Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses; Berücksichtigung eines Lohnsteuerklassenwechsels bei der Bemessung
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für den Zeitraum 24. Juni 2009 bis 23. März 2010 einen höheren Gründungszuschuss.
Die 1956 geborene Klägerin bezog nach vorangegangenem Arbeitslosengeldbezug für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2005 von
der Beklagten Überbrückungsgeld. Vom 1. Juli 2008 bis 23. Juni 2009 bezog sie erneut Arbeitslosengeld mit einem täglichen
Leistungssatz von 33,26 €. Dem lag ein tägliches Bemessungsentgelt von 138,37 € unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse
V zugrunde.
Am 22. Juni 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung eines Gründungszuschusses für eine ab 24. Juni 2009 aufzunehmende selbstständige
hauptberufliche Tätigkeit. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Klägerin noch über einen Restanspruch von Arbeitslosengeld von
94 Tagen.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2009 bewilligte die Beklagte für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit einen Gründungszuschuss
in Höhe von monatlich 1.297,80 € für die Zeit vom 24. Juni 2009 bis 23. März 2010. Dieser Betrag setzte sich aus dem täglichen
Leistungssatz von 33,26 € gerechnet auf 30 Tage zuzüglich einer Pauschale von 300 € zusammen.
Mit Schreiben vom 3. August 2009 erhob die Klägerin Widerspruch. Bedingt durch den Eintritt ihres Ehemannes in den Ruhestand
ab 1. Juli 2009 habe sie die Steuerklasse zum 1. August 2009 gewechselt (nach III). Diese Änderung sei auch bei der Berechnung
des Gründungszuschusses zu berücksichtigen. Stünde sie in einem Arbeitsverhältnis oder bezöge weiterhin Arbeitslosengeld,
hätte der Lohnsteuerklassenwechsel auch berücksichtigt werden müssen, denn er sei aus sachlichen, nachvollziehbaren Gründen
erfolgt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2009 zurück. Ein während des Bezugs des Gründungszuschusses
vorgenommener Lohnsteuerklassenwechsel habe auf die Höhe des Gründungszuschusses keine Auswirkung. Wie aus dem Gesetzeswortlaut
des §
58 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) eindeutig hervorgehe, werde der Gründungszuschuss in Höhe des Betrages, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt
bezogen habe, geleistet.
Am 11. November 2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Beklagte müsse bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage auch den Lohnsteuerklassenwechsel
berücksichtigen. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob der Lohnsteuerklassenwechsel vor Antragstellung oder danach erfolge.
Andernfalls hätte sie ihren Antrag zurücknehmen, den Lohnsteuerklassenwechsel vornehmen und einen erneuten Antrag auf Gründungszuschuss
stellen können. Insoweit verweist die Klägerin auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts ([BSG] - B 10 EG 3/08 R - und des Bundesarbeitsgerichts [BAG] - 5 AZR 50/93 -).
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die grundsätzlichen Voraussetzungen
für die Gewährung eines Gründungszuschusses nach §
57 SGB III seien erfüllt. Gem. §
58 Abs.
1 SGB III werde der Gründungszuschuss für die Dauer von neun Monaten in Höhe des Betrages, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld
zuletzt bezogen habe, zuzüglich von monatlich 300 € geleistet. Berechnungsgrundlage für den Gründungszuschuss sei nicht das
