Soziales Entschädigungsrecht
Anspruch auf Krankenbehandlung für Folgen der Schädigung
Kein Anspruch auf Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung von Aufwendungen für eine private Krankenversicherung, zudem macht er einen Anspruch auf
Erstattung von ihm aufgewandter Heilbehandlungskosten geltend.
Der im Jahre 1932 geborene Kläger wurde am 28.01.1944 durch einen Sprengkörper verletzt. Mit Bescheid vom 12.06.1954 wurden
als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) der Verlust der Finger I bis IV der linken Hand und winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht anerkannt: Die Minderung der
Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde mit Bescheid vom 12.06.1954 ab dem 01.06.1951 auf 40 v.H. geschätzt.
Ein Antrag des Klägers vom 06.03.1994 auf Aufhebung des Bescheides vom 12.06.1954 wurde abgelehnt. In dem sich anschließenden
sozialgerichtlichen Verfahren wurde der Beklagte durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (Bayer. LSG) vom 27.11.2003,
Az.: L 15 V 55/99, dazu verurteilt, dem Kläger ab dem 01.01.1990 Versorgungsrente nach einer MdE von 50 v.H. zu gewähren.
Als sich im Verfahren vor dem Bayer. LSG abgezeichnet hatte, dass eine MdE in Höhe von 50 v.H. anzuerkennen sei, stellte das
damals zuständige Versorgungsamt Düsseldorf unter Hinweis auf § 10 Abs. 8 BVG mit Bescheid vom 16.07.2002 fest, dass die Voraussetzungen vorlägen, dem Kläger Heilbehandlung nach § 10 Abs. 1 und 2 BVG zu gewähren, und wies ihn einer gesetzlichen Krankenversicherung zu.
Die bis dahin bestehende private Krankenversicherung des Klägers endete infolge seiner Kündigung zum 30.09.2002.
Am 30.09.2002 beantragte der Kläger beim damals zuständigen Versorgungsamt Düsseldorf die Erstattung der von ihm in den Jahren
1990 bis 2002 gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt über 56.000,- EUR.
Mit Bescheid vom 05.11.2002 lehnte es das Versorgungsamt Düsseldorf ab, Beiträge zur privaten Krankenversicherung für einen
zurückliegenden Zeitraum zu erstatten. Dies wurde damit begründet, dass die gesetzliche Regelung des § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG eine Erstattung nicht zulasse.
Dagegen erhob der Kläger am 25.11.2002 Widerspruch. Bei einer antragsgemäßen Anerkennung der Schwerbeschädigteneigenschaft
- so der Kläger - wären ihm seine Krankenversorgungsansprüche nach § 10 BVG nicht vorenthalten, sondern seit dem 01.01.1990 zuerkannt worden. Daraus folge, dass ihm die durch ein Verschulden der Versorgungsverwaltung
verursachten Kosten, hier die Aufwendungen für eine private Krankenversicherung, zu erstatten seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2004 wurde der Widerspruch des Klägers, der zwischenzeitlich in den Zuständigkeitsbereich
des Beklagten umgezogen war, zurückgewiesen. § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG lasse eine Erstattung der Beiträge nicht zu. Eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift habe das Bundessozialgericht (BSG) ausdrücklich abgelehnt.
Am 18.08.2004 hat der Kläger dagegen Klage zum Sozialgericht München erhoben. Als Schwerbeschädigter - so der Kläger - habe
er Anspruch auf eine umfassende Heil- und Krankenbehandlung. Bereits nach den Anhaltspunkten 1965 hätte ihm eine Grundrente
nach einer MdE von 50 v.H. zugestanden. Erst mit Urteil des Bayer. LSG vom 27.11.2003 sei er rückwirkend ab dem 01.01.1990
als Schwerbeschädigter anerkannt worden. Er habe daher einen Ersatzanspruch auf Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge
zur privaten Krankenversicherung, weil ihm der Behandlungsanspruch nach § 10 Abs. 2 BVG durch Urteil im gerichtlichen Verfahren rechtsverbindlich rückwirkend zuerkannt worden sei. Auch könne eine Heil- oder Krankenbehandlung
schon vor der Anerkennung eines Versorgungsanspruchs gewährt werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.06.2009 ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Wenn
der Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 24.04.2009 eine Erstattung von selbst durchgeführten Heil- und Krankenbehandlungskosten
nach § 18 Abs. 3 BVG begehrt habe, seien solche Kosten nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Bescheide. Eine Klageerhebung sei daher bereits
unzulässig. Eine Klageänderung werde nicht für sachdienlich gehalten und sei nicht zulässig. Soweit die Klage zulässig sei,
sei sie unbegründet. Der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Erstattung von Beiträgen zur
privaten Krankenversicherung im Zeitraum vom 01.01.1990 bis zum 30.09.2002.
Dagegen hat der Kläger am 28.07.2009 Berufung eingelegt. Er rügt, das Gericht habe den Untersuchungsgrundsatz dadurch verletzt,
dass es das rechtswidrige Verwaltungshandeln des Beklagten verteidigt und unterstützt habe, ohne den Sachverhalt lückenlos
aufzuklären. Der Kläger hat erneut die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland beantragt. Was seinen Antrag auf Heil- und
Krankenbehandlung betreffe, liege keine unzulässige Klageänderung vor. Über den Antrag sei bisher noch nicht entschieden worden.
Was die Erstattung der Beiträge zur privaten Krankenversicherung rückwirkend angehe, könne ihm der Anspruch gemäß § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG nicht versagt werden. Die rückwirkende Zuerkennung des Anspruchs auf Heilbehandlung müsse auf den Zeitpunkt des Wegfalls
erfolgen. Zudem seien die Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erfüllt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 26.06.2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 05.11.2002 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 29.07.2004 zu verurteilen, die Beiträge des Klägers zur Krankenversicherung vom 01.01.1990 bis zum
30.09.2002 "dem Grunde nach ab Anspruchsgrundlage" zu erstatten.
