nach §
6 Abs.
1 Nr.
2 SGB V beschäftigt war, nicht. Auch die Vorversicherungszeit nach Art. 56 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 GRG nach der Fassung des Art. 25 GSG ist bei dem Kläger nicht gegeben. Danach werden Personen, die bis zum 31. Dezember 1993 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
beantragen und die Voraussetzungen für den Bezug der Rente, nicht jedoch die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht
nach §
5 Abs.
1 NR. 11
SGB V erfüllen, versichert, wenn sie oder die Person, aus deren Versicherung sie ihren Rentenanspruch ableiten, seit der erstmaligen
Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, jedoch frühestens seit dem 1. Januar 1950, bis zur Stellung des Rentenantrages mindestens
die Hälfte der Zeit Mitglied einer Krankenkasse oder mit einem Mitglied verheiratet und nicht mehr als geringfügig beschäftigt
oder geringfügig selbständig waren, wenn die genannten Versicherungszeiten aufgrund einer Pflichtversicherung zustande gekommen
sind.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in die KVdR sind in §
5 Abs.
1 Nr.
11 SGB V und bei Übergangsvorschrift des Art. 56 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 GRG nach der Fassung des Art. 25 GSG abschließend geregelt.
Das vom Kläger begehrte Ergebnis kann auch nicht im Wege der verfassungskonformen Auslegung erreicht werden.
Der Senat verkennt dabei ebenso wenig wie das SG, dass in der konkreten Situation des Klägers rechtlich eine Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung nicht in Betracht
kommt und wirtschaftlich eine solche in eine private Krankenversicherung ebenfalls ausscheiden dürfte. Abgesehen davon, dass
der Kläger im Falle einer wirklichen Not Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem SGB XII haben dürfte, reicht diese Situation
noch nicht aus, um eine von Verfassung wegen zu schließende Lücke zu sehen. Hierbei darf nicht außer acht gelassen werden,
dass der Kläger die Bedingungen für sein zwangsweises Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis selbst gesetzt hat. Würde man
ihm den Zugang zur Krankenversicherung der Rentner gewähren, so wäre dieser ebenfalls zu bejahen im Falle eines Beamten, der
bei ansonsten unveränderten Umständen freiwillig aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden würde. Auch er würde in der gesetzlichen
Rentenversicherung nachversichert, hätte jedoch ebenfalls keinen Anspruch auf Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Es ist dem Kläger zwar zuzugeben, dass der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung in den letzten Jahren zunehmend verschärft
worden ist, wenn dies zu verfassungsrechtlich nicht tragbaren Ergebnissen führen würde, so könnte Abhilfe nur im Bereich des
öffentlichen Dienstrechts geschaffen werden, nicht jedoch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Es ist der Beklagten
nämlich zuzugestehen, dass diese bisher mit dem Kläger in keinerlei Beziehungen stand und nicht einsichtig ist, warum sie
den Kläger entgegen der gesetzlichen Wertung nunmehr aufnehmen müsste. Soweit also im Falle des Klägers es verfassungsrechtlich
geboten sein sollte, was der Senat ausdrücklich offen lässt, ihm einen faktisch erreichbaren Krankenversicherungsschutz zu
bieten, so könnte dies nicht durch Auslegung der krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften, sondern nur im Wege des öffentlichen
Dienstrechts erfolgen.
Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der Kläger den früher innegehabten privaten Krankenversicherungsschutz
nur dadurch verloren hat, dass er die geschuldeten Versicherungsbeiträge nicht mehr bezahlt hat.
Insgesamt war deshalb die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Revision zugelassen (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).