Bemessungsentgelt, sondern das Arbeitslosengeld, wie sich aus dem Wortlaut des §
58 Abs.
1 SGB III ergebe. Aus §
129 SGB III ergebe sich, dass der Begriff des Arbeitslosengeldes mit demjenigen des Leistungssatzes gleichzusetzen sei, während das Leistungs-
und Bemessungsentgelt nur (rechnerische) Zwischenschritte bei der Berechnung des Leistungssatzes seien. Der Gesetzgeber habe
im Rahmen des §
58 SGB III für die Berechnung des Gründungszuschusses ausdrücklich auf das Arbeitslosengeld und damit auf den bewilligten Leistungssatz
abgestellt und nicht auf Leistungsentgelt oder Bemessungsentgelt. Soweit der Anknüpfungspunkt des "zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes"
Kritik unterliege, betreffe diese Diskussion nur die Fälle, in denen zuvor entweder gar kein Arbeitslosengeld oder nur um
ein Nebeneinkommmen gemindertes Arbeitslosengeld bezogen worden sei. Im Gegensatz zu diesen Fällen werde der vorliegende Fall
von §
58 SGB III in vollem Umfang erfasst und geregelt. Das Gesetz sehe auch an anderer Stelle, beispielsweise in §
133 SGB III für das Arbeitslosengeld, nicht ausdrücklich die Möglichkeit vor, spätere Veränderungen zu berücksichtigen. Das Gericht könne
hierin keine Gerechtigkeitslücke erkennen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es für die Gewährung eines Gründungszuschusses
ausreiche, dass der Betroffene noch über einen Restanspruch von 90 Tagen Arbeitslosengeld verfüge. Dieser Anspruch werde durch
die Gewährung eines Gründungszuschusses praktisch um 180 Tage verlängert. Vor dem Hintergrund der dadurch verursachten höheren
Kosten erscheine es gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber keine Möglichkeit vorsehe, den Leistungsanspruch durch nachträgliche
Veränderungen zu erhöhen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 21. Juni 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Juli 2010 eingelegte Berufung
der Klägerin. Es stehe außer Frage, das §
58 Abs.
1 SGB III bezüglich der Berechnung des Gründungszuschusses ausdrücklich auf das Arbeitslosengeld und damit auf den bewilligten Leistungssatz
abstelle. Sofern jedoch der tatsächlich bezogene Betrag nicht oder nicht mehr dem Betrag entspreche, der bei dessen Ermittlung
den rechnerischen Zwischenschritten entspreche, könne der Leistungssatz und damit das Arbeitslosengeld keinen Bestand haben
und müsse neu ermittelt werden. Ein bloßes Abstellen auf den reinen Gesetzeswortlaut würde zu Ungerechtigkeiten führen, die
vom Gesetzgeber nicht gewollt sein könnten. Hätte die Klägerin zum Beispiel unmittelbar vor der Bewilligung des Gründungszuschusses
eine Änderung der Lohnsteuerklasse V auf III beantragt, hätte sie bei Antragstellung die Grundlage für den nunmehr begehrten
Leistungssatz. Wieso ein nach Gewährung des Gründungszuschusses geändertes Bemessungsentgelt im Hinblick auf die Gesetzesformulierung
unerheblich sein solle, könne mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht gerechtfertigt werden.
Soweit das SG aus dem Fehlen einer §
133 SGG III vergleichbaren Regelung in §
58 SGB III schließe, dass nur das tatsächlich bezogene Arbeitslosengeld als unabänderliche feste Größe angesehen werden müsse, werde
verkannt, dass §
133 SGB III die Grundlage zur Berechnung des Leistungsentgelts und damit mit §
58 SGB III derart verzahnt sei, das es keiner Erwähnung bedürfe, um die in §
133 Abs.
3 SGB III getroffenen Regelungen auch im Rahmen des §
58 SGB III über die Ermittlung des Leistungsentgelts einbeziehen zu können. Ein starres Festhalten am Gesetzeswortlaut hätte bei §
131 Abs.
1 Satz 2
SGB III dazu geführt, dass Ansprüche des Arbeitslosen auf Arbeitsentgelt, die diesem vor seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis
erwachsen und Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens seien, irrelevant wären, wenn ein obsiegendes Urteil und eine
Auszahlung erst während der Arbeitslosigkeit erzielt werde. Auch zu dieser Vorschrift sei insoweit keine Ausnahme oder Abweichung
vom Wortlaut vorgesehen. Ausgehend von Sinn und Zweck des §
131 Abs.
1 Satz 2
SGB III sei die Rechtsprechung inzwischen einhellig der Meinung, das trotz des Wortlauts auch Ansprüche, die später zur Auszahlung
gelangt seien, in die Berechnung des Arbeitslosengelds einzubeziehen seien. Abschließend habe das SG eine nicht nachvollziehbare Begründung für seine Auffassung erbracht, dass keine Gesetzeslücke erkennbar sei. Soweit das
SG mit einer faktischen Verlängerung des Arbeitslosengeldanspruchs um 180 Tage durch die Gewährung eines Gründungszuschusses
argumentiere, werde wohl der Sinn eines Gründungszuschusses nicht gewürdigt, sondern vielmehr darauf abgestellt, dass ein
weiterer kostenintensiver Anspruch auf Arbeitslosengeld erwachse. Im Übrigen bezieht sich die Klägerin auf ihren Vortrag im
Widerspruchsverfahren und in erster Instanz.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Ulm vom 26. Mai 2010 und unter Abänderung des Bescheids vom
16. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 2009 verurteilt, der Klägerin im Zeitraum vom 1. August
2009 bis zum 23. Juni 2010 einen Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 1.889,40 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung der Beklagten entspreche der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (§