Zudem stellt er diverse weitere Anträge, wie sie im Schriftsatz vom 28.11.2012 enthalten sind, insbesondere,
den Beklagten zu verpflichten,
- die Beiträge des Klägers zur Pflegeversicherung vom 01.01.1995 bis zum 30.09.2002 "dem Grunde nach ab Anspruchsgrundlage"
zu erstatten,
- die Kosten der selbst durchgeführten Heil- und Krankenbehandlungen nach § 18 Abs. 3 BVG vom 01.01.1990 bis zum 30.09.2002 zu erstatten.
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts München zu den Aktenzeichen S 29 V 105/97, S 25 V 102/95, S 29 V 26/05, S 33 V 27/04, S 33 V 4/05, S 33 V 31/06 und S 33 V 11/07 ER sowie des Bayerischen Landessozialgerichts mit den Aktenzeichen L 15 V 55/99, L 15 V 8/07, L 15 V 14/08 C, L 15 B 751/08 V, L 15 B 515/08 V ER C, L 15 VK 3/09, L 15 VK 14/09 NZB und L 15 VK 4/12 RG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt
der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm im Zeitraum vom 01.01.1990 bis zum 30.09.2002 zur privaten Krankenversicherung
gezahlten Beiträge. Dies haben sowohl der Beklagte als auch das Sozialgericht zutreffend festgestellt. Auch wenn das Begehren
des Klägers auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar erscheinen mag, steht die geltende Rechtslage einem Erfolg unzweifelhaft
entgegen. Über die weiteren geltend gemachten Ansprüche des Klägers ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
1. Streitgegenstand
Angefochten ist der Bescheid vom 05.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2004. Damit ist Streitgegenstand
allein die Frage, ob dem Kläger die von ihm zur privaten Krankenversicherung in der Zeit vom 01.01.1990 bis zum 30.09.2002
geleisteten Beiträge zu erstatten sind. Darüber, ob dem Kläger Beiträge zur Pflegeversicherung und Kosten für von ihm selbst
durchgeführte Heil- und Krankenbehandlungen zu erstatten sind, kann das Gericht in diesem Verfahren nicht entscheiden, wie
dies bereits das Sozialgericht zutreffend im Gerichtsbescheid vom 26.06.2009 erläutert hat. Auch gibt es keine Bescheide,
die über §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum Gegenstand des Verfahrens geworden wären. Wenn der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung zum Bescheid vom 22.02.2006
darauf hingewiesen hat, dass dieser Bescheid, mit dem gemäß § 44 und § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch über die Feststellung der Schädigungsfolgen entschieden worden ist, gemäß §
96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei, kann sich dies jedenfalls nicht auf das hier zu entscheidende Verfahren
beziehen, in dem ein ganz anderer Regelungsgegenstand betroffen ist.
2. Kein Erstattungsanspruch aus § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG
Der Kläger hat keinen Ersatzanspruch aus § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG.
Im Versorgungsrecht gilt grundsätzlich gemäß § 18 Abs. 1 BVG das Sachleistungsprinzip. Dies bedeutet, dass die Versorgungsverwaltung Naturalleistungen, nicht Geldleistungen zu erbringen
hat. § 18 Abs. 3 und 4 BVG enthalten davon Ausnahmen. Mit § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG hat der Gesetzgeber eine strengen Voraussetzungen unterliegende Sonderregelung für die Erstattung von Beiträgen für eine
(private oder gesetzliche) Krankenversicherung getroffen. Diese engen Voraussetzungen für eine Erstattung liegen hier nicht
vor.
§ 18 Abs. 4 Satz 3 BVG lautet wie folgt:
"Hat der Berechtigte oder Leistungsempfänger nach Wegfall des Anspruchs auf Heil- oder Krankenbehandlung eine Krankenversicherung
abgeschlossen oder ist er einer Krankenkasse beigetreten, so werden ihm die Aufwendungen für die Versicherung in angemessenem
Umfang ersetzt, wenn der Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung im Vorverfahren oder im gerichtlichen Verfahren rechtsverbindlich
rückwirkend wieder zuerkannt wird."
§ 18 Abs. 4 Satz 3 BVG ermöglicht die Kostenerstattung ausschließlich für die Fälle, dass der Berechtigte zunächst einen Anspruch auf Heil- und
Krankenbehandlung gehabt hat, dieser dann (rechtswidrig) weggefallen ist und später wieder rückwirkend zuerkannt wird; eine
Möglichkeit zur Kostenerstattung ist daher immer dann ausgeschlossen, wenn in der Vergangenheit noch gar kein Anspruch auf
Heil- oder Krankenbehandlung zuerkannt gewesen ist (vgl. Vogl, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl.
2012, § 18 BVG, Rdnr. 16; Fehl, in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl. 1992, § 18 BVG, Rdnr. 18; Rohr/Sträßer/Dahm, Bundesversorgungsgesetz, Stand 06/2012, § 18, Ziff. 6).
Mit § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass einem Versorgungsberechtigten aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen
der bereits anerkannte Anspruch auf Heil- und Kostenbehandlung wieder genommen und er dadurch faktisch gezwungen wird, Kosten
für eine Krankenversicherung aufzuwenden. In derartigen Konstellationen einer rechtswidrigen Entziehung eines Anspruchs, gegen
die der Betroffene in einem gewissen zeitlichen Umfang machtlos ist, hat es der Gesetzgeber als unvertretbar erachtet, die
dadurch entstandenen Kosten dem Versorgungsberechtigten zu belassen.
Allein die rückwirkende Anerkennung eines Anspruchs auf Heil- und Krankenbehandlung, ohne dass zuvor bereits ein Anspruch
bestanden hätte und rechtswidrig entzogen worden wäre, reicht nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht
aus, um einen Erstattungsanspruch zu begründen. Eine ausweitende bzw. analoge Anwendung des § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG für die Fälle, dass die Versorgungsverwaltung zunächst rechtwidrig die Gewährung von Heil- und Krankenbehandlung nach dem
BVG verweigert hat und der Versorgungsberechtigte daher seine (private) Krankenversicherung beibehalten hat, ist nicht zulässig
(vgl. Rohr/Sträßer/Dahm, a.a.O., § 18, Ziff. 6). Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung in Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz gebietet keine Auslegung über den klaren Wortlaut des Gesetzes hinaus. Eine analoge Anwendung scheitert daran, dass eine
durch eine analoge Anwendung ausfüllungsfähige Lücke nicht vorliegt.
