Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine Hypnosebehandlung bei einem nicht zur vertragsärztlichen Behandlung
zugelassenen Leistungserbringer.
Der am 29.06.1961 geborene und berentete Kläger wandte sich mit E-Mail vom 02.01.2012 an die Leitende Ärztin des MDK Bayern
mit der Bitte um Mitteilung von Möglichkeiten einer Kostenübernahme für eine medizinische Hypnosetherapie. Die Leitende Ärztin
wies in ihrer Antwort darauf hin, dass sie keine generelle Aussage zum Thema Hypnosebehandlung machen könne. Die Entscheidung
über die Leistungsgewährung treffe die Krankenkasse. Der Kläger müsse zunächst die gewünschte Behandlung bei der Krankenkasse
beantragen.
Mit E-Mail vom 31.01.2012 beantragte der Kläger mit Verweis auf ein Schreiben von Anfang Januar, das nicht bei der Beklagten
eingegangen ist, die Kostenübernahme für eine medizinische Hypnoseheilbehandlung bei dem nicht zur vertragsärztlichen Behandlung
zugelassenen Dr. N. P. (www.hypnose- doktor.de) in M.. Zur Begründung seines Antrags führte aus, dass er seit 28 Jahren einen
extrem hartnäckigen Wasch- und Putzzwang habe. Insgesamt drei stationäre Klinikaufenthalte in den letzten 15 Jahren von einer
jeweils zwei- bis dreimonatigen Dauer sowie weitere ambulante Therapien bis zum Jahr 2009 hätten nicht zur Reduzierung oder
Heilung der Zwangskrankheit geführt. Da es sich bei ihm um einen besonders schweren Ausnahmefall handle und es ihm durch diese
schwere Zwangskrankheit mittlerweile nicht mehr möglich sei, die Wohnung bzw das Grundstück zu verlassen, sehe er in einer
Hypnosebehandlung die einzige Möglichkeit, sein Leben danach wieder halbwegs normal leben zu können. Dr. P. sei einer der
renommiertesten Hypnosetherapeuten in Deutschland und verfüge über beste und langjährige Erfahrungen und Ausbildungen in Hypnose,
Psychologie, Neurologie und Psychiatrie.
Der Beklagten lag eine fachärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, Dr. N., vom 24.02.2012
vor. Darin beschrieb die Ärztin eine ambulante Behandlung von 1993 bis 2006 aufgrund einer Zwangsneurose. Durch die Therapie
sei keine ausreichende und nachhaltige Besserung erreicht worden. Wegen der extremen Ausprägung der Zwangssymptomatik halte
sie eine Hypnosetherapie für sinnvoll und erforderlich.
Dr. S. vom MDK Bayern nahm am 19.04.2012 Stellung und befürwortete die Hypnosebehandlung nicht. Sie verwies auf eine alternative
fachärztliche psychiatrische Behandlung stationär oder zumindest ambulant. Der Facharzt für Innere Medizin, Dr. R., nahm mit
ärztlichem Zeugnis vom 21.05.2012 Stellung. Er führte aus, dass eine ärztliche Betreuung im Rahmen des Krankheitsbildes, welches
querolatorische und egozentrische Züge beinhalte, scheitere. Da psychotherapeutische Maßnahmen eine wesentliche Änderung des
Krankheitsbildes nicht ergeben hätten, werde die Bitte des Klägers zur Durchführung der Hypnosetherapie fachärztlich unterstützt.
Der MDK Bayern nahm mit sozialmedizinischem Gutachten vom 20.06.2012 erneut ablehnend Stellung. Die Beklagte teilte dem Kläger
danach zunächst telefonisch mit, dass eine Kostenübernahme abgelehnt werde. Mit E-Mail vom 04.07.2012 erhob der Kläger Widerspruch
und beantragte Akteneinsicht.
Mit Bescheid vom 24.07.2012 lehnte die Beklagte schließlich den Antrag auf Kostenübernahme für eine Hypnosebehandlung bei
Dr. N. P. schriftlich ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Dr. P. kein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer
sei, so dass eine Übernahme der Behandlungskosten innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich sei. Die Beklagte
fügte dem Bescheid eine Liste von zugelassenen Ärzten und Psychotherapeuten, die eine Genehmigung für Hypnose haben, bei.