58 Abs.
1 SGB III). Der Gesetzeswortlaut sei vollkommen eindeutig und lasse keinen Raum für die von Klägerseite angestellte Interpretation.
Das Vorhandensein einer gesetzlichen Regelungslücke sei nach Auffassung der Beklagten nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen
nimmt die Beklagte auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils sowie ihren Vortrag in erster Instanz Bezug.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt
haben (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§
151 Abs.
1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§
143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 € übersteigt. Die Berufung ist indes nicht begründet, die
Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren Gründungszuschusses.
Der Gründungszuschuss wird gemäß §
58 SGB III (in der mit Wirkung zum 1. August 2006 neu eingeführten Fassung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für
Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 - BGBl. I S. 1706) für die Dauer von neun Monaten in Höhe des Betrages geleistet, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen
hat, zuzüglich von monatlich 300 €. Die Klägerin hat zuletzt vor Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit Arbeitslosengeld mit
einem täglichen Leistungssatz von 33,26 € (Steuerklasse V) erhalten. Zuzüglich des Pauschalbetrags von 300 € zur sozialen
Absicherung beläuft sich der Gründungszuschuss demnach, wie von der Beklagten zutreffend berechnet, auf 1.297,80 € monatlich.
Den Steuerklassenwechsel hat die Klägerin erst zum 1. August 2009 vorgenommen, sodass er auf die Höhe des maßgeblichen Arbeitslosengeldes
bis 23. Juni 2009 keinen Einfluss haben konnte. Ein Steuerklassenwechsel, der auf den Arbeitslosengeldbezug keinen Einfluss
genommen hat, kann bei der Höhe des Gründungszuschusses nicht berücksichtigt werden (vgl. ebenso Bayrisches Landessozialgericht
[LSG], Urteil vom 14. Januar 2010 - L 8 AL 190/08 - [juris] zu Überbrückungsgeld). Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig, als er die Berücksichtigung nach Aufnahme
der selbstständigen Tätigkeit eintretender Änderungen, unabhängig davon, ob sie bei Weiterbezug von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen
gewesen wären, nicht vorsieht. Auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung gebieten eine erweiternde Auslegung nicht. Mit
dem Gründungszuschuss soll ein Anreiz zur Beendigung der Arbeitslosigkeit gegeben und insoweit das infolge der Existenzgründung
wegfallende Arbeitslosengeld kompensiert werden. Insoweit hat das BSG entschieden, dass unter dem Begriff des "zuletzt bezogenen
Arbeitslosengeldes" das früher bezogene Arbeitslosengeld ohne Minderung durch Nebeneinkommen zu verstehen ist, wenn die Einkommenssituation
des Betreffenden vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit durch die Kombination von Arbeitslosengeld und Nebeneinkommen
geprägt war und das Nebeneinkommen nach der Existenzgründung nicht mehr zur Verfügung steht (Urteil vom 24. November 2010
- B 11 AL 12/10 R - [bisher nur als Pressemitteilung vorliegend]). Für die Berücksichtigung späterer Änderung lässt sich hieraus nichts herleiten.
Auch aus der von den Bevollmächtigten der Klägerin zitierten Rechtsprechung zu §
131 SGB III sowie den genannten Entscheidungen von BSG und BAG ergibt sich nichts anderes. Insoweit sind stets Konstellationen betroffen,
die sich durch eine Änderung des Sachverhalts auszeichnen, die sich jedoch noch im oder für den entsprechenden Bemessungszeitraum
auswirkt. So betrifft die Rechtsprechung zu §
131 Abs.
1 Satz 2
SGB III Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden infolge nachträglicher Vertragserfüllung für den Bemessungszeitraum
zugeflossen ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 249e Nr. 7; SozR 3-4100 § 112 Nr. 22). In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es um
den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, welcher nach §
14 Abs.
1 Satz 2
Mutterschutzgesetz nach dem durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt aus den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn
der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 zu berechnen ist. Insoweit hat das BAG entschieden, dass auch eine rückwirkende Erhöhung der
Vergütung (hier aufgrund eines Änderungstarifvertrags) insoweit zu berücksichtigen ist, wie sie sich für den Berechnungszeitraum
auswirkt (BAGE 76, 229). Diese Konstellation ist mit der hier zu entscheidenden Konstellation nicht vergleichbar.