Sowohl Bundessozialgericht als auch Bundesverfassungsgericht haben diese Auslegung bestätigt.
So hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 28.01.1975, Az.: 10 RV 63/74, Folgendes ausgeführt:
"Das BVG befaßt sich zwar neuerdings in § 18 Abs. 2 Satz 3 (i. d. F. des 5. Anpassungsgesetzes zum BVG vom 18. Dezember 1973 - BGBl I S. 1909 -)" [Anmerkung des Senats: § 18 Abs. 2 Satz 3 BVG in der damals geltenden Fassung entspricht jetzt § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG] "mit dem Ersatz von Aufwendungen für eine Krankenversicherung. Dieser Aufwendungsersatz ist jedoch ausdrücklich
auf den Fall beschränkt, daß der Berechtigte oder Leistungsempfänger nach Wegfall (Aberkennung) des Anspruchs auf Heil- oder
Krankenbehandlung eine (private) Krankenversicherung abgeschlossen hatte oder einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung
beigetreten war und daß dieser Anspruch im Vorverfahren oder durch gerichtliche Entscheidung rechtsverbindlich rückwirkend
wieder zuerkannt wird. Durch diese gesetzliche Neuregelung wird die Auffassung des Senats eindeutig bestätigt, daß der Gesetzgeber
das Problem der Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen durchaus gesehen hat, daß also eine durch Richterrecht zu ergänzende
Lücke im Gesetz nicht vorliegt und daß der Gesetzgeber die Erstattung auf den eben dargelegten Sonderfall beschränkt wissen
will. Abgesehen davon, daß diese Neuregelung den vorliegenden Sachverhalt in zeitlicher und sachlicher Hinsicht nicht erfaßt,
ist also eine ausdehnende Auslegung auch im Hinblick auf die neuere Gesetzesentwicklung nicht angängig (vgl. BSG 35, 1, 3)."
Ähnlich hat sich das Bundessozialgericht im Urteil vom 24.03.1993, Az.: 9/9a RV 15/92, geäußert:
"Schließt ein Schwerbeschädigter eine private Krankenversicherung ab, so beeinflußt dies seine Ansprüche auf Heil- und Krankenbehandlung
nicht (§ 10 Abs 7 i.V.m. Abs 4 des Bundesversorgungsgesetzes in der hier maßgeblichen Fassung vom 20. Dezember 1982 und vom 24. Juni 1985 ; vgl auch die Verwaltungsvorschrift Nr 1 zu
§ 15 vom 27. August 1986 ). Das Versorgungsrecht kennt aber grundsätzlich keine Beihilfe zu den Aufwendungen für die private
Krankenversicherung. Allein in Form eines pauschalierten Schadensersatzes findet sich ein derartiger Anspruch in § 18 Abs 2 Satz 3 BVG (idF vom 22. Januar 1982 )" [Anmerkung des Senats: § 18 Abs. 2 Satz 3 BVG in der damals geltenden Fassung entspricht jetzt § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG] "für den Fall, daß der Entschluß zum Abschluß einer Privatversicherung durch ein rechtswidriges Handeln der Verwaltung
verursacht wird.
Verneint die Behörde einen vordem bestehenden Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung, hat der Versorgungsberechtigte zu
entscheiden, wie er den Zeitraum überbrückt, in dem über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung gestritten wird. Er kann die Behandlungskosten
in voller Höhe selbst tragen und ihre Erstattung in angemessenem Umfang verlangen (§ 18 Abs 2 Satz 1 BVG), sofern ihm der Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung rechtsverbindlich rückwirkend wieder zuerkannt wird. Er kann aber
auch durch den Abschluß einer privaten Krankenversicherung die Kostenbelastung während des Streites in überschaubaren Grenzen
halten. Geschieht dies, so wertet der Gesetzgeber in § 18 Abs 2 Satz 3 BVG die hierdurch entstandenen Aufwendungen als Teil des durch die rechtswidrige Ablehnung entstandenen Schadens, der Kraft ausdrücklicher
gesetzlicher Regelung übernommen wird. Wie der Senat bereits früher entschieden hat, besteht keine Veranlassung, die abschließende
Gesetzesregelung ausdehnend auszulegen (vgl SozR 3100 § 18 Nr 3). Aus welchen Gründen eine schon früher abgeschlossene Krankenversicherung
aufrechterhalten wird, solange über einen Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung gestritten wird, läßt sich letztlich kaum
feststellen; die Kausalität zwischen rechtswidrigem Verwaltungshandeln und Schadenseintritt liegt nicht offen zutage. Nicht
zuletzt wegen dieser Beweisschwierigkeiten hat der Gesetzgeber den Anspruch auf Erstattung der Beiträge auf solche Sachverhalte
beschränkt, in denen die Kausalität nicht zweifelhaft ist, weil die Krankenversicherung erst nach Wegfall eines vorbestehenden
Versorgungsanspruchs abgeschlossen wird. Eine ausdehnende Analogie ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten,
wie das LSG zutreffend ausgeführt hat."
Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 21.03.2007, Az.: 1 BvR 164/07, diese Auslegung als verfassungskonform bestätigt, wenn es erläutert hat:
"Zuletzt wies das Bundessozialgericht die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht als
unbegründet zurück. § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Art.
3 Abs.
1 GG gebiete nicht unter dem Gesichtspunkt der Erstattung eine Gleichsetzung von rechtswidriger Entziehung und verzögerter Anerkennung
des Leistungsanspruchs.
Der Beschwerdeführer macht mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art.