Sie führte zudem aus, dass die Prüfung, ob eine Hypnosebehandlung medizinisch indiziert sei, alleine dem Arzt/Psychotherapeuten
obliege. Eine Kostenübernahme durch die Beklagte sei hierfür nicht erforderlich. Sofern die Hypnose medizinisch notwendig
sei, werde die Behandlung direkt über die Chipkarte abgerechnet.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger mit E-Mail vom 10.08.2012 Widerspruch. Er habe die ersten vier Fachärzte der übersandten
Liste kontaktiert. Diese Ärzte führten entweder keine Hypnosetherapie durch oder ein Termin sei frühestens im Februar 2013
zu bekommen. Er könne von der Krankenkasse die Behandlung durch einen privaten niedergelassenen Arzt bezahlt bekommen, wenn
erst nach einer unzumutbaren Wartezeit von mehr als drei Monaten in seiner Nähe ein Therapieplatz angeboten werden könne.
Der Kläger begehrte weiterhin die Genehmigung einer Hypnosebehandlung bei Dr. P..
Mit Schreiben vom 28.08.2012 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Liste von 27 Ärzten in dessen Wohnbereich, die Hypnose
im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung anbieten. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2012 wies sie den Widerspruch zurück.
Zur Begründung führte sie ua aus, dass aufgrund des Umstands, dass Dr. P. kein Vertragsbehandler sei, eine Genehmigung und
Kostenübernahme der begehrten Behandlung nicht möglich sei. Der Widerspruchsstelle sei bewusst, dass die Suche nach einem
geeigneten Behandler mit Schwierigkeiten verbunden sein könnte. Insbesondere könnten persönliche Wünsche und Besonderheiten,
die terminliche Vorlieben, Entfernung zum Wohnort oder dem Arbeitsplatz, Geschlecht des Therapeuten und ähnliches aufgrund
der beschränkten Verfügbarkeit von Vertragstherapeuten nicht immer vollständig berücksichtigt werden. Daraus erwecke aber
kein Rechtsanspruch auf Kostenübernahme von Aufwendungen bei einem nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden
Arzt. Der Widerspruchsbescheid wurde am 05.10.2012 als einfacher Brief zur Post gegeben.
Gegen die Entscheidungen der Beklagten hat der Kläger am 7.11.2012 Klage zum Sozialgericht Ulm erhoben. Zur Begründung hat
die Klägerbevollmächtigte auf die Begründungen des Klägers im Antrags- und Widerspruchsverfahren verwiesen und zusätzlich
ausgeführt, dass ein absolutes Vertrauensverhältnis zu Dr. P. bestünde. Die von der Beklagten mitgeteilten Ärzte arbeiteten
entweder nicht mit Hypnose, ihnen fehle es an entsprechender Erfahrung oder sie würden nur eine Hypnosetherapie in Verbindung
mit Psychotherapie und Psychopharmaka anbieten. Der Kläger begehre jedoch eine reine medizinische Hypnosebehandlung. Die Therapie
sei dringend erforderlich. Sie sei auch Gegenstand der Gesetzlichen Krankenversicherung und käme dem Wirtschaftlichkeitsgebot
sehr entgegen. Im Übrigen liege ein Systemversagen vor.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass aus Ihrer Sicht eine Kostenübernahme auch im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung
bezüglich eines Systemversagens nicht erfolgen könne. Eine Hypnosetherapie sei Bestandteil der psychosomatischen Grundversorgung
gemäß der Psychotherapie-Richtlinie. Da diese im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vom Kläger noch nicht in Anspruch
genommen worden sei, sei der Therapieweg auch nicht ausgeschöpft.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.11.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch
auf Kostenübernahme schon daran scheitere, dass Dr. P. die generelle Qualifikation zur Ausübung der Heilkunde im Bereich der
Psychotherapie fehle.
Gegen das am 28.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.12.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg
eingelegt. Er hat die Berufung nicht begründet.