In der von den Bevollmächtigen der Klägerin zitierten Entscheidung des BSG zum Elterngeld erfolgte ein Wechsel der Lohnsteuerklasse
von V auf III mehr als ein halbes Jahr vor der Geburt des Kindes. Dieser Wechsel war nach der Entscheidung des BSG für die
Berechnung des Elterngeldes, das sich aus einem Zeitraum von zwölf Monaten vor der Geburt errechnet, zu berücksichtigen, insbesondere
war er nicht rechtsmissbräuchlich (BSGE 103, 284 = SozR 4-7837 § 2 Nr. 1). Auch insoweit handelte sich um eine Änderung, die im maßgeblichen Bemessungszeitraum bereits erfolgt
ist und nicht - wie hier - erst danach. Für die Berechnung des Gründungszuschusses ist nach der gesetzlichen Regelung ganz
klar auf die Verhältnisse vor der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit abzustellen. Nur insoweit mögliche Auswirkungen auf
das Arbeitslosengeld können für die Höhe des Gründungszuschuss überhaupt eine Rolle spielen.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz ist insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere hätte die Klägerin auch durch eine spätere Antragstellung oder spätere Aufnahme
ihrer selbstständigen Tätigkeit erst nach dem Lohnsteuerklassenwechsel keinen Anspruch auf höheren Gründungszuschuss erreichen
können. Bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit erst zum Zeitpunkt des Lohnsteuerklassenwechsels am 1. August hätte schon
gar kein Anspruch auf Gründungszuschuss mehr bestanden, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt keinen Restanspruch auf Arbeitslosengeld
von mindestens 90 Tagen mehr gehabt hätte. Gleiches gilt für die Aufnahme einer Tätigkeit zum 1. Juli 2009. Auf der anderen
Seite wäre ein früherer Lohnsteuerklassenwechsel für das Arbeitslosengeld nach der Vorschrift des §
133 Abs.
3 Satz 1 Nr.
1 SGB III nicht zu berücksichtigen gewesen aufgrund des Eintritts des Ehemannes der Klägerin in den Ruhestand erst zum 1. Juli 2009.
Auch unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt insoweit die Bewilligung eines höheren Gründungszuschusses
nicht in Betracht. Der von der Rechtsprechung entwickelte Herstellungsanspruch ist auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung
des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aus dem Versicherungsverhältnis erwachsenden
Pflichten, insbesondere zur Betreuung und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. BSG SozR 1200 § 14 Nr. 9; SozR
1300 § 44 Nr. 13).
In der Regel wird die Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren ausgelöst. Selbst wenn ein Beratungsbegehren nicht
vorliegt, ist der Versicherungsträger gehalten, die Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zutage getretene
Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten
mutmaßlich genutzt werden (vgl. BSG SozR Nr. 3 § 1233; BSG SozR 1200 § 14 Nr. 15 und 25; SozR - 1200 § 14 Nr. 5, 6, 9, 10).
Für die Beklagte war bei Abgabe des Antrags auf Gründungszuschuss nicht ersichtlich, wie sich die Lebensverhältnisse der Klägerin
in Zukunft entwickeln würden. Die Beklagte war auch nicht gehalten, mögliche Veränderungen in den Lebensverhältnissen der
Klägerin abzufragen, um eine sozialrechtliche Optimierung der in Betracht kommenden Leistungen zu erreichen. Abgesehen davon
wäre, wie bereits oben ausgeführt, angesichts des bereits für die Zeit ab 1. Juli 2009 nicht mehr ausreichenden Restanspruchs
der Klägerin auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen eine andere Gestaltung gar nicht möglich gewesen, die zu einem höheren
Arbeitslosengeld durch Lohnsteuerklassenwechsel und in der Folge zu höherem Gründungszuschuss geführt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG) liegen nicht vor.