3 Abs.
1 GG geltend. Das Bundessozialgericht verkenne, dass bei der von ihm vorgenommenen Auslegung des § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG die Vorschrift leer laufe. Seit der 2001 erfolgten Normierung der aufschiebenden Wirkung von Widersprüchen gegen Verwaltungsakte
in §
86 a des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) sei kein Betroffener mehr gezwungen, bei Aberkennung seines Anspruchs auf Heil- und Krankenbehandlung in eine Krankenkasse
einzutreten. Wer dagegen noch nie einen entsprechenden Anspruch erlangt habe, müsse sich durch eine private Krankenversicherung
absichern. Die Vorschrift müsse deswegen auf die Personengruppe erstreckt werden, die ihres Schutzes auch tatsächlich bedürfe.
Im Übrigen erspare sich die Versorgungsverwaltung bei einer langen Verfahrensdauer wie hier die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge,
ohne dass der Beschwerdeführer Amtshaftungsansprüche geltend machen könne.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die Auslegung von § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss des Bundessozialgerichts begegnet keinen verfassungsrechtlichen
Bedenken. Insoweit handelt es sich um eine durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich zu respektierende Auslegung und
Anwendung einfachen Rechts. Das Bundesverfassungsgericht überprüft derartige Entscheidungen lediglich darauf, ob dabei gegen
Grundrechte oder grundrechtsähnliche Rechte der Beschwerdeführer verstoßen worden ist, ob der angewendeten Norm ein verfassungswidriger
Sinn beigelegt und dadurch die Einwirkung von Verfassungsrecht auf die Feststellung, Auslegung und Anwendung einfachen Rechts
grundsätzlich verkannt worden ist, ob die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts willkürlich ist, gegen das verfassungsrechtliche
Übermaßverbot verstößt oder ob eine verfassungsrechtlich gebotene Rechtsgüterabwägung entweder nicht oder offensichtlich fehlerhaft
vorgenommen worden ist (vgl. BVerfGE 57, 9 ; stRspr).
2. Derartige Verfassungsverstöße sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
a) Die Unterscheidung in Bezug auf die Erstattung von geleisteten Beiträgen zur Krankenversicherung zwischen Beschädigten,
denen ein Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlung entzogen worden ist, und Beschädigten, die einen solchen erstmals, wenn
auch rückwirkend, erworben haben, ist im Hinblick auf Art.
3 Abs.
1 GG gerechtfertigt. Wird einem Beschädigten ein Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlung eingeräumt, kann er grundsätzlich darauf
vertrauen, bei seiner künftigen Lebensführung von Beiträgen zur Krankenversicherung verschont zu bleiben. Typischerweise wird
er im Hinblick darauf Vermögensdispositionen treffen, die möglicherweise auch langfristig sind. Greift die Versorgungsverwaltung
nachträglich rechtswidrig in die erworbene Rechtsposition ein, gleicht sie mit der Erstattung der geleisteten Beiträge lediglich
die Folgen eines von ihr unrechtmäßig enttäuschten Vertrauens aus. Wird einem Beschädigten dagegen nachträglich rückwirkend
ein Anspruch auf Heil- und Krankenbehandlung eingeräumt, liegt ein Eingriff in eine bereits erlangte Rechtsposition nicht
vor. Vor dem bestands- oder rechtskräftigen Abschluss eines auf Durchsetzung eines solchen Anspruchs gerichteten Rechtsschutzverfahrens
wird sich der Beschädigte - wie das Bundessozialgericht zutreffend ausgeführt hat - typischerweise auch nicht darauf einstellen
dürfen, künftig von Beiträgen zur Krankenversicherung verschont zu bleiben. Eventuelle Vermögensdispositionen im Hinblick
auf den erwarteten Ausgang des Verfahrens liegen in seinem Risikobereich.
b) Soweit der Beschwerdeführer eine Erstreckung des Anspruchs aus § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG auch auf ihn begehrt, weil der vom Gesetzgeber in § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG geregelte Fall wegen des aufschiebenden Charakters eines Widerspruchs gegen den Entziehungsbescheid praktisch nie eintreten
werde, übersieht er, dass §
86 a Abs.
2 Nr.
5 und §
86 b Abs.
1 Nr.
1 SGG unter bestimmten Voraussetzungen die sofortige Vollziehung des Entziehungsbescheids ermöglichen. Auch aus der Tatsache, dass
Anerkennungsverfahren teilweise geraume Zeit in Anspruch nehmen können, kann der Beschwerdeführer die entsprechende Anwendung
des § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG auf seinen Fall nicht herleiten. Insoweit besteht für den Beschädigten die Möglichkeit, um einstweiligen Rechtsschutz gemäß
§
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG nachzusuchen. Beruht die Verfahrensdauer auf einer schuldhaften Amtspflichtverletzung, kann der Betroffene einen Schadenersatzanspruch
gemäß Art.
34 GG in Verbindung mit §
839 BGB geltend machen."
Diesen Ausführungen braucht wegen ihrer Deutlichkeit nichts hinzugefügt werden.
3. Kein Anspruch auf Erstattung infolge eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
Der Kläger hat keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Erstattung der von ihm zur privaten Krankenversicherung geleisteten
Beiträge.
Dieses Rechtsinstitut ist keine geeignete Rechtsgrundlage für die Erstattung von - wie sich später herausstellt - eigentlich
unnötigen Krankenversicherungsbeiträgen, also für die Gewährung von Schadensersatz (vgl. Rohr/Sträßer/Dahm, a.a.O., § 18, Ziff. 6; Vogl, a.a.O., § 18 BVG, Rdnr. 17). Denn der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt voraus, dass dem Beschädigten durch eine dem Beklagten zuzurechnende
behördliche Pflichtverletzung ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden ist, der durch eine zulässige Amtshandlung behoben
werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 02.10.2008, Az.: B 9 VH 1/07 R). Darunter fällt die Erstattung von Beträgen zur Krankenversicherung nicht. Aufgrund des geltenden Sachleistungsprinzips
ist eine derartige Erstattung mit Ausnahme der von § 18 Abs. 4 Satz 3 BVG erfassten Fälle nicht im Leistungskatalog des Versorgungsrechts enthalten. Hätte der Beklagte eine MdE in Höhe von 50 v.H.
bereits ohne vorherige rechtswidrige Ablehnung ab dem 01.01.1990 anerkannt und dem Kläger bereits ab dem 01.01.1990 den sich
aus § 10 Abs. 2 BVG resultierenden umfassenden Heilbehandlungsanspruch gewährt, hätte der Kläger nur die erforderlichen Sachleistungen erhalten,
nicht aber Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung, wenn er diese weiter aufrecht erhalten hätte. Eine Erstattung der
Kosten für die private Krankenversicherung hätte der Kläger damit auch bei rechtmäßigem Verwaltungshandeln nie erlangen können,
was einer Erstattung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs entgegen steht.