Der Senatsvorsitzende hat mit Schreiben vom 20.03.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat nach §
153 Abs
4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann,
wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Verfahrensweise sei
auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt. Der Kläger erhalte Gelegenheit, zur Sache und zum beabsichtigten
Verfahren Stellung zu nehmen. Zu diesem Schreiben hat sich der Kläger nicht geäußert. Die Beklagte hat ihr Einverständnis
erklärt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.11.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 25.09.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Hypnosebehandlung bei Dr. P. zu übernehmen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster
und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§
143,
151 Abs
1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf
Übernahme der Kosten für die Behandlung bei Dr. P..
Der Senat entscheidet über die Berufung gemäß §
153 Abs
4 SGG durch Beschluss ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche
Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Kläger ist darauf hingewiesen worden, dass der Senat diese Verfahrensweise beabsichtigt
und hat hierzu keine Stellung genommen.
Nach dem vom
SGB V installierten Sach- und Dienstleistungssystem (§§
2 Abs
2,
13 Abs
1 SGB V) dürfen Versicherte nur zugelassene Leistungserbringer (zu den Psychotherapeuten vgl §§
95 ff
SGB V) in Anspruch nehmen (§
76 Abs
1 Satz 1
SGB V). Ein nicht zugelassener psychotherapeutischer Leistungserbringer kann zu Lasten der Krankenkasse nur nach Maßgabe des §
76 Abs
1 Satz 2
SGB V in Anspruch genommen werden. Danach kommt die notfallmäßige Inanspruchnahme nur dann in Betracht, wenn der Versicherte auf
eine Akutbehandlung angewiesen und ein zugelassener Leistungserbringer zumutbar nicht erreichbar ist (siehe auch Senatsurteil
vom 26.06.2012, L 11 KR 3528/11, sozialgerichtsbarkeit.de).
Zwar besitzt Dr. P. ausweislich seiner Internetseite entgegen der Ausführungen des Sozialgerichts die Approbation als Psychologischer
Psychotherapeut. Jedoch fehlt ihm die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Im Fall des Klägers lag auch kein Notfall
vor, denn eine sofortige psychotherapeutische Behandlung war und ist nicht erforderlich. Dies zeigt sich schon an dem Umstand,
dass die Zwangskrankheit seit 28 Jahren besteht und seit 2006 keine spezifische Behandlung mehr belegt ist. Eine Dekompensation
oder akute Exazerbation wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
Für den Senat nicht nachgewiesen ist im vorliegenden Einzelfall eine Unterversorgung mit zugelassenen Leistungserbringern
(sog Versorgungslücke), die ausnahmsweise den Kläger dazu berechtigen würde, auch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassene Leistungserbringer in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte hat dem Kläger eine Liste von über 20 in Frage kommenden
Ärzten bzw. Therapeuten zur Verfügung gestellt, die eine psychosomatische Grundversorgung gemäß der Psychotherapie-Richtlinie
anbieten. Eine Hypnosetherapie kann Bestandteil dieser psychosomatischen Grundversorgung sein (§ 11, 21b Psychotherapie-Richtlinie).
Der Kläger hat sich jedoch nicht in zumutbarer Weise um einen diesbezüglichen Therapieplatz bemüht. Er hat sich z.B. trotz
Hinweis des Kammervorsitzenden des Sozialgerichts Ulm noch nicht einmal in eine Warteliste eintragen lassen. Er hat sich vielmehr
auf die Behandlung bei Dr. P. fokussiert und alternative Behandlungen bei zugelassenen Behandlern nicht ernsthaft in Erwägung
gezogen.
Das Argument des Klägers, die Hypnosebehandlung müsse wegen der Zwangsstörung am Stück (so bei Dr. P.) und nicht innerhalb
von mehreren Terminen (Standardtherapie) nacheinander durchgeführt werden, ist nicht schlüssig. Denn der Kläger geht ausweislich
den Ausführungen der Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 21.06.2013 wohl davon aus, dass zugleich mit der Hypnosetherapie
mit einer sofortigen Besserung zu rechnen ist. Es erschließt sich dem Senat nicht, weshalb dies dann nicht bei einer Hypnosetherapie
im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung bei einem zugelassenen Leistungserbringer der Fall sein sollte.
Da mögliche Therapieoptionen im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung noch nicht ausgeschöpft sind, kommt
eine Kostenübernahme auch nicht im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung bezüglich eines Systemversagens in Betracht.
Die Berufung hat deshalb unter keinem Gesichtspunkt Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.