Dies entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung. So hat das Bayer. Landessozialgericht im Urteil vom 12.12.2002, Az.:
L 18 V 16/01, in einem vergleichbaren Fall Folgendes zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch festgehalten:
"Darauf, ob der Beklagte eine unrichtige Auskunft erteilt hat, kommt es indes nicht an, ebenso wenig, ob der VB auf eine unrichtige
Auskunft hin (weiterhin) Beiträge an seine private Krankenversicherung entrichtet hat. Selbst wenn eine pflichtwidrige Auskunft
und deren Ursächlichkeit für eine fortgesetzte Beitragszahlung feststünden, wären die gesetzlichen Voraussetzungen für einen
Ersatz der Beitragsaufwendungen nicht erfüllt. Denn das Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs kommt nur in den Fällen zum
Tragen, in denen der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt
werden kann. Dagegen bleibt für seine Anwendung in solchen Fällen kein Raum, in denen ein Nachteilsausgleich auf gesetzwidriges
Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen würde. Hintergrund dieser von der Rechtsprechung angenommenen Differenzierung zwischen
"ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art
20 Abs
3 Grundgesetz,
GG). Dieses lässt es nicht zu, dass die Verwaltung gesetzwidrig handelt, selbst wenn sie davor eine falsche Auskunft oder Beratung
erteilt hat (BSG SozR 3-4100 § 249 e Nr 4 mwN). Demgemäß lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs ein Fehlverhalten des Leistungsträgers nur insoweit berichtigen,
als die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht. Sinn und Zweck des Herstellungsanspruchs unter Berücksichtigung
der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandeln und der Abgrenzung zum Schadensersatzanspruch ist es, dass im Wege des Herstellungsanspruchs
nur eine Amtshandlung begehrt werden kann, die nicht nur nach ihrer Bezeichnung, sondern auch nach ihrer wesentlichen Struktur
im Gesetz vorgesehen ist. Die Abgrenzung zum Schadensersatzanspruch hat sicherzustellen, dass der Herstellungsanspruch keine
verkappte Verurteilung zum Schadensersatz in Geld ermöglicht (BSG SozR 2200 § 1303 Nr 27). Dem kommt eine besondere Bedeutung zu, wenn - wie hier - zur Wiederherstellung eine Geldleistung erstrebt wird. Der
Herstellungsanspruch soll als Institut des Verwaltungsrechts eine Lücke im Schadensersatzrecht schließen. Dem Geschädigten
ist idR mit der Herstellung des bei pflichtgemäßem Verhalten des Leistungsträgers bestehenden Zustandes iS einer Naturalrestitution
besser gedient, als mit Schadensersatz in Geld. Die für Amtshaftungsklagen zuständigen Zivilgerichte hingegen dürfen nicht
zu einer Amtshandlung verurteilen, auch nicht, wenn diese der Naturalrestitution dient (aaO).
Ein Herstellungsanspruch ist nach den Grundsätzen der Heilbehandlung hier ausgeschlossen. Der Ersatz von Beitragsleistungen
ist abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Sonderfall des § 18 Abs 4 S 3 BVG dem Versorgungsrecht fremd. Das Recht der Heil- und Krankenbehandlung beruht auf dem Sachleistungsprinzip (Wilke/Fehl, Soziales
Entschädigungsrecht, Kommentar, 7.Aufl, § 18 Buchst c RdNr 10 und § 10 RdNr 30). Die Leistungen nach den §§ 10 bis 24 a BVG werden als Sachleistung erbracht (§ 18 Abs 1 S 1 1.HS BVG). Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip, wie sie in § 18 Abs 3 und 4 BVG normiert sind, sind hier nicht einschlägig, da der Kläger nicht die Erstattung notwendiger Behandlungskosten für eine selbst
durchgeführte Heilbehandlung des VB begehrt, sondern Ersatz für geleistete Beiträge fordert. Ein solcher Ersatz ist vom Gesetz
nicht vorgesehen und kann daher auch nicht im Wege des Herstellungsanspruches zugesprochen werden."
Dieser Entscheidung hat sich das LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 13.05.2005, Az.: L 8 VG 1060/04 ausdrücklich angeschlossen und in den (in [...] veröffentlichten) Leitsätzen auf Folgendes hingewiesen:
"Abgesehen von der als Sonderregelung aufzufassenden Bestimmung in § 18 Abs 4 S 3 BVG gibt es nach dem BVG keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen (Zahlung der Prämien, Erstattung des mit der privaten Versicherung vereinbarten
Selbstbehalts) für eine private Krankenversicherung (Anschluss an BSG vom 28.1.1975 - 10 RV 63/74 = SozR 3-3100 § 18 Nr 3). Ein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für eine private Versicherung lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt
eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begründen (Anschluss an LSG München vom 12.12.2002 - L 18 V 16/01)."
Da ein vom Kläger über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend gemachter Kostenerstattungsanspruch schon am Anspruchsinhalt
scheitert, stellt sich die Frage nicht mehr, ob allein mit der rechtswidrig zu spät erfolgten Feststellung einer MdE in Höhe
von 50 v.H., die zum schädigungsunabhängigen Heilbehandlungsanspruch gemäß § 10 Abs. 2 BVG berechtigt, die weiteren Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erfüllt wären. So gibt das Urteil des
BSG vom 28.01.1975, Az.: 10 RV 63/74, Hinweise darauf, dass eine Konstellation wie hier, in der die für § 10 Abs. 2 BVG erforderliche MdE erst zu spät festgestellt worden ist, grundsätzlich, also unabhängig vom geltend gemachten Anspruchsinhalt,
nicht zu einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch führen kann. Denn - so das BSG sinngemäß - der in § 10 Abs. 2 BVG ermöglichte Heilbehandlungsanspruch auch für Nichtschädigungsfolgen zähle nicht zu den nach dem gesetzgeberischen "Programm"
vorgesehenen Sozialleistungen, auf die der Träger der Versorgungsverwaltung hinzuweisen habe, um dem Versorgungsberechtigten
alle Möglichkeit einer Kostenoptimierung zu eröffnen.
Das BSG hat dazu im Urteil vom 28.01.1975, Az.: 10 RV 63/74, Folgendes ausgeführt:
"Durch einen früheren Austritt aus der Ersatzkasse hätte der Kläger weitere Beitragsaufwendungen ersparen können. Es liegt
nahe, daß er davon bei früherer Kenntnis der Anspruchsvoraussetzungen für den versorgungsrechtlichen Krankenschutz auch Gebrauch
gemacht hätte.
Damit hätte der Kläger allerdings eine Möglichkeit wahrgenommen, die ihm nach dem Gesetz zwar offenstand, aber nicht dem Grundgedanken
der sozialen Entschädigung entsprach. Schwerbeschädigte erhalten eine Heilbehandlung wegen anderer Gesundheitsstörungen als
der Schädigungsfolgen sowie Krankenbehandlung für Familienangehörige wohl als eine Versorgung im weiteren Sinn (§ 9 BVG). Es handelt sich aber, da sie unmittelbar nicht die Folgen schädigender Einwirkungen ausgleichen soll, eher um eine fürsorgerische
Leistung aus der Kriegsopferversorgung am "Rande ihrer Obliegenheiten", als "Auffanghilfe" (BSG SozR 3100 § 10 Nrn 6, 13 und 18). Sie wird nur nach dem Maße der Schutzbedürftigkeit erbracht. Als schutzbedürftig wurden von Beginn an nur solche
Kriegsbeschädigte angesehen, die nicht anderweitig abgesichert, insbesondere nicht krankenversichert waren, und auch keinen
Krankenversicherungsschutz mehr erlangen konnten, die "nach Lage der Sache für die Sozialversicherung nicht in Frage" kamen
(Verhandlungen des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen, 1. Wahlperiode 1949, zu § 10 BVG S 18). Seit dem Ersten Neuordnungsgesetz vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) ist zur Klarstellung ausdrücklich geregelt, daß der
Schutz durch einen Sozialversicherungsträger Leistungen der Kriegsopferversorgung ausschließt. Der Gesetzgeber hat die mit
einer Versicherung verbundene Beitragspflicht auch für einen Kriegsbeschädigten grundsätzlich als zumutbar angesehen. Er hat
deshalb für pflichtversicherte Kriegsbeschädigte auch keine Wahlfreiheit eingeräumt, auf den Krankenversicherungsschutz zu
Lasten der Versorgungsverwaltung zu verzichten. Eine Möglichkeit, den Krankenversicherungsschutz aufzugeben, bestand und besteht
vielmehr nur im Rahmen der allgemeinen Befreiungsvorschriften in der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl §§ 173 ff
Reichsversicherungsordnung aF, §
8 SGB V) und bei freiwillig Krankenversicherten (vgl §§ 176 ff
RVO aF, §
9 SGB V). Wenn diejenigen, die die Möglichkeit haben, auf den Schutz der sozialen Krankenversicherung zu verzichten, davon Gebrauch
machen, um versorgungsrechtlichen Krankenschutz in Anspruch zu nehmen, verstoßen sie zwar nicht gegen ein ausdrückliches gesetzliches
Verbot. Ein solches Verhalten mag auch nicht rechtsmißbräuchlich sein (vgl BSG SozR 3100 § 10 Nr 26). Die freiwillige Aufgabe eines umfassenden sozialen Krankenversicherungsschutzes zu Lasten des Versorgungsträgers
widerspricht aber dem sozialrechtlichen Ordnungsgefüge und führt auch zu sozial unausgewogenen Ergebnissen. Denn gerade bei
dem Kreis der wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht pflichtversicherten Personen sind die Einkommensverhältnisse
im allgemeinen günstiger als bei pflichtversicherten Personen, die sich nicht zu Lasten des Versorgungsträgers von der Krankenversicherungspflicht
befreien lassen können. Daß der Gesetzgeber diese Verlagerung der Kostenlast grundsätzlich als unerwünscht ansieht, hat er
neuerdings auch zum Ausdruck gebracht, indem er durch die Einfügung des § 10 Abs 7 Buchst b BVG (Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 - BGBl I 1857 -) den auf Antrag von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung
befreiten Personen die Möglichkeit genommen hat, den Krankenschutz anstelle der Krankenkasse durch den Versorgungsträger sicherstellen
zu lassen. Für die Aufgabe einer freiwilligen Krankenversicherung fehlt es zwar an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung;
daraus ist aber nicht im Gegenschluß zu folgern, daß dies Verhalten im Rahmen der gesetzgeberischen Zielvorstellungen liegt.
Es liegt vielmehr nahe, daß der Gesetzgeber hier bislang den Regelungsbedarf nicht gesehen hat.
Aus diesem Grunde brauchte die Versorgungsverwaltung den Kläger anläßlich der Gewährung der Pflegezulage auch nicht darauf
hinzuweisen, wie er die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von umfassendem versorgungsrechtlichen Krankenschutz schaffen
konnte. Es ist zwar anerkannt, daß der Sozialleistungsträger im Verlaufe eines Verwaltungsverfahrens von sich aus den Bürger
auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen hat, die klar zutage liegen und deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig
erscheint, daß sie jeder verständige Bürger mutmaßlich nutzen würde (vgl BSG SozR Nr 3 zu § 1233
RVO; BSGE 41, 126 = SozR 7610 § 242 Nr 5; SozR 1200 § 14 Nr 25). Das bedeutet aber nicht, daß die Hinweispflicht so weit ginge, den Bürger auf alle rechtlich
nicht verbotenen Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Die Verwaltung hat nicht - wie es etwa bei einem Steuerberater und
Rechtsanwalt kraft des Geschäftsbesorgungsvertrages der Fall sein mag - den gesetzlichen Auftrag, darauf hinzuwirken, daß
der Bürger innerhalb des sozialen Leistungssystems das jeweils wirtschaftlich "Optimale" erreicht. Die Hinweis- oder Beratungspflichten
des Sozialleistungsträgers (vgl §§
14,
15,
17 Abs
1 SGB I) sollen lediglich dazu dienen, den Bürger zu den nach dem gesetzgeberischen "Programm" vorgesehenen Sozialleistungen zu führen
(vgl BSGE 55, 257 = SozR 1200 § 13 Nr 2). Dazu zählt nicht der versorgungsrechtliche Heilbehandlungsanspruch für Nichtschädigungsfolgen und
der Krankenbehandlungsanspruch für Angehörige, wenn ein Schwerbeschädigter, wie der Kläger, bereits ausreichend sozial krankenversichert
ist."
4. Kein Anspruch aus § 10 Abs. 8 BVG wegen Heilbehandlung vor Anerkennung eines Versorgungsanspruchs
Der Kläger kann aus § 10 Abs. 8 BVG keinen Erstattungsanspruch bezüglich der von ihm zur privaten Krankenversicherung geleisteten Beiträge herleiten.
Wenn der Kläger meint, aus § 10 Abs. 8 BVG einen Anspruch auf Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge zur privaten Krankenversicherung zu haben, verkennt er dessen
Regelungsgehalt. Mit dieser Vorschrift wird allein die Möglichkeit eröffnet, bereits vor dem vollständigen Abschluss des Feststellungsverfahrens
im Rahmen einer Ermessenentscheidung Heilbehandlung zu gewähren. Die Zahlung von Versicherungsbeiträgen zur privaten Krankenversicherung
gehört aber nicht zu den in § 11 BVG näher beschriebenen Maßnahmen der Heilbehandlung.
5. Kein Anspruch aus § 18 Abs. 3 BVG wegen selbst durchgeführter Heilbehandlung vor Anerkennung
§ 18 Abs. 3 BVG ermöglicht nicht die Erstattung von Beiträgen zu einer Krankenversicherung.
§ 18 Abs. 3 BVG stellt mit der dort geregelten Kostenerstattung eine Durchbrechung des Sachleistungsprinzips dar. Ermöglicht wird bei Vorliegen
der in § 18 Abs. 3 BVG genannten Voraussetzungen eine Kostenerstattung für konkret durchgeführte bestimmte medizinische Leistungen, die sich der
Versorgungsberechtigte selbst verschafft und vorfinanziert hat. Damit tritt die Kostenerstattung an die Stelle der Sachleistung.
Nicht ermöglicht wird über § 18 Abs. 3 BVG die Erstattung der für eine Krankenversicherung aufgewendeten Kosten. Derartige Versicherungsbeiträge können nicht einer
konkreten Heilbehandlungsmaßnahme zugeordnet werden, sondern stellen vorsorglich aufgewendete Zahlungen dar, die nicht einem
Behandlungsfall zugerechnet werden können. Ihre Höhe ist weitgehend unbeeinflusst von den tatsächlich entstandenen Heilbehandlungskosten.
Insofern sind die Versicherungsbeiträge nicht an die Stelle einer konkreten Sachleistung getreten. Dies bedeutet, dass über
§ 18 Abs. 3 BVG keine Beiträge zu einer Krankenversicherung erstattet werden können.
Dass die Verschaffung eines Versicherungsschutzes für Krankheitsfälle durch Beitragszahlungen an eine (private) Krankenversicherung
einer selbst beschafften konkreten Sachleistung nicht gleichzustellen ist, hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 28.01.1975,
Az.: 10 RV 63/74, wie folgt klargestellt:
"Ferner bestimmte § 10 Abs. 5 und 6 BVG (vgl. jetzt § 18 Abs. 1 BVG), daß Heilbehandlung oder Krankenbehandlung auch vor der Anerkennung eines Versorgungsanspruchs gewährt werden kann und daß
in den Fällen, in denen eine Heil- oder Krankenbehandlung von dem Beschädigten vor der Anerkennung selbst durchgeführt worden
ist, "die Kosten für die notwendige Behandlung in angemessenem Umfang zu erstatten sind" (vgl. BSG 27, 26). Diese letztere Regelung trifft auf den Kläger zu, denn die Anerkennung der Lungentuberkulose als Schädigungsfolge
durch den Beklagten ist erst im April 1965 wirksam geworden, während die Heilbehandlung wegen Tuberkulose in dem Zeitraum
von Juli 1962 an durchgeführt worden ist. Seiner Verpflichtung zum Ersatz der notwendigen Behandlungskosten ist der Beklagte
auch nachgekommen. Nach den Feststellungen des LSG und dem Akteninhalt hat der Beklagte der privaten Krankenversicherung bzw.
dem Kläger die von diesen aufgewendeten Beträge in Höhe von 1.951,- DM, 231,75 DM und 30,- DM erstattet. Darüber hinaus aber
hat die Versorgungsverwaltung dem Niedersächsischen Landessozialamt die von diesem in der Zeit vom 2. Juli 1962 bis 30. April
1963 aufgewendeten Kosten für die stationäre Heilbehandlung im Städtischen Krankenhaus L. in Höhe von 6.290,60 DM erstattet.
Die Verpflichtung dazu ergab sich aus § 59 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), da der Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Tuberkulosehilfe eine notwendige Maßnahme unverzüglich durchzuführen hatte,
seinerseits aber - nach der Anerkennung der Lungentuberkulose des Klägers als Schädigungsfolge - die Versorgungsverwaltung
als verpflichtete Stelle in Anspruch nehmen konnte (vgl. BSG in SozR BVG Nr. 1 zu § 9). Das Vorbringen des Klägers, die Kosten der stationären und ambulanten Heilbehandlung seien von ihm bzw. aufgrund der von
ihm geleisteten Prämien von der privaten Krankenversicherung getragen worden, trifft also schon in tatsächlicher Hinsicht
nicht zu. Ebensowenig kann dem Kläger darin gefolgt werden, daß es für die Versorgungsverwaltung gleichgültig sein könne,
ob sie die Krankenbehandlungskosten oder die Prämien zu zahlen habe. Da die Versorgungsverwaltung die gesamten, ihr gegenüber
geltend gemachten Heilbehandlungskosten erstattet hat, würde sie mit der Zahlung der Krankenversicherungsprämien eine doppelte
Leistung erbringen."
6. Kein Anspruch aus § 18 Abs. 4 Satz 1 BVG wegen selbst durchgeführter Heilbehandlung nach Anerkennung
§ 18 Abs. 4 Satz 1 BVG ermöglicht nicht die Erstattung von Beiträgen zu einer Krankenversicherung; zudem handelt es sich vorliegend um Kosten, die
vor der Anerkennung entstanden sind.
§ 18 Abs. 4 Satz 1 BVG trifft eine Regelung für die Fälle, in denen zwar der Heilbehandlungsanspruch bereits anerkannt ist, aber eine Heilbehandlung
außerhalb des Sachleistungsprinzips erfolgt ist. Vorliegend fehlt es schon am zeitlichen Gesichtspunkt für die Anwendung des
§ 18 Abs. 4 Satz 1 BVG, da der Kläger seine Zahlungen an die Krankenversicherung zu einem Zeitpunkt erbracht hat, zu dem der Heilbehandlungsanspruch
noch nicht anerkannt war; für eine derartige zeitliche Konstellation ist § 18 Abs. 3 BVG einschlägig. Im Übrigen würde auch § 18 Abs. 4 Satz 1 BVG - wie schon § 18 Abs. 3 BVG - eine Erstattung von Beiträgen zur Krankenversicherung nicht ermöglichen.
7. Keine Beitragserstattung aufgrund von § 10 Abs. 5 und 6 BVG
Der Kläger kann keinen Erstattungsanspruch bezüglich der von ihm zur privaten Krankenversicherung geleisteten Beiträge aus
§ 10 Abs. 5 und 6 BVG ableiten.
§ 10 Abs. 5 BVG und § 10 Abs. 6 BVG betreffen in der jetzt gültigen Fassung nicht die Frage der Erstattung von Kosten für eine Krankenversicherung. Vielmehr
regeln § 10 Abs. 5 BVG mit der Krankenbehandlung im Sinne des § 10 Abs. 4 BVG die Behandlung von dritten, dem Schwerbeschädigten vereinfacht gesagt nahestehenden Personen und § 10 Abs. 6 BVG die Leistungen zur Gesundheitsförderung und zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten. Sollte der Kläger bei der von
ihm praktizierten umfassenden Durchsicht der Rechtsprechung zu der Meinung gekommen sein, über die Regelungen der § 10 Abs. 5 BVG und § 10 Abs. 6 BVG eine Kostenerstattung der Prämien zur privaten Krankenversicherung erhalten zu können, wäre diese Argumentation nur so zu
erklären, dass der Kläger bei Durchsicht des Urteils des BSG vom 28.01.1975, Az.: 10 RV 63/74, übersehen hat, dass die dort angeführten Vorschriften des § 10 Abs. 5 und 6 BVG dem jetzt geltenden § 18 Abs. 1 BVG entsprechen, wie dies im Übrigen auch den Urteilsgründen des BSG zu entnehmen ist (" ... bestimmte § 10 Abs. 5 und 6 BVG (vgl. jetzt § 18 Abs. 1 BVG) ...").
Über einen Amtshaftungsanspruch hat der Senat nicht zu entscheiden.
Ob der Kläger wegen der zu späten Anerkennung einer MdE von 50 und damit eines fehlerhaften Verwaltungshandelns einen Amtshaftungsanspruch
gemäß Art.
34 GG i.V.m. §
839 BGB haben könnte, ist im vorliegenden Rechtsstreit mangels Zuständigkeit des Senats nicht zu entscheiden. Für die Geltendmachung
eines solchen Anspruches wäre vielmehr gemäß Art.
34 Satz 3
GG der Zivilrechtsweg eröffnet.
Ob bei der Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs die zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch vom BSG im Urteil vom 28.01.1975, Az.: 10 RV 63/74, aufgezeigten Überlegungen zu den im gesetzgeberischen "Programm" vorgesehenen Sozialleistungen und den dabei bestehenden
eingeschränkten Hinweispflichten maßgeblich wären, bleibt einer Beurteilung durch die Zivilgerichtsbarkeit überlassen.
Eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland gemäß §
75 Abs.
1 Satz 2
SGG hatte nicht zu erfolgen, da dies die Bundesrepublik Deutschland selbst hätte beantragen müssen. Mit der gesetzlichen Regelung
soll lediglich der Bundesrepublik Deutschland, die die Kosten des sozialen Entschädigungsrechts trägt, die Möglichkeit gegeben
werden, Einfluss auf den Prozess zu nehmen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders.,
SGG, 10. Aufl. 2012, §
75, Rdnr. 9). Beantragt nur ein Beteiligter, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland die Beiladung, muss eine Beiladung nicht
erfolgen (vgl. Leitherer, a.a.O., § 75, Rdnr. 9a). Bei einem Antrag des Klägers oder des Beklagten steht es im Ermessen des
Gerichts, die Bundesrepublik gemäß §
75 Abs.
1 Satz 1
SGG (einfach) beizuladen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1965, Az.: 10 RV 375/63). Für eine solche Beiladung hat der Senat keinen Bedarf gesehen. Ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des §
75 Abs.
2 SGG war nicht gegeben.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Berufung unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).